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Dahoam is dahoam oder: zuhause motiviert am Rechner

Freunde und Verwandte fragen mich oft, wie ich das ist, jeden Tag von zuhause aus zu arbeiten. Ich habe mir bisher keine Gedanken darüber gemacht, denn als Studentin war es schließlich nicht großartig anders. Viele sagen dann, sie könnten sich nicht dazu motivieren, früh am Morgen aufzustehen, sich allein an den Schreibtisch zu setzen und das bis spät in den Abend hinein. Gelobt wird das Büro, von dem aus man Arbeiten oder Aufträge erledigt und abends rechtzeitig „den Griffel fallen lässt“. Ein Büro wird damit als Ort des Arbeitens verstanden, die eigenen vier Wände mit Freizeit und „arbeitsfreier“ Zone gleichgesetzt. Diese starre Trennung fand ich immer schon komisch, sind doch flexible Arbeitszeit- und -ort-Modelle in vielerlei Hinsicht praktisch. Immerhin kann ich mir meine Zeit frei einteilen, dann arbeiten, wann ich es für richtig halte – ob das morgens, abends  (nachts ;-)) oder wann auch immer ist. Wenn der Handwerker kommt, muss ich niemals frei nehmen – in aller Regel bin ich zuhause oder kann meine Termine so legen, dass ich daheim bin, wenn der Zähler abgelesen werden muss oder der Postbote kommt. Trotzdem scheint etwas dran zu sein, an der Sache mit der Motivation. Gerhard Roth gibt z.B. in der aktuellen brand eins (09/2008, S. 95) den Tipp, dass „Selbstmotivation am besten [funktioniert], indem man sich konkrete Ziele setzt, die man in kleinen Schritten erreichen kann und für die man sich materiell entlohnt“ (ebd.). Ich weiß ja nicht, wie es Euch geht – aber ich muss mich nicht für jeden Schritt oder das kleinste Erfolgserlebnis belohnen. Roth schreibt ein solches Verhalten Menschen mit einer einseitig ausgerichteten Persönlichkeit zu. Irgendwie befremdlich, denn bisher habe ich Disziplin bzw. Willensstärke (oder wie man das auch immer nennen mag) nicht unbedingt als Einseitigkeit empfunden – im Gegenteil: Ich glaube einfach daran, dass es ganz unterschiedliche Typen von Menschen und damit verschiedene Präferenzen für das optimale Arbeits(zeit)modell gibt. Für den einen eignet sich ein eher klassisches Modell mit einem typischen Arbeitsalltag bzw. geregelter Arbeitszeit, für den anderen das flexible Modell von Orts-, Zeit- und Raumunabhängigkeit (das sicher mit der technologischen Entwicklung einhergeht). Solange beide Modelle „im Angebot“ sind, kann jeder das für sich richtige herausfinden oder die zwei „Extreme“ – soweit möglich – verbinden. Abgesehen davon meine ich, dass ebenso die Generation, der man angehört, mit entscheidend dafür sein kann, wie man arbeiten möchte – genauso wie Gewohnheiten und bestehende Traditionen im direkten (Arbeits-)Umfeld. Denn die persönliche Motivation hängt auch vom Team ab und bedingt, wie Arbeits(zeit)modelle funktionieren und wo diese an Grenzen stoßen. Und für den gelebten Mittelweg gibt es Instant Messanger wie Skype, wodurch man sich tagsüber wie in einem (virtuellen) Büro fühlt. Nur das Internet darf dann nicht ausfallen.

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Kommentar

  1. Hallo Sandra,
    ein toller Beitrag, der viele von uns betrifft und mal „fällig“ war 🙂

    Ich teile deine Meinung, dass es nunmal vielfältige Arbeitsstile gibt und wir das Glück haben, uns nicht mehr nach dem Standard-Modell (was immer noch klar dominiert) ausrichten zu müssen.
    Dennoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass es für „klassisch“ Berufstätige sehr schwierig ist, nachzuvollziehen, wie wir unsere Leistung erbringen (nach dem Motto „Arbeit findet nur im Büro statt“).

    Ich bin jedenfalls froh, eine hohe Autonomie und einen großen Entscheidungsspielraum bei der Umsetzung meiner Arbeitsaufgaben zu haben. Außerdem kommt noch ein sehr wichtiger Aspekt hinzu, den du nicht so richtig betont hast: Wir folgen bei unserer Tätigkeit unseren Interessensgebieten und haben deshalb eine Arbeit, die uns Spaß macht und „persönlichen Gewinn“ bietet (bzw. individuelle Relevanz besitzt). Deshalb könnte ich auch kaum vorstellen, mit der Stoppuhr am Schreibtisch zu sitzen und nach geregelten „Fristen“ mein Denken „einzustellen“ 😉

    Liebe Grüße,
    Alex

  2. Lieber Alex,

    danke für die Blumen – ich hoffe auf rege Beteiligung zu diesem Thema, denn es betrifft wirklich viele von uns und ich würde mich gern auf die Suche nach Gründen machen, warum Heimarbeit immer noch weniger respektiert wird (von unserer Community mal abgesehen). Denn Du sprichst in Deinem Kommentar ein paar Wahrheiten an:

    Für viele Berufstätige ist sehr schwer nachzuvollziehen, dass man auch zuhause arbeiten kann. Teilweise kann ich das sogar verstehen, denn für viele Berufe ist die persönliche Anwesenheit an einem Ort zwingend erforderlich (denken wir nur an das Handwerk). Wir arbeiten nun an Themen oder Dingen, für die das nicht gilt – gut, wir brauchen einen Computer und einen Internetanschluss, aber mehr eben nicht. Wir können uns vernetzen, ohne uns täglich vor Ort zu sehen und können Aufgaben überall erledigen. Selbst im Urlaub machen wir „die Kiste an“ und erhalten dafür skeptische Blicke (siehe hierzu auch Christian Spannagel). Trotzdem ist die Frage der Leistung und der Leistungsbewertung schwierig, solange Heimarbeit als exotisch gilt.

    Das mit der individuellen Relevanz unserer Arbeit kann ich nur unterstreichen: Wir haben alle viel Spaß an unserer Tätigkeit und sind daher bereit, uns überdurchschnittlich für Themen etc. einzusetzen… Allein das müsste doch die Personalchefs dieser Welt überzeugen, etwa nicht?

    Viele Grüße,

    Sandra

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  • Randnotizen » Sandra zur Heim-Arbeit 25. September 2008

    […] Vor einigen Tagen hat Sandra einen interessanten Blog-Beitrag verfasst zur Tätigkeit am heimischen Arbeitsplatz. Da ich bereits dort einen Kommentar verfasst habe, möchte ich an dieser Stelle nur kurz darauf verweisen – der Beitrag findet sich hier. […]