in Wirtschaft, Wissenschaft

Publish Policys für Gruppenblogs… Widerspruch in sich?

Schon eine ganze Weile werden Weblogs auch als kommunikationspolitisches Instrument eingesetzt. Unternehmen wollen modern wirken und vor allem eine Reihe von Informationen in Dialog-orientierter Form unter die Leute bringen. Wen wundert es da, wenn es eine Publish Policy und diverse andere Einschränkungen bei der Veröffentlichung gibt (von CI-Vorgaben ganz zu schweigen). Inzwischen greifen auch immer mehr Non-Profit-Einrichtungen auf Blogs zurück, um mit der Außenwelt über (mehr oder weniger) gesellschaftlich relevante Themen zu kommunizieren, was auch vor Twitter nicht halt macht. Legt man die Professionalisierung von PR im Non-Profit-Bereich zugrunde, erstaunt es wenig, wenn auch hier eine klare „Marschrichtung“ vorgeben wird. Seltsam wird es allerdings, wenn Blogs nicht als Marketinginstrument, sondern als Mittel für den (wissenschaftlichen) Austausch eingesetzt werden sollen. Hier frage ich mich schon, inwieweit ein Blog noch seine ursprüngliche Funktion erfüllt, wenn zentrale Vorgaben für die Publikation eines Artikels gemacht werden: Sind es nicht gerade Blogs, die unverfälschte Meinungen widergeben sollten? Bieten nicht gerade Blogs die Chance, frei von Konventionen zu berichten? Ich sehe jedenfalls die Gefahr, dass bei wachsender Zahl an Vorgaben die Güte der Einträge und schließlich auch die Glaubwürdigkeit des Dargestellten sinkt. Dies gilt aus meiner Sicht gerade für Gruppenblogs. Auch hier sollte wie bei Individualblogs die Möglichkeit bestehen, offen über Gedanken etc. zu berichten. Dies entspricht zwar nicht der o.g. Marketingdenke – soll es auch nicht, denn: Gruppenblogs dienen erst in zweiter Linie als Marketinginstrument (im Gegensatz zu Corporate Blogs). In erster Linie sollen sie der (wie auch immer ausgeprägten) Gruppe dabei helfen, ihr Wissen an einem Ort zu organisieren und sich darüber auszutauschen. Und letztlich wird so weitaus mehr Transparenz über eine Gruppe, Einrichtung, Organisation etc. geschaffen. Verabschieden muss man sich also dringend von einer betriebswirtschaftlich motivierten Kontrolldenke in Punkto digitale Medien. Oder anders ausgedrückt: Neue kommunikationspolitische Instrumente erfordern neue Umgangsformen und vor allem eine gute Portion Gelassenheit bei allen Beteiligten.

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Kommentar

  1. Ich halte auch nicht viel von Richtlinien inGruppen-Blogs.

    Blogs sind eine Art Werkzeugkiste, aus der sich eine Gruppe die Tools herausholen sollte, die sie braucht, um einen Nutzen aus den Blog zu ziehen.

    Richtlinien sind nicht nur eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit nach außen, sondern auch für die Akzeptanz nach innen. Um beim Bild der Werkzeugkiste zu bleiben: Wenn die Vorgabe gemacht wird, dass nur die Säge benutzt werden soll, dann werden die Leute nicht mitmachen, die nicht gerne sägen.

    Genau das Problem ist mir schon bei verschiedenen Gruppen-Blogs begegnet, bzw. habe ich irgendwie auch in meiner Bachelor-Arbeit festgestellt. Je mehr Vorgaben und Regeln, desto weniger wird geschrieben.

    Ich hab gerade mit dem genauen Gegenteil zu kämpfen. Der Gruppenblog zum Seminarprojekt MuKommunity wird fast schon für zu viele Dinge genutzt, was wohl vorrangig am „Twitter“haften aussehen liegen wird.

    Da hab ich ich auch zwischendurch gefragt, ob es nicht sinnvoll wäre einige Einschränkungen hinsichtlich der Themen zu machen. Allerdings finde ich die Art und Weise, wie die Teilnehmer das Ding jetzt nutzen sehr schön, zeigt es doch, dass hier gearbeitet wird und welche Fragen so auftauchen. Ein Abbild des Lernprozesses ist zu sehen, wie ich hoffe 🙂

    Wichtig ist dabei allerdings ein konsequent durchgezogenes Tagging, sonst findet man die ganzen Infos gar nicht mehr 🙂

  2. Genau! Dein Beispiel zeigt sehr gut auf, wie zu viele Bestimmungen die (Eigen-)Dynamiken des Internets unterbinden würden. Ich bin mir jedenfalls sehr sicher, dass Aktivität nur dann entsteht, wenn jeder frei ist in dem, was er schreibt. Der betacampus zeigt ja bisher z.B. (leider) auf, dass zentrale Vorgaben und die Nähe zum Corporate Blog die Freiheit des Schreibens jedes Einzelnen und damit interessante Beiträge stark unterdrücken. Wenn es jedoch nur PR-nahe Beiträge gibt, bleiben die Kommentare aus (das weiß man ja schon eine ganze Weile). Und damit ist das Instrument „Weblog“ in Frage gestellt. Oder?

    Viele Grüße,

    Sandra