in Wissenschaft

Wissensmanagement im Promotionsprozess

An Hochschulen wird gerne und viel analysiert, evaluiert und begleitend erforscht. Das wird jeder Hochschulbeschäftigte kennen. Es liegt auch in der Natur der Sache, geht es doch an Hochschulen neben Lehre auch um Forschung. Für viele ist Forschung sogar bedeutsamer als Lehre, aber das wäre jetzt ein anderer Blogbeitrag zur Profession des Wissenschaftlers. 😉 Bei der Vielzahl an Untersuchungen stechen allerdings manche heraus, an denen man lieber teilnimmt als an anderen: Sie weisen einen Bezug zum eigenen Arbeitsbereich oder Forschungsinteresse auf, sie sind nah an der eigenen Lebenswelt oder aus weiteren Gründen interessant. Manchmal nimmt man auch aus Verbundenheit zum Forschenden teil, das will ich nicht verschweigen.

Eine solche Verbundenheit ergab sich neulich auch für mich, als ich nach meinem Weggang aus Augsburg von Augsburger Promotionsstudierenden zum Thema „Wissensmanagement im Promotionsprozess“ befragt wurde. Immerhin war ich den überwiegenden Teil meiner Promotionszeit an der Universität Augsburg beschäftigt; etwa die Hälfte der Zeit war ich sogar davon ausgegangen, meine Promotion dort abzuschließen. Unter Samplinggesichtspunkten war vielleicht sogar der Hochschulwechsel ausschlaggebend für die Anfrage an mich, vielleicht war es aber auch der inhaltliche Bezug zum Wissensmanagement oder schlicht meine positive Reaktion auf eine Rundmail an alle verzeichneten wissenschaftlichen Mitarbeiter.

Im Interview selbst wurde der Fokus auf den Promotionsprozess gelegt, insbesondere auf die Interaktion zwischen den Doktoranden und zwischen Doktorand(en) und Betreuer. Den Fragen lagen dabei einige Defizitannahmen zugrunde, wie mir im Verlauf des Gesprächs immer klarer wurde. Es mangelt an Austausch, es mangelt an Zeit, es mangelt mitunter auch an Wissen der (angehenden) Doktoranden über ihr Vorhaben und mögliche Konsequenzen ihres Tuns (siehe hierzu auch Mandys Bericht vom Doktorandenforum der Sektion Medienpädagogik). Dazu gehören auch all die Höhen und Tiefen, die einen während der Promotion ereilen und von denen ich mich gar nicht ausnehmen will. Die normative Setzung zu Beginn war nicht zuletzt durch die persönlichen Erfahrungen der Interviewer bedingt: Sie selbst sehen Verbesserungsbedarf in der Gestaltung der Promotion im Allgemeinen und bei der Unterstützung ihres Promotionsfortschritts im Besonderen. Gleichzeitig liefern die Defizitannahmen gute Möglichkeiten zur Verankerung des Themas im Wissensmanagement, das ja (unter anderem) auf die Verbesserung von Kommunikation und Kollaboration zwischen Individuen abzielt.

Das Interview selbst hatte ich schon fast wieder verdrängt, kam mir aber nochmals in den Sinn, als ich den heutigen Blogbeitrag auf der Doktorandenseite der UniBW München gelesen habe. Denn interner wie externer Austausch mit Gleichgesinnten oder weiteren Interessierten – das wurde als eine zentrale Anforderung an die (bessere) Gestaltung des Promotionsprozesses offenbar. Zugleich kamen wir (und damit meine ich alle Doktoranden, die bei Gabi promovieren) hinsichtlich des Wissensmanagements „gut weg“: Bei uns gibt es formale Strukturen und informelle Bande für den Austausch, alle Beteiligten interagieren bedarfsorientiert miteinander und Präsenzphasen wechseln sich mit virtuellen Phasen ab.

Ein Schmankerl existiert neuerdings mit den Videofeedbacks, die kurz vor der Disputation stehende Doktoranden auf ihren Disputationsvortrag erhalten (können). Das ist aus räumlicher Sicht interessant, wenn man wie ich nicht (mehr) am eigenen Hochschulort lebt bzw. arbeitet; zugleich wird man als Doktorand gezwungen, sich frühzeitig mit dem Disputationsvortrag auseinanderzusetzen, bevor einen etwa neue Projekte einholen oder man die Prüfungssituation zu wenig ernst nimmt (soll vorkommen ;-)). Unter der Perspektive des Wissensmanagements ist diese (neue) Maßnahme ebenfalls interessant, da speziell die weniger erfahrenen Doktoranden Einblicke in weitere Stadien der Promotion erhalten.

Für mich persönlich war es etwas stressig den Vortrag aufzunehmen, da er genau in den Stellenwechsel fiel. Im Nachhinein hat es sich aber gelohnt und Zeitmanagement ist ja auch etwas, das man im Zuge der Promotion lernen kann und soll.

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Kommentar

  1. „Schmankerl“ 😉 … interessant. Grüße in den Norden, Frank

  2. Und was für eins! Bereitgestellt von einem aufstrebenden Start-up 😉

    Auf bald,

    Sandra

  3. … ich finde es immer noch schön, wenn wir als Start-up bezeichnet werden. Dann sage ich immer: Für weite Sprünge braucht man lange Anlauf ;-). Grüße dich, Frank

  4. Spannend – wie laufen denn die Feedbacks technisch ab? Kannst Du auch was über die methodische Vorgehensweise verraten?

    Unter der Perspektive des Wissensmanagements klingt das auch so, als würden die Videos und die Feedbacks dazu sogar dokumentiert / archiviert, was ich extrem transparent und für die zukünftigen Promovenden vorteilhaft fände. Allerdings erhöht das sicherlich auch den Druck auf denjenigen, der sich Feedback holt.

    Verstehe ich das richtig, dass die simulierte Disputatio und das Feedback dazu beide in Videoform erfolgen?

    Aber das wichtigste: Viel Erfolg bei der (realen) Disputatio!

  5. Hi Timo,

    das ist in der Tat spannend, wobei es vor allem methodisch und weniger technisch interessant ist (sage ich jetzt mal so, Frank, ergänze mich).

    Zum Vorgehen: Zur Vorbereitung auf die eigene Disputation und als Diskussionsgrundlage für ein thematisch orientiertes Doktorandenkolloquium haben sich zwei Promovenden bereit erklärt, ihren Disputationsvortrag weit vor dem eigentlichen Termin zu konzipieren und aufzuzeichnen. Ich habe meinen Vortrag in Augsburg im Studio vor Bluescreen aufgenommen und Joe hat nachträglich meine Folien in den Vortrag „montiert“. Der Vortrag wurde dann als Video in die Edubreak-Plattform hochgeladen (hier der Link zum Sportcampus) und zunächst von Gabi für uns Promovenden 1:1 kommentiert. Diese Kommentare dienten primär der Vorbereitung auf den Disputationsvortrag, wurden den weiteren Doktoranden daher nicht gezeigt. Vielmehr erhielten diese die Aufgabe, sich den Vortrag unter formal-strukturellen wie auch rhetorischen Gesichtspunkten näher anzusehen. Diese gemeinsamen Kommentare wurden im Doktorandenkolloquium (d.h. in der Präsenzsituation) unter allen Doktoranden diskutiert, da sie noch deutlich vor der Disputation stehen und sich mit der Vorbereitung auf die reale Prüfungssituation Zeit lassen können – bzw. mit den Anforderungen an eben diese anfreunden können und müssen, denn der Disputationsvortrag ist vermutlich für alle Promovenden der wichtigste Vortrag, den sie bis dato gehalten haben ;-). Inwiefern die Videos jetzt dokumentiert werden, weiß ich – ehrlich gesagt – nicht. Aktuell werden sie für uns erhalten, damit wir uns das Betreuer-Feedback bis zur Prüfung nochmals ansehen können. Ob es darüber hinaus Sinn macht, bin ich mir nicht sicher: Als Doktorand braucht man ja immer auch eine gewisse Nähe zum „Anschauungsobjekt“. Insofern könnte es wichtig sein, dass es in der nachfolgenden Generation wieder Freiwillige gibt, die sich zum Vorab-Vortrag bereit erklären.

    Und: DANKE … noch ist es etwas hin ;-).

    Liebe Grüße,

    Sandra

  6. Hi Sandra,

    Danke für die Erläuterungen!

    Die Kombination aus Feedback durch die Doktormutter im Video selbst (für die Promovendin) und Rückmeldung durch die anderen Doktoranden auf anderem Wege und mit (anderer?) Zielrichtung dürfte dem asymetrischen Prüfungsverhältnis vermutlich gerecht werden. Verstehe ich das richtig, dass die Rückmeldung durch die Doktoranden dann f2f erfolgte?

    Und den technischen Aspekt finde ich auch spannend, denn wenn Vorlesungsaufzeichnungen (oder Vortragsaufzeichnungen) stärker interaktiv genutzt werden können, liegen da m.E. noch einige Potentiale. Das Tool des Sportcampus hatte ich auch schon mal gesehen, leider bislang noch nicht „live und annotiert“ erlebt – klingt nach einem guten Albumtitel ;). Da kommt noch viel spannendes auf uns zu, wie auch Christian Spannagel ja bspw. hier erläutert: http://cspannagel.wordpress.com/2011/10/20/vorlesungsvideos-on-demand/

    Liebe Grüße

    Timo

  7. Hallo Timo,

    ich war selbst als Teilnehmerin im Kolloquium beteiligt und kann deine Frage zumindest zum Teil beantworten. Die Video-Kommentare von uns Doktoranden sind, soweit ich das weiß, für die beiden Promovenden gar nicht sichtbar. Das liegt vor allem daran, dass es für uns einfach eine Möglichkeit sein sollte, so etwas überhaupt mal anzuschauen und alles anzumerken, was uns auffällt. Für die Promovenden wären diese Kommentare vermutlich wenig hilfreich oder etwas verwirrend. Sie sehen nur die Kommentare der Doktormutter.

    Im Kolloquium lief die Arbeit mit den Videos dann so ab, dass wir uns die Videos im Vorfeld online anschauen und kommentieren sollten. Die Kommentare, die uns zentral erschienen sind, haben wir dann ins Kolloquium mitgebracht. Dort haben wir dann gemeinsam über die Dinge, die uns aufgefallen sind, gesprochen. Anhand der beiden Videos sollten wir ein Gefühl dafür bekommen, wie der erste Teil der Disputation aussieht und worauf man achten soll. Auch hier waren die Promovenden nicht anwesend.

    Ich hoffe, das beantwortet deine Frage und macht das Szenario etwas nachvollziehbarer. Ansonsten hier noch der Eintrag aus dem Kolloquiumsblog (ist oben auch schon verlinkt): http://portfolio.lernen-unibw.de/view/artefact.php?artefact=577&view=25

    Liebe Grüße
    Tami

  8. Morgen zusammen,

    Sandra danke dir erstmal für das Berichten! Ich finde den neuen Coachingansatz gerade bei der Zielgruppe Doktoranden auch sehr interessant, denn die Disputation hat nun mal andere Anforderungen als z.B. ein Rigorosum oder ein Tagungsvortrag. Vielleicht wird es darüber in Kürze noch eine Forschungsnotiz geben, in der wir die didaktischen Strategien und Anpassungen mal aufs Papier bringen, mal sehen wie es zeitlich reinpasst.

    Immer öfter stelle ich fest (in unterschiedlichen Kontexten), dass die Videoannotation für eine Art „Voraktivierung“ der Teilnehmer genutzt wird, d.h. IM VORFELD zu einem Präsenztreffen wird eine Sache/Sachverhalt oder die eigene Person (kollaborativ) analysiert (mit bestimmten Kriterien), um dann beim Präsenztreffen gehaltvoller über eben diese Sache sprechen sprechen und sich austauschen zu können. Insofern haben die digitalen Medien hier die Funktion den „Wirkungsgrad“ oder die Qualität von Präsenzsitzungen zu erhöhen. Meines Erachtens spielt hier eine wichtige Rolle, dass man sowohl anschaulichen Situationsbezug als auch abstrakte Beschreibung IN EINS bringt. Wir hatten darüber in unserem Musteranlauf berichtet, Abschnitt 3.3, http://www.frank-vohle.de/files/Jahrbuch_Vohle_Reinmann.pdf

    Noch ein klitzekleiner Hinweis: Die Universität Hannover nutzt nun auch den edubreak-Campus (also nicht nur Sport 😉 für die Lehre in ganz unterschiedlichen Fakultäten (Landwirtschaft, Maschbau etc.). Zusammen mit elsa (dem e-learning Zentrum mit dem Team um Marc Krüger) haben wir eine Schnittstelle zu Stud.IP geschaffen. Ich bin sehr gespannt auf den Austausch und die Entwicklung genuin hochschuldidaktischer Einsatzszenarien; dies ist ein erklärtes Ziel der Kooperation zwischen elsa und ghostthinker und ergänzt nun auch eine Hochschulkooperation in die Augsburger Musikwissenschaft.

    @Sandra: Insofern widerspreche ich dir oben in nur einem Punkt: Didaktik und Technologie (und Organisation) müssen Hand in Hand gehen, sonst wird da keine Ehe draus ;-).

    Grüße! Frank

  9. Hallo Frank,

    sagen wir mal so: Aus Perspektive der Organisation ist vermutlich die digitale Umsetzung einer länger bekannten Methode reizvoll, insofern bin ich bei Dir, was die „Ehe“ angeht. Ich habe allerdings den Eindruck, dass Technologie vor allem funktionieren muss. Vermutlich unterscheidet sich das auch von Betrachter zu Betrachter 😉

    Liebe Grüße,

    Sandra

  10. Mach ich jetzt einen Kommentar für ein persönliches Wissensmanagement? Egal. Jedenfalls lese ich hier immer wieder den ein oder anderen Aspekte des Videofeedbacks nach. Da es ja hierzu auch den GMW-Beitrag gab und ich Dinge gerne „beisammen“ habe, verlink ich mal: http://www.gmw2012.at/downloads/GMW2012_Tagungsband.pdf (auf S. 294).
    Der Eintrag aus dem Kolloquiumsblog (http://portfolio.lernen-unibw.de/view/artefact.php?artefact=577&view=25) ist nach dem Umzug von moodle nach ILIAS la leider nicht mehr öffentlich einsehbar. Oder kommt der noch mal wieder? 😉
    LG

    Timo

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  • Wie die Zeit vergeht | Sandra in the Sky 15. Dezember 2012

    […] mich verändert hat. Die beiden wichtigsten Meilensteine waren wohl der Umzug nach Hamburg und die Abgabe der Diss. Obschon letzteres von langer Hand geplant war, war der Endspurt im Herbst nochmals stressig. Denn […]