in Wissenschaft

Mehr als Wissenschaftskommunikation: Studentisches Publizieren

Wer diesen Blog aufmerksam verfolgt, wird längst mitbekommen haben, dass mich ein Thema seit Jahren „verfolgt“: das studentische Publizieren. Umso mehr habe ich mich kürzlich darüber gefreut, dass aktuelle Umsetzungsformen und Gestaltungsmöglichkeiten  für studentisches Publizieren auf dem Wissenschaftsportal L.I.S.A. der Gerda Henkel Stiftung thematisiert wurden. Den Artikel finde ich aus unterschiedlichen Gründen lesenswert, u.a. auch deswegen, weil w.e.b.Square als beispiel- und namengebendes Projekt angeführt wird.

w.e.b.Square ist aber sicher nur ein Beispiel für das studentische Publizieren, das zumindest am imb der Universität Augsburg bis zum Jahr 2011 nur eine von drei Aktivitäten darstellte. Denn in den größeren Rahmen des studentischen Publizierens fallen auch das journalistische Publizieren (z.B. bei presstige) sowie das organisationale/PR-Publizieren (ehemals z.B. bei vitamin b). Alle drei Projekte oder auch Bausteine „zahlen“ auf die Idee des studentischen Publizierens „ein“. Und zwar keineswegs eindimensional in Richtung vermehrter Wissenschaftskommunikation: Letztere wird auch betrieben, die Projekte bedürfen aber einer erheblichen internen Differenzierung, da sie unterschiedliche Logiken in der Produktion (insbesondere) ihrer Texte verfolgen und entsprechenden Publikationszwängen – didaktisch gewollt – auch unterworfen sind. Speziell diese gemeinsame Betrachtung des Publizierens ist wichtig, wenn Studierende den Kern des einen und des anderen „be-greifen“ (Schelhowe, 2008, S. 110) wollen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede, insbesondere aber auch Chancen des „Zusammendenkens“ haben Anna und ich im letzten Jahr strukturiert aufgearbeitet und in diesen Tagen soll der Text über „Students’ Publishing Projects and their Impact on Teaching and Learning“ endlich auch erscheinen.

Zusätzlich zur erweiterten Betrachtungsweise des Publizierens/Veröffentlichens halte ich einen anderen Punkt für wichtig: die Bedeutung der Veröffentlichung als Abschluss von studentischen (Forschungs-)Projekten. So steht es im angloamerikanischen Sprachraum deutlich weniger zur Debatte, dass es Undergraduate Research Journals gibt – im Gegenteil: Die studentischen Leistungen werden hier einerseits als Aushängeschild, andererseits aber als Beitrag zur Entwicklung von Wissenschaft und Forschung begriffen. Dieser Denkansatz scheint mir in der deutschsprachigen Diskussion unterrepräsentiert, was naheliegend ist, wenn man das studentische Publizieren lediglich als „gute PR“ auffasst und das (Hochschul- und Medien-)Pädagogische hinter dieser Betrachtungsweise zurückbleibt.

Quelle: Schelhowe, H. (2008). Digitale Medien als kulturelle Medien. Medien zum Be-Greifen wesentlicher Konzepte der Gegenwart. In J. Fromme & W. Sesink (Hrsg.), Pädagogische Medientheorie (S. 95–113). Wiesbaden: VS.

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Kommentar

  1. Hallo Sandra,

    du schreibst „Dieser Denkansatz (Anm.: Undergraduate Research Journals) scheint mir in der deutschsprachigen Diskussion unterrepräsentiert, was naheliegend ist, wenn man das studentische Publizieren lediglich als ´gute PR´ auffasst und das (Hochschul- und Medien-)Pädagogische hinter dieser Betrachtungsweise zurückbleibt.“ Ich halte das für eine wichtige Beobachtung. Speziell Projekte, die nur zwecks des Wettbewerbs gemacht werden, um „gut dazustehen“, oder (auch leider ein Effekt) die nur von wenigen von der Sache überzeugten Personen getragen werden, sind oft nicht von langer Dauer. Es muss schon ein genuines Interesse dahinter stehen, die Studierenden zum wissenschaftlichen Publizieren zu ermutigen und sie darin zu unterstützen. An sich gehört das Publizieren zu einem konsequent zu Ende gedachten Konzept des forschenden Lernens.

    Da bleibt nur uns: Gute Beispiele liefern und zeigen, wie es geht 😉

    Gabi

  2. Hallo Gabi,

    da hast Du meine volle Zustimmung. Dass Studierende schreiben oder vielmehr noch: publizieren können, wird im Hochschulstudium und auch darüber hinaus vorausgesetzt. Was daraus resultiert, ist eine Fortführung des Alten, also von Schreibstilen und -gewohnheiten über Argumentationsmuster und Zitierkartelle bis hin zu Publikationsorten und -wegen, eingeschätzter Relevanz etc. Auf der einen Seite ist es gut, dass es diese festen Traditionen des (wissenschaftlichen) Schreibens und Veröffentlichens gibt, die Studierende im Prozess des Studiums auch erlernen können. Auf der anderen Seite engen sie aber ein, wenn Traditionen der eigenen Kreativität in der Veröffentlichung im Wege stehen, das Buch als Leitmedium in Frage gestellt wird usw. Ein passender Rahmen für studentisches Publizieren ist daher aus zwei Gründen essenziell:
    1) weil dem Publizieren/Veröffentlichen von Lernergebnissen als Teil des Forschungsprozesses überhaupt Aufmerksamkeit zu teil wird und
    2) weil er – so meine Hoffnung – dem „Andersdenken“ einen wertigen Ort verleiht.
    Von daher braucht es nicht nur herausragende Beispiele, sondern allem voran eine gute Strategie in der Umsetzung und viel Rückhalt – nicht nur „von oben“, sondern insbesondere aus einem Fach/der Community, sich schon im Studium mit Fragen des Publizierens auseinanderzusetzen und dabei auch vom Mainstream abweichen zu dürfen (bzw. überhaupt erst zu lernen, was Mainstream ist).
    Ich persönliche finde dabei die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Publikationsformen und -orten besonders hilfreich, um auf diesem Weg auch den Kern wissenschaftlichen Publizierens (und damit letztlich auch von Wissenschaft und Forschung) zu begreifen. Eine solche Sichtweise auf studentisches Publizieren geht über bloße Schreibwerkstätten hinaus, die meist nur bestehendes Handwerk reproduzieren und denen man (zum Teil zurecht) eine weitere Verschulung des Hochschulstudiums vorwerfen kann.

    Liebe Grüße,

    Sandra