Das Aid-Projekt lädt ein: Woche der Datenbildung

Über ein Forschungsprojekt habe ich in den letzten drei Jahren vergleichsweise wenig ‚berichtet‘ – und das lag sicher nicht daran, dass in diesem Projekt wenig geschah, im Gegenteil: Mit unserem systematischen Review zur datafizierten Schule sind wir nicht nur in unsere Forschung im Rahmen des „All is data (Aid)“-Projektes eingestiegen, diese wurde auch (eher) früh in einem Special Issue der Online-Zeitschrift MedienPädagogik veröffentlicht (hier). Im Anschluss befassten wir Hagener uns mit Artefakten: So wollten wir wissen, wie sich Diskurse um Digitalisierung und Datafizierung in diesen materialisieren und letztlich auch, welche Handlungsmöglichkeiten hieraus für Menschen in organisationaler Rahmung erwachsen. Forschungsmethodisch war das auch deswegen herausfordernd, weil die untersuchten 144 Artefakte einerseits sehr unterschiedlich waren – von Schriftstücken über Excellisten und Ausschnitte aus Learning Management Systemen bis hin zu (Social) Bots und unser Zugriff der Artefaktanalyse (in Anlehnung an Lueger und Froschauer, hier) andererseits erst erprobt werden musste. Und das Ganze unter Covid-19-Bedingungen! 

Um den Hergang der (eigenen) empirischen Forschung soll es daher auch in unserer „Woche der Datenbildung“ gehen, die wir zum Ende des Aid-Projektes mit Blick auf eine möglichst breite Öffentlichkeit initiiert haben und die vom 25. bis 29.09.2023 in Form einer digitalen Veranstaltungsreihe via Zoom stattfinden wird. Insgesamt fünf Vorträge werden auf das Projekt selbst, Facetten unserer (jeweiligen) Forschung ebenso wie auf konkrete Ergebnisse und Folgerungen nicht zuletzt auch aus Nachbarprojekten blicken. Ich selbst nehme die „Vermessung von Schule aus forschungspraktischer Sicht“ in den Blick und greife damit auch ein wenig vor: Auf den Artikel, den wir in unserem zugehörigen Herausgeber*innenband aus Sicht eines Teilprojektes verfasst haben (Weinrebe et al., erscheint demnächst hier). Unter Einbezug der Ergebnisse möchte ich aber auch zurückblicken: darauf, wie bedeutsam Diskurse im Kontext von Digitalisierung für die Einzelschule sind, ebenso wie darauf, wie sich mit diversifizierten Methoden und Herangehensweisen auch Facetten von Digitalisierung als Datafizierung beleuchten lassen, die in gegenwärtiger Forschung wenig, kaum oder gar nicht thematisiert werden.

Mit diesem Post möchte ich alle Interessierten herzlich zur Teilnahme an unserer Woche der Datenbildung einladen. Alle Vorträge finden online statt und eine Anmeldung geht unkompliziert hier vonstatten. 

Special Issue „Datengetriebene Schule“

In dieser Woche ist unser Special Issue zur „datengetriebenen Schule“ in der Online-Zeitschrift MedienPädagogik erschienen. Mit dem Special Issue knüpfen Mandy Schiefner-Rohs, Andreas Breiter und ich einerseits an unseren zurückliegenden Überlegungen zum DGfE 2020-Kongress an, andererseits haben wir mit einem breiten Call dazu eingeladen, mit uns über Daten und Schule nachzudenken.

Herausgekommen ist ein sehr spannendes, Peer-reviewtes Heft, das darauf verweist, wie weit die Datafizierung von Schule bereits vorangeschritten ist. Hierauf blicken alle Beiträge umfangreich. Darüber hinaus ist auffällig, dass kaum ein Artikel ohne einen interdisziplinären Zugriff auskommt. Details zum Zuschnitt des Hefts finden sich in unserer Einleitung.

Maike Altenrath, Jennifer Lange und ich freuen uns zudem darüber, dass Ergebnisse unseres systematischen Reviews zum Verhältnis von Daten und Schulentwicklung im internationalen Diskurs ebenfalls in dieser Ausgabe veröffentlicht wurden. In diesem Artikel loten wir vor allem die Bezüge von Optimierung, Evidenzbasierung und Datafizierung aus. 

Wie alle Hefte der MedienPädagogik ist auch dieses Special Issue vollständig Open Access verfügbar. Ich wünsche daher interessante Lektüren und nicht zuletzt viele Blicke ‚über den Tellerrand‘ von Einzel- oder Spezialdiskursen.

„Bildung, Schule, Digitalisierung“

… lautet der Titel des Tagungsbands zur gleichnamigen Tagung an der Universität zu Köln. Die Tagung ist Pandemie-bedingt leider ausgefallen, den Tagungsband haben wir dennoch weiter forciert und nun liegt dieser vor. Insgesamt 478 Seiten geben Einblick in die Vielfalt der Diskussionen um „Bildung, Schule, Digitalisierung“. Entsprechend unterscheiden sich die Beiträge auch danach, ob sie theoretische Überlegungen rund um das (Tagungs-)Thema voranstellen oder empirische Befunde zeigen; auch Konzepte oder Reflexionen finden ihren Platz im Band.

Quelle:
Kaspar, K., Becker-Mrotzek, M., Hofhues, S., König, J. & Schmeinck, D. (Hrsg.) (2020). Bildung, Schule, Digitalisierung. Münster: Waxmann. (Download/Open Access)

Data-Driven Schools #CfP

Im Anschluss an den leider ausgefallenen DGfE-2020-Kongress und das „All is data (Aid)“-Projekt rufen wir – Mandy Schiefner-Rohs, Andreas Breiter und ich – zur Einreichung von Beiträgen zum Thema „Datengetriebene Schule“ (engl. Data-driven Schools) auf. Aus dem Call (dt. Fassung):

„Die Steuerung durch Zahlen (Grek 2009; Hartong 2016) genauso wie die Quantifizierung des Sozialen (Mau 2017) scheinen zu einem neuen Paradigma für die Bildungspolitik und Bildungsadministration geworden zu sein. (Inter-)Nationale Schulleistungstests, Schulinspektionen oder (Hochschul-)Rankings sind beispielhafte Formen einer Bildungssteuerung mit und durch Daten bzw. Zahlen (für die Schule z.B. Altrichter 2010). Während dabei bisher vor allem Daten über Lernende und deren Leistungen erzeugt werden, werden im Zuge der Digitalisierung weitere Datenquellen explizit oder implizit erschlossen: Denken wir nur an Lernsoftware, die oft als explizite Datenquelle für Forschung und Praxisgestaltung dient, oder an die impliziten «digitalen Spuren» (engl. digital footprints oder traces), die wir alle in Softwareprodukten hinterlassen und die prinzipiell von unterschiedlicher Seite erschlossen werden können. Werden Datensätze miteinander verbunden, spielen häufig Learning Analytics vor dem Hintergrund der Diskussionen um Individualisierung und Digitalisierung eine Rolle – wenngleich diese Tendenz im pädagogischen Umfeld mithin kritisch betrachtet wird (u.a. Büching et al. 2019; Allert, Asmussen und Richter 2018). All diese Entwicklungen spielen sich im Rahmen der durch ‹Digitalität› geprägten Gegenwart ab, die sich durch spezifische normative Setzungen, Machtkonstellationen und letztlich veränderte Rahmenbedingungen pädagogischen Handelns auszeichnet. Optimierung erscheint hier als ein tief in der ‹Digitalität› verwurzeltes Prinzip, welches eine erziehungswissenschaftliche Perspektive herausfordert, indem Gegenstandsbereich und Forschungspraxis, aber auch Handlungskonzepte unmittelbar von Transformationsprozessen betroffen sind.

Alle genannten Beispiele zielen letztlich auf eins: auf die Optimierung des Lehrens und Lernens durch Daten, Zahlen und jüngst Algorithmen. Der Begriff der Datafizierung nimmt deswegen im Diskurs diese Zielperspektive auf. Er legt mit aller Kraft offen, was unter den sichtbaren Tendenzen in der Bildung, insbesondere aber im Kontext Schule unter Daten verstanden wird: So ist mit der Digitalisierung dort einerseits ein verdichteter, hochkomplexer Prozess der Kommunikation und Interdependenzbewältigung von Menschen in ihren Handlungskontexten festzustellen. Das Soziale selbst wird darin zur Objektivation kommunikativen Handelns (Knoblauch 2017) und stellt sich in hohem Masse datenbasiert und/oder -gesteuert dar. Andererseits entstehen durchaus neue datenbasierte Praktiken, die sich in Schulen im Speziellen und in Bildungsorganisationen im Allgemeinen analysieren, beschreiben, beobachten und reflektieren lassen. Darüber hinaus werden Daten als Referenzpunkte für individuelle oder gemeinsame, für implizite oder explizite Entscheidungen immer häufiger automatisch erzeugt, sodass das Soziale auf einzelne Datenpunkte, Zahlen- respektive Schwellenwerte und/oder Indizes zugespitzt wird. Prietl und Houben (2018) sprechen aufgrund dieser offensichtlichen Reduktion von Komplexität gar von einer Datengesellschaft.

Aus medienpädagogischer Sicht werden mit Daten, Zahlen und Algorithmen diverse Forschungsperspektiven aufgeworfen sowie Gestaltungsfragen insbesondere an den Kontext Schule gestellt. Sie siedeln sich an in den Bildungsorganisationen selbst, indem beispielsweise nach den konkreten Angebotsstrukturen und Massnahmen im Umgang mit der Datengesellschaft in der Schule gefragt wird. Sie werfen Fragen nach interdisziplinärer Forschung und Entwicklung im Schulkontext auf, wenn erst das Zusammenspiel von (Medien-)Pädagogik und Informatik Forschungsfragen im Feld beantworten lässt (u.a. Breiter und Jarke 2019). Es deuten sich zudem vielfältige Anlässe für Kooperationen, aber auch für Abgrenzungen zwischen Politik, Verwaltung, Bildungsorganisationen und den Menschen sowie zwischen Datenproduktion und -konsum an (vgl. Hartong 2016). (Inter-)national lässt sich an der wachsenden Bedeutung sozialer Vermessungspraktiken, Datafizierung und Algorithmen im Bildungssektor anschliessen (z.B. Boyd und Crawford 2012; Espeland und Stevens 2008; van Dijk 2014; Kitchin 2016; Selwyn 2016; Knox et al. 2019).

Daten, so viel lässt sich bis hierhin aus dem Diskurs festhalten, beschreiben nicht nur soziale Wirklichkeiten – sie erschaffen oder verändern diese infolge ihrer blossen Verfügbarkeit oder der Orientierung daran. So lässt sich schon jetzt eine Verhaltenssteuerung durch Algorithmen beobachten (z.B. Manolev, Sullivan, und Slee 2019), die ebenfalls (nicht nur) medienpädagogisch zu reflektieren ist. Software bzw. Dateninfrastrukturen sind entgegen naiver Annahmen nicht neutral – es werden soziale Relationen und Ungleichheiten darin technisch eingeschrieben (Dalton und Thatcher 2014; Fuller 2008; Kitchin und Lauriault 2014; Lachney, Babbitt und Eglash 2016, Hartong 2020).“ (Auszug aus dem Call)

Der vollständige Call ist unter medienpaed.com verfügbar. Wir freuen uns auf Beitragsvorschläge bis zum 31.7.2020.

Noch ein neues Projekt: Beteiligung an der Digitalstrategie Lehrer*innenbildung Köln (DISK)

In der Qualitätsoffensive Lehrer*innenbildung des BMBF wurde im zurückliegenden Jahr eine vertiefende Förderung für Vorhaben in und zur Digitalisierung ausgeschrieben. Hierbei war auch die Universität zu Köln erfolgreich: Unter dem Titel „Digitalstrategie Lehrer*innenbildung Köln: Kompetenzen nachhaltig entwickeln (DiSK)“ sollen in den nächsten (knapp) vier Jahren Medienkompetenzentwicklung und Medienbildung von (angehenden) Lehrer*innen in den Blick genommen werden (zur Projektdatenbank). In den Verbund sind unterschiedliche Kolleg*innen aus Fachwissenschaften und Fachdidaktik wie auch aus den Erziehungs- und Bildungswissenschaften involviert. Die medienpädagogisch/-didaktische Sicht bringt der Arbeitsbereich im so genannten „DISK-Forum“ ein, das nach dem Vorbild der OERlabs zu Kommunikation und Austausch in der Lehrer*innenbildung anregen soll. Aufgrund der Vorgaben durch das Land NRW (siehe Medienkompetenzrahmen) gibt es ohnehin Kommunikationsanlässe genug.

Digitalisierung in der Lehrer*innenbildung: Blicke in einen lebendigen Diskurs #CfP

Viele Kolleg*innen haben bereits geholfen, den Call zu unserer Tagung zu „Bildung, Schule und Digitalisierung“ zu verbreiten. Ich verlinke daher an dieser Stelle lediglich auf die Seiten des Mercator Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, das den Call für die Kölner Organisator*innen recht zügig online verfügbar gemacht hat (zum CfP). Im Call selbst adressieren wir den gesamten Diskurs zu Medien in der Lehrer*innenbildung, der sich seit ein paar Jahren (wieder) als sehr lebendig darstellt und nicht mehr auf Medien- und Schulpädagogik beschränkt ist. Auch begrifflich und konzeptionell haben sich Verschiebungen ergeben (Stichwort: Digitalisierung), die jedoch nur teilweise in der Lehrer*innenbildung reflektiert werden. Aufgrund dieser Kontur würden wir uns über möglichst vielfältige Arbeiten und Einreichungen freuen, die theoretische und/oder empirische Beiträge für das Feld anvisieren.

Mit Blick auf meinen eigenen Kalender ist mir klar, dass für viele die gesetzte Frist von (noch) sechs Wochen eher knapp ist (Einreichung von Abstracts bis zum 15.10.2019). Hintergrund ist der zugehörige Tagungsband, der mit der Veranstaltung im Open Access-Format vorliegen soll (und wird ;-)). Die Arbeit an Text und Buch braucht bekanntermaßen ein wenig Vorlauf; sie motiviert vielleicht aber auch ein wenig, sich mit Beiträgen aus Fachwissenschaften, Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken an der Tagung zu beteiligen.

Tag der Medienkompetenz im Landtag NRW #TdM18

Alle zwei Jahre findet der Tag der Medienkompetenz im Landtag NRW statt. Meist bildet ein Thema den Ausgangspunkt für Impulsbeiträge und Diskussionen; dieses Jahr ging es z.B. übergeordnet um Fakenews, Verschwörungstheorien und Algorithmen. Unter diesem Oberthema wurden allerhand Themen verhandelt und auch diverse Projekte vorgestellt. Ich selbst war mit dem Projekt OERlabs und einer studentischen Gruppe aus meinem Seminar ‚Gestaltung und Produktion digitalen Lernmaterials‘ zu Gast. Gemeinsam haben wir einen Stand zu Möglichkeiten der Praxiskooperation in Lehre/Forschung wie auch zum OER-Aspekt gestaltet. Am Nachmittag war ich geladen im Panel „Was sagt die Wissenschaft?“ des Grimme-Forschungskollegs. Darin habe ich versucht den Bogen zu schlagen zwischen Medienpädagogik und Informatik, was sich anlässlich der thematischen Setzung geradezu anbot. Meine Folien stelle ich auf diesem Weg gerne zur Verfügung (TdM18).

Still, aber nicht untätig

In letzter Zeit ist es still geworden auf dem Blog – erstmals seit 2007 – und das hat einen einfachen Grund: Die drei zeitgleich gestarteten, BMBF-geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie damit zusammenhängende Teamentwicklungsprozesse erfordern derzeit meine Aufmerksamkeit. Ich bin in der Zwischenzeit also nicht untätig, im Gegenteil:

Einblick in ein erstes Projektergebnis aus dem You(r) Study-Verbundforschungsprojekt bieten jetzt bspw. unsere systematischen Reviews zu digitalen Lerninfrastrukturen, zu mediengestützten Lehr-/Lernszenarien sowie zur Mediennutzung Studierender. In den Reviews haben die unterschiedlichen Projekt-Beteiligten den Forschungsstand, so er für die nächsten Schritte im Projekt relevant ist, aufgearbeitet. Inhaltlich sind die Ergebnisse auch außerhalb von You(r) Study interessant, weswegen sie seit einigen Tagen unter freier Lizenz auf dem You(r) Study-Blog verfügbar sind. Auf dem Blog schreiben wir als Verbundprojektteam übrigens auch über weitere Aktivitäten rund um das Projekt. Vorbeisurfen oder abonnieren lohnt sich also.

Apropos Blog: Auch in den OERlabs tut sich sukzessive etwas, u.a. berichten wir in regelmäßigen Podcasts über offene Handlungspraktiken, die nach aktuellem Stand so schwer in Textform zu fassen sind. Zudem findet in Kürze der erste Multistakeholder-Dialog an der Universität zu Köln sowie an der TU Kaiserslautern statt, um mit vielen Beteiligten über Medienbildung in der Lehrer*innen(aus-)bildung ins Gespräch zu kommen. Dazu werden wir mit Utopien (von Schule) starten und uns nach und nach Fragen der Ermöglichung von Medienbildung, bestehenden Annahmen und medienbezogenen Routinen sowie (hoch-)schulischen Strukturen zu widmen.

Das geschieht in #ko.vernetzt übrigens auch, allerdings vor dem Hintergrund einer erwachsenenbildnerischen Perspektive der Förderung von Medienkompetenzen. Aktuellen Einblick bietet eine Präsentation (Download PDF), die für die Tagung Berufsbildung 4.0 der AG BFN entstanden ist.

Im Gespräch: #OERlabs

Die OERlabs nehmen nach und nach ihre Arbeit auf. U.a. sind Bence und ich derzeit in einem Video zu Lehrer*innenbildung, offenen Bildungsressourcen und Labor-Verständnis auf dem YouTube-Kanal des ZfL der Universität zu Köln zu sehen.

Wer lieber liest statt (fern-)sieht, kann Details zum Projekt auch in der aktuellen Synergie-Zeitschrift der Universität Hamburg (Download PDF) sowie auf unserem OERlabs-Blog nachlesen. Alle Mitarbeitenden in den OERlabs posten hier fleißig Informationen rund um unser Praxis- und Entwicklungsprojekt. Ein Podcast zur Dokumentation offener Bildungspraktiken wird folgen.