Semesterbeginn | Vorstellung einer neuen Studienstruktur

Viele Universitäten und (Fach-)Hochschulen starten dieser Tage ins neue Semester, so auch alle Lehrenden an der FernUniversität, die in den Master eEducation: Bildung und Medien eingebunden sind. Das allein wäre keine Neuigkeit wert, wenn es nicht das letzte (Winter-)Semester wäre, an dem dieser Studiengang neue Erstsemester begrüßt, denn: 

Im Sommersemester 2023 starten wir mit einer überarbeiteten, neuen Studienstruktur in den Master Bildungswissenschaft mit Schwerpunkt Digitale Medien oder Erwachsenen-/Weiterbildung. Dabei lässt sich die neue Studienstruktur recht einfach so erklären (übernommen aus den hiesigen FAQ): 

  • Die Module A stehen für die verpflichtende Studieneingangsphase. Es gibt 4 A-Module.
  • Die Module B sind dem Schwerpunkt Digitale Medien zugeordnet. Es gibt drei B-Module.
  • Die Module C sind dem Schwerpunkt Erwachsenen-/Weiterbildung zugehörig. Es gibt drei C-Module.
  • Die D-Module sind dem Wahlpflichtbereich ohne ausgewiesenen Schwerpunkt zugeordnet.

Während die Rahmenbedingungen dieser neuen Studienstruktur überwiegend geklärt sind und beispielsweise gestern Abend die (vorerst) letzte Informationsveranstaltung dazu stattgefunden hat, arbeiten alle Kolleg_innen derzeit mit Hochdruck an der Fertigstellung ihrer jeweiligen Lehrangebote und -veranstaltungen. 

Wir selbst sind mit einem Eingangsmodul (auch) für den Studieneinstieg verantwortlich und werden vor diesem Hintergrund vor allem Gegenstände von Bildung und Medien thematisieren und methodische Fragen im Modus forschenden Lernens adressieren. Zudem sind wir (natürlich) im Schwerpunkt digitale Medien aktiv und werden dort künftig eine an einem Semesterthema orientierte Ringvorlesung anbieten, die zur Reflexion über aktuelle Mediendidaktik anregen soll. In diesem Rahmen ist beispielsweise auch ein Reader zu Traditionslinien in der Mediendidaktik entstanden, der hier zum Einsatz kommen wird – ganz im Sinne einer Critical Educational Technology.

Einfach nachfragen…

Die Frage, was Digitalisierung ist, wird aktuell vielerorts gestellt. Sie fordert auf, den Begriff einerseits genau zu definieren und von anderen abzugrenzen. Andererseits deutet die Frage an, dass vielfach davon ausgegangen wird, dass man schon wisse, was unter „der Digitalisierung“ verstanden wird. Dabei werde ich den Eindruck nicht los, dass es hier zu allerhand Missverständnissen kommt, nicht zuletzt in Bildungsorganisationen: Sie müssen sich seit ein paar Jahren zu öffentlichkeitswirksamen Diskursen um die Digitalisierung ins Verhältnis setzen. Bildungsorganisationen kommen daher bspw. nicht umhin, konkrete Qualifizierungsangebote mit Blick auf digitale Medien zu machen. Die Anforderung der Integration passender Angebote betrifft Schulen und Hochschulen/Universitäten vermutlich sogar gleichermaßen. Die Begriffe, die im Zusammenhang mit der Implementierung genutzt werden, werden in der Folge interner Diskussionen z.B. an Hochschulen, aber auch an Schulen eher sperriger und euphorischer, als dass sie den Status quo verändern würden. Mit dem Fokus Hochschule möchten wir uns daher in einer ganzen Ausgabe der Zeitschrift für Hochschulentwicklung „der Digitalisierung“ widmen. Das Herausgeberinnenteam interessiert dabei nicht nur die Begriffsklärung in Bezug auf Hochschulen/Universitäten, sondern die ganz unterschiedlichen Forschungsperspektiven auf Digitalisierung in Hochschulen. Ein paar dieser Blickwinkel haben wir im Call expliziert, was nicht heißt, dass darüber hinaus andere Perspektiven (k)einen Beitrag zur Erforschung der Bildungsorganisation Hochschule leisten könnten. Wir freuen uns deshalb auf unterschiedlich akzentuierte, disziplinäre Beiträge, die o.g. Fragen aufwerfen und klären, oder auf inter- bzw. transdisziplinäre Beiträge, die an geeigneten Stellen der Digitalisierung in Hochschulen „einfach“ nachfragen oder hinterfragen, was aktuell (vermeintlich) unter Digitalisierung verstanden wird.

Immer einen Plan B zur Hand #innolehre

Mal fällt spontan der Beamer aus, wie beim Symposium zu Innovationen in der Lehre an der Universität zu Köln (Programm-Flyer). Mal möchte die Blogfarm nicht, wie ich es für meine aktuellen Seminare gerne hätte. Beides zeigt exemplarisch, was im Kontext von (digitaler) Lehre besonders wichtig ist: nämlich immer einen Plan B zur Hand zu haben. Beim Symposium bestand dieser in der vorgezogenen Pause, um der internen Vernetzung von Lehrenden besonders viel Raum zu geben, vor allem aber das Beamer-Problem zu lösen. Im Seminar poste ich stellvertretend für die Studierenden ihre Blogbeiträge, was nicht ganz im Sinne der Erfinderin ist. Immerhin erhalten die Studierenden so aber Einblick in die Arbeitsstände der anderen Gruppen, was Ziel der Aufgabe der Berichterstattung war/ist. Wim Gijselaers von der Universität Maastricht sprach in seiner Keynote übrigens auch von der Notwendigkeit eines Plan Bs: Mit der Lehre sei es ähnlich wie mit der Deutschen Bahn. Man verfolge einen Plan und doch komme es zu Verzögerungen. Auch wenn an der einen oder anderen Stelle die Analogie mit der Bahn hinkte (z.B. als es um die Zweiklassengesellschaft in Bezug auf Präsenz- und Online-Lehre ging), funktionierte sie für den Vortrag und das Symposium prächtig. Im Verlauf des Nachmittags bis zur anschließenden Podiumsdiskussion wurde sie immer wieder bemüht oder dankend aufgegriffen.

Bücherschau: Forschendes Lernen mit digitalen Medien

In den letzten Wochen sind zwei lesenswerte Bücher veröffentlicht worden, die sich auf unterschiedliche Weise (auch) mit medien- und hochschuldidaktischen Themen befassen. Das Buch „Forschendes Lernen 2.0“ ist aus meiner Sicht interessant, weil es den geisteswissenschaftlichen Zugang zu einem sozialwissenschaftlich dominierten Thema wagt. Auf diese Weise werden nicht nur Brücken zwischen unterschiedlichen Zugängen zum forschenden Lernen gebaut; es werden zugleich andere Fragen als sonst gestellt (und ihnen nachgegangen). Umso mehr freue ich mich, dass ich zusammen mit Michelle Mallwitz einen (kleinen) Beitrag zu diesem Buch leisten konnte – einen Text, überschrieben mit „forschendes Lernen zu Ende denken“. Wer mich kennt, weiß genau, was man in dem Text finden wird: U.a. beschäftigt sich der Artikel damit, wie man studentisches Publizieren als Teil forschenden Lernens begreifen könnte. Der Artikel ist für mich sehr aktuell, da sich gerade in Köln eine hochschulübergreifende Initiative zum studentischen Publizieren bildet. Darüber hinaus wird im Artikel skizziert, wie man Forschungsorientierung in Vorlesungen umsetzen könnte (ähnlich Gabis Beispiel „Kino fällt aus“) und welche Bedeutung studentische Forschungsprojekte im Kontext forschenden Lernens haben. Entsprechend geht es einerseits normativ um das „Zu Ende Denken“ forschenden Lernens, da man Studierenden ihre eigene Forschungstätigkeit in allen Lehr-Lernszenarien auch zutrauen muss. Andererseits zeigt der Beitrag auf, dass eine Kopplung mit entsprechenden Prüfungsordnungen und -szenarien unerlässlich ist. Das weiß jede*r Hochschullehrer*in aus der eigenen Lehrpraxis; die Umsetzung entsprechender Studien- und Prüfungsordnungen kommt aber nicht selten einer Sisyphos-Arbeit gleich. Ein anderes Buch, das kürzlich in Printform erschienen ist, lautet Handbuch „Informelles Lernen“. Über meinen Artikel in diesem Handbuch habe ich schon einmal berichtet, da er nach dem Beitrag informellen Lernens mit digitalen Medien in der Hochschule fragt. Auch wenn beide Beiträge in unterschiedlichen Herausgeberbänden erschienen sind, hängen sie doch zusammen: Während im ersten Beitrag vor allem die formale Seite des Studiums betrachtet wird, stehen im zweiten Beitrag letztlich eher sozialisatorische Fragen des Studierens (mit Medien) im Vordergrund. Zusammenhänge wie die skizzierten findet man zwischen Kergel/Heidkamp (2016) und Rohs (2016) zahlreich. Nicht zuletzt deswegen wünsche aufschlussreiche Lektüren zwischen dem formalen Lernen hier und dem informellen Lernen da.

Forschendes Lernen mit digitalen Medien

… so lautete der Titel meines Workshops an der FH Köln. Der Workshop war eingebettet in einen größeren Rahmen: in den Tag für die exzellente Lehre, der komplett unter dem Motto des forschenden Lernens stand. Auch wurde mit dem Lehrpreis zum forschenden Lernen, zugehörigen Impulsen sowie dem kommenden Weiterbildungsprogramm ein kohärenter Rahmen aufgespannt: Wie kann man forschendes Lernen an Fachhochschulen realisieren? Welche Spielarten forschenden Lernens gibt es (hier war der Impuls durch L. Huber besonders hilfreich)? Und wie lassen sich „typische“ Herausforderungen in der Lehre produktiv bewältigen?

Interessant war dann, dass in meinem Workshop zum forschenden Lernen eher Grundfragen des mediengestützten Lernens zutage kamen: Was sind brauchbare Werkzeuge für das forschende Lernen? Wie kann man mit digitalen Medien Lern- und Forschungsprozesse unterstützen? Wie lässt sich forschendes Lernen mit digitalen Medien „zu Ende“ denken? Vor allem letzteres wurde intensiver diskutiert und durch mein früheres Projekt w.e.b.Square konnte ich hier zumindest ein Beispiel für die Umsetzung anbieten. Etwas schwieriger gestalteten sich instruktionsorientierte Szenarien und ihre „Übersetzung“ in forschungsorientierte Formate – ebenso wie Forschungs-basiertes Lernen in Übungen, das einerseits auf der Hand liegt, andererseits durch die Einübung von Wissen mitunter auch gegenläufig gehandhabt wird.

Auch wenn die Themen eher angerissen als beantwortet werden konnten, bin ich dennoch froh, das breite Spektrum des forschenden Lernens mit digitalen Medien aufgemacht zu haben. Auch hatte ich eine tolle Gruppe von Teilnehmenden, die sich auf ein offenes Workshop-Format eingelassen und prima mitdiskutiert hat. Im Nachgang müsste man jetzt die eigenen Lehrveranstaltungen dahingehend untersuchen, inwieweit sie sich als forschendes Lernen realisieren lassen und welche Rolle jeweils digitale Medien spielen könnten. Spannend wäre es sicherlich auch, jetzt die breite(re) Idee von Medien als Diskurs- und Handlungsraum aufzumachen. Für die konzeptionelle Einführung dieses Gedankens war bisher zu wenig Zeit, kann aber in einem unserer Artikel nachgelesen werden.

Zeit für … das Zeitpolitische Magazin

Über die Feiertage hat sicherlich so mancher Zeit. Auch Zeit dafür, um das Zeitpolitische Magazin zu lesen. So widmet sich die jüngste Ausgabe der privaten Kommunikation und wie sich diese in unterschiedlichen Lebensbereichen durch digitale Medien verändert hat. Das Heft „Privat kommunizieren – digital vernetzt“ macht dabei das breite Spektrum auf: von den Chancen und Möglichkeiten des Mediengebrauchs über den Einfluss der Mediatisierung auf unser soziales Zusammenleben bis hin zu Fragen der Entgrenzung mit/durch Medien. Ich selbst bin mit einem Beitrag zu „digitalen Papierfliegern“ vertreten. Darin stelle ich die Frage danach, wie digitale Medien weniger als Störfaktor in Unterrichtssettings, sondern als (sozialer) Raum für Wissen und Erkenntnis wahrgenommen werden könnten. Dass ich mit diesem Beitrag für eine jüngere Generation von Hochschullehrenden stehen sollte, wurde mir erst durch die Lektüre des Editorials so richtig bewusst (S. 5). Aber damit kann ich ganz gut leben, denn: Medien sind nicht per se gut oder schlecht. Es gilt vielmehr Folgen des Medieneinsatzes abzuschätzen und sie bedacht in vielerlei Settings einzusetzen.

E-Portfolio an der Schnittstelle von Studium und Beruf: Widerspruch in sich?

Einen Vorteil hat das schöne Sommerwetter: Man hat viele Gelegenheiten zum Schmökern in Büchern, da sie so wunderbar mobil und auch außerhalb heißer Räumlichkeiten zu nutzen sind. So habe ich gestern länger im Herausgeberband „E-Portfolio an der Schnittstelle von Studium und Beruf“ geblättert und gelesen, das in diesen Tagen in der Reihe „Medien in der Wissenschaft“ im Waxmann Verlag erschienen ist. Das Buch vereint mehrere Perspektiven auf den (E-)Portfolio-Einsatz an Hochschulen, wobei diese in großen Teilen klassischer Natur sind: So geht es zu Beginn um Grundlagen der Portfolio-Methode sowie um die Arbeit mit/an E-Portfolios. Im Folgenden dreht es sich um unterschiedliche Funktionen, die Portfolios in der Hochschullehre einnehmen, bevor die wesentlichen Zielgruppen – Studierende und Lehrende – zu Wort kommen. In den beiden letzten Kapiteln werden speziell Übergänge vom Studium in den Beruf sowie digitale Tools und notwendige Service-Leistungen thematisiert, was nicht zuletzt mit dem speziellen Fokus des Bandes von Damian Miller und Benno Volk zusammenhängt.

Gedanklich hängen geblieben bin ich vor allem am Text von Ramón Reichert, der sich in seinem Artikel der „Portfoliostrategie 2.0“ widmet und darin den gegenwärtigen Trend zur Selbstdarstellung im Netz aus medien- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht betrachtet. So kann ich dem Hinweis, dass Portfolios eine lange Tradition in der Betriebswirtschaft aufweisen und man speziell in den „Vorzeigeportfolios“ den „aktiven Selbstoptimierer“ (Reichert, 2013, S. 107) wiederkennt, einiges abgewinnen. Auch ich habe schon länger Schwierigkeiten mit dieser einseitigen Auslegung der Portfolio-Methode in Richtung Produkt sowie öffentlicher Wirksamkeit, weil sich darin der Kern der Methode (u.a. Förderung von Reflexionsfähigkeiten, Empowerment von Lernenden) zugunsten anderer, individualökonomischer Überlegungen verliert. Es passt daher gut ins Bild, dass im Text u.a. die Frage nach dem Selbstmanagement (ebd., S. 113) aufgeworfen und auch in weiteren Artikeln diskutiert wird (u.a. im Text von Gabi Reinmann und Silvia Hartung zu Möglichkeiten des persönlichen Wissensmanagements mit E-Portfolios – gewissermaßen die andere Seite derselben Medaille). Interessant finde ich zudem die Hinweise zu Aufmerksamkeitsökonomien im Social Web sowie den Verweis auf das (alte) Prinzip „the rich get richer“ (ebd., S. 121), das in der derzeit häufig anvisierten, eher einseitigen Auslegung von E-Portfolios durchaus zutreffend erscheint. Im Fazit heißt es: „Der allgemeinen Gegenwartstendenz der Mediatisierung des Alltäglichen kommt die neue Praxis der autobiografischen Selbstthematisierung auf den Aufmerksamkeitsmärkten des Internet entgegen.“ (ebd., S. 127).

In den Kontext dieser Fragestellungen, nämlich den pädagogischen Kern der Portfolio-Methode und die ökonomische Notwendigkeit einer multiplen Anerkennung von (Lern-)Leistungen, fügt sich auch unser Interview mit (inzwischen früheren) Augsburger Studierenden ein: Zusammen mit den vier Studentinnen Ina Ertner, Eva Opitz, Verena Ott und Sarah Rohrer haben Thomas Sporer und ich vor rund zwei Jahren auf den Einsatz von E-Portfolios im Begleitstudium Problemlösekompetenz zurückgeblickt – und offen nach den Chancen wie auch Grenzen der Methode aus Studierendensicht gefragt. Was Reichert zuvor identifiziert hatte, findet sich in unserem Beispiel durchaus wieder: das permanente Changieren zwischen Lernen und persönlicher Kompetenzentwicklung auf der einen Seite und Anerkennung, Sichtbarkeit sowie Erfolg/Weiterkommen in den Begleitstudiumsprojekten auf der anderen Seite.

Die Entscheidung für die Portfolio-Methode und die Umsetzung in digitaler Form bleibt daher für formale Bildungskontexte ambivalent: Sie scheint für bestimmte didaktische Szenarien vernünftig, für andere hingegen nicht. Auch produziert man mit dem Einsatz Anschlussfragen, die mitunter stärker von ökonomischen Gedanken getrieben sind, als dies die Methode im ursprünglichen, pädagogischen Sinn nahelegte. Diese Verwobenheit sollte man im Sinn haben, wenn man z.B. reflexive Fähigkeiten des Einzelnen fördern möchte, aber zu didaktischen Konzepten kommt, die eher die Selbstvermarktung als bspw. ein Bewusstsein für eigene Stärken und Schwächen ansprechen. Insofern ist die Schwerpunktsetzung des Bandes gelungen, indem er klar die „Schnittstelle von Studium und Beruf“ bedient und sich mit den vielen, teils widersprüchlichen Fragen zwischen Pädagogik, Technologie/Medien und (Individual-)Ökonomie auseinandersetzt.

Quellen:
Ertner, I., Opitz, E., Ott, V., Rohrer, S., Hofhues, S. & Sporer, T. (2013). Unterstützung überfachlicher Kompetenzentwicklung in Projekten mit E-Portfolio-Arbeit: ein „Reality-Check“ aus Studierendenperspektive. In D. Miller & B. Volk (Hrsg.), E-Portfolio an der Schnittstelle von Studium und Beruf (S. 215–230). Reihe Medien in der Wissenschaft (Band 63). Münster: Waxmann.

Reichert, R. (2013). Portfoliostrategie 2.0. „Biografiearbeit“ und „Selbstnarration“ im Social Net. In D. Miller & B. Volk (Hrsg.), E-Portfolio an der Schnittstelle von Studium und Beruf (S. 105–132). Reihe Medien in der Wissenschaft (Band 63). Münster: Waxmann.

GMW’12: komprimierte Eindrücke

Jetzt ist sie schon wieder vorbei, die GMW’12, und mit etwas zeitlicher Verspätung will ich doch noch einen kurzen Rückblick wagen (weitere Rückblicke u.a. bei Gabi, Jan, Klaus).

Die hier vorab angestoßene Diskussion um die öffentliche Zugänglichkeit der Beiträge und, damit zusammenhängend, die Rolle der GMW für Wissenschaft und Hochschule beschäftigte die Teilnehmenden in verschiedenen Formaten. So haben wir gleich den ersten Konferenztag für eine EduCamp-Session zum Thema genutzt und die verschiedenen Positionen zur öffentlichen Zugänglichkeit ausgelotet (zur Dokumentation, zum Video). Die Session hat dabei viel Aufschluss darüber gebracht, was Erwartungen, Hoffnungen und Wünsche der GMW-Besucherinnen und -Besucher sind – und welche Erwartungen eben nicht mit dem Tagungsbesuch einhergehen, wenn man rund 30 Teilnehmenden in der Session Glauben schenken mag. Insofern konnten wir gleich zu Beginn eine gemäßigte Position zum Tagungsband (mit allen Anschlussfragen) entwerfen, die als Input zur Diskussion auch in die Mitgliederversammlung am Dienstag eingebracht wurde. Formuliert wurde bspw., dass Tagungen Angebote sind, die man zum Lernen nutzen kann, aber nicht muss. Auch wurde begrüßt, dass unterschiedliche Formate auf der Tagung eingesetzt werden, die aber einer umfassenden Abstimmung bedürfen und vor allem im Vorfeld (vor der Einreichung) transparent gemacht werden sollten. Ebenfalls wichtig erschien, alle Formate im Tagungsband zu berücksichtigen, nicht zuletzt um einer Selbstselektion vorzubeugen. Ebenso hilfreich wurde eingeschätzt, die Aktivitäten an einem Ort online zu bündeln, hierzu aber verschiedene technische (vs. redaktionelle) Möglichkeiten zu nutzen.

Am Beispiel des Tagungsbands zeigt sich letztlich sehr gut, wie ein Impuls für die Konferenz im Vorfeld aussehen könnte, wie sich die ersten Ideen mithilfe eines offenen Formats verdichten lassen und wie die Ideen verknappt, sortiert und gemeinschaftlich getragen in die GMW zurückfließen können. Auf inhaltlicher Ebene ähnlich hat es Gabi versucht: Nach einigen Blogposts im Vorfeld stellte sie ihr Gedankenexperiment vor, das schließlich auch den Best Paper Award gewinnen konnte (nochmals herzlichen Glückwunsch dazu!). Ich selbst hatte leider nicht die Gelegenheit die Session zu besuchen, in einigen Randgesprächen dafür die Chance, die Positionen der einzelnen „Mitstreiter“ kennenzulernen. Diese Randgespräche ersetzen einen Präsenzimpuls sicher nicht, deuten aber an, was mir an der GMW bis auf Weiteres gut gefällt: die Bereitschaft zum gemeinsamen Denken, Streiten, Diskutieren – und zwar (nahezu) unabhängig von Hierarchie oder Funktion.

Letzteres deutete sich auch in den Aktivitäten zur Nachwuchsarbeit an: Neben der Diskussion um die Verfügbarkeit des Tagungsbands hat mich diese sicherlich am meisten eingenommen – sei es im Vorfeld durch die verantwortliche Organisation und sei es vor Ort durch die angeschlossenen Formate (danke ans Team für die tolle Unterstützung!). Besonders gut gefallen hat mir dieses Mal, dass das Doktorierendenforum (neuerdings „Forum Young Scientists“) Anker im Hauptprogramm gefunden hat und auf Metaebene u.a. in einem Workshop nachbereitet wurde. Solche Auseinandersetzungen über Chancen und Grenzen der Nachwuchsarbeit einer Fachgesellschaft sind wichtig, wenn man Nachwuchsarbeit nicht nur als Förderung von Doktoranden versteht, sondern den Nachwuchsbegriff darüber hinaus denkt. So fand ich persönlich die Anregungen zu einer breiter gefassten Nachwuchsarbeit hilfreich, die die GMW zwar von Beginn an in den Blick genommen hatte, die sich aber aus verschiedenen Gründen bislang vor allem auf Doktoranden beschränkte. Vielleicht ist diese Auseinandersetzung aber auch folgerichtig, wenn sich Formate langsam einspielen und Doktoranden aus ihrer Rolle herauswachsen bzw. neue Rollen einnehmen: So wurde die Nachwuchsarbeit auf der GMW’12 erstmals strukturell durch einen Sitz im Vorstand verankert, den ich nun für zwei Jahre innehaben werde (danke allen für die Wahl!).

Apropos Rolle: Bei aller Setzung des Tagungsmottos in Richtung Exzellenz fiel auf, dass bis auf Weiteres ein starker Fokus der GMW-Jahrestagung auf Lehre (vs. Forschung) mit (digitalen) Medien liegt. Angesichts der letzten GMW-Jahre mag das konsequent sein, überrascht aber doch, denn: Hochschule umfasst ja neben Lehre auch Forschung und Services und alle drei Bereiche könnten gleichwertig auf der GMW präsentiert werden. Insofern war ich dankbar, dass sich im einen oder anderen Track doch Stichworte wie E-Science fanden und auch die Abschluss-Keynote von Manfred Thaller einen Forschungsfokus auf digitale Medien in den Geisteswissenschaften entworfen hat.

Irgendwo „zwischen“ Forschung und Lehre fand sich dann auch Mandys und mein Vortrag zur „Doktorandenausbildung zwischen Selbstorganisation und Vernetzung“, in dem wir vor allem die Potenziale digitaler sozialer Medien zur Kommunikation, Kollaboration und Reflexion in der dritten Phase nach Bologna herausgearbeitet haben (zur Präsentation, zum Artikel). Während die Befunde der explorativen Studie in die Reihe gängiger Mediennutzungsstudien passen, sind im Kontext des Beitrags vor allem die Anschlussfragen interessant. So wollen wir in weiteren Interviews fragen, welche Rolle Prozesse der Enkulturation in Wissenschaft und die eigene (Medien-)Biografie bei der Nutzung von Medien und der persönlichen Ausgestaltung des Promotionsstudiums spielen. Auch werden die Betreuenden stärker als bisher in die Untersuchung einbezogen, denn die Ergebnisse in Richtung Peer-to-Peer-Education in der Doktorandenausbildung fielen ernüchternd aus.

Fazit. Auch diese GMW war wieder eine Reise wert, vor allem um viele alte und neue Bekannte zu sehen und intensiv bis in die Abendstunden mit ihnen zu diskutieren. Über die Präsenzimpulse der anderen kann ich wenig urteilen, da es die eigene Involviertheit (zu) wenig erlaubte, andere Sessions zu besuchen. Ich bin daher froh, dass es nicht nur im Vorfeld die Möglichkeit gibt, den Tagungsband zu studieren, sondern auch im Nachgang zur Tagung, da ich den einen oder anderen Hinweis zu interessanten Ideen, Konzepten oder Studien in Wien aufgeschnappt habe und verfolgen möchte. Danke daher an die Ausrichtenden für einen reibungslosen Ablauf, ein interessantes Programm und bis in Frankfurt zur GMW’13!

Tools sind nicht das Thema

Das Sommersemester 2011 ist nun einige Wochen alt und die einzelnen Lehrveranstaltungen feiern beinahe „Bergfest“. In projekt- und problemorientierten Seminaren heißt das, dass die Phasen des theoretischen Inputs durch mich als Dozentin wie auch durch die Studierenden selbst sukzessive abnehmen und stattdessen die offenen selbstorganisierten Arbeitsphasen zunehmen. Etwas anders sieht der Aufbau in Lehrveranstaltungen aus, die nach dem Konzept des forschenden Lernens organisiert sind. Hier stehen die selbstorganisierten Arbeitsphasen von Beginn an im Vordergrund und werden durch passgenaue, teils auch spontane Inputs in jeder Präsenzsitzung durch mich ergänzt. Gerade weil in letzterem Fall die Spontaneität der Lehrenden gefragt ist, entfällt viel Vorbereitungszeit auf das „Was wäre, wenn…“. Man versucht also potenzielle Schwierigkeiten im Vorhinein zu entlarven und sich als Dozentin auf entsprechende Fragen vorzubereiten. Gleichzeitig versucht man abzuwägen zwischen solchen Aspekten, die eher inhaltlicher Natur sind, und solchen, die mit der Seminarorganisation zu tun haben. Dazu zähle ich auch den Einsatz von digitalen Werkzeugen, die für das Fortkommen in den einzelnen Seminaren essentiell sind. Besonders deutlich wird dies etwa in der Veranstaltung „Online-Befragungen“, wo der Einsatz eines Online-Befragungs-Tools (LimeSurvey) erforderlich ist und die Studierenden zwingend in der Lage sein müssen, mit dem Werkzeug umgehen zu können. Es liegt folglich nahe, dass innerhalb der Veranstaltung eine Reihe von Fragen zum Tool auftauchen, auf die es Antworten zu finden gilt. Allerdings überraschen mich die Studierenden immer wieder, denn der Umgang mit dem digitalen Werkzeug stellt keine größere Herausforderung mehr dar. Mit jeder Veranstaltung werden die Fragen zum Tool weniger und der Umgang geht leichter von der Hand. Einzig das Erstellen komplexer Fragetypen wie auch von digitalen Filtern bleiben kurzzeitige Herausforderungen, da es hier die Spezifika von Online-Befragungen nochmals anwendungsorientiert zu verstehen gilt. Natürlich gehe ich in diesem Beitrag wieder von einer Studierendengruppe aus, die sich per se mit Medien auseinandersetzt. Auch sind sie in einer Lehrveranstaltung angemeldet, die das „online“ schon im Titel trägt und damit die Nutzung von digitalen Werkzeugen impliziert. Dennoch bin ich immer wieder überrascht, wie wenig Unterstützung Studierende in Fragen der technischen Nutzung von digitalen Werkzeugen benötigen. Vielmehr stelle ich vermehrt fest, dass wir in den Lehrveranstaltungen über Medienspezifika sprechen und stärker als früher auch den Nutzen der einzelnen Werkzeuge hinterfragen. Eine klasse Entwicklung 🙂