Ökonomische Bildung: ein Tertium comparationis?

Im Kern wird kaum jemand behaupten, dass Ökonomische Bildung unwichtig sei. Schließlich werden immer mehr Prozesse in der Lebens- und Arbeitswelt ökonomisiert und man sollte dabei in der Lage sein, den Überblick zu behalten bzw. sich verantwortlich entscheiden zu können. Problematisch wird es erst, wenn es um die formale Integration von Ökonomischer Bildung in die einzelnen Curricula geht. Hier gibt es nach wie vor eine große Zurückhaltung, bspw. gegenüber einem Fach „Wirtschaft“. Ursachen liegen vor allem in dem Verständnis von Bildung bzw. in der Auslegung des humanistischen Bildungsideals, das in Deutschland nach wie vor große Tradition hat. Ohne an dieser Stelle zu sehr werten zu wollen, möchte ich auf einen Text von Andreas Liening (2004) hinweisen, auf den Frank mich vor ein paar Tagen aufmerksam gemacht hat (danke!). Der Autor zeigt aus meiner Sicht die Bedeutung Ökonomischer Bildung schlüssig auf und formuliert dabei Gedanken, wie man diese als Teil von (humanistischer) Allgemeinbildung verstehen kann. „Wenn die Ökonomische Bildung eines Bürgers theoretisch an der Fähigkeit gemessen werden kann, ob er Verantwortung im Wirtschaftsleben tragen kann, also ökonomisch begründet Entscheidungen treffen, Handlungssituationen mit ökonomischen Konzepten analysieren, sich z.B. konstruktiv an der Weiterentwicklung der Wirtschaftsordnung beteiligen, sich kritisch aufgeschlossen gegenüber der Grundordung der Sozialen Marktwirtschaft zeigen kann etc., dann muss als Konsequenz eine Integration Ökonomischer Bildung in die Allgemeinbildung gefordert werden.“ (ebd., S. 15) Neben der klar positiven Haltung gegenüber Ökonomischer Bildung in den einzelnen Curricula weist Liening darauf hin, dass wissenschaftsanaloges Lernen für ein Fach „Wirtschaft“ nicht ausreiche (ebd, S. 7). Vielmehr zeigt er auf, warum insbesondere Ökonomische Bildung erfahrungsanalog vermittelt werden sollte. Dazu gehören seiner Meinung nach das entdeckende Lernen nach Bruner (1972) und das verstehende Lernen nach Klafki (1989) genauso wie das genetische Lernen (z.B. Wagenschein, 1975). Erfahrungen im Wirtschaftsalltag würden so zum Horinzont, vor dem Wissen auf seine praktische Bedeutsamkeit hin geprüft wird (ebd., S. 10). Er folgert schließlich: „Ökonomische Bildung ist das Tertium comparationis zwischen Wirtschaftswissenschaft und Erfahrung im Wirtschaftsalltag.“ (ebd.) Wenn man den Text so liest und vor allem die Erfahrungen mit dem Wirtschaftsprojekt business@school hinzuzieht, kann man diese Überlegungen guten Gewissens unterstreichen. Allerdings – und da bin ich bei der Relativiertung – sollte man nicht vergessen, dass es neben der Wirtschaft auch andere Fächer/Disziplinen gibt. Will man möglichst breite Lehrpläne beibehalten, besteht die große Herausforderung darin, alle Ansprüche (wie auch immer) „unter einen Hut“ zu bekommen.