Zu anders, zu öffentlich, zu anstrengend?

Seit gestern Abend mache ich mich auf Ursachenforschung: Ursachen dafür, dass zum virtuellen Kick-off-Termin meines w.e.b.Square-Seminars in Augsburg außer den Begleitstudiumsteilnehmerinnen und Tutorinnen niemand erschienen ist. Das ist mir in all den Jahren der Lehre noch nie passiert. Natürlich gibt es mal Lehrveranstaltungen, die schlechter besucht sind als andere; im Großen und Ganzen sind es aber immer ausreichend Interessenten, um ein (Block-)Seminar auch durchzuführen. Dies galt und gilt selbst für die Lehrveranstaltungen, die didaktisch „anders“ strukturiert sind als klassische Seminare mit Referat und Hausarbeit, die andere Lern- und Kompetenzziele verfolgen, welche entsprechend auch anders geprüft werden. Im Fall von w.e.b.Square ist dies schon seit Jahren eine Kombination aus der Anfertigung eines wissenschaftlichen Artikels, der bei w.e.b.Square – dem gleichnamigen Undergraduate Research Journal – online gestellt und einem offenen Peer Review aus internen und externen Gutachtern unterzogen wird. Dieser Artikel wird in kurzer Zeit eines Semesters erstellt, hat meist etwas mehr theoretisch-konzeptionelle Anteile als empirische und wird – wie im Wissenschaftsbetrieb üblich – auf einer (studentischen) Tagung präsentiert, die vor Ort und im Netz öffentlich zugänglich ist. Das Seminar endet mit einer kritischen Reflexion und Evaluation, die auch schriftlich (kurz) durch die Studierenden festgehalten wird. Mal mehr, mal weniger integriert werden in das Seminar Elemente von Web 2.0, da die gestellten Anforderungen bereits so umfangreich sind, dass jegliche Form von Vernetzung und öffentlicher Reflexion nochmals eigene und anspruchsvolle Anforderungen an die Studierenden stellt. In Summe ist w.e.b.Square also ein anstrengendes Seminar, das will ich nicht verschweigen, und allein die Ergänzung meiner Person um Co-Dozentinnen, Tutorinnen oder Begleitstudiumsteilnehmer zeigt schon seit nunmehr sechs Jahren, dass der Aufwand nicht nur auf Studierendenseite hoch ist, auch die Erwartungen und Anforderungen an die Betreuung und Begleitung der Studierenden sind deutlich größer als bei herkömmlichen Lehrveranstaltungen. Dennoch hat dieses Paket nie „gestört“, im Gegenteil: Es traf den Nerv des MuK-Studiengangs und passte gut zu den Interessen der Studierenden, die vielfach an der Schnittstelle von kommunikations- und bildungswissenschaftlichen Fragestellungen lagen und liegen. Nun wird es dieses Semester kein w.e.b.Square-Seminar geben. Das ist schade, aber nicht zu ändern, da das Projekt zwar lange meins war, aber mit meinem Weggang natürlich in andere Hände gelegt werden musste. Auch kann ich aus der Ferne lediglich vage analysieren, was mögliche Ursachen für fehlendes Interesse an der Lehrveranstaltung sind. Curriculare Veränderungen können eine Ursache sein, werden aber sicher nicht allein dafür verantwortlich sein, dass die Veranstaltung in diesem Semester nicht zustande kommt.