Das Warten hat sich gelohnt

Wer selbst einmal ein Buch herausgegeben hat, weiß sehr genau, wie lange sich die Herausgabe manchmal ziehen kann. Ich freue mich daher sehr, dass in diesen Tagen (endlich) das Buch „Medien, Bildung und Wissen in der Hochschule“ von Andreas Weich, Julius Othmer und Katharina Zickwolf erschienen ist. Es ist im Nachgang der Verflechtungen-Tagung 2015 (ehem. CfP) an der TU Braunschweig entstanden. Der Tagungsbezug und das Wissen um diverse Verflechtungen von Medien an der Hochschule führt sicherlich auch zu diesem leicht ungewöhnlichen inhaltlichen Zuschnitt des Buchs. Weil Fragen von Medien aber längst querliegend an Hochschulen bearbeitet werden, liegt darin m.E. auch der größte Wert des Bandes. So findet sich im Buch eine (m.E.) ungewöhnliche Kombination von Beiträgen, die größtenteils fach- und diskursübergreifend gestaltet sind.

Zusammen mit Mandy Schiefner-Rohs habe ich für diesen Band einen Essay zu „prägenden Kräften“ beigesteuert. Wir haben die Form des Essays bewusst gewählt, um – wie es die Hrsg. formulieren – explorative Überlegungen mit hochschulischem und gesellschaftlichem Bezug darzustellen. Konkret beschäftigen wir uns im Text damit, wie derzeit über Medien an Hochschulen nachgedacht wird und welche expliziten und impliziten Vorstellungen bzw. Diskurslinien darin sichtbar werden. So fragen wir uns angesichts der vielfältigen öffentlichen Debatten um Digitalisierung, ob das Internet eigentlich gerade erst erfunden wurde. Auch geben wir den Tipp, einmal Kolleg*innen zu fragen, was sie unter E-Learning verstehen. Wir vermuten, darunter wird oft gleichlautend das hiesige LMS verstanden. Und ja, wir beschäftigen uns auch mit dem Zusammenhang der Studienstrukturreformen von Bologna und der gegenwärtigen Lesart von Digitalisierung an Hochschulen, insbesondere der Hochschullehre. Insofern geht es im Essay auch um neues-altes Lernen und eine dringend nötige differenzierte Auseinandersetzung mit Medien/Technologien diesseits und jenseits schicker Begrifflichkeiten.

Auf Anregungen, Kommentare und gemeinsames Weiterdenken der manchmal sehr ernst gemeinten Ausführungen freuen wir uns sehr.

Kurztrip: ExpertInnenforum Hochschuldidaktik an der FHOÖ in Linz

Die Bezeichnung „Kurztrip“ trifft es wohl am besten, wenn jemand (ich) morgens in Köln in den Zug nach Linz (Österreich) steigt, dort abends an der FH Oberösterreich einen Vortrag hält und wg. zahlreicher Folgetermine abends mit dem Nachtzug zurück nach Köln fährt. Über Kurztrips dieser Art können wahrscheinlich viele Wissenschaftler*innen berichten. Inhaltlich war der Ausflug aber sehr interessant, ging es doch in diesem Jahr im ExpertInnenforum Hochschuldidkatik explitzit um Digitalisierung. Als letzte von drei Vorträgen – mindestens einer davon war sehr kritisch – habe mich dazu entschieden, ein kommentierendes Format zur Erläuterung aktueller Digitalisierungstendenzen zu wählen. Weil der Vortrag nun auf YouTube zur Verfügung steht, verlinke ich diesen a) gerne und würde mich b) über Anschlussdiskussionen über Facetten der Digitalisierung an dieser Stelle freuen.

Wer zentrale Thesen lieber nachliest, dem seien folgende beiden Quellen empfohlen:

  • Pensel, S. & Hofhues, S. (2017). Digitale Lerninfrastrukturen an Hochschulen. „You(r) Study“. http://your-study.info/wp-content/uploads/2017/11/Review_Pensel_Hofhues.pdf (13.12.2017)
  • Schiefner-Rohs, M. & Hofhues, S. (2017). Prägende Kräfte. Medien und Technologie(n) an Hochschulen. In J. Othmer, A. Weich & K. Zickwolf (Hrsg.), Medien, Bildung und Wissen in der Hochschule (S. 239-254). Springer: VS.

Im Gespräch: #OERlabs

Die OERlabs nehmen nach und nach ihre Arbeit auf. U.a. sind Bence und ich derzeit in einem Video zu Lehrer*innenbildung, offenen Bildungsressourcen und Labor-Verständnis auf dem YouTube-Kanal des ZfL der Universität zu Köln zu sehen.

Wer lieber liest statt (fern-)sieht, kann Details zum Projekt auch in der aktuellen Synergie-Zeitschrift der Universität Hamburg (Download PDF) sowie auf unserem OERlabs-Blog nachlesen. Alle Mitarbeitenden in den OERlabs posten hier fleißig Informationen rund um unser Praxis- und Entwicklungsprojekt. Ein Podcast zur Dokumentation offener Bildungspraktiken wird folgen.

Mit You(r) Study in Berlin #digiZeit17

Vor gut drei Monaten ist unser You(r) Study-Projekt in der Förderlinie „Forschung zur digitalen Hochschulbildung“ des BMBF an den Start gegangen. Mit dem Projekt verfolgen wir, d.h. Sandra Aßmann, Taiga Brahm, Mandy Schiefner-Rohs, alle wissenschaftlichen Mitarbeitenden und ich, das Ziel, das Medienhandeln von Studierenden zu erforschen. Wir gehen dabei von der Prämisse eigensinnigen Medienhandelns von Studierenden aus und wollen untersuchen, wie und vor allem warum sich Medienhandeln von Studierenden (nicht) ergibt. Um das Medien- und nicht zuletzt Studierendenhandeln zu rekonstruieren, nutzen wir unterschiedliche Verfahren und Instrumente empirischer Sozialforschung. Wenn man so will, zeichnet das Projekt ein Oszillieren zwischen Methoden und Methodologien aus, wie es u.a. Schlömerkemper von pädagogischer Forschung mit ihrem spezifischen Erkenntnisinteresse einfordert.

Das vergleichsweise aufwendige und in Teilen offen gehaltene Design ist es sicherlich auch, das vor Ort in Berlin bei der Fachtagung des BMBF zu „Hochschulen im digitalen Zeitalter“ die meisten Fragen erzeugt hat. So wurden die Projektkoordinatorin Antonia Weber und ich als Projektleitung nicht nur während der Postersession oft gefragt, wie wir uns die qualitativen Arbeiten im You(r) Study Lab vorstellen und mit welchen Zielgrößen wir hier arbeiten. Wir kamen in vielen Gesprächen an den Punkt, wo Grundannahmen über Hochschul-, Medien- und Bildungsforschung deutlich wurden, die das eigene Erkenntnisinteresse zu leiten scheinen – nicht umgekehrt.

Angesichts des vorliegenden Wissens über Medien(-einsatz) in der Hochschule/Lehre ist das nicht ganz überraschend: Insbesondere die vielen existierenden Konzepte zum Einsatz von Medien in der Lehre führen zu einem gesteigerten Interesse daran, die Wirksamkeit einzelner Szenarien in (eher) testenden bzw. vergleichenden Verfahren zu untersuchen. Die Annahmen in Bezug auf Medien und ihren Nutzen in der Lehre sind dabei klar: Es wird erstens davon ausgegangen, dass Lernen mit digitalen Medien – im Vergleich zum Lernen ohne digitale Medien – einen Unterschied macht. Implizit wird zweitens davon ausgegangen, dass Medien Lernerfolge per se sicherstellen würden. An diesen Grundannahmen zeigt sich meines Erachtens sehr deutlich, an welchem Scheideweg sich Mediendidaktik aktuell befindet: So kann man den über Jahre gezeichneten Weg der Disziplin weiter verfolgen – man bleibt der Forschung in der Disziplin damit sozusagen treu. Gleichzeitig muss die Frage zugelassen werden, inwieweit die genannten Grundannahmen aktueller Medienkultur überhaupt entsprechen und ob sie nicht aus einer Zeit stammen, in der noch in digital und analog unterschieden werden konnte.

Ich verstehe die unterschiedlichen geförderten Projekte daher auch als Ausdruck einer Suchbewegung, in welche Richtung sich Hochschul-, Medien- und Bildungsforschung entwickeln könnte. Insbesondere hoffe ich auf Antworten zu methodologischen Fragen, denn: Wie sich in unserem Projekt-Workshop II unter Beteiligung der Projekte OpenTeach, FLIPPS, ActiveLeaRn, LearnMap und QuaSiD richtigerweise herausgestellt hat, haben nicht wenige Akteur*innen ein Interesse daran, die bestehenden Erkenntnisse zu Medien an der Hochschule zusammenzuführen und aufzuspüren, wie sich Inhalte und Methoden integrieren lassen bzw. welchen Stellenwert Forschungsparadigmen bezogen auf das jeweilige Erkenntnisinteresse haben. Fast schon eine logische Konsequenz ist, die (offene) Frage nach der Gestaltungs- bzw. Entwicklungsorientierung auf’s Tableau zu führen, sollen Befunde nicht nur zur empirischen Forschung, sondern auch zur konkreten Hochschulentwicklung beitragen. Als anregend erwies sich beispielsweise die Frage danach, was an der Hochschule eigentlich ein Befund sein kann und soll.

Apropos Befund: Ich nehme aus Berlin mit, dass viele Projekte nach wie vor Studierende lieber beforschen als mit ihnen zu forschen. Auch hierin zeigen sich Grundannahmen bezogen auf Medien, Didaktik und Lernen – über den primär methodisch orientierten Paradigmenstreit hinaus.

Wissensverlust, Medienbegriffe und interdisziplinäre Brückenschläge: Tagungseindrücke aus dem März

Im zurückliegenden März war ich auf mehreren Tagungen, die alle in engerem Zusammenhang mit der Hochschul- und Mediendidaktik standen. Besonders dicht war die Woche, als sowohl die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) in Köln als auch die Frühjahrstagung der Sektion Medienpädagogik in Mainz stattfand. Es kam damit einem ziemlichen Kompromiss gleich, mittwochs und freitags auf die dghd-Tagung zu gehen und donnerstags die Sektionstagung zu besuchen. Für sich genommen waren beide Stippvisiten aber anregend:

So ging es auf der dghd-Tagung naturgemäß eher um hochschuldidaktische Fragen, die seit vielen Jahren auch mediendidaktische Fragen sind (und vice versa). Das merkt man immer dann, wenn bspw. über Implementierungsfragen diskutiert oder nach dem Beitrag der Medien zur Hochschulentwicklung gefragt wird. Hier werden dann gerne Publikationen der späten 1990er oder der frühen 2000er Jahre genutzt, um zu zeigen, wie alt manche Fragen sind (Gabi Reinmann problematisiert das auch in einem Interview). Wahrscheinlich könnte man noch weiter zurückgehen, denn die Fragen nach dem Beitrag „der Medien“ werden mit jedem neuen Medium wieder gestellt. In der Mediendidaktik sind diese – zumindest mit Schulbezug – auch recht gut dokumentiert.

Obschon viele Konzepte gut dokumentiert und zum Teil auch (empirisch) untersucht worden sind, stellt sich in Forschung und hochschulischer Praxis ein beträchtlicher Wissens- und Erfahrungsverlust ein. So kommt es nicht von ungefähr, dass manches hochschul- und mediendidaktische Konzept heute aussieht wie ein altes und vermeintlich neue (Forschungs-)Fragen mit Blick auf alte Errungenschaften an Neuigkeitswert verlieren. Ich halte daher den gewählten Tagungstitel nach dem Prinzip Hochschulentwicklung für äußerst passend und vor allem dann für gewinnbringend in der Diskussion, wenn man auch das Problem des Wissensverlusts (nicht nur der Werte) innerhalb der Hochschuldidaktik fokussiert.

In unserer eigenen Diskurswerkstatt haben wir das auch gemerkt: Viele Fragen rund um das studentische Publizieren kenne ich, seitdem ich Mitte 2000 mit w.e.b.Square erstmals ein studentisches Journal zusammen mit Kommiliton*innen an der Universität Augsburg gegründet habe. Manche Fragen ergeben sich durch den Versuch der Kontextualisierung: So sehe ich das studentische Publizieren im engen Zusammenhang mit dem forschenden Lernen. Zu klären ist „nur“, was in der Academia unter Publikation und dem Publizieren verstanden wird und wie konkrete Artefakte von Studierenden aussehen könnten. In der genannten Diskurswerkstatt haben wir uns einige Befunde, Projekte und studentische Perspektiven auf das Publizieren angeschaut, was anregend war und von Anna Heudorfer (Universität Hamburg) als Beitragende an anderer Stelle bereits zusammengefasst wurde.

Daneben treibt mich natürlich um, wie es gelingen kann, dass gerade in puncto Medien der Austausch zwischen den Disziplinen angeregt wird – und zwar über einzelne Personen hinaus. Denn im Kontext medienpädagogischer Forschung und Entwicklung wird längst (wenn nicht gar seit jeher) auf einen anderen Medienbegriff zurückgegriffen, als dieser sich in Hochschul- und Mediendidaktik verfestigt hat. U.a. ist die Engfassung von Medienbegriffen und damit zusammenhängender Konzepte ein Teil des oben skizzierten Problems. Auch gilt es Forschungsperspektiven auf Hochschule/Didaktik/Medien zu wandeln und neben den lernförderlichen Wirkungen des Medieneinsatzes auch nach den Ursachen bzw. Anlässen für Medieneinsatz zu fragen. Mehr noch: Von der Perspektive der Vereinheitlichung von einem Tool für alle (Lernenden) gilt es sich meiner Meinung nach zu verabschieden. Eher müssen solche Medien(entwicklungs-)konzepte an Hochschulen gefunden werden, die der Medienrealität und (!) dem formalen Bildungskontext entsprechen (wen es interessiert: Ich habe diesen Punkt vor einiger Zeit in einem Artikel umfassender ausgeführt.).

Dazu gehört dann auch, Medien- und Hochschulentwicklung vor dem Hintergrund aktueller Phänomene zu verstehen und schließlich gemeinsam zu betreiben. Ein derartiger Brückenschlag könnten die OERlabs (gefördert vom BMBF) sein, die Mandy Schiefner-Rohs (TU Kaiserslautern) und ich auf der Sektionstagung in Mainz vorgestellt haben: Mit den OERlabs suchen wir nämlich vor allem die Diskussion über ein medienbezogenes Phänomen durch die Verbindung von theoretischer, konzeptioneller und empirisch-praktischer Auseinandersetzung mit OER in der Lehrer*innenbildung. Auch wenn das Projekt ganz am Anfang steht, deutet sich der Perspektivwechsel und der Beitrag hochschul- und mediendidaktischer Forschung zur Hochschulentwicklung in unseren Heimathochschulen bereits an, denn: Unsere Labore sind – physisch betrachtet – leer. Sie bedürfen der (symbolischen) Aneignung durch die beteiligten Personen und Einrichtungen selbst, was zumindest in gegenwärtigen Förderkonzepten von Medien an der Hochschule selten realisiert wird.

Apropos Brückenschlag: Neben den beiden genannten Tagungen hatte ich im März auch noch die Freude, das Interdisziplinäre Kolleg (vormals KI-Kolleg) in Günne im Sauerland zu besuchen und dort einen Workshop zu „Digital Universities“ anzubieten. Interessant war der englischsprachige Workshop deswegen, weil die oben skizzierte Notwendigkeit des Blickwechsels natürlich auch im internationalen Zusammenhang diskutiert wurde, der Kern der Diskussion aber wieder Mal ein didaktischer war: Wie gelingt es, den Blick von den Medien auf das eigentliche (didaktische) Problem zu richten? Entsprechend war die zweite der vier Workshop-Sessions zur „Utility of Tools“ nicht nur am besten besucht. Sie hat auch klar gezeigt, welche Schwierigkeiten nach wie vor die Unterrichtsplanung in anderen als didaktischen Disziplinen bereitet und wie herausfordernd es ist, unterschiedliche Perspektiven auf (akademisches) Lehren und Lernen innerhalb der Planungsprozesse anzuerkennen und zuzulassen.

Vertreten wurde ich auf der Open Science-Konferenz in Berlin, wo wir als Vorstand der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft ein Poster zur Open-Diskussion beigesteuert haben. Jörg Hafer (Universität Potsdam) und Thomas Köhler (TU Dresden) haben u.a. herausgearbeitet, in welchen Zusammenhang die unterschiedlichen Open-Bewegungen zueinander stehen und wie sich derzeitige Projekte/Konzepte in das Gefüge einfügen. Beiträge wie diese finde ich aus zwei Gründen gut: Erstens halte ich es für wichtig, sich immer wieder konzeptionell mit Zusammenhängen zwischen Positionen/Disziplinen/Länderspezifika auseinanderzusetzen. Zweitens halte ich die Aktivität der wissenschaftlichen Fachgesellschaften angesichts der externen Erwartungen an Hochschulen (Stichwort: Digitalisierung) für wichtig, um öffentliche bzw. alltagsweltliche Diskussionen wissenschaftlich zu hinterfragen, zu rahmen oder zu erklären.

Eigensinnig studieren? #wtf

Zugegeben, der Titel meines morgigen Vortrags in der Ringvorlesung des Master Intermedia klingt unkonventionell. Aber er greift vor allem eins auf: die Perspektive der Studierenden auf ihr Studium. Und ich gebe stellvertretend für einen größeren Verbund Einblick in ein neues Forschungsprojekt: Dies beschäftigt sich mit dem eigensinnigen Medienhandeln von Studierenden. Ich freue mich auf viele Zuhörer*innen und eine intensive Diskussion.

Eigensinnig studieren?

Plädoyer für #OER

Anlässlich des gestrigen Hochschuldidaktik-Tags an der Universität Siegen habe ich ein Plädoyer für OER verfasst, das ich an dieser Stelle gerne öffentlich zur Verfügung stelle. Alexander Schnücker, Markus Deimann und ich haben jeweils ein Plädoyer mit unterschiedlichen Schwerpunkten verlesen, um auf dieser Basis in einer Art World Café mit Tagungsteilnehmenden ins Gespräch zu kommen. Aus meiner Sicht war das Format sehr gut ausgewählt, da Plädoyers etwas anderes sind als ein „klassischer“ frontaler Impuls. Sie sind in der Regel pointierter, kürzer, einfacher. Auch als Vortragende war ich vor die (zuletzt) ungewohnte Herausforderung gestellt, meine Ideen und Positionen vorab schriftlich zu verfassen. Daraus wird jetzt eine Tagungspublikation entstehen, die die bisherigen Plädoyers (wissenschaftlich) vertieft und sicherlich noch weitere Stimmen aufnimmt.

Download: Plädoyer für OER

Rückblick: #GMW16

Seit wann gehst Du schon auf die GMW?* Diese Frage hörte ich in diesem Jahr in Innsbruck öfter. Sie spiegelt sicherlich das, was in den letzten Jahren auch schon zu beobachten war: viele neue Personen auf der Tagung bei gleichzeitiger Themensetzung, die zwischen Trends und Altbekanntem liegt/lag. Denn in diesem Jahr ging es um das Thema Kooperation, also ein Thema, das seit Jahren im Bereich E-Learning diskutiert wird. Doch die gezeigten Kooperationsanlässe waren zumindest teilweise neu: So gab es durchaus kooperative Szenarien zu erkunden, die in dieser Form wahrscheinlich noch nicht umgesetzt wurden oder praktisch von Relevanz sind. Seltener, aber immerhin wurden auch methodische Aspekte angesprochen, wie man nämlich Hochschulentwicklung kooperativ (oder ich würde sagen: partizipativ) mit Medien betreibt oder welche Methoden und Medien sich zur Untersuchung von kooperativen Szenarien eignen.

Wir selbst, d.h. der GMW-Vorstand, haben in diesem Jahr einen Multistakeholder-Ansatz auf der Tagung eingebracht (zum Abstract). Wir wollten durch ein Beteiligungsformat u.a. zeigen, wie man sich auf Augenhöhe mit aktuellen Trends und medialen Entwicklungen mit allen hochschulischen Stakeholdern auseinandersetzen kann. Weil wir mit so vielen Teilnehmenden – trotz Voranmeldung – nicht gerechnet haben, mussten wir dann auch improvisieren, denn: Mehr als 16 Personen können im Edupad nicht gleichzeitig schreiben und das Dokument weiterentwickeln (zum Edupad „Megatrends“). Gleichwohl brauchten wir diese Sammlung von Themen und Interessenslagen der Teilnehmenden, um eben partizipativ vorzugehen. Für alle überraschend war die Sammlung selbst, also was aus einer Gruppe von Teilnehmenden als aktuelle mediale Megatrends wahrgenommen wird.

  • So betrachten wir mit Fokus auf die Forschung vor allem Möglichkeiten zur Lehr-Lernforschung, wobei sich hinter dem Begriff die Betrachtung von Learning Analytics und technischen Untersuchungs- und Adaptionsmöglichkeiten von Lernen/Lernerfolg versteckte.
  • Mit Fokus auf die Lehre ging es (was nicht ganz überraschte) um Adaption und Automatisierungsprozesse bei der Gestaltung von Lernszenarien. Diskutiert wurde kräftig über die Widersprüche zwischen Automatisierung hier und Individualisierung dort, wenn man darin die Extreme festmacht. Gefragt wurde nicht zuletzt nach Verbindungen zwischen formalen und informellen Lernprozessen, auch in Bezug auf die Hochschullehre. Aufgrund der Schwierigkeit des Begriffs – im Hochschulkontext wird man weniger von informellem Lernen als vom selbstgesteuerten Lernen sprechen – einigten wir uns dann auf die Betrachtung unterschiedlicher Kontexte, innerhalb derer mit Medien gelernt wird. Warum dort mit Medien gelernt werden könnte, wurde nicht weiter eruiert. Wohl aber wurde die (berechtigte) Frage aufgeworfen, was wir (Lehrende, Forschende, Verwaltungsmitarbeitende, …) von den Studierenden lernen könnten. Der Blick zu den studentischen Handlungspraktiken mit Medien lag nahe.
  • Im dritten Diskussionsbereich (Verwaltung) wurde das akademische Prüfen fokussiert. Hier drängen sich aus praktischer Perspektive auf die Umsetzung unterschiedlicher Assessment-Formen lauter Fragen auf, die nur teilweise mit den „richtigen“ Tools zu lösen sind. So kamen gerade in diesem Bereich auch Ressourcen-Fragen zur Sprache sowie Themen wie die Freiwilligkeit der Beteiligung an Prüfungen und die (Selbst-)Verantwortung der Beteiligung.

Es wäre sehr interessant gewesen, an dieser Stelle tiefer in die Diskussion einzudringen, doch nach 1,5 Stunden war dann bereits Schluss. Beats Fazit in Bezug auf den Workshop lautete daher: Mediale Megatrends oder die Digitalisierung eignen sich vor allem als Anlass, über hochschulische Strukturen nachzudenken.

Nicht vermeiden ließ sich, dass zeitgleich zum Workshop des GMW-Vorstands auch unser OEP-Workshop mit Claudia Bremer, Timo van Treeck und Kerstin Mayrberger stattfand (zum Abstract). Ich habe daher nur im Vorfeld an diesem Workshop mitwirken können und das Seminar „Gestaltung und Produktion digitalen Lernmaterials“ als Beispiel eingebracht (Informationen zum Seminar lassen sich auch digital abrufen). Das Seminar im zurückliegenden Sommersemester war für mich daher passend, weil hier eigentlich auf die Gestaltung von OER wert gelegt wurde, die Art und Weise der Beschäftigung aber m.E. zu offenen Bildungspraktiken führte bzw. führen konnte. So haben viele Studierende die Gelegenheit genutzt, ihre Materialien online zu stellen – und dies unter Berücksichtigung von medienrechtlichen Aspekten. Sie selbst beschreiben in ihren Reflexionen zum Seminar, dass sie vor allem aus der offenen Auseinandersetzung mit OER ihre eigenen Schlüsse gezogen haben und Verbindungen zu anderen Lerninhalten an der Universität herstellen konnten. Ältere Studierende nutzten den Rahmen, um auch über ihr Studium und dortige Lerngelegenheiten zu reflektieren.

Eine Diskussion, die ich im Workshop gerne geführt hätte, wäre die um Art und Umfang der offenen Bildungspraktiken gewesen, denn: Wo fangen diese eigentlich an? Wo hören diese auf? Und wie unterscheiden sich herkömmliche Seminare/Lehrveranstaltungen, die offen (in Bezug auf das Ende sowie die Lernprozesse) konzipiert sind, von OEP? Ich vermute, dass Claudia und Timo hier eine Antwort anbieten können, zumindest führten einige Elemente im Workshop auf genau solche Diskussionen hin.

Der erste Tag der GMW war zugleich auch der letzte Tag, an dem ich mich wirklich inhaltlich mit Themen auseinandergesetzt habe. Danach war ich durch meine Tätigkeiten in Vorstand und Editorial Board zumeist eingebunden: in Teamsitzungen und Treffen, in informelle Gespräche und das Begleiten von Sessions als Chair. Wahrgenommen habe ich Innsbruck aber als lebendigen Ort, wo viele Fragen offen, gemeinsam und zwischen den Disziplinen diskutiert wurden. Durch die Tagungsorganisation mittels Verein (FNMA) wurden auch allerhand Österreicher*innen zum Besuch der Veranstaltung motiviert. Entsprechend häufig kamen auch Österreich-bezogene Fragen zur Sprache, z.B. rund um die Entwicklung/Veränderung in der Lehrer*innenbildung. Trotz knapper Zeitfenster blicke ich persönlich auf eine schöne GMW zurück: auf einen wundervollen Tagungsort direkt am Inn (mit Blick auf die Nordkette), eine klasse Organisation (Danke!) und anregende Orte zum Denken und Verweilen. Vor allem die gelben Sessel hätten sicherlich viele von uns gerne mit nach Hause genommen.

* seit 2007.

Rückblick: #dgfe16

Eine der größten erziehungswissenschaftlichen Tagungen ist schon wieder vorbei: der DGfE-Kongress zum Thema „Räume für Bildung. Räume der Bildung“, der in der letzten Woche vier Tage lang in Kassel stattfand. Auf dem DGfE-Kongress besteht traditionell ein großes Angebot an (Weiterbildungs-)Möglichkeiten, über die man vor Ort kaum einen Überblick behalten kann. So war ich recht froh über das ausgedruckte Tagungsprogramm, in dem ich – ganz klassisch – interessante Veranstaltungsbestandteile markieren konnte. Gleichzeitig wurde mit dem ersten Blick ins Programm schon klar, dass es kaum die Chance geben würde, an allen interessant klingenden Arbeitsgruppen oder Symposien teilzunehmen. Gerade am Dienstag-Nachmittag lagen viele Angebote parallel, die ich aufgrund meiner eigenen Eingebundenheit in die Arbeitsgruppe mit Sandra Aßmann, Klaus Rummler und Judith Seipold gar nicht erst besuchen konnte.

Das verbindende Element der von mir besuchten Slots waren sicherlich „die Medien“:

Angefangen bei einem Panel am Montag, wo es vor allem um die (öffentliche) Darstellung von Wissenschaft und (erziehungs-)wissenschaftlichen Erkenntnissen in den Massenmedien ging, über die eigene Arbeitsgruppe zu „Medienpädagogik und ‐didaktik in Zeiten veränderter Lern‐ und Bildungskulturen“ bis hin zu weiteren (eher) medienpädagogischen Arbeitsgruppen und Symposien, die jeweils eigene Fragen im Zusammenhang mit dem Tagungstitel in den Vordergrund rückten.

In den einzelnen Veranstaltungen wurde nochmals deutlich, dass es auch in Medienpädagogik und -didaktik eine umfassende Diskussion um den Begriff der (medialen) Bildungsräume gibt, diese aber in unterschiedlicher Weise für eigene Forschungsarbeiten aufgegriffen wurden und werden. Jüngere, insbesondere anglo-amerikanische Ansätze werden – mit Ausnahme der PLE-Diskussion – wenig rezipiert. Überdies feststellen ließen sich unterschiedliche Zugänge zur Rolle der Medien und Bildungstechnologien: Wird eher euphorisch mit ihnen umgegangen und von ihrer Wirksamkeit in Konzepten, Modellen oder Theorien ausgegangen? Oder wäre es an der Zeit, eine technologisch-integrative Position zu vertreten? Die Bedeutung der Mediendidaktik wäre in dieser Lesart irgendwo zwischen stark und äußerst ungewiss. Es lohnt sich also, hier im Nachgang näher hinzuschauen.

Persönlich blicke ich zurück auf einen anregenden Kongress und viele Gespräche zu o.g. Themen- und Fragestellungen. Auch habe ich sicherlich genügend Stoff zum Weiterdenken, der noch zusammen mit unserer Arbeitsgruppe verschriftlicht wird. Dazu an anderer Stelle mehr.

Medien – Lernen – Hochschule: zwei neue Artikel

Über den Sommer sind gleich mehrere Artikel entstanden, die sich mit dem forschendem Lernen und/oder dem Lehren und Lernen mit digitalen Medien befassen. Zwei der Artikel sind nun „druckfrisch“ erhältlich:

So ist a) das Handbuch „Informelles Lernen“ von Matthias Rohs in großen Teilen erschienen, in dem ich einen Text zum informellen Lernen mit digitalen Medien an der Hochschule besteuern durfte. Neben generellen Überlegungen zum informellen Lernen an der Hochschule stelle ich vier Beispiele vor, die aus meiner Sicht typisch dafür sind, wie informelles Lernen formales Lernen in und an Hochschulen ergänzt. Auch komme ich zu dem Schluss, dass informelles Lernen an Hochschulen vor allem als selbstgesteuertes Lernen gefasst wird – eine Engfassung, die sich durch den spezifischen Bildungskontext und primäre Bezugsdisziplinen in der Diskussion ergibt. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass ich auch (nicht ausschließlich) vom informellen Lernen die Brücke zum forschenden Lernen baue.

Darüber hinaus findet sich b) in der aktuellen DUZ ein knapper Text zur Forschungsorientierung im Studieneingang. Zusammen mit Grit Würmseer gehe ich hier der Frage nach, wie forschendes Lernen in all seinen Facetten im Studieneingang möglich ist. Wir orientieren uns dabei, wie in der Diskussion um forschendes Lernen durchaus üblich, am Forschungskreislauf und benennen Optionen für forschendes Lernen, die sich entlang dieses Kreislaufs ergeben. In der Online-Version wird der Beitrag auch mit der Forschungspost verlinkt, die in meiner forschungsorientierten Einführungsvorlesung derzeit als ein Instrument zur Unterstützung forschenden Lernens im Massenstudium genutzt wird.

Interesse an den Beiträgen? Der DUZ-Beitrag wird mit Erscheinen der Ausgabe 12 auch online verfügbar sein; o.g. Handbuch-Artikel ist leider nur über Springer VS verfügbar (Link).

Quellen:

  • Hofhues, S. (2015). Informelles Lernen mit digitalen Medien in der Hochschule. In M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Informelles Lernen (S. 1–14). Heidelberg: Springer VS (Beitrag).
  • Würmseer, G. & Hofhues, S. (2015). Ins Forschen hineinwachsen. Deutsche Universitätszeitung DUZ. 11, 77–79.