Podiumsdiskussion: „Digitale Gesellschaft“

Dienstag war ich zur Statuskonferenz des BMBF-Programms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ eingeladen, um auf dem Podium mit Elisabeth Slapio (IHK Köln, Innovation und Umwelt), Peter Bihr (u.a. Next!Berlin) und Markus Beckedahl (u.a. netzpolitik.org) etwaige Herausforderungen mit der „Digitalen Gesellschaft“ vorrangig aus Bildungsperspektive zu vertreten. Über die Einladung zur Diskussionsrunde habe ich mich sehr gefreut: Immerhin gibt es neben dem pädagogischen Herz auch das ökonomische, das mal mehr, mal weniger stark in mir schlägt und biografisch durch die eigene (duale) Ausbildung zur Industriekauffrau bedingt ist. Das Podium gab mir nun die Gelegenheit, eigene Erfahrungen, aber auch fachwissenschaftliche Perspektiven vor einem interessierten Publikum einzubringen.

Wenn ich die Podiumsdiskussion rekapituliere, ergaben sich drei große Schwerpunkte in der Diskussion, wobei wir 1) eher in einer Datenschutzdebatte verhaftet blieben, als dass wir uns den Herausforderungen für 2) Individuen in Alltag und 3) Beruf genähert hätten. Ersteres überrascht mich dabei nicht: Speziell bei Themen, die Unsicherheit hervorrufen, gibt es viel Diskussionsbedarf, und auch Lagerbildungen sind gewissermaßen natürlich. So diskutieren auf der einen Seite meist diejenigen, die unerschrocken und aufgeschlossen mit neuen Themen und Begebenheiten umgehen, und auf der anderen Seite finden sich Stimmen, die sich (zunächst) in Zurückhaltung und Kritik üben. Die Debatte um Datenschutz hat dabei allerdings die nächste Stufe schon erreicht: Es gibt vielfältige Nutzungsformen des Internets, digitaler Werkzeuge und entsprechende Anwendungsszenarien in Bildungskontexten. Es existiert aber ein Medien- und Urheberrecht, das dem raschen Medienwandel sowie den vielfältigen Nutzungspraktiken kaum „hinterher“ kommt. Entsprechend wird der Ruf nach Regulierung lauter, auch wenn man kaum absehen kann, ob sie überhaupt etwas bringt. Dennoch scheint dieser dominanter als der Ruf nach umfassenden Medienkompetenzen, die eben nicht nur den technischen Gebrauch von Medien einschließen, sondern vor allem den aufgeklärten Umgang mit Medien adressieren sowie Lernumgebungen anstreben, die eine problem- und handlungsorientierte Auseinandersetzung möglich machen. Diese, wenn man so will, wiedergewonnene subjektive Betrachtungsweise auf Medien in Alltag und Beruf ist aber keineswegs einfach umzusetzen, da sie (im vorliegenden Fall) Unternehmen und Unternehmenszielen im Weg zu stehen scheint: Einerseits sind mitdenkende („mündige“) Arbeitnehmer/innen gewünscht, andererseits geht es (je nach Berufsgruppe) auch um die bloße Ausführung von Tätigkeiten. An der Stelle hätte man gut an frühere Diskussionen um die Subjektivierung von Arbeit und zugehörige Transformationsprozesse anknüpfen können, dafür war die Zeit aber zu knapp und der Schwerpunkt Datenschutz letztlich zu ausgeprägt. Insofern näherten wir uns lediglich der „Digitalen Gesellschaft“ mit inhärenten Positionen und Facetten und suchten weniger nach konkreten Lösungen oder Handlungsoptionen darin.

Ob das nun gut oder schlecht ist, mag ich an der Stelle nicht bewerten: Für mich ist es eher ein Zeichen von nach wie vor großer Unsicherheit im Umgang mit Medien und Medienwandel und einer Diskussion, die sich nur langsam inhaltlich verändert und in unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche diffundiert.

Bloggen, Twittern und Co.: Erfahrungen aus Studierendensicht

Bei all dem Trubel um die GMW’10 ist ein Projekt etwas untergegangen, das die Tagung seit drei Jahren auch zum Anlass nimmt, jeweils eine neue Ausgabe unter einem bestimmten Motto herauszubringen: w.e.b.Square. So gibt es die neue w.e.b.Square-Ausgabe schon seit gut einer Woche und inhaltlich widmet sie sich einem Thema, das angesichts der Erfahrungen bei den zurückliegenden Konferenzen höchst interessant scheint: „Bloggen, Twittern und Co.: Was bringt’s wirklich?“ Wie gewohnt, sind auch dieses Mal die Beiträge von Studierenden geschrieben – und zwar anlässlich eines Call for Papers, den wir im Frühjahr dieses Jahres ausgeschrieben hatten. Aller Zurückhaltung bei der Einreichung zum Trotz ist es nun wieder eine schöne Ausgabe geworden, die den Nutzen einiger digitaler Werkzeuge aus Studierendensicht beleuchtet und auch Einblicke in innovative didaktische Szenarien ermöglicht. Erfahrungen damit sind nicht nur positiv – im Gegenteil: Unsere Calls lassen immer auch Platz für Plädoyes, von denen dieses Mal auch ein paar bei uns eingegangen sind.

Im Namen des gesamten w.e.b.Square-Teams wünsche ich viel Freude bei der Lektüre 🙂

Gelesen: Deutsche Bank Research zu Enterprise 2.0

Deutsche Bank Research hat vor kurzem eine Studie zu Enterprise 2.0 herausgegeben, die aufgreift, ob und wie Unternehmen auf das Web 2.0 reagieren. Ich finde das Thema aus unterschiedlichen Gründen spannend, insbesondere auch deshalb, weil man am Beispiel Web 2.0 eindrücklich zeigen kann, wie sich die Organisationsform von Unternehmen auf ihre Reaktionsfähigkeit auf (offenbare) Innovationen auswirkt und welche Rolle dabei die spezifische Größe der Organisation spielen kann. Gleichzeitig führt die Thematisierung der Lern- und Entwicklungschancen mit und durch das Web 2.0 eine bereits ältere Diskussion zu tage, die Mitte/Ende der 1990er Jahre unter dem Begriff Informations- und Wissensmanagement geführt wurde und dessen Aktualität so nochmals unterstrichen wird, auch wenn alte Begriffe inzwischen abgelöst oder durch andere Begriffe/Konzepte ersetzt werden (für einen tieferen Eindruck zur Geschichte des Wissensmanagements lohnt sich auch ein Blick in einen Überblicksartikel von Gabi und Heinz Mandl).

Die aktuelle Studie von Deutsche Bank Research ist nun deshalb hilfreich, weil sie in wenigen Worten und praxistauglich zusammenfasst, was das Web 2.0 im Kontext von Unternehmen leisten kann und wo potenzielle Grenzen des Einsatzes liegen. Auch wird differenziert aufgegriffen, unter welchen Bedingungen man von Enterprise 2.0 sprechen muss – nämlich immer dann, wenn die Verwendung von Social Media einen direkten Einfluss auf die Geschäftstätigkeit hat. Richtig finde ich in diesem Zusammenhang auch, IKT- und Medienunternehmen aus der Betrachtung des Status quo von Enterprise 2.0 herauszunehmen, da man hier – beschleunigt durch das Internet – zu ganz neuen Geschäftsmodellen kommt. Die Relevanz von Web 2.0 für Unternehmen wird – mit Blick auf traditionelle Unternehmen – auf wenige Kernpunkte reduziert, die ich durch die theoretische Beschäftigung mit dem Thema und durch ein paar eigene Expertisen für die Web 2.0-Nutzung im organisationalen Kontext durchaus unterstreichen kann:

  • Das Web 2.0 ermöglichst prinzipiell die Ansprache einer jungen Zielgruppe als Kunden oder als Ergänzung traditionellen Recruitings.
  • Durch das Aufwachsen mit dem Internet sind Kohorteneffekte zu erwarten, sprich auf Kurz oder Lang werden Social Media in allen relevanten Kerngruppen von Unternehmen genutzt. Aktuelle Mediennutzungsstudien unterstreichen diesen Verlauf.
  • Videoportale und (digitale) soziale Netzwerke entfalten eher Breitenwirkung ggü. anderen beliebten Werkzeugen; dennoch ist die Wirkung kleiner Communities nicht zu unterschätzen (im Sinne von Meinungsführerschaft).
  • Social Media eignet sich zur Schaffung von Vertrauen im Sine von Customer Relationship Management (CRM).

Während die oben genannten Vorteile vor allem eine externe Wirkung haben, wird in der Studie auch angeführt, dass Social Media eine Binnenwirkung innerhalb von Unternehmen besitzen können und hierzu teils andere Werkzeuge im Einsatz sind (z.B. Wikis). Die Unterscheidung finde ich insofern wichtig, als dass man bei Social Media derzeit vor allem den externen Effekt im Sinne des Marketings betrachtet. Gleich bedeutsam könnte aber die Wirkung von Social Media nach innen sein, um ein altes Problem (Informations- und Wissensfluss im Unternehmen) besser bewältigen zu können. Falls man also den Nutzen von Social Media betrachtet, sollten immer beide Wirkbereiche betrachtet und in möglichen Evaluationen getrennt erfasst werden. Denn bis auf wenige Projekte oder Themenstellungen (z.B. Corporate Social Responsibility (CSR)) sehe ich in den meist hierarchisch organisierten Unternehmen und den daraus folgenden „Logiken“ wenige Möglichkeiten, eine Verkaufsperspektive und die Perspektive von Personalentwicklung und Lernen zugunsten einer abteilungsübergreifenden Social Media-Strategie zusammenzuführen. Vielleicht ist das aber nur ein Problem der (unternehmensinternen) Priorisierung.

Fazit. Alles in allem also eine lesenswerte Studie, die sich vor allem auch für Praktiker eignet, um einen Einblick in die Dynamiken des Web 2.0 zu erhalten. In der Studie fehlen allerdings bis auf wenige Ankerpunkte gute (oder auch schlechte) Beispiele für den Einsatz von Social Media. Das ist etwas schade, da man sich in der Praxis gern an bereits gelungenen Umsetzungen orientiert.

PS: Jochen Robes hat auf seinem Blog seine Eindrücke zur Studie auch kurz zusammengefasst.

Einsatzmöglichkeiten von Twitter – Resümee einer Podiumsdiskussion

Für Internetverhältnisse bin ich spät dran mit meinem Resümee der Diskussionsrunde zum Thema Twitter, die vergangenen Montag auf Initiative des MarketingClub Augsburg stattfand und bei der ich (einmal mehr) als imb-Vertreterin um „wissenschaftlichen“ Input gebeten wurde. Dennoch würde ich gern zwei-drei Punkte anbringen, die mir in der Diskussion aufgefallen sind und die aus meiner Sicht durchaus interessanten Input in die (derzeit leicht abebbende) Euphoriewelle rund um das Microblogging bringen.

Besonders hängen geblieben ist mir die sehr kritische Frage danach, ob mit der Reduzierung von Welt auf 140 Zeichen der gesellschaftliche Diskurs an Bedeutung verfalle bzw. die Nachricht in der Zeitung an Wert verliere. Wenn man Twitter und die spezifischen Dynamiken sehr gut kennt, wird man eine solche Frage schnell mit Nein beantworten und darauf verweisen, dass das Bildungsniveau twitternder Personen im Durchschnitt sehr hoch ist, die dort diskutierten Inhalte meist Medienbezug haben und Microblogging gern im Sinne von Linkblogging genutzt wird. Solche Argumente lassen sich zumindest in den vielen Nutzungsstudien zu Twitter nachlesen (z.B. bei Comscore, Nielsen, Webevangelisten).

Trotzdem finde ich die Frage spannend, zeigt sie doch auf, wie sehr sich Medien und insbesondere Mediennutzungsverhalten auf den unterschiedlichen Akteursebenen seit fünf bis 10 Jahren verändern und welche Unsicherheit die brachiale Veränderung durch das partizipative Web bei manchem Mitbürger auslösen kann. Solche Diskussionsrunden sind insofern immer auch ein Stück weit eine „Erdung“, wie die Welt außerhalb von Geeks und hardcore Medienkonsum aussieht und durchaus auch ein Appell daran, Medienentwicklungen stets kritisch vor dem Hintergrund einer größeren, sehr heterogenen Gruppe an Personen zu reflektieren.

Auch zeigen mir Fragen wie die obige, dass der Journalist als Person offensichtlich (noch) unantastbar ist – selbst einfach auf den Nenner zu bringende Formeln dazu, wie die Nachrichtenauswahl stattfindet, erschrecken den geübten Zeitungsleser vielleicht einen Moment lang, führen aber nicht dazu, dass die Glaubwürdigkeit der „gut recherchierten“ und „objektiv“ dargebotenen Inhalte hinterfragt wird. Insofern sind Diskussionsrunden über Twitter auch spannend, um sich darüber klar zu werden, welche Rolle (Micro-)Blogs in Deutschland derzeit spielen und vermutlich auch auf längere Sicht hin spielen werden (Nischenprodukt).

Ganz generell noch die Bemerkung, dass es gar nicht mal einfach ist, Twitter-fernen Personen Microblogging zu erklären. Ein Medium (und nicht nur die damit einhergehende „Sprache“) zu verstehen, wenn man es nie selbst ausprobiert hat, ist immer spekulativ und tendenziell vorurteilsbehaftet. Insofern bin ich froh, dass sich ein paar Anwesende während der Veranstaltung zum Twittern berufen fühlten, um das Gesagte am eigenen Leib zu erfahren. Wenn sie nun nach ein paar Tweets wieder aufhören, da sie nicht überzeugt wurden, ist es auch gut, denn sie haben es immerhin probiert. Und mit einer vorwiegend rezeptiven Haltung wären sie nicht allein. Denn diese Twitter-typische Haltung ist unter anderem der Grund dafür, warum vor allem in den USA diskutiert wird, ob Twitter ein Social Network oder eher News Media sei. Aber dieser Hinweis hat nur am Rande mit den diskutierten Inhalten zu tun und ist somit eher als weiterführende Bettlektüre gedacht (Danke an @mebner für den Tipp).

Back to the Roots

Die Grundstruktur des Wirtschaftskreislaufs sollte allen bekannt sein. Etwa nicht? Bei der Beschäftigung mit grundlegenden Fragen der VWL bin ich jedenfalls auf einen recht guten Flash-Film gestoßen, der das Verhältnis von Unternehmen und Haushalten (auf Englisch) visualisiert. Einfach reinschauen und Wirtschaftswissen auffrischen.