Irritation als Daueraufgabe?

Tamara schickte mir einen Link aus der Zeit, übertitelt mit „Die Superprofs„. Der Artikel ist grundsätzlich interessant, fokussiert er doch die Bedeutung der universitären Lehre. Auch deutet er alltägliche Konflikte von Wissenschaftlern an, wenn sie sich neben Forschung eben auch oder besonders mit Lehre auseinandersetzen wollen. Der Text steht insofern stellvertretend für eine Reihe (hochschul-)pädagogischer Innovationen, die sich aus dem Hochschulalltag ergeben und meist im direkten Zusammenhang mit anvisierten Lehr-Lernzielen in einer Lehrveranstaltung stehen. Wiedererkannt habe ich mich in einem Beispiel ganz besonders: So wird unter anderem auf „10-Minuten-Präsentationen“ eingegangen und dazu von Studierenden erwartet, ihre Ideen/Konzepte argumentativ zu durchdenken und zeitlich auf den Punkt zu bringen. Vermutlich ist es auch dieses Beispiel, das Tamara beim Linkversand in den Kopf kam, denn: In meinen Seminaren in Augsburg führte die zeitliche Engfassung bei Kurzpräsentationen zu großen Diskussionen unter MuK-Studierenden. Zu Beginn mussten fast immer Präsentationen abgebrochen werden, die sich nicht an die Zeitvorgaben hielten. Gegen Ende der Projektseminare haben sich die Irritationen oft gelöst, verbunden mit Verständnis für die leicht andere didaktische Konzeption. Daher kann ich die Schilderungen im Text gut nachvollziehen, die nicht nur spezifische Lernziele mit der Methode Kurzpräsentation verknüpfen, sondern auch verdeutlichen, dass ein anderes Vorgehen in der Lehre nicht zwingend von Lernenden gewünscht ist. Bei aller Hoffnung, Lehre durch unterschiedliche Formen der Förderung attraktiver und vielfältiger zu machen, steckt im durchwachsenen Lernendenfeedback die wohl größte Herausforderung für Lehrende. Denn wie viel Irritation und Diskussion lässt sich auf Dauer schon aushalten?

"Talk to your kids about being safe and responsible online"

Wer sich mit Social Networks beschäftigt, kommt kaum umhin, sich auch dem Aspekt der Sicherheit im Netz zu widmen. In meinen Veranstaltungen thematisiere ich dies meist, wenn ich Blogs, Twitter oder Wikis zur Prozessorganisation und Reflexion der Lehre einsetze, da diese Werkzeuge in der Regel öffentlich genutzt werden. Das schon ältere Video „Think before you post“ leistet hier immer noch gute Dienste. Mit einem etwas stärkerem Fokus auf Kinder und ihr Online-Verhalten beschäftigt sich nun ein anderes Video des Family Online Safety Institute. Es ist untermalt mit vielen Zahlen rund um Online-Nutzung bzw. Mediennutzungsverhalten und thematisiert so medienkritisch z. B. auch das Cyberbullying. In jedem Fall ist es sehr sehenswert und eignet sich allemal zur Einführung in die vielen Facetten des Sicherheitsthemas im Rahmen von Lehre und Weiterbildung.

http://www.youtube.com/watch?v=GTWqZc1B144

Danke an 9er für den Tipp! 🙂

„Die überraschende Konjunktur einer verspäteten Debatte“

Über Corporate Social Responsibility wird aus Unternehmensperspektive viel gesprochen; auch in der Politik wird regelmäßig über das Verhältnis von Staat und Unternehmen mit zunehmender inhaltlicher Tiefe debattiert; ob dieser Aktualität verwundert es insofern nicht, dass das Thema inzwischen auch Gegenstand von einigen Forschungsarbeiten ist, die zunächst vorwiegend in der Betriebswirtschaftslehre angesiedelt und von einer Marketing- (und darin insbesondere Kommunikations-) Perspektive getrieben waren und sind. Langsam, aber stetig weitet sich das Thema innerhalb der Betriebswirtschaftslehre, z.B. in Richtung Personalentwicklung, sowie auf andere Disziplinen aus, die mitunter kritischer mit den (nicht mehr ganz so) neuen, aus dem angloamerikanischen Raum importierten Konzepten umgehen und offenbaren, dass schon vor Wortneuschöpfungen wie Corporate (Social) Responsibility oder Corporate Citizenship die Frage nach der Wertorientierung des ehrbaren Kaufmanns gestellt worden ist (Schoser, 1990). Gleichzeitig fragen die neueren Publikationen stärker nach dem internen und externen Nutzen einzelner Maßnahmen und veröffentlichen nicht nur Good oder Best Practices (wie dies etwa noch bei Schöffmann & Lietzke (2002) der Fall ist). Als einer dieser Bereiche, der das Thema früh als Schnittstellenfeld für sich adaptiert, ist die Wirtschaftsethik zu nennen, die sich inhaltlich stärker um die Bedeutung unternehmerischen Engagements für die Gesellschaft kümmert und Aspekte wie (unternehmerische) Verantwortung oder soziales Unternehmertum in den Mittelpunkt stellt, die auch schon vor Corporate Social Responsibility zentrale Arbeitsfelder darstellten. Zu Recht weisen Backhaus-Maul, Biedermann, Nährlich und Polterauer (2010) daher in ihrer Publikation auch auf die „überraschende Konjunktur einer verspäteten Debatte“ (ebd., S. 15) hin.

Quellen:

  • Backhaus-Maul, H., Biedermann, C., Nährlich, S. & Polterauer, J. (2010). Corporate Citizenship in Deutschland. Die überraschende Konjunktur einer verspäteten Debatte. In H. Backhaus-Maul, C. Biedermann, S. Nährlich & J. Polterauer (Hrsg.), Corporate Citizenship in Deutschland. Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen. Bilanz und Perspektiven (S. 15–49). 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Schöffmann, D. & Lietzke, A. (2002). Unternehmen und Gesellschaft: Praxisbeispiele von unternehmerischem Bürgerengagement mittels Personaleinsatz bis zu Projekteinsätzen in sozialen Aufgabenfeldern als Teil der Personalentwicklung. Bonn: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
  • Schoser, F. (1990). Der ehrbare Kaufmann. In R. Biskup (Hrsg.), Werte in Wirtschaft und Gesellschaft (S. 99–111). Beiträge zur Wirtschaftspolitik (Band 52). Bern: Haupt.