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Früh investieren, statt spät zu optimieren

Am vergangenen Montag fand die erste Runde unserer Workshopreihe zum Thema „Ist die Ökonomisierung der Bildung ökonomisch?“ statt. In den „heiligen Hallen“ der Hanns-Seidel-Stiftung wurde – mehr oder weniger eifrig – über den Kindergarten oder, wie uns Dr. Bernhard Nagel vom Staatsinstitut für Frühpädagogik schnell aufklärte, über frühkindliche (bzw. außerschulische) Bildung diskutiert. Aus meiner Sicht waren weniger die etwas „weichgespülten“ Diskussionen hilfreich – keiner der Vertreter war so streitbar wie erhofft, sondern vielmehr die Impulsreferate der einzelnen „Positionen“. Dies lag vielleicht auch daran, dass sich die Diskussionsrunde später schnell zu einer Podiumsdiskussion entwickelte, was einer gewissen Frontallogik folgt (wovon ich kein Fan bin).

So stellte MdL Joachim Unterländer die Anwendbarkeit ökonomischer Begriffe im sozialen Kontext in Frage und entwarf 10 Thesen, wie man Bildungseinrichtungen nicht primär ökonomisch versteht bzw. diese zukunftsfähig macht. Die Thesen erstreckten sich von den Rahmenbedingungen bis hin zum Individuum und Hauptbeteiligten von frühkindlicher Bildung, dem Kind. Auch wenn die Anwesenden im Folgenden weniger über die Rahmenbedingungen sprechen wollten, fand ich die Einsicht gut, dass es für Staat und Gesellschaft wirtschaftlicher sei, Kinder zu fördern. Ja! Investitionen in Bildung machte schließlich auch Prof. Dr. Jürgen Kluge zum Thema. Sein Motto: Früh investieren, statt spät zu optimieren. Nach Ansicht Kluges sorgte erst ein Auf-die-Agenda-setzen der Wirtschaft dafür, dass auch Politik inzwischen über Bildung nachdenkt. Erschreckend: Unterländer stimmte zu! Generell glaubte Kluge durchaus daran, dass sich ökonomische Prinzipien auf den Bildungssektor übertragen lassen. Nur müsste im Einzelfall abgewogen werden und Augenmaß wäre gefragt. Dieser Gedanke beinhaltete auch, dass neben ganzen Organisationskonzepten auch Qualitätskonzepte übertragbar sind. Unternehmen hätten schließlich immer eine homogene Qualität im Sinn. Welcher Automobilhersteller könnte es sich erlauben, unterschiedlich gute Autos zu bauen? Allerdings ging es ihm beim Thema Bildung nicht darum, die Starken zu stärken. Investiert werden müsste vielmehr in diejenigen, die – aus unterschiedlichen Gründen – benachteiligt wären. Schließlich sollte es in der Bildung darum gehen, das Maximum des Potenzials aus jedem herauszuholen. „Gerade werden Talente verschleudert,“ so Kluge. Es sei Weitblick gefragt. Denn Kinder sind seiner Ansicht nach „kleine Lernmaschinen“ und wollen sich früh entwickeln. Man muss ihnen nur die Chance dazu geben.

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Kommentar

  1. Huch was ist das denn?

    1.) „Allerdings ging es ihm beim Thema Bildung nicht darum, die Starken zu stärken.“

    2,) „Schließlich sollte es in der Bildung darum gehen, das Maximum des Potenzials aus jedem herauszuholen. “

    3.) „Denn Kinder sind seiner Ansicht nach „kleine Lernmaschinen” und wollen sich früh entwickeln. “

    Widerspricht sich da der gute Mensch nicht die ganze Zeit?

    zu 1.) Wir leiden doch darunter das genau das gemacht wurde in den letzten 40 Jahren. Die Schwachen gestärkt und die Starken geschwächt. Der Blödsinn soll also jetzt so weiter gehen?

    zu 2.) Aha, wie schafft man das? Das Maximum aus jeden herauszuholen, indem man die Starken schwächt?

    zu 3.) Boah der hat noch nie mit Kindern zu tun gehabt. Überhaupt ein Kind als Lernmaschine zu bezeichnen widerspricht des Würde des Menschen und entspricht einem Seelenmord.

    Mir wird einfach bloß schlecht wenn ich das hier lese und mir graut vor der Zukunft.

  2. Ja, man kann durchaus den einen oder anderen Widerspruch in der Argumentation erkennen, allerdings war ich auch am meisten entsetzt über die “kleinen Lernmaschinen”, die im Rahmen der Veranstaltung beinahe unhinterfragt von den Gästen als Aussage akzeptiert wurden. Die große Frage ist hier wohl, wie Herr Kluge das Zitat gemeint hat – ich hatte leider später keine Gelegenheit, ihn konkret darauf anzusprechen. Wenn er damit sagen wollte, dass besonders Kinder wissbegierig sind, liegt er nicht so falsch. Wenn er damit allerdings auch implizieren wollte, dass man Kinder möglichst früh mit Wissen und Information überfrachtet, finde ich das auch nicht richtig. Spielendes Entdecken ist da wohl eher angesagt 😉

  3. Der Ausdruck stammt meines Wissens von Manfred Spitzer. Die Maschinenmetapher ist in der Tat zweideutig: Er meint aber wohl, dass „die Gehirne gar nicht anders können als zu lernen“. Was mich stört ist die Polarisierung: die Einen geben den Kindern was sie wollen „Lernnahrung“, die Anderen verweigern diese zugunsten einer „Betreuungspädagogik“, wie??? Natürlich wollen Kinder lernen, im Sinne von entdecken, spielen, erkunden (regelgebunden oder frei). Aber! Ihnen ein fremdes Zeitmaß aufzudrücken, ihnen mit zukünftigen, weit am kindlichen Horizont erscheinenden Zwecken im Nacken zu sitzen, genau hier setzt meine Kritik an. Das wichtigste ist doch: das Kind sucht, setzt und „erträgt“ seine Zwecke selber und wenn dabei nur ein handgemaltes Bild oder eine Collage aus Abfall herauskommt.

  4. Wir müssen auf die Widersprüche aufmerksam machen und sie auflösen.

    Das Unterbewusste, und ein Kind lebt noch stark im Unterbewusstsein, verkraftet diese Widersprüche nicht.

    Es kommt darauf an was wollen wir für Kinder haben und welche Zukunft bauen wir?

    Kinder brauchen um gesund groß zu werden verlässliche und tragende Beziehungen. Die können keine fremden Menschen leisten. Die können sie sinnvoll ergänzen oder auch nicht. Das ist von Person zu Person unterschiedlich.

    Wichtig sind schon die ersten neun Monate im Leben eines Menschen und hier brauchen die Frauen jede Menge Rat und Unterstützung, wenn wir in eine gesunde Zukunft gehen wollen.

    Danke für das Mitdenken hier. Das tut gut. Oft habe ich gemeint ich stehe allein mit meinen Gedanken und Ideen da.

  5. Wer es noch nicht mitbekommen hat: Seit gestern gibt es bei Frank auch ein paar Eindrücke zur ersten Veranstaltung sowie den Hinweis auf den zweiten Themenabend.

    Einen schönen Sonntag!

Webmentions

  • Schule und Ökonomisierung - ein streitbares Thema « Sandra in the Sky 19. Oktober 2008

    […] uns von ihnen erhofft haben: Kontroversen (im Gegensatz zum Themenabend „Kindergarten“, wo ich weichgespülte Meinungen beklagt hatte). Nach einem kurzen Eingangsstatement von Prof. Fritz Böhle folgte Josef Erhard, […]