in Wissenschaft

Podiumsdiskussion: Zukunftsmodell Notebook-Klasse

In meinem zweiten, dritten (ja, wie vieltem eigentlich?) Leben bin ich für das imb als Pressesprecherin unterwegs und hatte in dieser Funktion heute die Ehre, einer Podiumsdiskussion zum Einsatz von Notebooks in der Schule in Gauting beizuwohnen. Die Diskussionsrunde wurde von der FDP organisiert und zeigt mit Nachdruck auf, dass der Medieneinsatz in der Schule mit ein paar Jahren Verspätung nun auch im Bewusstsein der Politik angekommen ist. Meine Aufgabe in der Runde war es, aus Sicht einer Medienpädagogin über den Notebookeinsatz, über Veränderungspotenziale durch (digitale) Medien und notwendige Rahmenbedingungen zu sprechen und bei der Gelegenheit das eine oder andere Forschungsergebnis anzuführen. Hierzu wurde ich gebeten, zentrale Studien zum Nachlesen auf ein paar Folien zusammenzufassen, die ich gern auch hier zur Verfügung stelle:


Was mir an der Podiumsdiskussion wirklich sehr gut gefallen hat, ist, dass alle schulischen „Stakeholder“ gefragt wurden, d.h. neben der wissenschaftlichen Sicht kamen Schüler, Lehrer, Schulleiter und Eltern zu Wort; auch die Politik selbst war zugegen, um die Möglichkeiten des Notebookeinsatzes auf finanz- und bildungspolitischer Ebene zu hinterfragen. Diese Kombination an Personen ist wirklich essentiell, um den Einsatz von Notebooks über die Grenzen der Einzelschule hinweg zu diskutieren und letztlich auch entsprechende Rahmenbedingungen für den Gebrauch zu schaffen. Auch helfen Beispiele in der Regel sehr gut dabei, ein Phänomen zu erfassen und erste Ankerpunkte für die Diskussion zu suchen.

Inhaltlich brachte diese Diskussion einmal mehr die Punkte zu Tage, die schon in den vielen Studien (s.o.) aufgedeckt wurden: So geht es immer noch darum, wie man Notebooks in den Unterricht integriert, welche Potenziale für einen „besseren“ Unterricht bestehen und ob man Schüler durch den Medieneinsatz stärker als ohne Medien zum Lernen motivieren kann. Dabei wird selten danach unterschieden, ob es um den Computer als Hardware oder um die vielen digitalen Werkzeuge geht, die auf einmal im Unterricht nutzbar werden. Auch wird recht pauschal über Frontalunterricht geschimpft, ohne zu differenzieren, wozu sich welche Unterrichtsmethode eignet. Ich sah mich daher an ein paar Stellen gezwungen, die mitunter sehr große Euphorie zu stören und den Blick auf die Ziele des Notebookeinsatzes bzw. digitaler Werkzeuge zu lenken. Was nämlich mit der Diskussion um Notebooks in der Schule einhergeht, ist der Wunsch nach Veränderung von Schule hin zu mehr Selbstorganisation und Kooperation. In diesem Diskussionsstrang gefangen, ist man dann schnell bei der Rolle des Lehrers, seinen Fähigkeiten zum Medieneinsatz und seiner Bereitschaft zur Verwirklichung alternativer Methoden im Unterricht. Dass diese Bereitschaft erst einmal ganz unabhängig vom Medieneinsatz zu sehen ist, wird (zu) schnell vergessen.

Da Vertreter einer Hauptschule und eines Gymnasiums anwesend waren, ging es auch um den Vergleich der Schultypen. Hier hatte ich allerdings mitunter das Gefühl, dass „Äpfel mit Birnen“ verglichen werden, da die unterschiedlichen Schulen vor ganz anderen Herausforderungen stehen. So steht in der Hauptschule ganz klar die Employability ihrer Schüler im Vordergrund. Insofern wird auch den sozialkommunikativen Kompetenzen und den Fähigkeiten zum Projektmanagement in der Hauptschule mehr Gewicht beigemessen als im Gymnasium, wo Inhalte und Methoden offensichtlich etwas mehr Bedeutung einnehmen. Auch die Finanzierungsmöglichkeiten und -modelle haben es (traditionell) schwer, 1:1 von einen auf den anderen Kontext übertragen zu werden.

Fazit: Alles in allem bin ich froh, den Termin wahrgenommen zu haben, da Stimmen aus der Praxis gut demonstrieren, dass in Punkto Medieneinsatz in der Schule noch viel getan werden kann/muss. Auch lassen sich einige Bezüge zur Hochschule ziehen, die zumindest methodisch-didaktisch vor ähnlichen Fragen wie die Schule steht (Stichwort: Paradigmenwechsel).

Update 11.03.2010: Richard hat mich auf eine spannende Artikelserie zum Notebookeinsatz in der Schule hingewiesen – die möchte ich Euch nicht vorenthalten: http://escholarship.bc.edu/jtla/

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Kommentar

  1. Bedauerlicherweise krankt das Schulsystem ja noch an ganz anderen Basics, teilweise nutzen Lehrer oder Sekretärinnen ja nicht einmal Emails und wenn, müssen Sie z.T. auf private Hard- und Software zurückgreifen. Die Schere zwischen engagierten (Privat?- oder Land?-)Schulen und gammelnden (Stadt?-)Schulen ist extrem weit auseinander. Zudem ist der Umgang vieler Lehramtsstudierenden (beobachtet bisher im persönlichen Umfeld und im Kontakt mit Nutzern des Digicampus) dergestalt, dass sie den Rechner und seinen punktuellen Nutzen in Vorbereitung und Gestaltung von Unterricht und Lernen manchmal gezielt ablehnen. Da ist viel Ideologie dahinter, auch bei einer sich als „Bildungspartei“ profilieren wollenden FDP 🙂 Schließlich behindert eben diese FDP empirische Feldforschung in den bayerischen Schulen unter dem Deckmäntelchen, es dürfe kein Unterricht ausfallen…

  2. Sie war auch gestern sehr deutlich zu spüren, die besagte Schere, denn im Gautinger Umfeld waren nur zwei Schulen zu identifizieren, die sich zum Unterricht mit Notebooks hinreißen lassen und öffentlich darüber sprechen (was ich gut finde, da diese Beispiele zumindest zur Auseinandersetzung mit dem Thema Laptopklassen führen). Woran das liegen mag, wurde ich gestern auch gefragt – und natürlich sind die mangelnden Kenntnisse von Lehrenden ein Grund für die zurückhaltende Haltung, da bin ich absolut bei Dir. Doch an der Stelle frage ich mich schon, was man zusätzlich zu Fortbildungsmaßnahmen tun könnte, um vor allem die vielen Ängste gegenüber dem Medieneinsatz abzubauen. Viel verschenkt wird meiner Meinung nach an der Universität – wo, wenn nicht hier, ist Zeit und Raum für das Ausprobieren neuer Methoden und Werkzeuge?
    Zur Rolle der FDP nur so viel: Sie haben die Veranstaltung wohl absichtlich in eine Zeit gelegt, die nicht von Wahlk(r)ampf belastet ist. Das finde ich recht schlau. Was dann aus dem Thema gemacht wird, ist die andere Sache. Noch fühle ich mich nicht allzu instrumentalisiert 😉

  3. Hm, Universitäten, die knackeüberfüllt sind an Aufgaben, Studierenden und Erwartungen werden es vermutlich schwer schaffen, Leute zu „bekehren“, die per se aus welchen (Hinter-)Gründen auch immer Rechner allgemein ablehnen. Dies gilt natürlich auch umgekehrt, dass Rechnerfreaks auf analoge Vermittlungswege traditioneller Pädagogik zurückgreifen lernen – aber angesichts der Menge an traditionellen Methoden benötigt der Rechner wohl noch paar Akzeptanzschleifen. Irgendwie schade… aber woher die Zeit für Experimente nehmen, wenn nicht mal die universitären Räume im engeren Wortsinne da sind?
    Aber wie auch immer, ein Eingriff eines von Partei A „geleiteten“ Ministeriums in die Aufgaben eines von Partei B „geleiteten“ Ministeriums ist unabhängig davon und auch unabhängig von den beteiligten Parteien natürlich nicht zu erwarten… 😉
    Zudem – keine Sorge, ich wollte dich keinem Instrumentalisierungsverdacht aussetzen. Die Parteien tun in diesem Fall das, was sie laut Parteiengesetz sollen: Einflussnahme auf öffentliche Meinung, Anregung politischer Bildung, usw.

  4. Stimmt, ganz schön viele Ansprüche, die auf den durchschnittlichen Lehramtskandidaten einprasseln würden. Allerdings beschäftigen sich Lehramtsstudierende ja durchaus umfassend mit Unterrichtsmethoden und an der Stelle sehe ich eine gute Möglichkeit, vermehrt auf die digitalen Medien einzugehen. Letztlich ist es doch so: Erst die eigene Beschäftigung mit den vielen Tools zeigt, wie brauchbar Web-Werkzeuge prinzipiell sein könnten und machen auch den Mut, sie selbst zu nutzen. Kennt man etwas nicht, wird man sich kaum „später“ in diese Dinge hineinstürzen… #erfahrungswert

  5. Schade, wir sind zu sehr einer Meinung, da kann ich nur deinen Tag ergänzen um #brettvormkopf 😉