in Wissenschaft

"Haben wir da frei?"

Glücklicherweise setzt sich auch an Universitäten ein Konzept immer mehr durch, das sich Blended Learning nennt, und vor allem darauf abzielt, Präsenztermine in der Lehre mit den Lernphasen dazwischen sinnvoll zu verbinden. Ein wesentliches Hilfsmittel sind digitale Medien – sie nehmen eine Überbrückungsfunktion ein, indem sie innerhalb der Lehre zum Informations-, Kommunikations- und Reflexionsmedium werden.
Was aus der Perspektive von Mediendidaktikern als völlig normal, fast schon als ein „alter Hut“, erscheint, ist für Studierende aber durchaus noch eine neue Erfahrung: Gerade unter jüngeren Fachsemestern kommt es vor, dass sie die veränderte „Taktung“ in der Lehre nicht so einordnen können, wie es Blended Learning erfordern würde. Es ist daher keine Seltenheit, dass ich zu Beginn von Lehrveranstaltungen gefragt werde: „Haben wir da frei?“
Zugegeben, solche Beiträge bringen mich zum Schmunzeln und ich versuche, mit Gelassenheit die Bedeutung der virtuellen Phasen nochmals näher zu bringen. Dennoch stimmen mich solche Momente auch ein wenig nachdenklich: Offenbar ist Blended Learning keineswegs so verbreitet, wie man durch die technologische Entwicklung prinzipiell annehmen könnte. Auch ist die Grundidee, nicht nur Ort und Zeit zu überbrücken, sondern auch Freiräume für selbstorganisierte Arbeitsphasen in formalen Bildungskontexten zu schaffen, alles andere als bei den Studierenden angekommen.

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Kommentar

  1. Also ich habe in meinen 13 Semester Uni auch nie solche Veranstaltungen gehabt, bei uns war immer alles live und in Farbe 🙂 Aber ich gehöre ja auch zur aussterbenden Spezies!
    Gerade bei den jungen kann ich es aber verstehen, denn ich denke mal, dass blended learning in die Schulen noch nicht wirklich Einzug gehalten hat, oder hab ich etwas verpasst? Ist mir jedenfalls beim Praktikum noch nie untergekommen, klar gibt es Einzelfälle, aber der Normalfall ist es doch nicht.

    LG

  2. Wer in Seminaren mit dem Ziel „Konsum“ sitzt, ist überrascht vom Konzept, dass nicht er/sie sich „wegzappt“ bei Bedarf oder Laune, sondern das „Programm“ im Sinne der passiven Berieselung von sich aus sich selbst ausgeschaltet hat. Da kann man/frau schon überrascht feststellen, dass Selbstorganisation und eigene Aktivität gefragt ist 🙂

  3. Nicht nur für Studierende eine neue Erfahrung, auch für Lehrplaner 😉 … immer wieder wird nachgefragt, ob man denn das Seminar wirklich hält, eine in Anspruch genommene Flexibilisierung wird meist schräg angesehen.
    Ich habe beispielsweise die nächste Online-Phase im Juni am Abend um 21:00 – welcher Student ist schon noch um 21 Uhr an der Uni – am Rechner jedoch ist dieser Ausweichtermin kein Problem – und wird überraschend gut angenommen. Hier braucht man auf allen Ebenen ein Umdenken und den Mut, die Verantwortung für das Lernen auch an die Studierenden zu geben.

  4. Hallo Ihr,

    Ihr habt natürlich völlig recht: Meine Ausführungen beziehen sich primär auf den MuK-Studiengang, der im Gesamten recht gut an Blended Learning-Formate gewöhnt ist. In anderen Studiengängen, Fächern und Fachbereichen sieht es da ganz anders aus – z. B. im Bereich des Lehramts (siehe Tina), wo man bis zum Ende des Studiums möglicherweise nur „klassische“ Präsenzlehre erlebt. Das muss man m.E. durchaus kritisch hinterfragen, speziell deshalb, weil das eigene Lernerleben essentiell für die Veränderung der (späteren) eigenen Lehre ist. Das passt dann (in Teilen) auch zu Joe, der zurecht die Haltung der Studierenden zum Lernen anmahnt: Sie sind es gewöhnt, zu konsumieren, nicht aber, sich aktiv einzubringen. Zum Glück bringen wir ihnen das (spätestens) ab dem 2. Semester bei 🙂 Ja, und Mandy spricht eine Facette an, die ich sehr, sehr gut nachvollziehen kann. Als Lehrende(r) muss man immer wieder „interessante“ Konstrukte finden, um Neuerungen in der Lehre einzuführen, bevor sie sich formal in den Statuten finden. Man muss insofern sehr überzeugt von seinem Vorgehen sein, um es auch gegenüber anderen (Fachfremden, Verwaltung etc.) vertreten zu können. Mitunter ein echter Kampf, den es aber lohnt zu kämpfen 🙂

    Liebe Grüße,

    Sandra