Auf der Suche nach dem Neuen

Am letzten Donnerstag und Freitag fand zum wiederholten Mal die Campus Innovation in Hamburg statt. Aus der Ferne hatte ich die Veranstaltung schon länger beobachtet, leider ging es sich nie aus, ihr zu Augsburger Zeiten auch beizuwohnen. Das war in diesem Jahr anders, denn für Hamburger Hochschulen ist die Campus Innovation eine Art Klassentreffen. Jedenfalls gewinnt man schnell diesen Eindruck, wenn man sich im sehr hübschen Curio-Haus für die Tagung tummelt und auf viele Hamburger E-Learning-Akteure, Hochschuldidaktiker und Unternehmensvertreter trifft.

Ich selbst war vor allem neugierig auf den Aspekt der Innovation, immerhin nennt sich die Tagung Campus Innovation und lässt darauf hoffen, dass jeder Tagungsbeitrag auch etwas Innovatives mit Hochschulbezug aufweist. Für mich selbst war (und ist) der Innovationsbegriff dabei vage besetzt, denn hochschulbezogene Innovationen können einen ganz unterschiedlichen Charakter aufweisen, der sich auch in den themenbezogenen Tracks zu E-Learning, Studium und Lehre sowie E-Campus widerspiegelte. Entsprechend begab ich mich in den Beiträgen auf die Suche nach dem Neuen, unabhängig vom Track, in dem ich mich gerade befand.

Dabei erwies sich der Innovationsbegriff, der die Tagung rahmt, durchaus als wichtige, aber hohe normative Setzung, denn: Viele Beiträge waren interessant und spiegelten den aktuellen Stand der hochschul- und mediendidaktischen Diskussionen. Suchen musste man allerdings das Innovative, was keineswegs ein Problem der Veranstaltung war, sondern mir typisch für die inhaltliche Auseinandersetzung mit Hochschul- und Mediendidaktik scheint. Das ganz Neue, also Ideen und Projekte, die sich vollständig vom bisher gewesenen absetzen, ist nicht zu finden. Vielmehr ist zu beobachten, dass sich Innovationen eher in der (sinnvollen!) Vernetzung älterer Ideen und Konzepte auf struktureller Ebene identifizieren lassen. Ebenfalls zu beobachten sind fachspezifische Innovationen, deren Bedeutung für die Akzeptanz und damit für die Durchdringung des „Neuen“ auf personaler Ebene als wichtig einzuschätzen ist. Oder, um es mit Drucker (1994) zu formulieren: „Effective innovations start small“ (ebd., S. 24).

Alles in allem also eine interessante Konferenz mit starkem Hamburg-Bezug, die allerdings das Neue ein wenig vermissen ließ, sofern man den Innovationsbegriff als tagungsleitend empfand.

Quelle:
Drucker, P. F. (1994). Innovation and Entrepreneurship: Practice and Principles. 2., überarbeitete Auflage. Oxford: Butterworth Heinemann.

Zu Gast im virtuellen Klassenzimmer

Technisch gesehen ist ein virtuelles Klassenzimmer nichts Neues. Didaktisch muss man den Innovationswert auch hinterfragen, da dort – wie in vielen herkömmlichen Lehr-Lernsettings – meist mit einer Frontalsituation gekämpft wird. Es ist deswegen ein Kampf, weil die Lethargie der Teilnehmer im virtuellen Klassenzimmer noch herausfordernder ist als in der realen Situation, wo ich als Lehrende zumindest sehe, wann und wo Lernende abgelenkt sind etc. Dies lässt sich im virtuellen Klassenzimmer nur eingeschränkt nachvollziehen. Um Leitungen nicht zu überlasten, gibt es eingeschränkte Rederechte; Möglichkeiten der Kollaboration sind ebenfalls beschränkt, zumindest dann, wenn man im virtuellen Klassenzimmer mit großen Gruppen „hantiert“. D.h. die Herausforderungen, die sich in der Präsenzlehre mit vielen Teilnehmern stellen, stellen sich gleichermaßen im virtuellen Klassenzimmer und werden dort oft noch verstärkt. Aber wem sage ich das! Die Auseinandersetzung mit den Chancen und Grenzen des virtuellen Klassenzimmers sind ja fast schon ein alter Hut. Allerdings sind didaktische Szenarien, die den synchronen Austausch über das Internet unterstützen, nach wie vor selten. Dies mag an kulturellen Hürden liegen, da Präsenzlernen an Präsenzhochschulen strategisch verankert ist. Es mag auch an Herausforderungen bei der Planung solcher Szenarien liegen, die sich im Vorfeld, in der Durchführung und bei der Nachbereitung/Dokumentation stellen. Eine Hürde kann auch die mangelnde technische Verfügbarkeit von virtuellen Klassenzimmern sein.

Umso schöner ist es, dass mich Timo am vergangenen Mittwoch eingeladen hatte, mich mit einem kurzen Impulsvortrag über „Selbstorganisation und Kollaboration im Netz“ aus Hamburg in seine Düsseldorfer Lehrveranstaltung einzuklinken (zu meinen Folien). Bei aller Ähnlichkeit zum realen Lehrveranstaltungssetting ist ein solcher Vortrag, der medienvermittelt erfolgt, bis auf Weiteres ungewohnt. So bin ich jedes Mal auf’s Neue irritiert, primär mit mir und mit dem Computer zu sprechen und Rückmeldungen vorwiegend über den Chat zu erhalten. Gleichzeitig finde ich es großartig, von welchen Orten sich die Studierenden in ihre Seminare schalten und damit Lernorte deutlich erweitern um neue Komponenten (z.B. den Kölner Hauptbahnhof ;-)). In seinem Blogbeitrag führt Timo ein weiteres Potenzial für virtuelle Klassenräume an, nämlich die Chance für einen fachlich-inhaltlich und/oder didaktisch-methodisch orientierten Austausch zwischen Kollegen und Studierenden. So regt das virtuelle Klassenzimmer immer wieder zur Reflexion über Lernen, Fähigkeiten in der Selbstorganisation und Formen von Kooperation zwischen Hochschulen an (siehe dazu auch unseren Beitrag für die Wissensgemeinschaften 2011). Alles in allem war ich daher gerne zu Gast im virtuellen Klassenzimmer und bin schwer dafür, solche „Einsätze“ häufiger und hochschulübergreifend zu planen und damit letztlich die Chancen für sinnvolle Vernetzungselemente zu nutzen, die sich technisch seit längerem ergeben.

Wissensmanagement im Promotionsprozess

An Hochschulen wird gerne und viel analysiert, evaluiert und begleitend erforscht. Das wird jeder Hochschulbeschäftigte kennen. Es liegt auch in der Natur der Sache, geht es doch an Hochschulen neben Lehre auch um Forschung. Für viele ist Forschung sogar bedeutsamer als Lehre, aber das wäre jetzt ein anderer Blogbeitrag zur Profession des Wissenschaftlers. 😉 Bei der Vielzahl an Untersuchungen stechen allerdings manche heraus, an denen man lieber teilnimmt als an anderen: Sie weisen einen Bezug zum eigenen Arbeitsbereich oder Forschungsinteresse auf, sie sind nah an der eigenen Lebenswelt oder aus weiteren Gründen interessant. Manchmal nimmt man auch aus Verbundenheit zum Forschenden teil, das will ich nicht verschweigen.

Eine solche Verbundenheit ergab sich neulich auch für mich, als ich nach meinem Weggang aus Augsburg von Augsburger Promotionsstudierenden zum Thema „Wissensmanagement im Promotionsprozess“ befragt wurde. Immerhin war ich den überwiegenden Teil meiner Promotionszeit an der Universität Augsburg beschäftigt; etwa die Hälfte der Zeit war ich sogar davon ausgegangen, meine Promotion dort abzuschließen. Unter Samplinggesichtspunkten war vielleicht sogar der Hochschulwechsel ausschlaggebend für die Anfrage an mich, vielleicht war es aber auch der inhaltliche Bezug zum Wissensmanagement oder schlicht meine positive Reaktion auf eine Rundmail an alle verzeichneten wissenschaftlichen Mitarbeiter.

Im Interview selbst wurde der Fokus auf den Promotionsprozess gelegt, insbesondere auf die Interaktion zwischen den Doktoranden und zwischen Doktorand(en) und Betreuer. Den Fragen lagen dabei einige Defizitannahmen zugrunde, wie mir im Verlauf des Gesprächs immer klarer wurde. Es mangelt an Austausch, es mangelt an Zeit, es mangelt mitunter auch an Wissen der (angehenden) Doktoranden über ihr Vorhaben und mögliche Konsequenzen ihres Tuns (siehe hierzu auch Mandys Bericht vom Doktorandenforum der Sektion Medienpädagogik). Dazu gehören auch all die Höhen und Tiefen, die einen während der Promotion ereilen und von denen ich mich gar nicht ausnehmen will. Die normative Setzung zu Beginn war nicht zuletzt durch die persönlichen Erfahrungen der Interviewer bedingt: Sie selbst sehen Verbesserungsbedarf in der Gestaltung der Promotion im Allgemeinen und bei der Unterstützung ihres Promotionsfortschritts im Besonderen. Gleichzeitig liefern die Defizitannahmen gute Möglichkeiten zur Verankerung des Themas im Wissensmanagement, das ja (unter anderem) auf die Verbesserung von Kommunikation und Kollaboration zwischen Individuen abzielt.

Das Interview selbst hatte ich schon fast wieder verdrängt, kam mir aber nochmals in den Sinn, als ich den heutigen Blogbeitrag auf der Doktorandenseite der UniBW München gelesen habe. Denn interner wie externer Austausch mit Gleichgesinnten oder weiteren Interessierten – das wurde als eine zentrale Anforderung an die (bessere) Gestaltung des Promotionsprozesses offenbar. Zugleich kamen wir (und damit meine ich alle Doktoranden, die bei Gabi promovieren) hinsichtlich des Wissensmanagements „gut weg“: Bei uns gibt es formale Strukturen und informelle Bande für den Austausch, alle Beteiligten interagieren bedarfsorientiert miteinander und Präsenzphasen wechseln sich mit virtuellen Phasen ab.

Ein Schmankerl existiert neuerdings mit den Videofeedbacks, die kurz vor der Disputation stehende Doktoranden auf ihren Disputationsvortrag erhalten (können). Das ist aus räumlicher Sicht interessant, wenn man wie ich nicht (mehr) am eigenen Hochschulort lebt bzw. arbeitet; zugleich wird man als Doktorand gezwungen, sich frühzeitig mit dem Disputationsvortrag auseinanderzusetzen, bevor einen etwa neue Projekte einholen oder man die Prüfungssituation zu wenig ernst nimmt (soll vorkommen ;-)). Unter der Perspektive des Wissensmanagements ist diese (neue) Maßnahme ebenfalls interessant, da speziell die weniger erfahrenen Doktoranden Einblicke in weitere Stadien der Promotion erhalten.

Für mich persönlich war es etwas stressig den Vortrag aufzunehmen, da er genau in den Stellenwechsel fiel. Im Nachhinein hat es sich aber gelohnt und Zeitmanagement ist ja auch etwas, das man im Zuge der Promotion lernen kann und soll.

Sachen gibt’s

Es gibt Fundstücke im Netz, da kommt man (frau auch) aus dem Staunen nicht heraus. Dies gilt speziell dann, wenn man selbst einen engen Bezug zum Thema aufweist und auch emotional involviert ist. So stieß ich gestern auf eine Seite im Netz, auf der ich einen Doktortitel kaufen kann. Vermutlich ist dies nicht die einzige Seite dieser Art, verwundert bin ich aber doch ob der Offenheit, mit der ein solches Inserat auch in deutscher Sprache geschaltet wird. Denn faktisch scheint es den einen oder anderen Abnehmer zu geben – oder Schenkenden, immerhin wurde die Offerte offiziell unter „Geschenkideen“ angepriesen. Dass dabei im Text darauf hingewiesen wird, dass es sich nicht um einen akademischen Titel handele, macht die Sache nicht besser. So ist meine Meinung zu solchen Geschenken klar: Finger weg davon! Aber ich habe das Prozedere ja auch „in Echt“ (so gut wie) hinter mir.