Was bleibt? #edex13

Nach fünf Tagen intensiver Auseinandersetzung mit „Online and Distance Learning at U.S. Universities“ stellt sich die Frage, was bleibt. Zuerst bleiben sicherlich viele Eindrücke aus den USA, die kultureller Natur sind und nochmals auf Unterschiede innerhalb einzelner Staaten hindeuten. So kann man Kalifornien nicht mit anderen Staaten vergleichen; speziell der Unternehmergeist und die Freundlichkeit bzw. gute Laune der „Amis“ ist wirklich überall spürbar. Bleiben werden zudem die Eindrücke der Stadt: San Francisco ist aufregend, pulsiert und jedes Stadtteil ist verschieden. Das wurde u.a. deutlich an unserem Hotel, das genau zwischen Financial District und Chinatown lag und auch Blick auf den Hafen bzw. die Bay bot. Inhaltlich hatte ich den Eindruck, dass sich deutsche Hochschulen nicht verstecken müssen. Gerade im Bereich des „Basis-E-Learnings“ sind wir oftmals ähnlich aufgestellt, als dies in den USA der Fall ist. Dazu gehören insbesondere LMS und damit zusammenhängende Service- und (mediendidaktische) Beratungsleistungen, wobei ich insgesamt meine, dass in den USA etwas selbstverständlicher Ressourcen für Instructional Design zur Verfügung stehen. MOOCs hingegen haben in den USA aktuell nicht mehr als einen Projektstatus, was sich konkret darin ausdrückt, dass sich viele Akteure darin ausprobieren – als ein Format neben weiteren. Was auf den ersten Blick wie eine knappe Botschaft aussieht, ist für die deutschsprachige Community durchaus bedeutsam: So werden auch in den USA MOOCs nicht als Ersatz für Präsenzlehre gehalten, sondern eher als Erweiterung, z.B. um Präsenzlehre anzureichern (Blended Learning, Flipped Classroom) oder um neue (Bildungs-)Märkte zu erschließen. Letztere betreffen vor allem Weiterbildungsmärkte an den Übergängen zwischen Schule und Studium oder zwischen Studium/Beruf und Online-Programmen. Diese Experimentierfreude ist angenehm zu beobachten, weil sich viele Lehrende trauen und Lehre verändern wollen. Allerdings werden häufig auch Incentives angeboten, dass eine professionelle Haltung zur Lehre attraktiv wird. Meine weiteren Eindrücke beziehen sich auf konkrete Projekte, Personen oder Unternehmen, die wir im Verlauf der Reise kennenlernen konnten. Manche davon waren sehr inspirierend, und ich hoffe sehr, dass sich speziell aus diesen Kontakten mehr ergibt. Die Gruppe selbst wird nun ein kleines Papier zur Reise schreiben, das auch online zur Verfügung gestellt werden soll. Mit dem letzten Tag in Frisco ist das gemeinsame Denken also noch nicht beendet, was mich sehr freut.

Visiting Mr. Spoc(k) #edex13

Der vierte Tag unserer Reise stand im Zeichen der Elite-Unis: Zunächst hatten wir die Gelegenheit, Berkeley (Extension) näher kennenzulernen, im Anschluss besuchten wir dann Stanford. Auf die Besuche hatte ich mich sehr gefreut, da man in Deutschland in vielerlei Hinsicht auf die us-amerikanischen Elite-Unis referenziert und ein kurzer Blick hinter die Kulissen hilfreich ist, um diese besser einzuschätzen. Beide Universitäten waren auf ihre Weise interessant: Berkeley in der Hinsicht, dass wir durch Armando Fox einmal mehr ein MOOC-Konzept kennenlernen durften – ebenso wie seine Einschätzung aus Sicht der Computer Sciences, sodass auch der Umgang mit Akzeptanzraten und automatisch generierten (großen) Daten zum Thema wurde. Spannend für mich waren aber zwei andere Aspekte: Erstens, dass er MOOCs als „Public Good“ betrachtet, die keineswegs akkreditiert/anerkannt werden, sowie zweitens, dass er eher von SPOCs als von MOOCs spricht, also von der Kombination von Classroom und MOOC. Die von Star Trek inspirierte SPOC-Metapher finde ich dabei sehr interessant, da offenbar auch in den US-Universitäten nach einer Pendelbewegung in Richtung vollständiger Offenheit eine Bewegung „zurück“ zu Blended-Learning-Konzepten erfolgt. Ähnliche Bewegungen nehmen wir auch in Deutschland wahr. In Stanford war für mich der Vortrag sowie das anschließende Gespräch mit Paul Kim interessant, der sehr deutlich machte, dass man als globale Universität auch globale Zielgruppen (u.a. via MOOCs) erreichen sollte. Zugleich wurde seine Präferenz für problemorientiertes Lernen deutlich, das auch in seinem MOOC praktisch wurde. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass hier Inhalt (Entwicklung von Lernumgebungen) und Form (PBL) stimmig miteinander verbunden wurden – auch oder sogar in MOOCs. Daran merkt man letztlich, dass Forschung und Lehre (zumindest in den forschungsstarken Unis) in den USA weniger getrennt sind, als dies in Deutschland mitunter der Fall ist. Auf meine Frage zum forschenden Lernen meinte Kim so auch, dass in Stanford unterschiedliche Lernformen grundsätzlich mit einer Forschungsperspektive kombiniert werden. Mit dem vierten Tag endeten auch die großen Besuche. Es folgt ein Debriefing mit der Gruppe.

Tag 3 #edex13

Tag 3 stand wieder im Zeichen des Besuchs. So haben wir gleich in der Früh die Chance genutzt, nach San José zu fahren und an der San José State einige Beispiele für MOOCs kennenzulernen. Der Besuch machte einmal mehr deutlich, dass sich die MOOC-Bewegung in (mindestens) drei größere Diskussionen einfügt: in die Diskussion um Online-Education, wie ich gestern bereits andeutete, in die Diskussion um Open Education, was angesichts zentraler Postulate rund um die Offenheit klar scheint, sowie in die Diskussion um Hochschule und Hochschulbildung generell (auch wenn in den USA niemand von Bildung spricht). Besonders angenehm fand ich dabei, dass wir einen interessanten cMOOC für Bibliothekare („The Hyperlinked Library„) kennenlernen durften, der andere Lernziele als die bisher gezeigten xMOOCs verfolgt und viel stärker die eigene Institution als Basis für das Online-Angebot einbezog. Inhaltlich referenziert wurde u.a. auf Jenkins, der uns im Zusammenhang mit Participatory Culture ebenfalls ein Begriff sein sollte. Am Nachmittag trafen wir u.a. einen Vertreter des Sloan Consortium, der klar machte, inwiefern Medien und Medienwandel auch eine Transformation von Hochschule und Hochschulbildung anstoßen (können). Besonders eindrücklich fand ich dabei folgende Aussage von Bruce Chaloux: „The distinction between online and on campus continues to diminish and will do so rapidly in the next few years“. Die Frage nach der „‚Course-ification‘ of Learning“ stand danach im Fokus von Ralph Wolff, der der Akkreditierungsagentur WASC angehört. Der Vortrag war sehr interessant, weil er letztlich deutlich machte, vor welchem nächsten Schritt die MOOC-Bewegung steht: nämlich vor der Anerkennung der Kurse in Programmen, die auch eine Zertifizierung des Lernens ermöglichen. Ob und inwieweit dies möglich ist, scheint noch offen zu sein. Einige Konzeptpapiere zur Akkreditierung von MOOCs bieten Einblicke in gegenwärtige Diskussionen, die letztlich auch die (offenen) Fragen der Gruppe spiegeln.

Einen schönen Abschluss fand der Tag beim asiatischen Dinner, zu dem u.a. auch einige Fulbright-Studierende geladen waren. Sie boten uns abseits von Hochglanz-Präsentationen Einblick in ein Studium in den USA, was ich persönlich als sehr gewinnbringend empfand. So wurden durch die Gespräche z.B. Geschäftsmodelle im Bereich von Online-Education klar (Online-Kurse sind oft billiger zu absolvieren) und damit auch Entscheidungsprozesse der Studierenden offengelegt, die aus einer deutschen Sicht auf freie Teilnahme an Lehrveranstaltungen sicher ungewohnt sind.

Zu Besuch #edex13

Der zweite Tag der Expertenreise stand ganz im Zeichen des Besuchs. In der Früh war die Gruppe zu Gast bei der Golden Gate University in Friscos Stadtmitte, am Nachmittag ging es zu Coursera nach Mountain View. Der Tag hätte dabei unterschiedlicher kaum ausfallen können: Während am Morgen eher Basis-E-Learning im Vordergrund stand, versprühte der Nachmittag viel Spirit in Richtung von Online-Lernen. Wenn man sich seit Jahren mit dem Lehren und Lernen mit Medien auseinandersetzt, mag ersterer Teil daher eher gewöhnlich, wenig innovativ, ja Alltag gewesen sein. Dennoch braucht es diese Auseinandersetzung m.E. immer wieder, um den Konnex zwischen dem Phänomen MOOCs und dem Lehren und Lernen mit Medien herzustellen. Durch die ganze Euphorie rund um MOOCs und breite Berichterstattung werde ich nämlich den Eindruck nicht los, dass man so tut, als hätte es zuvor keine Forschung und Praxisinnovationen in diese Richtung gegeben. Über die Implementierung von Moodle und dessen Nutzung für Präsenz- und virtuelle Lehre zu sprechen, ist daher deutlich näher daran, was „Online Education“ in Deutschland ausmacht und offenbar auch stellvertretend für Basisangebote in den USA steht. An die Basis, nämlich von xMOOCs, ging es danach mit der Fahrt zu Coursera: Hier hatten wir die Gelegenheit, das Start-up mit seinen Grundideen zum Online-Lernen näher kennenzulernen. Die Präsentation des Unternehmens war dabei für mich recht eindrucksvoll, insbesondere wurde frischer Wind und Begeisterung für Online-Education versprüht. Letzteres ist interessant, da ich in meiner Grundhaltung gegenüber xMOOCs kritisch bin und angesichts der Präsentation ein wenig positiver gestimmt bin. Warum? Weil sich das Angebot von einem klassischen, instruktionalen Online-Kurs hin zum Blended Learning wegbewegt und damit Präsenzlehre (wieder) einen Stellenwert einräumt. „Präsenzlehre“ wird allerdings anders konturiert, entweder durch umgedrehte Klassenzimmer („Flipped Classroom“) oder durch organisierte (Lern-)Gruppentreffen an den unterschiedlichsten Standorten in der Welt (wie in der Fernlehre). Für mich klang die Entwicklung fast wie eine Abkehr von der ursprünglichen xMOOC-Idee, die nämlich der Interaktion zwischen Lehrenden und Peers nur eingeschränkt Raum bot. Bildungspolitisch interessant war/ist zudem die Aussage, dass die Kurs-Teilnahme bei Coursera weiterhin kostenfrei bleiben soll. Das klingt plausibel, wenn sich das Start-up aktuell durch kostenpflichtige Teilnahmezertifikate refinanziert. Nur von Offenheit wird dann bald weniger die Rede sein, wenn – wie erwartet – Geld ins Spiel kommt.

In die Vollen #edex13

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es heute mit Expertenvorträgen in die Vollen: Was versteht man unter Online-Education und welchen Stellenwert nehmen Online- und Distance Learning in den USA ein? Beide Fragen standen (grob) im Fokus des ersten Vortrags von I. Elaine Allen, die man in Deutschland durch die Langzeitstudie „Changing Course. Ten Years of Tracking Online Education in the United States“ kennen könnte. Ich selbst habe die Studie für einen Vortrag verwendet, weshalb die Ergebnisse für mich nicht überraschend waren; eher wirkten sie nochmals bestärkend darin, dass man sehr genau hinsehen muss, wann und unter welchen Bedingungen Online-Lernen in den USA eingesetzt wird. So liegt ein Fokus eher auf ganzen Studienprogrammen als auf eigenen Kursen sowie auf der Überbrückung von (räumlicher) Distanz. Letzteres wird plastisch, wenn man sich vor Ort die weite(re)n Wege klar macht. Der zweite Vortrag von David Theo Goldberg (DML) richtete sich auf die Hochschule im digitalen Zeitalter: Welche Veränderungsprozesse werden dort angestoßen? Für mich war dieser Vortrag sehr anregend, da umfangreich dargestellt wurde, vor welchen gesellschaftlichen Veränderungsprozessen wir stehen und dass diese Veränderungen auch die Hochschule berühren: angefangen beim notwendigen Wissen und Können über adäquate Lernformen wie das vernetzte Lernen bis hin zu ökologischen Fragen, womit vor allem mediengestützte Lernumgebungen oder vielmehr Medienökologien gemeint waren. Ich muss daher nochmals genauer in einer Publikation nachlesen, welche Konsequenzen sich für Lehre und Forschung aus der Fokussierung auf Medienökologien ergeben. Kenneth Green habe ich vor allem für die Infrastruktur-Sicht auf Medien an der Hochschule wahrgenommen. Schließlich folgte James Glapa, der an einem Community College u.a. für OER zuständig ist. Letzteres ist insofern interessant, da für Kalifornien eine strategische Entscheidung für den Einsatz von OER in Bildungseinrichtungen getroffen wurde, nicht zuletzt aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Wie OER allerdings eingesetzt werden können/sollen, wurde eher ausgeklammert, d.h. gerade die Frage nach offenen Bildungspraktiken, die mich zuletzt intensiv beschäftigt hat. Zusammen genommen bot der heutige Tag also ein breites Spektrum, das keineswegs voll von MOOCs war, sondern auch andere Themen wie OER aufgriff und andiskutierte. Morgen Früh steht dann der erste „Side Visit“ zur Golden Gate University auf dem Programm.

Fragen, die auf Antworten warten #edex13

Im Vorfeld der Expertenreise „Online and Distance Education at U.S. Universities“ habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, was mich eigentlich am USA-Aufenthalt reizt und inwieweit meine Interessen mit dem gegenwärtigen MOOC-Trend in Verbindung stehen. So frage ich mich zuvorderst – und das ist sicher eine größere Frage – welche Rolle eigentlich die Universität im 21. Jahrhundert spielt. Inwieweit ist „transmission of knowlegde“, wie es die Amerikaner vielleicht nennen würden, noch aktuell? Welche Veränderungsprozesse wirken auf Hochschulen als Bildungsinstitutionen durch „digital education“ ein? Welche Idee von Lernen und Bildung verfolgen professionelle Gestalter von Lehre drüben wie hier? Bildungsbegriff und ein emanzipatorisches Verständnis von Bildung sind es auch, die zu unterschiedlichen Hochschultraditionen in Deutschland und in den USA führen. Es stellt sich also auch die Frage, was deutsche Hochschulen eigentlich aus den USA lernen können (und umgekehrt). Inwiefern können Ideen und Konzepte (nicht) einfach übertragen werden? Woran macht man Übertragungsmöglichkeiten fest? Bei allen übergeordneten Fragen interessiere ich mich genauso für praktische Konsequenzen des MOOC-Trends, denn (Medien-)Didaktik als Lehre vom Lehren und Lernen (mit Medien) hat schließlich immer beides im Blick: Reflexion des Lehrgeschehens mittels Theorien (und Empirie) sowie Praxis(-veränderung). So muss man zum gegenwärtigen (x)MOOC-Trend durchaus kritisch Stellung beziehen und nach Ursachen für die neue Beliebtheit frontal organisierter Online-Kurse fragen. Oder zeigen sich nach einer ersten Erprobungsphase sowie ambivalenten Erfahrungen nun ausgefeiltere didaktische Konzepte, dass ich mein Urteil revidieren muss? Ich werde diese (und weitere) Fragen im Kopf behalten – mal schauen, ob ich ab morgen Antworten darauf finde.

Expertenreise: „Online and Distance Education at U.S. Universities“ #edex13

Wenn dieser Beitrag online geht, bin ich sicher in San Francisco gelandet und sehe den kommenden Tagen am Pazifik mit Freude entgegen: nicht nur wegen der sehenswerten, hippiesken Stadt, sondern vor allem wegen der Expertenreise zu „Online and Distance Education at U.S. Universities“, die vor mir liegt. Die Reise der Fulbright-Kommission und des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft bringt allerhand „Educational Experts“ zusammen, die sich für das Lehren und Lernen mit Medien an der Hochschule verantwortlich zeichnen. Gespannt bin ich nicht nur auf die Expertengruppe selbst, die heterogen besetzt ist und einen interessanten Austausch verspricht, sondern auch auf das Zusammentreffen mit professionellen Gestaltern von Hochschullehre in den USA. Zudem freue mich darauf, mehrere Hochschulen an der Westküste vor Ort besuchen zu dürfen, darunter einige Elite-Unis, sowie mit den Machern von Coursera in den Austausch zu treten. Denn natürlich werden MOOCs auf der Reise eine große Rolle spielen: mediendidaktisch, was die Kurskonzeption, -umsetzung und (curriculare) Integration angeht, genauso wie bildungspolitisch, indem bspw. nach System-Ähnlichkeiten und -Unterschieden zwischen deutschem und US-amerikanischem Hochschul-/Bildungssystem gefragt wird. Die Reise verspricht daher in jeglicher Hinsicht besonders zu werden. Das ist auch der Grund, warum ich meinen Blog für gut eine Woche zum Reiseblog umfunktionieren werde. Mal schauen, was es aus den Staaten zu berichten gibt.

Vortrag: Open Education in der (Hoch-)Schule

Zugegeben, mein Einstieg ins Thema OER erfolgte auch über Ressourcenfragen. Zu Augsburger Zeiten ging es dem w.e.b.Square-Team z.B. darum, studentische Arbeiten im Netz verfügbar oder vielmehr noch: sichtbar zu machen. Es ist nun fünf Jahre her, dass wir w.e.b.Square als offene Bildungsressource auf der GMW-Jahrestagung im Jahr 2008 vorgestellt haben; die Initiative selbst ist noch älter. Schon immer hat mich aber die didaktische Frage „hinter“ den frei und offen zugänglichen Bildungsressourcen interessiert: Wie gestaltet man eigentlich Bildungsräume, in denen nicht nur die Nutzung von OER selbstverständlich ist, sondern auch deren gemeinsame Produktion oder Veränderung (um nur zwei weitere Ziele im Zusammenhang mit OER zu nennen). So habe ich mich sehr gefreut, dass Kerstin Mayrberger und ich auf der diesjährigen OER-Konferenz von Wikimedia Deutschland zusammen über Open Educational Practices/Open Education sprechen durften. Der Impulsbeitrag fand gleich nach der Keynote-Lecture von Philipp Schmidt statt, der uns für unseren Impuls mehrere „Steilvorlagen“ lieferte und durch Hinweise wie „Offen fängt nicht im Netz an“ in eine passende Richtung zeigte. Es sprach bspw. die Grundfeste des Social Web an, die mit bekannten Schlagworten wie (Re-)Use, (Re-)Distribute, Revise und Remix beschrieben werden. Anders als Philipp hatten wir allerdings drei Thesen im Gepäck, anhand derer wir zur Diskussion einluden und damit die partizipative Grundidee von OER aufgreifen wollten (zum Abstract, zu den Folien):

  1. Open Education braucht Grassroot-Initiativen und gute Beispiele dafür, dass eine Open Educational Practice in Lehrveranstaltungen funktioniert.
  2. Offen will jede/r Lehrende und Lernende sein, kann aber nicht unmittelbar mit der Offenheit umgehen.
  3. Open Education heißt nicht Laissez-Faire.

Die Thesen fanden insgesamt sowohl Zustimmung als auch Ablehnung, in jedem Fall wurden sie aber zum Anlass für weitere Gespräche in den Pausen genommen. Schön ist, dass das an den Beitrag angeschlossene Etherpad einen Teil der Diskussion abbildet und eine nach der Session getroffene, persönliche Einschätzung sowie alle Materialien und Tweets enthält. Ob und inwieweit durch unseren Impuls die Sicht auf OER als Lehr-Lernmaterial für pädagogische oder didaktische Zugänge geöffnet wurde, sei dahingestellt. Sicherlich wurden aber Überschneidungen zu bekannten (hoch-)schul- und medienpädagogischen Diskussionen deutlich, die es im Zusammenhang mit OER notwendigerweise zu bearbeiten gilt.

Von Rothemdchen, Vielfalt und offenen Lernumgebungen: (m)ein Rückblick auf die #gmw13

Wenn die Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) in einer Massen- und Pendleruniversität und zugleich einer Kreativhochburg des deutschsprachigen E-Learnings stattfindet, sind die Erwartungen hoch: hinsichtlich der anzutreffenden Themen „zwischen Vision und Alltag“, hinsichtlich eines breiten Spektrums zwischen Theorie, Empirie und Praxis sowie hinsichtlich der wie selbstverständlich integrierten Tagungsformate.

Greift man das Tagungsmotto „E-Learning zwischen Vision und Alltag“ auf, schlugen sich viele der eingereichten Beiträge auf die Seite des Alltags, insbesondere die Texte, die sich dem Einsatz von digitalen Werkzeugen für Lehre und Forschung widmeten. Neu und aus meiner Sicht positiv war, dass auf der diesjährigen Tagung erstmals die Lehrer(aus)bildung recht präsent war, in eigenen Tracks sowie in Workshops (siehe unten). Desweiteren wurde die Zukunft u.a. von Larry Johnson skizziert, Verantwortlicher für den Horizon „Trend“ Report im New Media Consortium, oder von Lorna Hughes, die die Frage nach der Bedeutung von Content für das Lernen aus bibliothekarischer Sicht aufwarf. Auch die weiteren Keynote-Lectures oder eingeladenen Beiträge deuteten Richtungswechsel an, etwa Rolf Schulmeister in Richtung unglücklicher Evaluationen im Hochschulalltag oder Marc Rittberger in Richtung wachsender Bedeutung von Open Content (am Beispiel Pedocs). Ob und inwieweit alle Beiträge unter das Tagungsmotto zu integrieren waren, blieb den Gesprächen in den Kaffeepausen vorbehalten; mein Eindruck war, dass viele relevante Themen angeschnitten wurden, die einer persönlichen Bewertung bedürfen: Denken wir nur an das angemessene Verhältnis von Technologie und Didaktik, an die Machbarkeit empirischer Studien im Hochschulkontext, das Interesse am und die Notwendigkeit eines Lernen(s) mit Medien usw. Ein wenig gesucht habe ich nach den Visionen des E-Learnings, die durch die bearbeiteten Frage- und Problemstellungen mitunter durchschienen, aber expliziter sein könnten: So habe ich Gespräche im Ohr, die endlich für den Fokus auf das Lernen, weniger auf das „E“ plädierten (und mich an den Beitrag von Gudrun Bachmann et al. aus dem Jahr 2009 erinnerten). Auch hatte ich den Eindruck, dass immer mehr Personen Interesse daran haben, mit ihren didaktischen Konzeptionen auch Lücken zu schließen. Während viele Angebote auf den Anwendungsbereich von digitalen Werkzeugen fokussieren, könnten sowohl Herausforderungen informationstechnischer Grundbildung als auch (sozial-)pädagogische Fragen stärker als bisher bearbeitet werden. Ein ähnliches Plädoyer hatte ich im Frühjahr in Paderborn abgegeben und stehe immer noch dahinter: Eine Fokussierung auf das Medium als Werkzeug ist aus meiner Sicht auf Medien an der Hochschule zu wenig.

Diese Leerstellen konnten allerdings erst sichtbar werden dadurch, dass die Tagung eine Vielfalt an disziplinären Zugängen und eine bunte Mischung aus eher wissenschaftlichen und eher reflektierten Praxisbeiträgen angeboten hat. Hierin lag und liegt sicherlich eine Stärke der GMW, dass theoretische Fragen nicht nur empirisch untersucht werden, sondern auch in praktische Umsetzungen münden – oder umgekehrt, denn es liegt in der Natur der Sache, dass man mitunter „bottom-up“ zur Konzeption kommt. Entsprechend sinnvoll ist daher eine Integration von Lang- und Kurzbeiträgen innerhalb eines Tracks, sofern sie sich an ähnlichen Aspekten reiben. Auch die Vielfalt disziplinärer Zugänge hilft, einzelne Projekte besser bewerten zu können: So war es für mich bspw. sehr interessant einen Track zu moderieren, der sich der Studieneingangsphase widmete und Lösungen aus hochschul- und mediendidaktischer sowie aus technischer und Kommunikationssicht angeboten hat. Durch die bloße Struktur des Tagungsprogramms werden Theorie und Praxis ins Verhältnis gesetzt, indem nämlich Phänomene aus unterschiedlichen Blickrichtungen betrachtet und mitunter „geerdet“ werden. Inwiefern die Gestaltung und Entwicklung von Lernumgebungen dabei bereits Forschung ist, wurde kontrovers diskutiert und insbesondere von den Vortragenden selbst als Implementierung, Umsetzung oder Praxis skizziert. Diese eher forschungsmethodologischen Leerstellen wurden daher genauso sichtbar.

Das Interesse an Leerstellen führte auch dazu, dass ich zusammen mit Mandy Rohs, Claudia Bremer und Marc Egloffstein einen Workshop zu Konzeptionen und Förderansätzen von Medienkompetenzen in der Lehrpersonenbildung angeboten habe (zu den Folien). Der Workshop fand bereits am Preconference-Tag der GMW13 statt und zog weitaus mehr Interessent/inn/en an als gedacht. Um die 20 Teilnehmenden hatten Lust darauf, sich mit uns dem Thema zu widmen – und praktisch tätig zu werden, denn aus der Workshop-Ausschreibung ging hervor, dass wir ein partizipatives, produktorientiertes Format zur Umsetzung gewählt hatten. Das Format griff dabei eine lehrveranstaltungsbezogene Konzeption aus dem Jahr 2010 auf (Credits to all involved@vitamin b!) und konnte als erprobt gelten – was hilfreich ist, wenn man sich auf die Dynamiken gemeinsamer Medienproduktion innerhalb eines Workshoptages (bzw. 2×3 Stunden) einlässt. Rückblickend sehr interessant ist, dass im Workshop selbst gewählte Themen ohne größere Schwierigkeiten bearbeitet wurden, im Gegenteil: Am Ende blickten wir auf lösungs- und zielgruppenorientierte Texte, die für unsere Pixi-ähnliche Publikation auch weiter verwendet werden können. Auch die Konzeptionen und Förderansätze von Medienkompetenzen kamen zur Sprache, aber vielmehr nebenbei als ausdrücklich: durch die Reflexion eigenen Lehrhandelns, durch die Unterscheidung zwischen Schule, Hochschule und Weiterbildung sowie durch die eigenen Schul- und Medienerfahrungen, die vielen Texten schließlich zugrunde lagen. Große Irritation löste allerdings das gewählte Workshop-Format aus, das ein Einlassen auf die offene Lernumgebung von Anfang an von Nöten machte. So war das Feedback der Anwesenden nicht anders als in der Lehre, wo offene Konzepte häufig Spaß machen und unerwartet kreative Ergebnisse hervorbringen, aber anstrengend sind und die Verantwortung für das Lernen in Teilen in die Hände der Lernenden legt.

Die beiden anderen Workshops, in die ich zentral involviert war, waren in anderer Hinsicht spannend. Sie griffen beide ein Trendthema auf – einmal mit den MOOCs und einmal mit dem Service Learning – und versuchten sich beiden Themen sukzessive zu nähern. Der MOOC-Workshop war klassisch mit vier Thementischen organisiert, die von Ulf-Daniel Ehlers, Claudia Bremer, Rolf Schulmeister und mir geleitet wurden. Durch die unterschiedlichen Sichtweisen auf MOOCs wurde sicherlich nochmals das breite Spektrum der Diskussion deutlich, ohne dies in der Kürze der Zeit abschließend zu bearbeiten (zu meinen Folien). Eigentlich fing die Diskussion nach dem Workshop erst richtig an. Anders als bei MOOCs, wo durch die Berichterstattung über deren Integration in den USA bereits hohe Vorkenntnis und teils auch eigene Erfahrungen vorhanden sind, ist das pädagogische Konzept des Service Learnings beinahe unbekannt. Letzteres hat mich in Teilen überrascht, da hier ähnliche öffentliche Aufmerksamkeit über Förderlinien und Berichterstattung vorliegt. Allerdings wird der Konnex zu „den Medien“ nicht gleich deutlich, wie Philip Meyer in meiner Doppelsession mit Holger Kubinski und Manuel Yasli nochmals am Beispiel der Augsburger Service Learning-Initiative zeigte. Unsere Doppelsession war daher stärker in zwei Teile geteilt als gedacht: In der ersten Session mussten nochmals Grundlagen erarbeitet werden und es wurde intensiv diskutiert, was Service Learning eigentlich sei. Ob es sich um alten Wein in neuen (us-amerikanischen) Schläuchen handelt und wer eigentlich mit wem kooperiert? Und welche Rolle spielen Unternehmen beim Service Learning, passt eine Kooperation mit ihnen zum Service-Charakter des (sozial-)pädagogischen Konzepts? Im zweiten Teil konnten wir uns mehr den Rahmenbedingungen widmen, die für Service Learning mit Medien an Hochschulen bestehen sollten (zu den Folien). Ganz interessant daran war, dass man sich rasch vom pädagogischen Konzept löste und Fragen der Hochschuldidaktik/-entwicklung zuwandte. Es wurde nochmals über das Wesen von Projekten gesprochen, über die Bedeutung von (medialer) Infrastruktur, zentrale Ansprechpartner/inn/en und Nachhaltigkeit – Aspekte, die man auch mit anderen pädagogischen Konzepten in Verbindung bringen kann und sich bspw. in Publikationen zum E-Learning seit Jahren finden (z.B. in den SCIL-Arbeitsberichten). Leider war die Doppelsession mit der Feststellung gewisser Ähnlichkeiten beendet – eine Herausforderung, die sicherlich im offenen Barcamp-Format liegt: Hier werden neue(re) Themen eher angerissen als geklärt. Doch hat auch die Initiative „EduCamp meets GMW“ auf der diesjährigen Tagung ihren Platz in der Mitte der Tagung gefunden.

Mit drei Workshops, der Co-Moderation „EduCamp meets GMW“ und der Vorstandstätigkeit war ich auf der GMW13 in vielerlei Hinsicht involviert, habe aber anders als in den letzten Jahren viel von der Tagung mitbekommen. Das mag mit eigenen Routinen zusammenhängen, sicherlich aber auch mit der fantastischen Tagungsorganisation. Speziell an den „Rothemd(ch)en“, wie Claudia Bremer und Detlef Krömker ihre Mitarbeitenden tauften, kam niemand vorbei. Sie waren präsent, zuvorkommend und hilfsbereit und haben viele Wege für die Involvierten abgenommen. Dafür abschließend ein ganz herzlicher Dank! Da ich selbst mit Studierenden aus Heidelberg angereist war und auch sonst den Eindruck hatte, die GMW hätte sich verjüngt, fühlte ich mich in Frankfurt vielfach an meine erste GMW-Tagung in Hamburg 2007 erinnert. Ich konnte noch gut nachvollziehen, wie es ist, sich erstmals auf einer Konferenz zurecht zu finden, die Personen und Meinungen für sich sortieren zu müssen und das tolle Rahmenprogramm genießen zu wollen. Letzteres fand seinen Höhepunkt beim Conference Dinner im Deutschen Filmmuseum Frankfurt – an einem Ort, den man den E-Learnern gar nicht zutrauen würde und nicht zuletzt deswegen sehr angenommen wurde. Ich blicke zurück auf eine gelungene GMW13 und freue mich auf ein Wiedersehen an der PH Zürich im Jahr 2014.