in Wissenschaft

„Gruppenarbeit? Kann ich!“

Ein Ausspruch des zurückliegenden Frühjahrssemesters geht mir nicht aus dem Kopf. Dort hieß es: „Gruppenarbeit? Kann ich!“ Adressiert wurde der überfachliche Teil zur Kommunikation in und von Projekten innerhalb unseres Seminars Projektmanagement. Im ersten Moment musste ich über den Ausspruch grinsen, denn der trifft sicherlich das Gros der Studierenden und deutet auch darauf hin, dass man Universität vielfach für ‚harte‘ Fakten, weniger für ‚weiche‘ Themen wahrnimmt. Dass speziell im Seminar wie Projektmanagement beides angesprochen und bearbeitet wird, ist für das Dozierenden-Team völlig logisch, für die Studierenden offenbar eine Brücke, über die sie erst gehen müssen. Es verwundert daher nicht, dass der inhaltliche Block zur Kommunikation, Gruppenarbeit, aber auch zu Gruppenstrukturen und Machtgefügen noch in größerer Runde rezipiert wurde (ich sage bewusst ‚rezipiert‘ in Anlehnung an Gabis „Kino fällt aus!“), während eine anschließende Übung zu Gruppenarbeit eher als banal wahrgenommen und fast vollständig abgetan wurde. Nachdenklich macht mich diese studentische Reaktion schließlich aus zwei Gründen: (1) Offenbar ist es bis auf Weiteres einfacher, sich in akademischer Lehre mit Fakten zu beschäftigen und diese grundständig zu vermitteln. Es folgt zwar mitunter ein Feedback, das auf inhaltliche Dopplungen oder Überschneidungen zu anderen Lehrveranstaltungen hinweist, im Kern ist diese eher frontal und stark inhaltlich aufgeladene Form der Lehre aber erwartungskonform. (2) Werden Inhalte, wie in unserem Fall, nicht nur ‚hart‘ besprochen, sondern auch ‚weich‘ bearbeitet durch Übungen in Präsenzsitzungen, ein Blended Learning-Konzept usw., stellt sich schon die Frage, ob und warum solche Lehrveranstaltungsformate nach wie vor Überraschung unter Teilnehmenden auslösen, mitunter ein Wegbrechen unter ihnen evozieren. Man könnte alles jetzt auf Fehler im Konzept schieben und es mag sein, dass nach der ersten Durchführung von Lehrveranstaltungen nochmals Anpassungen vorgenommen werden müssen (bzw. auch werden, ganz im Sinne von Design-based Research). Dass es aber ‚nur‘ ein Fehler im Konzept ist, davon gehe ich mal nicht aus – spätestens im Verlauf des forschungsorientierten Studieneingangs werden die Studierenden mit Projektarbeit, Gruppengefügen und -strukturen konfrontiert, die gelungene Kommunikation und Zusammenarbeit über die Semesterferien hinweg (ja, hier sind nun Ferien!) nötig machen. Ich bin daher vielmehr gespannt, wie die Studierenden nach Ablauf des ersten Studienjahrs unsere Seminar-Inhalte beurteilen und ob es dann noch heißt: „Gruppenarbeit? Kann ich!“

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Kommentar

  1. Nein, das glaube ich auch nicht, dass das ein Fehler im Konzept ist, eher eine fehlerhafte Erwartung an die Veranstaltung (und daher nicht erwartungskonform, wie du schreibst) und wohl auch an das Studium (und damit an sich selbst). Eine weitere These von mir: „Anders zu lehren“ als nur via Vermittlung (die ich SEHR wichtig finde und weshalb ich mich auch oft wundere, wie schlecht das gemacht wird ;-)), beansprucht definitiv mehr Zeit – beim Lehrenden, aber auch beim Studierenden. Mehr Zeit für EINE Sache bedeutet aber auch weniger Zeit für andere Dinge. Und das Motto lautet oft: „möglichst viel machen, was NACHHER honoriert wird“. Später sehen andere in der Regel nur, WAS man gemacht hat (also die Quantität), aber eher nicht, WIE man es gemacht hat (also die Qualität). Vielleicht müsste man künftig auf diese wahnsinnigen „Transcripts of Records“ (Inhalt – Punkte – Noten) auch schreiben, WIE man sich damit beschäftigt hat: rezeptiv oder produktiv :-).
    Gabi

  2. Worüber bist du böse? Das die Studenten etwas als trivial abgetan haben, was faktisch nicht trivial ist? Ok, ich würde auch erstmal sagen, dass ich „Gruppenarbeit kann“ und ich würde wahrscheinlich auch über Trockenübungen schmunzeln, wenn sie mir denn angeboten würden. Erinnerst du dich an 2004, da haben wir die StudentenInnen zum beta Institut geschickt, zu Projektleitern eines echten Unternehmens. Da gab es viel Gemurre, weil das nicht so klappte mit dieser verdammten Gruppenarbeit. Damals haben wir nicht viel darüber reflektiert, weil keine Zeit da war, dass Projekt musste fertig werden. Ich fand es immer schwer das Verhältnis von Projektarbeit und Reflexion (dieser Projektarbeit) angemessen (!) zu organisieren (nicht nur artig am Ende in der Seminararbeit). Im Sport / Trainerausbildung gelingt das nun erstmals, wahrscheinlich weil die TrainerInnen mit echten Fällen zu tun haben, (notwendig) viele Fehler machen, aber es morgen besser machen wollen – und zwar UNBEDINGT!