Zur Bedeutung der Artefakte beim forschenden Lernen #Forschungsskizze

In diesen Tagen werden wieder allerhand Forschungsskizzen abgegeben, die in meiner Einführungsvorlesung in die Mediendidaktik entstanden sind. Die Forschungsskizzen sind als Artefakte deswegen so interessant, weil sie sehr gut zeigen, dass Studierende innerhalb einer forschungsorientierten und „geflippten“ Vorlesung anders als mit den sonst gewohnten Frontalvorträgen zum (Nach-)Denken angeregt werden. Die thematische Vielfalt der eingereichten Skizzen macht dies besonders deutlich, denn: Es ist zulässig, sich auch in Grau- oder Grenzbereichen der Mediendidaktik zu bewegen und sich mitunter stärker auf andere Disziplinen zu beziehen, als dies bspw. aus allgemeindidaktischer Sicht der Fall wäre.

Diese breite Auseinandersetzung finde ich in einer Einführungsvorlesung wichtig, weil sie Bezüge zu aktuellen Fachdiskursen herstellt und Fragen, was Mediendidaktik heute ist, überhaupt erst aufgeworfen bzw. erzeugt werden. So sehe ich seit längerem, dass Mediendidaktik nicht mehr nur das Lernen mit Medien adressiert, sondern auch das Lernen über Medien (im medienpädagogischen Sinne) innerhalb der Mediendidaktik an Bedeutung gewinnt. Daneben wird ein breiter Medienbegriff wichtiger, der alle Medienformen einschließt und neben der Nutzungskomponente insbesondere Kommunikations- und Diskursräume adressiert. Widersprüche, bspw. zum Medienbegriff in der Fachdidaktik, werden sichtbar und sind auch nicht unbedingt mit den Entwicklungen innerhalb der Mediendidaktik als Disziplin vereinbar. Mit all diesen Diskussionen und Entwicklungen sollten sich auch Studierende beschäftigen – mithilfe von theoretischen, empirischen und konzeptionellen Impulsen durch die Lehrenden, aber auch durch die Beschäftigung mit eigenen Fragen oder Problemen. In der Didaktik nennt man das Situiertheit.

Letztere stellt Studierende vor Herausforderungen, die ich aus Lehrendensicht erst einmal verstehen musste: Fast mantraartig trage ich deshalb in der Vorlesung vor mir her, dass es in den Forschungsskizzen ausdrücklich erlaubt ist, sich mit eigenen (Forschungs-)Fragen zu beschäftigen und in der Umsetzung der Skizzen kreativ zu werden. Es geht nicht darum, Aufgaben nach einem speziellen Vorbild bloß abzuarbeiten; die Aufgaben stellen vielmehr Anlässe zum Nachdenken/Forschen dar. So hat sich mindestens ein Forschungstandem überlegt, einen Film anstelle einer schriftlichen Skizze einzureichen. Glücklicherweise handelt es sich bei den Forschungsskizzen um Studienleistungen, dass auch eine solche Medienform prinzipiell möglich wäre. Einzige Einschränkung ist, dass dem Film ein Script zugrunde liegen muss, das den Bezug zur eigentlichen Aufgabe deutlich herstellt.

Nicht nur dieses Beispiel zeigt sehr gut auf, dass Studierende allein durch die Form der Forschungsskizze in der Vorlesung ganz anders als sonst zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit mediendidaktischen Fragen angeregt werden. Darüber hinaus wird mehr als deutlich, welchen Wert schließlich das Artefakt/Produkt für den subjektiv empfundenen Lernerfolg hat. Allerdings zeichnet sich auch ab, dass zumindest einige Studierende sehr viel Zeit mit der Forschungsskizze verbringen und sie den abschließenden Test trotz der Vielzahl an Transferfragen eher unsinnig finden. Für sie ist es ein Entweder-Oder: entweder ein freies Auseinandersetzen oder auf einen Abschlusstest „Lernen“. Ich hingegen ziele auf ein Sowohl-als-Auch ab, sprich auf die freie Auseinandersetzung bei gleichzeitiger Einübung von Grundlagen- und Transferwissen. Die Diskussion über dieses Spannungsfeld wird mich wahrscheinlich noch länger in der Vorlesung begleiten.