Rückblick: #dgfe16

Eine der größten erziehungswissenschaftlichen Tagungen ist schon wieder vorbei: der DGfE-Kongress zum Thema „Räume für Bildung. Räume der Bildung“, der in der letzten Woche vier Tage lang in Kassel stattfand. Auf dem DGfE-Kongress besteht traditionell ein großes Angebot an (Weiterbildungs-)Möglichkeiten, über die man vor Ort kaum einen Überblick behalten kann. So war ich recht froh über das ausgedruckte Tagungsprogramm, in dem ich – ganz klassisch – interessante Veranstaltungsbestandteile markieren konnte. Gleichzeitig wurde mit dem ersten Blick ins Programm schon klar, dass es kaum die Chance geben würde, an allen interessant klingenden Arbeitsgruppen oder Symposien teilzunehmen. Gerade am Dienstag-Nachmittag lagen viele Angebote parallel, die ich aufgrund meiner eigenen Eingebundenheit in die Arbeitsgruppe mit Sandra Aßmann, Klaus Rummler und Judith Seipold gar nicht erst besuchen konnte.

Das verbindende Element der von mir besuchten Slots waren sicherlich „die Medien“:

Angefangen bei einem Panel am Montag, wo es vor allem um die (öffentliche) Darstellung von Wissenschaft und (erziehungs-)wissenschaftlichen Erkenntnissen in den Massenmedien ging, über die eigene Arbeitsgruppe zu „Medienpädagogik und ‐didaktik in Zeiten veränderter Lern‐ und Bildungskulturen“ bis hin zu weiteren (eher) medienpädagogischen Arbeitsgruppen und Symposien, die jeweils eigene Fragen im Zusammenhang mit dem Tagungstitel in den Vordergrund rückten.

In den einzelnen Veranstaltungen wurde nochmals deutlich, dass es auch in Medienpädagogik und -didaktik eine umfassende Diskussion um den Begriff der (medialen) Bildungsräume gibt, diese aber in unterschiedlicher Weise für eigene Forschungsarbeiten aufgegriffen wurden und werden. Jüngere, insbesondere anglo-amerikanische Ansätze werden – mit Ausnahme der PLE-Diskussion – wenig rezipiert. Überdies feststellen ließen sich unterschiedliche Zugänge zur Rolle der Medien und Bildungstechnologien: Wird eher euphorisch mit ihnen umgegangen und von ihrer Wirksamkeit in Konzepten, Modellen oder Theorien ausgegangen? Oder wäre es an der Zeit, eine technologisch-integrative Position zu vertreten? Die Bedeutung der Mediendidaktik wäre in dieser Lesart irgendwo zwischen stark und äußerst ungewiss. Es lohnt sich also, hier im Nachgang näher hinzuschauen.

Persönlich blicke ich zurück auf einen anregenden Kongress und viele Gespräche zu o.g. Themen- und Fragestellungen. Auch habe ich sicherlich genügend Stoff zum Weiterdenken, der noch zusammen mit unserer Arbeitsgruppe verschriftlicht wird. Dazu an anderer Stelle mehr.

Rückblick: #gmw14

Auf die Jahrestagung der GMW zurückzublicken, hat über die Jahre an Tradition gewonnen. Dabei ist es mit den Jahren schwieriger geworden, die Essenzen aus der Tagung zu ziehen. Das liegt zum einen an der eigenen Eingebundenheit, zum anderen am Tagungsformat, das eher auf Austausch, denn auf persönlichen Wissenszuwachs angelegt ist. Insofern will ich nur drei Punkte der letzten GMW in Zürich herausgreifen, die ich rückblickend fest erinnere und zugleich zum Weiterdenken nutze(n werde).

Dass die Lern- und Bildungsräume hierbei (1) eine große Rolle spielen, ist nicht weiter verwunderlich. Immerhin gehört die Auseinandersetzung mit (medialen) Bildungsräumen seit einigen Jahren fest zu meinem wissenschaftlichen und praktischen Arbeitsalltag dazu – mit allen Quer- und Schieflagen, die sich infolge falsch verstandener Begriffe oder Konzepte ergeben (so hält sich beständig der Glaube an den virtuellen Raum. Oh je!). Insofern fand ich sowohl die Keynotes (verfügbar auf dem Youtube-Channel der PH Zürich) als auch die weiteren Vorträge und Angebote, die sich explizit „den Räumen“ widmeten, spannend und hilfreich zur Schärfung der (medien-)didaktischen Diskussion über Raumbegriffe und -konzepte. Und damit meine ich vor allem die angeregte Diskussion mit einigen (wenigen) Tagungsteilnehmenden darüber, ob und inwieweit die Raummetapher in „unseren“ Kontexten überhaupt brauchbar ist und inwiefern Anleihen bei anderen Fächern oder in anderen Traditionen genommen werden können. Immerhin ist die Diskussion über Lern- und Bildungsräume nicht neu, sondern hat Ursprünge in Medien- und Bildungstheorie sowie in der Raumsoziologie, die allerdings weitestgehend eine etwas andere inhaltliche Ausprägung denn eine bildungssoziologische genommen hat (Stichworte: Stadtplanung, Architektur, Gestaltung). Um es vorweg zu nehmen: Zu einem Ergebnis sind wir in den Gesprächen nicht gekommen, wohl aber zu einem leicht differenzierteren Gebrauch der Begriffe im Verlauf der Tagung selbst.

Entsprechend zurückhaltend wurden in diesem Jahr (2) auch die MOOCs bearbeitet, die 2013 in Frankfurt noch zum Hype-Thema schlechthin gehörten und bei denen man nicht müde wurde, von vielfältigen Bildungspotenzialen ganz im Sinne neuer (virtueller) Bildungsräume zu sprechen. Dass MOOCs in diesem Jahr eher als ein Format (unter vielen) besprochen wurden und sich damit eine gewisse Entspanntheit gegenüber dem Hype eingestellt hat, war schon länger zu erwarten und ist angenehm. Mehr noch: MOOCs reihen sich in der fachwissenschaftlichen wie auch in der praktischen Diskussion in die Reihe unterschiedlicher didaktischer Angebote ein.

Mit dem Tagungsformat ging in diesem Jahr zudem (3) eine Social-Reading-Variante einher, die Eingeweihte bereits vom Buch „Wiki-Weg des Lernens“ (hsrg. von Michele Notari und Beat Döbeli Honegger) kannten und die erstmals auch für den Tagungsband der GMW genutzt wurde. So sollte der Tagungsband nicht mehr nur als PDF verfügbar sein, sondern es sollte möglich werden, im Vorfeld der Tagung an der Diskussion zu einzelnen Artikeln teilzuhaben – bis hin dazu, auf Vorträge vor Ort einzuwirken (ob „flipped“ oder nicht, spielte dabei keine Rolle – vgl. meinen früheren Blogpost dazu). Dass sich nun infolge dieser Darstellungsform die seit ein paar Jahren geführte Diskussion über den Tagungsband neu färbt, ist äußerst interessant (und zwar für das wissenschaftliche Publizieren generell): Während nämlich in den letzten Jahren die Forderung eher in Richtung einer frühen Verfügbarkeit von Inhalten ging, wandelte sich die Forderung auf der GMW’14 dahingehend, dass eine erste Fassung vor der Tagung erreichbar, die finale Fassung aber erst nach der Tagung vorliegen sollte, um bspw. Kritik und Anmerkungen von Teilnehmenden bzw. der Community noch einzubauen. Ich denke, man muss nicht groß unken, wie praktikabel solche Ideen für den wissenschaftlichen Alltag aktuell tatsächlich sind. Dennoch finde ich es wichtig, sie zu explizieren und zuzulassen, sie in den unterschiedlichen Ausprägungen einmal zu denken.

So ist die Nachphase einer Tagung immer auch eine Vorphase zur nächsten GMW, die mich durch das Vorstandsamt sicherlich wieder beanspruchen wird, aber anders als sonst, denn: Ab sofort verstärkt uns Andrea Lißner im Vorstand für die Nachwuchsarbeit. Darüber freue ich mich ganz besonders, da ich so „mein“ Thema in guten Händen weiß, und mich zugleich verstärkt dem Editorial Board und Fragen des wissenschaftlichen Publizierens widmen kann, für die ich bereits letztes Jahr (eigentlich) gewählt wurde.

CfP: GMW’14

Die Frage nach dem Raum ist eine ältere pädagogische, (bildungs-)soziologische, aber auch architektonische und sie berührt mehr oder weniger explizit die Gestaltung von Lehren und Lernen an der Hochschule. Der Raum-Begriff wurde mit dem Aufkommen digitaler Medien und in der Unterscheidung realer und virtueller Räume allerdings recht strapaziert. Dies führte dazu, dass man sich hochschul- und insbesondere mediendidaktisch von den Dichotomien eher verabschiedete, als diese weiter zu verfolgen. Erst in letzter Zeit nehme ich aber wahr, dass ältere Überlegungen um den (Bildungs-)Raum in hochschul- und mediendidaktischen Diskursen an Stellenwert (zurück-) gewinnen. Umso mehr freue ich mich darüber, dass die kommende Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) an der Pädagogischen Hochschule (PH) Zürich unter dem Motto „Lernräume gestalten“ steht und damit ältere und neuere Diskurse sowie disziplinäre, trans- und interdisziplinäre Zugänge zu Bildung, Medien und Räumen zulässt und fokussiert. Besonders interessant finde ich die „Zwischenräume“, wie es im Call for Papers heißt:

„Bei der Diskussion um Räume geht es auch um Zwischenräume, um Grenzen und deren Überschreitungen, sowie gleichsam um Räume der Unbestimmtheit. Hier geht es z.B. um Fragen nach den Übergängen von Innen nach Außen, von traditionell-konservativ zu innovativ-progressiv, von analog zu digital, von makro zu mikro, von (Hoch-) Schule zu Beruf oder von Schule zu Hochschule usw. Denkbar sind hier beispielsweise Fragen nach den Brüchen in den mediatisierten Lernmustern beim Übergang von Zuhause in die (Hoch-)Schule oder das Hinterfragen tradierter Konferenzformen durch Un-Konferenz-Aktivitäten.“

Hoffentlich nutzen viele diesen spannenden Call for Papers oder bringen sich anderweitig auf der Veranstaltung ein. Als Mitglied des Steering Committees freue mich schon jetzt auf die Einreichungen und das Programm.

„Education beyond Facebook“ oder: Medienbildung ist mehr als die Auseinandersetzung mit einem Tool

Welche Bedeutung digitale Medien in der Hochschulbildung einnehmen, steht aktuell im Mittelpunkt der Konferenz „Social Media in Academia: Research and Teaching“ (SMART 2013) in Bacau, Rumänien. Dieser Fokus ist interessant, verbindet er doch Hochschule, Didaktik und Medien miteinander und greift Fragen aus internationaler Perspektive auf, die auch in Deutschland in vielen Hochschulen präsent sind. Allerdings verdeutlicht der Titel der Konferenz auch die technologische Dimension, die mit dem Medieneinsatz an Hochschulen angesprochen wird und in Diskussionen um deren nachhaltige Implementierung oft dominiert. In unserer Keynote-Lecture haben Mandy Rohs und ich uns daher ausgehend von Facebook damit beschäftigt, ob die breitenwirksame Betrachtung und Nutzung kommerzieller Werkzeuge Auswirkungen für die Konzeption mediengestützter Lehre an Hochschulen hat. Allerdings diskutieren wir im Beitrag vielmehr „beyond Facebook“, welche unterschiedlichen Bereiche mit dem Einsatz von Facebook für Studium und Lehre berührt werden und was dies für gegenwärtige Förderpraktiken von (i.w.S.) ICT in der Hochschule heißt.

Aus dem Abstract:

„Nobody would deny how important information and communication technologies (ICT) have become for everyday life as well as for universities and, indeed, the whole range of educational requirements. But among the many and varied tools, which are used at university, one tool seems to stand out: Facebook. Because of its omnipresence in everyday life it also stirs up a radical change in the way, in which the use of ICT in teaching and learning is perceived:  instructors, learners and even the individual learning institutions are facing a student-driven approach to use social software, especially Facebook, in university teaching and learning.

We would like to give a pedagogically oriented view of students‘ media usage in relation to university practices. Examples for the integration of Facebook into teaching and learning will help to form an idea of the general potentials and pitfalls of media education in Higher Education “beyond Facebook”. The questions, which are raised as a result of an ubiquitous use of Facebook, concern the kind of media education beyond this particular social network tool. We will conclude with referring to the importance of creating an educational ambient with and about media – of going into detail and looking beyond this specific tool, which today is Facebook and which may be surpassed by a quite different tool tomorrow. Therefore, we should have a closer look at the formal and informal learning processes and, in addition, the relation between the individual, university and society in media education.“ (zu den Folien / zur Preprint-Fassung)

Obschon der Beitrag bei einem digitalen Werkzeug ansetzt, greift er weiter und betrachtet u.a. die (sozialen) medialen Handlungspraktiken aller Involvierten. Auch greift er die Frage danach auf, wofür Facebook stellvertretend steht, nämlich die Verwobenheit individuellen (Lern-)Handelns, der Medien und der Institution Hochschule. Damit einher geht ein Medienbegriff, der nicht (mehr) auf Geräte, Werkzeuge oder, allgemeiner gesprochen, Technologie fokussiert sein kann, sondern die pädagogischen Gestaltungsmöglichkeiten mit und über Medien an der Hochschule in den Vordergrund rückt. Wir sprechen daher im Beitrag von „educational ambients“, welche als  konzeptionelle Erweiterung eines konstruktivistischen Verständnisses von Lernumgebungen sowie der medienpädagogisch bzw. schulisch konturierten Medienbildungsräume verstanden werden können. So erfährt erstens die mediendidaktische Sichtweise in der Hochschuldidaktik eine Stärkung; zweitens werden normative Fragen des Hineinwachsens in und des Vermittelns von Wissenschaft unter mediatisierten Bedingungen konsequenter berührt, als dies in aktuellen Konzeptionen meist der Fall ist. Bei letzterem Punkt gilt es in Wissenschaft und Bildungspraxis anzusetzen, sei es bezogen auf die Konzeption und Gestaltung oder sei es bezogen auf Perspektiven ihrer Untersuchung.