Glaubwürdigkeit sieht anders aus

Seitdem ich mich ausgiebig mit dem Thema Ökonomie und Bildung befasse, fallen mir Sachen ins Auge (oder ich werde, wie in diesem Fall, von Tamara S. darauf hingewiesen – danke!), die gibt es gar nicht. Also es gibt sie schon, aber ich bin doch sehr überrascht. Einmal mehr geht es um das bürgerschaftliche Engagement von Unternehmen. Der Spiegel-Artikel „Sponsoring – Kinder unter Hochspannung“ berichtet über die Aktion „Potz & Blitz“, die letztlich Kinder in Kindergärten über Themen wie Umwelt und Engergierversorgung informieren soll. An sich eine gute Idee, stünde nicht hinter der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) der namhafte Energieriese und Sponsor E.ON. Ich finde das Engagement hinkt. Es hinkt, weil man sich kaum vorstellen kann, dass hier objektiv und damit seriös über Klima, Klimaerwärmung, alternative Energien etc. gesprochen wird, gerade weil der Nachhaltigkeitsbericht der E.ON-AG noch ganz auf die „alte Schule“ von Energiegewinnung und -nutzung hindeutet. Glaubwürdigkeit sieht wohl anders aus – zumindest, solange das Kerngeschäft Kern- und Kohlekraft ist.

Humanity 2.0

Soziales Gedankengut vermarkten? Das klingt zunächst einmal nach dem Verrat einer edlen Idee. Dass dem nicht so sein muss, zeigt Jeff Skoll. In einem bewegenden und zugegeben „typisch amerikanischen“ Vortrag stellt der eBay-Pionier und Skoll-Foundation-Gründer die plakative These auf: „Everybody has the opportunity to make change.“ Das Credo gefällt mir deshalb sehr gut, weil Skolls Auftritte nicht wie Luftblasen, sondern authentisch wirken. Authentisch in dem Sinne, dass er

  • hinter seinen (sozialen) Ideen steht,
  • sie als Lebensaufgabe begreift,
  • sie trotz massiver Skepsis im eigenen Umfeld umsetzt und
  • andere mit der „Humanity 2.0“ anstecken will.

Beispielsweise hat er die Filmgesellschaft „Participant Productions“ ins Leben gerufen, die zusammen mit Al Gore „The Inconvenient Truth“ realisiert hat, aber auch die Plattform „Social Edge“, die den Austausch über soziale Themen unterschiedlichster Couleur erlaubt (siehe z.B. „The Arrival of Ethical Business“).

Was uns das Beispiel sagen soll? Ich meine, was Social Entrepreneurship und deren Vermarktung angeht, können sich „die“ Deutschen durchaus noch eine Scheibe abschneiden! Gerade proaktiv mag sich die Integration von Marketing-Experten (oder entsprechenden Instrumenten) aus dem Profit-Sektor lohnen, damit in kritischen Zeiten (siehe z.B. Provisionsaffäre von Unicef Deutschland) nicht alles aus dem Ruder gerät.

Danke an Frank für den Link-Tipp zu Social Edge!

Der kleine, aber feine Unterschied

Eine Möglichkeit, im Unternehmenskontext Selbstkompetenz bzw. methodische und soziale Kompetenzen zu erlernen, stellt nach Pinter (2008) Corporate Volunteering (CV) dar. Klassische Seminare schulten an der Stelle schließlich nur „begrenzt“ (ebd., S. 198). Folglich funktioniert CV v.a. dann gut, wenn sich Mitarbeiter zunächst frei von ökonomischem Kalkül für gesellschaftliche Belange einsetzen dürfen. Das „moderne“ Ehrenamt dient noch besser als Instrument der strategischen Personalentwicklung, wenn der individuelle Einsatzwille von der Führungsebene eines Unternehmens explizit befürwortet und schließlich von engagierten Personen vor Ort umgesetzt wird. „Den wesentlichen Unterschied zu anderen Möglichkeiten des gesellschaftlichen Engagements im Rahmen von CSR macht dabei der persönliche Zugang der Mitarbeiter eines Unternehmens zur Gesellschaft aus.“ (ebd., S. 207) Der direkte Kontakt sensibilisiere für die Anliegen der jeweils anderen Seite und könne die Basis für ein besseres Verständnis/eine wertvolle Zusammenarbeit von Unternehmen und Gesellschaft sein. Wenn das Herstellen der viel beschworenen Win-Win-Situation gelingt, geht CV tatsächlich weit über das PR-Motto „Tu Gutes und rede darüber“ (Zedtwitz-Arnim 1961) hinaus.

Corporate Citizenship – bürgerschaftliches Engagement oder PR-Maschinerie?

In Vorbereitung auf mein gleichnamiges Seminar im Sommersemester lese ich gerade einige Artikel zum Thema Corporate Social Responsibility (CSR), Corporate Citizenship, Corporate Dings und Bums. Auf mich trifft dabei das übliche Phänomen zu: Je mehr ich mich informiere, desto weniger durchblicke ich den Dschungel mannigfaltiger Definitionen und unterschiedlicher Ansätze. Letzteres hat viel mit der Herkunft der Ergebnisse zu tun: Während sich betriebswirtschaftlich orientierte Studien zu CSR zumeist mit dem Return-on-Investment beschäftigen, untersuchen politikwissenschaftliche Studien v.a. den Nutzen unternehmerischen Engagements für die Gesellschaft. Corporate Volunteering kommt selten, aber doch mit zunehmender Tendenz zur Sprache, wenn es um wirtschaftspädagogische Inhalte geht (Stichwort: Personalentwicklung). Ein gemeinsamer Nenner aller Ansätze findet sich ohne Zweifel darin, dass sich Unternehmen als „guter Bürger“ für ökologische, ökonomische und soziale Zwecke einsetzen sollten (siehe „Drei-Säulen-Modell„). Nicht zuletzt deshalb schwappt seit den 1990er Jahren die CSR-Welle aus den USA zu uns herüber. Schwalbach und Schwerk (2008) verweisen etwa auf eine McKinsey-Studie, der zufolge 84 Prozent der 4238 befragten CEOs aus 116 Ländern der Meinung sind, „Unternehmen sollten eine Balance zwischen ihrer Verantwortung gegenüber den Shareholdern und der Gesellschaft herstellen“ (ebd., S. 1). Eine überraschend hohe Quote, wie ich finde. Unklar ist für mich weiterhin, inwieweit das unternehmerische Engagement nachhaltig ist oder, anders formuliert, es Unternehmen allein um Ablenkungsmanöver von schlechtem Image etc. geht. Ich hoffe, dass ich spätestens durch unsere kleinen Studien im Seminar etwas schlauer werde…