Erschienen: crossmedia@cosci12

Im letzten Sommer war ich auf der kleinen, aber sehr feinen Tagung „Science and the Internet“ (#cosci12) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Die Zeit in Düsseldorf ist mir in guter Erinnerung geblieben, da „das Internet“ im Zusammenhang mit „der Wissenschaft“ aus mehreren Disziplinen betrachtet und die disziplinäre Engfassung eines Gegenstandsbereichs gezielt aufgehoben wurde. Mit einigem zeitlichen Abstand steht nun auch der Tagungsband als Open Access zur Verfügung.

Im Band selbst findet sich ein Beitrag meiner früheren Kolleg/innen und mir zur Auseinandersetzung mit/über Medien in der Lehre, festgemacht an Medienkonvergenz und Crossmedialität. Denn speziell Crossmedialität als geplantes Zusammendenken unterschiedlicher Medien und medialer Formate und ihrer gemeinsamen Produktion/Gestaltung treibt die Zurückhaltung gegenüber Medien in der Lehre auf die Spitze: angefangen bei der zugeschriebenen Relevanz der handlungsorientierten Auseinandersetzung über das persönliche Empfinden von Medien- und Informationskompetenz(en) bis hin zu schwierigen strukturellen Rahmenbedingungen. Ausgehend von einem Fall an der Universität Augsburg zeigen wir auf, warum die Auseinandersetzung mit Crossmedialität an Universitäten an Bedeutung gewinnen sollte – und welche Auswirkungen dies auf das gängige Verständnis von Medien in der Hochschulbildung hat.


Hofhues, S., Geier, C. & Grießhammer, L. (2012). Fostering Crossmedia Literacy in Formal Educational Contexts: Conceptual Considerations and Case-Specific Results. In A. Tokar, M. Beurskens, S. Keuneke, M. Mahrt, I. Peters, C. Puschmann, T. van Treeck & K. Weller (eds.), Science and the Internet (pp. 87–98). Düsseldorf: Düsseldorf University Press.

Tagung „Science and the Internet“

Von Mittwoch bis Freitag fand in Düsseldorf die Tagung „Science and the Internet“ (#cosci12) statt, auf die ich aus unterschiedlichen Gründen sehr gespannt war. Unter anderem deswegen, weil die Tagung einen Spagat gewagt und unterschiedliche Disziplinen unter einem Schwerpunktthema zusammengebracht hat. Dies liegt in der Konstellation der Organisatoren begründet, die eine Nachwuchsforschergruppe zu selbigem Thema bilden; in der praktischen Ausgestaltung erweist sich ein solcher multi- oder transdisziplinärer Ansatz aber durchaus als Herausforderung. Das zeigte sich schon bei der Findung eines geeigneten englischsprachigen Tagungstitels, wie mir berichtet wurde, und sicherlich auch in der Bewertung und Auswahl der Einreichungen.

Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich nicht „nur so“ zur Tagung reisen durfte, sondern gleichzeitig auch unsere Crossmedia-Idee aus Augsburger Zeiten weiterverfolgen konnte und zusammen mit meinem früheren Kollegen Christian Geier im Teaching-Track präsentieren durfte. Interessant war, dass weniger der crossmediale Zugang zum Seminar als „besonders“ empfunden wurde, stattdessen gingen die Fragen und anschließenden Gespräche stark in Richtung Kollaboration der Studierenden sowie Kollaboration der Lehrenden. Denn das gezeigte Beispiel war eine Kooperation von Medienlabor und Europäischer Ethnologie/Volkskunde an der Universität Augsburg, sodass das Co- bzw. Team-Teaching neben der studentischen Projektarbeit zur eigenen Herausforderung im Seminar wurde. Weitere „Unbekannte“ lagen etwa in den Dispositionen der Studierenden zur Planung, Produktion und Implementierung eines crossmedialen Konzepts. Insofern greift Crossmedia eine schon länger existente Diskussion um (akademische) Medien- und Informationskompetenzen auf, zeigt Fördermöglichkeiten (und -notwendigkeiten!) abseits von Medienstudiengängen auf und erweitert diese nochmals um den crossmedialen Zugang. Wer den Gedankengang näher nachvollziehen möchte, kann sich gerne auch unsere Folien bei Slideshare oder die erste Fassung des Tagungsbeitrags bei Mendeley ansehen, die allerdings aufgrund von Reviewer-Feedback bis Ende des Monats noch überarbeitet wird.

Unser Track wurde vervollständigt durch einen Beitrag von Claudia Bremer, die anhand von einigen Beispielen vor allem Grenzen der Kollaboration von Studierenden mit Wikis aufgezeigt hat. Der Beitrag war für mich interessant, da er nochmals den Unterschied zwischen Kooperation und Kollaboration herausgestellt hat: Kooperation als Metakonzept vs. Kollaboration als „echte“ Zusammenarbeit von Studierenden. Die Unterscheidung mag trivial klingen, hat aber in der Praxis große Bedeutung. Ist die Förderung von Kollaboration unter Studierenden ein Lern- und Kompetenzziel, gilt es nicht nur kooperative Lehr-Lernbedingungen herzustellen. Vielmehr scheint es wichtig, auch kollaborative Prozesse unter Studierenden anzustoßen, im Fall von Wikis etwa mit gegenseitigen Reviews etc. Der dritte Beitrag im Teaching-Track wurde von Timo van Treeck vorgestellt, der sich um Überzeugungen („Beliefs“) von Lehrenden beim/vorm Einsatz von E-Learning-Werkzeugen drehte. Auch dieser Beitrag war aufschlussreich, da er den starken Einfluss persönlicher Überzeugungen auf den Medieneinsatz empirisch zeigen konnte. Letztere Türöffner- oder Multiplikatorenfunktion wird ja oft eher angenommen, als dass es auch profunde Ergebnisse mit speziellem Medienfokus dazu geben würde.

Aus meiner Sicht für Tagungen in Deutschland ungewöhnlich, aber vom Format sehr schön war die abschließende Diskussion der Beiträge. So fasste Isa Jahnke all unsere Beiträge kurz zusammen, machte in der Problem- und Handlungsorientierung eine wesentliche Schnittstelle der Beiträge aus und stellte uns als „Experten“ abschließend vier Fragen zur allgemeinen Diskussion. Die Fragen lauteten (a) was ist eigentlich das Problem, (b) brauchen wir Social Media überhaupt in der Lehre, (c) wie hilft Interaktion von Lernenden bei der Erreichung von Lern- und Kompetenzzielen sowie (d) welche Bedeutung nehmen (veränderte) Prüfungen bei der Umsetzung von (innovativer) Lehre ein? Die Fragen zeigen dabei durchaus die Spannweite der recht allgemeinen Diskussion über Medien in der Lehre auf, nämlich eine kritische Position gegenüber kooperativen Lehr-Lernumgebungen und möglichen „Trends“ in Inhalt und Form ebenso wie eine euphorische Position auf mediengestütztes Lernen und Lehren als Erweiterung und Ergänzung von Lernorten und -räumen. Leider reichte die Zeit nicht aus, um alle Fragen umfassend zu beantworten. So haben mich im Anschluss vor allem die Beliefs im Zusammenhang mit (notwendigem) Fachwissen ebenso näher beschäftigt wie die qualifikatorische Dimension, die man durch die Handlungsorientierung bei Studierenden deutlich anspricht; bei anderen war es vielleicht etwas mehr das kooperative Lernen als solches oder auch die Frage nach der Bewertung „digitaler“ Leistungsnachweise. Auch wurde klar, dass einmal mehr „alles mit allem“ zusammenhängt.

Ähnlich interessant ging es in den weiteren Tracks zu, die auf der #cosci12 nicht nebeneinander, sondern hintereinander geplant waren. So zeigte sich im Verlauf der drei Tage ein ganzes Spektrum an Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich von „Wissenschaft und Internet“, wobei sowohl die Beforschung von Wissenschaft, das Forschen und Arbeiten in der Wissenschaft als auch die Sichtbarkeit von Wissenschaft nach und nach in den Mittelpunkt rückten. Für mich hat die Veranstaltung daher einige Zusammenhänge zwischen den Disziplinen transparent gemacht und nicht zuletzt durch persönliche Gespräche hat sich gezeigt, dass Transparenz über Disziplinen ebenso wie eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit Wissenschaft grundsätzlich möglich ist – und dass das Internet uns möglicherweise den so wichtigen Anlass zum (künftigen) vernetzten Denken bietet.

Online Educa 2011

Nachdem ich kürzlich zum ersten Mal auf der Campus Innovation war, war ich in der vergangenen Woche ebenso erstmals auf der diesjährigen Online Educa zu Gast. Die Konferenz hat nach außen eine große Strahlkraft, weswegen ich sehr gespannt auf die Veranstaltung war. Gleichzeitig hatte ich noch zu Augsburger Zeiten ein Konzept eingereicht, das eine Neusortierung von studentischen Medienprojekten vor dem Hintergrund von Crossmedia vorschlägt. Die Einreichung basiert dabei auf vielen Unterhaltungen mit Christian Joe Geier, der wie ich in einigen (Medien-)Projekten aktiv ist und eine zunehmende Konvergenz der verwendeten Medien auch in der medienpraktischen Auseinandersetzung der Studierenden festgestellt hat. Durch die Einbettung der Projekte in das Augsburger Begleitstudium sind es allerdings weniger die Medienentwicklungen, die von den Studierenden hinterfragt und/oder (kritisch) reflektiert werden. Stattdessen fokussieren diese ihre überfachlichen Lernerfolge in den Medienprojekten und im Speziellen das Lernen im Team. Im Abstract heißt es daher:

„Media education as a theoretical framework tries to unify the demand for comprehensive media competencies among learners and teachers, based upon goals orientated on constructivistic learning settings. This understanding is often linked to action-based concepts of the early 1980s. In Germany, typical practical projects were the well-known open channels. Until today, media practice should enable self-organized learning by using media and integrating process-oriented reflection on media. But the open channels as an analogous phenomenon are now gone, the World Wide Web has absorbed them. Instead of them, digital media is ubiquitously part of everyone’s daily life – also when learning. Media literacy is a claim of the present and will be a claim of the future. The (net) citizen today and tomorrow should be one capable of responsible active use of media (analogue as well as digital), reflecting in an independent way about media, its use and changes. Accordingly, the importance of media education in formal educational contexts becomes obvious. But the question is to what extent the traditional concept of media education allows a broader understanding of media. Our idea is to expand the traditional concept of media education, so that crossmedia strategies (e.g. Schuegraf, 2008; Sjurts, 2002) will find their own place in dealing with media.“

Wie wir uns im Detail die Neusortierung vor dem Hintergrund crossmedialer Entwicklungen vorstellen, geht – so hoffe ich – aus meiner Präsentation hervor:

Auch wenn ich nicht mehr in Augsburg beschäftigt bin, werden Joe und ich sicher weiter an dem Thema „denken“. Von daher freue ich mich sehr über die positiven Rückmeldungen am Ende der Session, die unsere pädagogisch-didaktischen Überlegungen zur Crossmedia Education zwar sehr ungewöhnlich, aber nicht selten interessant fanden. Ich hoffe daher, dass ich nicht nur einige Impulse in Berlin hinterlassen konnte, sondern sich aus den netten Gesprächen auch Möglichkeiten der Kooperation im europäischen Raum ergeben werden.

Literatur

  • Schuegraf, M. (2008). Medienkonvergenz und Subjektbildung. Mediale Interaktionen am Beispiel von Musikfernsehen und Internet. Wiesbaden: VS.
  • Sjurts, I. (2002). Cross-Media Strategien in der deutschen Medienbranche. Eine ökonomische Analyse zu Varianten und Erfolgsaussichten. B. Müller-Kalthoff (Hrsg.), Cross-Media Management. Content-Strategien erfolgreich umsetzen. (pp. 3–18) Heidelberg: Springer.