Erschienen: Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen gestalten

Vor einigen Tagen ist mein Artikel „Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen gestalten“ in der Zeitschrift für Ökonomische Bildung (ZfÖB) erschienen (Fulltext). Im Artikel stelle ich vor allem die Frage nach der (didaktischen) Gestaltung von Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft, die sich schon in meiner Dissertation am Einzelfall ergeben hat, dort aber durch den Fokus Evaluation nicht länger ausgeführt werden konnte. Umso mehr habe ich mich gefreut, mich in diesem Artikel letzten Sommer nochmals mit Gestaltungsfragen in der Entrepreneurship Education auseinandersetzen zu dürfen. Der Text folgt dabei der Idee, künftige Schule-Wirtschaft-Kooperationen konzipieren zu wollen, sodass personale und organisationale Einflussgrößen auf die Kooperation an Bedeutung gewinnen und didaktische Implikationen mit Bezug zur ökonomischen Bildung im Speziellen und zu Schule im Allgemeinen skizziert werden.


Hofhues, S. (2013). Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen gestalten. Befunde aus der Untersuchung eines Einzelfalls in der Entrepreneurship Education. Zeitschrift für Ökonomische Bildung, 1, 90–116.

„Ökonomischer Analphabetismus“ – was tun?

Die Wochenzeitung DIE ZEIT greift am 14. Februar 2013 ein Thema auf, das mich nicht zuletzt durch meine Dissertation zum „Lernen durch Kooperation“ in einem Schule-Wirtschaft-Projekt stark interessiert: den Stand der ökonomischen Bildung an Deutschlands Schulen. Die im Beitrag vertretenen Positionen sind nicht neu, wie aktuelle empirische Befunde und viele wissenschaftliche Publikationen der letzten zehn bis zwanzig Jahre verdeutlichen.

So drehen sich die im Beitrag von Caterina Lobenstein nachgezeichneten Diskussionen primär um die Verankerung ökonomischer Bildung als Fach vs. verschiedenen Formen der Integration in Schule und Unterricht. Auch wird angedeutet, dass sich Schüler/inn/en gerne mit Wirtschaft auseinandersetzen – ein Ergebnis, das ich infolge eigener empirischer Tätigkeit zur Begleitung und Erforschung von „business@school – eine Initiative von The Boston Consulting Group“ nur unterstreichen kann. Im Beitrag beinahe ausgespart werden allerdings die nicht weniger lebendigen Diskussionen um angemessene Formen der Vermittlung, im Gegenteil: Speziell die Zusammenarbeit mit „der Wirtschaft“ kommt im Beitrag eher schlecht weg und wird verkürzt auf Lernmaterial, das durch „Lobbyisten“ (Lobenstein, 2013, S. 29) zur Verfügung gestellt wird. Dass es hier durchaus einer stärkeren Differenzierung bedarf, wird – vermutlich zugunsten von Lesbarkeit und Stringenz – nicht weiter betrachtet. Auch die Frage danach, was Wirtschaft eigentlich ist, wird allenfalls am Rande tangiert und letztlich zugunsten einer stark betriebswirtschaftlichen Sichtweise eingeschränkt.

Was ist also die Essenz des Beitrags, wenn die nachgezeichneten Diskussionen aus wirtschaftsdidaktischer Sicht bekannt sind und nicht mal in Gänze dargestellt werden?

Für mich ist entscheidend, was im Beitrag unter „ökonomischer Analphabetismus“ weit hinten zur Sprache kommt, nämlich dass ein „flächendeckendes staatliches Konzept zur Aufwertung der ökonomischen Bildung“ (ebd., S. 29) fehlt. Dieses offenbare Defizit ist angesichts der verschiedenen EU-Bemühungen (EU-Kommission, 2001, 2003, 2006) überraschend, gibt aber den aktuellen Stand der Auseinandersetzung in Deutschland korrekt wieder. Auch ist die Verknappung der Diskussion auf die Frage der Verankerung aus meiner Sicht nicht (mehr) ausreichend. Sie ist zwar nötig, um dem wichtiger werdenden Feld der Ökonomie auch in der (schulischen) Bildung Bedeutung zuzumessen; sie führt aber auch dazu, dass eine bereits existente, institutionenübergreifende Perspektive auf ökonomische Fragen und Probleme ebenso wenig mitgedacht wird wie ein aufgeklärter Umgang mit Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen an der Tagesordnung ist. Letztere sind nämlich nicht per se schlecht, sondern bieten eigene Potenziale zur Kompetenzentwicklung. Sie bedürfen aber, und das ist wichtig, einer Einordnung, z.B. durch Lehrer/inn/en und Schule, die nicht zwingend auf Unterricht beschränkt werden muss.

In dieser Betrachtungsweise kann formale Bildung auch bei (losen) Kooperationen wirken – gerade in solchen Zeiten, wo ökonomische Bildung nicht auf dem Lehrplan steht (siehe hierzu demnächst mein Beitrag in der ZfÖB). Dass dabei allerdings Ökonomie überhaupt ein Wert zugesprochen werden müsste und auch die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrer/inn/en mit ökonomischem Bezug gestärkt werden sollten, liegt nicht nur auf der Hand, sondern sind beinahe typische Forderungen, die sich bei Querschnittsbereichen (Medienpädagogik/-didaktik, Umweltpädagogik/-didaktik etc.) generell zeigen. Eine Diskussion um ökonomische Bildung in der Schule ist also nicht nur eine Auseinandersetzung mit/über ein (mehr oder weniger) neues Thema für „die Schule“, sondern gleichfalls eine normative Diskussion über relevante Themen und Inhalte einer Allgemeinbildung, die durch eine starke Fokussierung auf (betriebliche sowie Geld-) Ökonomie keineswegs gelöst wird. Vielmehr deutet sie die Lebendigkeit eines bildungspolitischen Diskurses an, der sich in unterschiedlichen Kontexten ergibt und auch in anderen Fächern problematisiert wird (siehe weiterführend Hofhues, 2013, S. 291 ff.).

Literatur

  • EU-Kommission (2006). Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Förderung des Unternehmergeistes in Unterricht und Bildung, KOM(2006) 33 endgültig, 13.2.2006. Brüssel: Europäische Kommission.
  • EU-Kommission (2003). Grünbuch Unternehmergeist in Europa, KOM(2003) 27 endgültig, 21.1.2003. Brüssel: Europäische Kommission.
  • EU-Kommission (2001). Grünbuch Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen, KOM(2001) 366 endgültig, 18. 7. 2001. Brüssel: Europäische Kommission.
  • Hofhues, S. (2013). Lernen durch Kooperation: Potenziale der Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen am Beispiel eines Schule-Wirtschaft-Projekts. Reihe Ökonomie und Bildung. Schwalbach: Wochenschau.
  • Lobenstein, C. (2013). Die Ahnungslosen. An deutschen Gymnasien lernen Schüler kaum etwas über Wirtschaft und Finanzen. Warum eigentlich nicht? DIE ZEIT. 8. 14.02.2013, 29.

Schriftliches zum Jahresende

Das Jahresende naht und ich will noch rasch auf ein paar Veröffentlichungen hinweisen, in die – über das Jahr 2012 verteilt – viel Energie geflossen ist.

So ist unter anderem der Tagungsband zur Jahrestagung des Hochschulverbundes Distance Learning (HDL) in den letzten Tagen online gegangen, der wie die Veranstaltung selbst mit „Fernstudium und Weiterbildung. Zwischen Medienlust und Medienfrust“ betitelt ist. Der Beitrag von Christine Hoffmann und mir bietet Einblicke in das Mediencurriculum an der HAW Hamburg, an dessen Konzeption und Implementierung ich bis September 2012 beteiligt war und in drei kleineren Projekten im Hintergrund immer noch bin. Er baut auf unserem Text zur Edulearn 2012 auf und ergänzt diesen um den (sicher nur kurz angerissenen) theoretisch-konzeptionellen Diskurs zu Medien- und Informationskompetenzen. Am Ende stellen wir die offene Frage nach Partizipationsmöglichkeiten im Implementierungsprozess, die sich immer dann stellt, wenn man nicht nur Qualifizierungsmöglichkeiten für Lehrende und Studierende, sondern auch günstige (Rahmen-)Bedingungen für einen Lernkulturwandel an der Hochschule bzw. an einer Fakultät schaffen möchte. (zum Tagungsband als .pdf)

Ebenfalls erschienen ist die medien + erziehung (merz) Wissenschaft 2012, in der sich dieses Jahr ein Beitrag von Mandy Rohs und mir findet. Im Artikel wenden wir uns dem Handeln in (formal organisierten) Medienprojekten zwischen Medienbildung und ökonomischer Bildung zu und suchen nach konzeptionellen Gemeinsamkeiten (und Unterschieden). Der Beitrag greift dabei eine Diskussion auf, die sich bei Medienprojekten häufig stellt: Werden „nur“ Medienkompetenzen gefördert oder werden auch andere Kompetenzen entwickelt? Immerhin hat das Projektlernen seinen Ursprung in ökonomisch orientierten Ansätzen und zeichnet sich pädagogisch-didaktisch durch Handlungsorientierung aus, sodass Disziplinen-übergreifende Schnittmengen sichtbar sind und in zunehmendem Maße auch thematisch-inhaltlich zwischen Medien- und Wirtschaftspädagogik/-didaktik deutlich werden. Diese Überlegungen passen daher gut in ein Heft der merz Wissenschaft, das dieses Mal mit „Medienhandeln in globalisierten und multilokalen Lebenswelten“ überschrieben ist und von Friedrich Krotz herausgegeben wurde. (zum aktuellen merz-Heft)

Da ich ja einen schon länger anhaltenden disziplinären Spagat wage, kommt es nicht von ungefähr, dass die ökonomische Bildung Gegenstand einer dritten Veröffentlichung ist. Mit dem Beitrag „Entwicklung sozio-ökonomischer Kompetenzen im Kontext schulischer Projektarbeit“ fasse ich zentrale Befunde des dritten Kapitels meiner Dissertation zusammen, welcher kürzlich im Tagungsband zur diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für ökonomische Bildung veröffentlicht wurde. (zur Website des Wochenschau Verlags)

Das Jahr war vielfältig, auch weil ich zusätzlich zu allen Texten mit Mandy kurzfristig eine Rezension zum Herausgeberband „Digital native oder digital naiv? Medienpädagogik der Generationen“ für die neue Zeitschrift Medien & Altern zugesagt hatte, die seit wenigen Wochen ebenso verfügbar ist. (zum aktuellen Heft der Medien & Altern)

DeGöB 2012: Fazit eines Neulings

Seit einigen Stunden bin ich zurück von der Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für ökonomische Bildung (DeGöB) und bin immer noch ganz mitgenommen von allen Eindrücken. Immerhin war es für mich das erste Mal auf der Jahrestagung der Wirtschaftsdidaktiker und das nicht ohne Grund: Ich habe dort die Kernergebnisse meiner Dissertation vorgestellt. Die DeGöB kannte ich schon eine ganze Weile, vor allem in Zusammenhang mit den Recherchen um unser Netzwerk Ökonomie & Bildung e.V.; ohne den netten Austausch mit Thomas Retzmann wäre ich allerdings vermutlich nicht auf die Jahrestagung und den zugehörigen Call for Papers aufmerksam geworden. Denn dieses Jahr drehte sich alles um die ökonomische Bildung in der Sekundarstufe II, ein rahmengebendes Thema, innerhalb dessen ich gerne eine Einreichung formuliert habe und auch nach Chemnitz an die TU gefahren bin (zum Programm).

Meinen Vortrag habe ich überschrieben mit der „Entwicklung sozio-ökonomischer Kompetenzen im Kontext schulischer Projektarbeit“, denn im Bereich der individuellen Kompetenzentwicklung von Schülern hat meine Untersuchung sicherlich die umfassendsten Befunde erzielt. Neben einigen Hinweisen zu meiner Dissertation, deren Verortung in der Entrepreneurship Education und der grundsätzlichen Herangehensweise der Studie habe ich dann drei Spezifika aus meiner Arbeit herausgegriffen und vorgestellt: (1) die Ergebnisse zur Kompetenzentwicklung der Schüler im zugrunde liegenden Schule-Wirtschaft-Projekt, (2) den Bereich des Einstellungswandels durch schulische Projektarbeit sowie (3) die Rolle bzw. Bedeutung der Unternehmensvertreter für die Kompetenzentwicklung der Schüler, auch im Verhältnis zu den Lehrern. Die Befunde stießen dabei im Publikum auf großes Interesse, wobei ein größerer Teil der Diskussion auf die Veränderungsmöglichkeiten eines (wirtschafts-)didaktischen Konzepts infolge einer Projektevaluation entfallen ist, denn: Die Ergebnisse insbesondere hinsichtlich des Erwerbs von ökonomischen Fachwissens waren durchaus ernüchternd und bestärkten das Gros der Anwesenden in ihrer Haltung, eine ökonomische Grundbildung auch im allgemeinbildenden Gymnasium einzufordern. Interessant für mich zu sehen war, dass die Diskussion mit den Fachdidaktikern nochmals eine deutlich andere Wendung genommen hat, als ich dies aus anderen Kontexten kannte (ich habe die Evaluationsergebnisse ja schon häufig präsentiert).

Vor allem wurde Bezug genommen zur Eröffnungskeynote von Rolf Dubs am Vortrag, der die ganze Debatte um ökonomische Bildung in der Sekundarstufe II retrospektiv aufgezeigt hatte – im Übrigen ganz ohne eine PowerPoint-Präsentation, was zunächst für Überraschung, dann aber für ein gebanntes Fachpublikum sorgte. In Erinnerung blieb vor allem eine seiner Skizzen, in der Dubs letztlich unterschiedliche Lehr-Lernformate zugunsten einer Lernformvariation kombiniert hat und in der gezielte „Inseln“ geschaffen wurden für die selbsttätige Auseinandersetzung mit Wirtschaft – etwa in Projekten zwischen Schulen und Unternehmen, die aber letztlich auf einen Bestand an ökonomischem Grundwissen aufbauen sollten, um bessere auch fachbezogene Ergebnisse hinsichtlich einer Kompetenzentwicklung zu erzielen, so das Fazit des Plenums. Mit dem Ende der Diskussion zu meiner Dissertation kann ich mich gut anfreunden, wohl wissend, dass die längerfristige Projektarbeit in der Schule durchaus auch ihre Wirkungen abseits des Ökonomischen (bspw. hinsichtlich der sozialen Kompetenzen) entfalten darf.

Auch sonst war die Jahrestagung eine interessante Erfahrung für mich, auf der ich viele Personen kennengelernt habe, die ich bereits „vom Lesen“ kannte. Gleichzeitig ist der Ausflug in die Schulwelt immer wieder sehr abwechslungsreich in thematischer Hinsicht, da sich didaktische Überlegungen gegenüber dem Kontext Hochschule durchaus gleichen können, aber der formale Rahmen doch nochmals andere (engere?) Zielrichtungen in der Diskussion vorgibt. Mein Dasein als Medienpädagogin/-didaktikerin wurde dabei gerne zur Diskussion genutzt, da immer mehr Projekte in der ökonomischen Bildung auch mediale Bezüge in Lehre und Forschung aufweisen.

Lesenswert: APuZ über ökonomische Bildung

Vor einigen Tagen ist die neue Ausgabe der Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte erschienen; ich lese die APuZ, wie sie gewöhnlich abgekürzt wird, sehr gerne, da meist pointiert aktuelle Themen aus den Sozialwissenschaften aufgegriffen werden. Das aktuelle Heft widmet sich nun der ökonomischen Bildung, und das interessiert mich per se schon einmal. Bei bestem Wetter habe ich mir heute Nachmittag auf dem Balkon die Zeit genommen, die Texte zu lesen (also zu lesen, nicht nur zu überfliegen ;-)). Konkret will ich vier Artikel aufgreifen, die mir aus unterschiedlichen Gründen wichtig erscheinen:

Für ein erstes Grounding halte ich den Text von Hermann May (2011) für bedeutsam. Der Autor skizziert, was man aktuell unter ökonomischer Bildung versteht und inwiefern diese Allgemeinbildung sein kann/muss. Etwas gestört hat mich der qualifikatorische Zugang, da ich von ökonomischer Bildung mehr erwarte als die Vorbereitung auf den Beruf, etwa die Entwicklung einer reflexiven Haltung gegenüber eigenem (Wirtschafts-)Handeln. Vielleicht bin es aber auch ich, die diesen Begriff Qualifikation zu eng versteht, denn eine Nähe von Qualifikation und Kompetenz(entwicklung) ist allemal erkennbar; auch zur Bildung lassen sich im Text durchaus Parallelen ausmachen, die allerdings nicht näher expliziert werden.

Daneben finde ich (einmal mehr) die Ausführungen von Thomas Retzmann (2011) bzw. der Autorengruppe um Gerd.-E. Famulla (Famulla et al., 2011) spannend, da sie die aktuellen Kontroversen um die Verankerung ökonomischer Bildung in der Schule direkt aufzeigen. Während sich der eine an den Vorgaben der KMK orientiert und darum bemüht ist, in Anlehnung an ein früheres Papier (Retzmann et al., 2010) Bildungsstandards für wirtschaftsbezogene Inhalte in der Schule zu formulieren, lenkt das Autorenkollektiv die Aufmerksamkeit auf andere Aspekte, die sie auch in ihrem lesenswerten Papier (Hedtke et al., 2010) zur besseren ökonomischen Bildung skizzieren. Im Kern wenden sie sich von der Re-Produktion des homo oeconomicus ab und wollen mithilfe von Problemorientierung, Multiperspektivität bzw. Interdisziplinarität, Wissenschaftsorientierung bzw. Pluralismus ein aufgeklärtes Verständnis von Wirtschaft fördern, innerhalb dessen Diskurse und nicht Interessenspolitik eine wichtige Rolle spielen. Was sich auf den ersten Blick als durchaus vereinbar darstellt, liegt in der (fachwissenschaftlichen) Auseinandersetzung argumentativ mitunter weit auseinander. Die Diskussionen werden z. B. geschürt durch stark gegensätzliche Positionen, die sich neben der curricularen Verankerung und der didaktisch-methodischen Ausgestaltung zentral um die Unterrichtsinhalte einer ökonomischen Bildung in der (allgemein bildenden) Schule drehen.

Ein vierter Text, den ich herausheben möchte, ist der Artikel von Andreas Liening (2011) zu E-Learning in der ökonomischen Bildung. Spannend finde ich dieses Papier deshalb, da der Autor darin konstruktivistisch-orientiertes, erfahrungsanaloges, problemorientiertes und/oder kooperatives Lernen mit E-Learning unterstützen möchte. Dieser inhaltliche Schluss ist für uns nicht neu und ich wage sogar zu behaupten, dass wir in Bezug auf Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien in Lehr-Lehrkontexten bereits weiter sind (nämlich Momente der Instruktion und der Konstruktion wieder stärker zusammendenken). Im Kontext ökonomischer Bildung scheinen mir digitale Medien als Werkzeug aber durchaus eine Innovation zu sein – insbesondere dann, wenn man Vertreter einer ökonomischen Bildung eindeutig von solchen der beruflichen Bildung trennt, wo digitale Medien bereits seit längerem als Möglichkeit zur Verbindung von Lernorten (Stichwort: duales System) diskutiert werden und erste Beispiele für ihre Implementierung vorliegen.

Fazit: Alles in allem ein lesenswertes APuZ-Heft, das ich auch denjenigen ans Herz legen will, die sich sonst wenig mit Wirtschaft auseinandersetzen 😉

PS: Ganz lieben Dank an Tamara für den hilfreichen Linktipp.

Quellen:

Famulla, G.-E., Fischer, A., Hetke, R., Weber, B. & Zurstrassen, B. (2011). Bessere ökonomische Bildung. Aus Politik und Zeitgeschichte. 12, 48–54.

Hedtke, R., Famulla, G.-E., Fischer, A., Weber, B. & Zurstrassen, B. (2010). Für eine bessere ökonomische Bildung! Kurzexpertise zum Gutachten „Ökonomische Bildung an allgemeinbildenden Schulen. Bildungsstandards. Standards für die Lehrerbildung im Auftrag des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft“. Bielefeld: Initiative für eine bessere ökonomische Bildung.

Liening. A. (2011). E-Learning in der ökonomischen Bildung. Aus Politik und Zeitgeschichte. 12, 32–39.

May, H. (2011). Ökonomische Bildung als Allgemeinbildung. Aus Politik und Zeitgeschichte. 12, 3–9.

Retzmann, T. (2011). Kompetenzen und Standards der ökonomischen Bildung. Aus Politik und Zeitgeschichte. 12, 15–21.

Retzmann, T., Seeber, G., Remmele, B. & Jongebloed, H.-C. (2010). Ökonomische Bildung an allgemeinbildenden Schulen. Bildungsstandards. Standards für die Lehrerbildung. Gutachten im Auftrag des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft. Berlin: Zentralverband des Deutschen Handwerks.

Ökonomische Bildung: ein Tertium comparationis?

Im Kern wird kaum jemand behaupten, dass Ökonomische Bildung unwichtig sei. Schließlich werden immer mehr Prozesse in der Lebens- und Arbeitswelt ökonomisiert und man sollte dabei in der Lage sein, den Überblick zu behalten bzw. sich verantwortlich entscheiden zu können. Problematisch wird es erst, wenn es um die formale Integration von Ökonomischer Bildung in die einzelnen Curricula geht. Hier gibt es nach wie vor eine große Zurückhaltung, bspw. gegenüber einem Fach „Wirtschaft“. Ursachen liegen vor allem in dem Verständnis von Bildung bzw. in der Auslegung des humanistischen Bildungsideals, das in Deutschland nach wie vor große Tradition hat. Ohne an dieser Stelle zu sehr werten zu wollen, möchte ich auf einen Text von Andreas Liening (2004) hinweisen, auf den Frank mich vor ein paar Tagen aufmerksam gemacht hat (danke!). Der Autor zeigt aus meiner Sicht die Bedeutung Ökonomischer Bildung schlüssig auf und formuliert dabei Gedanken, wie man diese als Teil von (humanistischer) Allgemeinbildung verstehen kann. „Wenn die Ökonomische Bildung eines Bürgers theoretisch an der Fähigkeit gemessen werden kann, ob er Verantwortung im Wirtschaftsleben tragen kann, also ökonomisch begründet Entscheidungen treffen, Handlungssituationen mit ökonomischen Konzepten analysieren, sich z.B. konstruktiv an der Weiterentwicklung der Wirtschaftsordnung beteiligen, sich kritisch aufgeschlossen gegenüber der Grundordung der Sozialen Marktwirtschaft zeigen kann etc., dann muss als Konsequenz eine Integration Ökonomischer Bildung in die Allgemeinbildung gefordert werden.“ (ebd., S. 15) Neben der klar positiven Haltung gegenüber Ökonomischer Bildung in den einzelnen Curricula weist Liening darauf hin, dass wissenschaftsanaloges Lernen für ein Fach „Wirtschaft“ nicht ausreiche (ebd, S. 7). Vielmehr zeigt er auf, warum insbesondere Ökonomische Bildung erfahrungsanalog vermittelt werden sollte. Dazu gehören seiner Meinung nach das entdeckende Lernen nach Bruner (1972) und das verstehende Lernen nach Klafki (1989) genauso wie das genetische Lernen (z.B. Wagenschein, 1975). Erfahrungen im Wirtschaftsalltag würden so zum Horinzont, vor dem Wissen auf seine praktische Bedeutsamkeit hin geprüft wird (ebd., S. 10). Er folgert schließlich: „Ökonomische Bildung ist das Tertium comparationis zwischen Wirtschaftswissenschaft und Erfahrung im Wirtschaftsalltag.“ (ebd.) Wenn man den Text so liest und vor allem die Erfahrungen mit dem Wirtschaftsprojekt business@school hinzuzieht, kann man diese Überlegungen guten Gewissens unterstreichen. Allerdings – und da bin ich bei der Relativiertung – sollte man nicht vergessen, dass es neben der Wirtschaft auch andere Fächer/Disziplinen gibt. Will man möglichst breite Lehrpläne beibehalten, besteht die große Herausforderung darin, alle Ansprüche (wie auch immer) „unter einen Hut“ zu bekommen.

Eine Frage des Alters

„Harter Wettbewerb zwischen Unternehmen ist eher… gut“, geben zumindest 76 Prozent der befragten Jugendlichen mit Hochschulreife in einer repräsentativen Jugendstudie des Bankenverbandes (2006) an. Im Mittel aller Abschlüsse sind es immer noch 68 Prozent, die Tendenzen durch Globalisierung und Marktwirtschaft befürworten. Für mich bedeuten die Ergebnisse zweierlei. Einerseits zeigen die hohen Werte, dass Wirtschaft und entsprechende Prozesse bei jungen Menschen eher positiv besetzt sind. Zeiten, in denen skeptische Haltungen der Lehrer auf Schüler abfärbten, sind anscheinend vorbei. Andererseits zeigen die Daten aber auch, dass Wirtschaft v.a. deshalb sehr positiv bewertet wird, weil Jugendliche damit erhebliche (berufliche) Hoffnungen verknüpfen. Schließlich hatten sie in der Schule kaum Gelegenheit dazu, den weltweiten Wettbewerb selbst als positiv (oder als negativ) zu erfahren. Die unbekannte Größe „Wirtschaft“ wird somit auf einen hohen Thron gehoben – etwa nicht?