Podium: „OER in der Filmvermittlungsarbeit“ #VisionKino14

Aktuell bin ich auf dem Kongress VISION KINO 2014, der sich im Herzen Kölns allen wichtigen Themen rund um Filmbildung widmet. Dazu gehört inzwischen auch das Thema OER, das bereits beim Veranstaltungsauftakt durch Ludwig Hecke, Staatssekretär im Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, angesprochen wurde und sich seitdem durch die Veranstaltung zieht. Ein Podium widmete sich sogar explizit den freien Bildungsressourcen und den Facetten, die sich beim Medium Film – bspw. im Vergleich zu Textmedien – ergeben. Ich selbst sollte auf diesem Podium „zuständig“ sein für die didaktische Seite, wie mir Michael Kaden, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg / KMK, meine Aufgabe beschrieb.  Diese Aufgabe habe ich gern vor Ort wahrgenommen. Da meine schriftlich formulierten Statements jedoch nur in abgewandelter oder zugespitzter Form zum Tragen kamen, stelle ich die vier Thesen an dieser Stelle nun nachträglich zur Verfügung.

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Thesenpapier zur Podiumsdiskussion am 4.12.2014 zu
„Open Educational Resources (OER) in der Filmvermittlungsarbeit“
auf dem Kongress VISION KINO 2014

These 1: Open Educational Resources sind mehr als nur (Unterrichts-)Materialien.
Gemeinhin versteht man unter Open Educational Resources frei zugängliche Bildungsmaterialien zur Nutzung in Unterricht und Schule, aber auch in anderen Bildungsinstitutionen und darüber hinaus. Dieses Verständnis von OER greift meines Erachtens aber zu kurz: Es fokussiert lediglich ein wesentliches Charakteristikum, nämlich die freie Zugänglichkeit von Medien, die sich wiederum am besten oder am ehesten in sich manifestierenden Materialien zeigt. OER ist aber weitaus mehr, nämlich auch eine Idee, wie man Bildung einer größeren Gruppe ermöglicht (im Sinne von Open Education) oder – allgemeiner gesprochen – Kontexte variantenreich und offen gestaltet (im Sinne von Open Educational Practices).

These 2: Die Beschäftigung mit Open Educational Resources fordert umfassende(re) Medienkompetenzen ein.
Während die „Materialfrage“ vor allem technisch-instrumentelle Medienkompetenzen adressiert, setzt eine breite Auffassung von OER zusätzlich ein weites Medienkompetenzverständnis voraus: OER helfen dann dabei, neben Wissen über Medien und ihrer selbstverständlichen Nutzung in diversen Bildungs- oder alltagsnahen Kontexten auch Medien in unterschiedlicher Weise zu rezipieren, gemeinsam zu bearbeiten und kreativ zu verändern. Letzteres ist allerdings nicht unproblematisch, da so neben konkreten Lehr-Lerninhalten und ihrer didaktischen Gestaltung medien- bzw. urheberrechtliche Fragen berührt und etwa in der konkreten Unterrichtssituation gestellt werden. Solche Problematiken zeigen sich umso eher, wenn bei Medien wie Film Urheberinnen und Urheber nicht (mehr) eindeutig zu kennzeichnen sind oder sich durch die gewählte, mediale Form Unterschiede zwischen Trägermedien ergeben. Zur adäquaten Beurteilung werden schließlich umfassendere Medienkompetenzen über bloße technische Fähigkeiten in deren Gebrauch nötig.

These 3: Die Remix-Kultur, auf die OER oft aufsetzt, muss nicht im Widerspruch zu gewohnten Verfahren in der Medienproduktion stehen.
Zu aktiver Medienarbeit innerhalb und außerhalb der Schule gehört zwar die gemeinsame Produktionsphase, eine kollektive Veränderung von Medien – das sog. Remixen – ist dabei aber weder bei Text noch bei Film vorgesehen. Doch gerade dieses Remixen ist für die Medienkompetenzentwicklung bei Lernenden (und bei Lehrenden!) interessant: Durch die gemeinsame Produktion und Veränderung von Medien lassen sich diese in Form und „Charakter“ begreifen – bis hin dazu, dass ansonsten oft schwer vermittelbare Inhalte wie Medien- und Urheberrecht am Anwendungsfall plastisch werden, denn: Wem gehören eigentlich Medienprodukte, die „gemixt“ werden? Kaum ein anderer Kontext macht es Lernenden leichter, sich mit Rechtsfragen auseinanderzusetzen und gemeinsam nach Optionen zu suchen, bisher gültiges Medien- und Urheberrecht um passende Schutzbedingungen im Social Web zu erweitern. Entsprechende Lizenzen wie Creative Commons etc. dürften hier nur ein Anfang für neue Verfahrensweisen und Handlungspraktiken sein.

These 4: OER fördern „gute Schule“.
In vielen Bundesländern wird eine integrative Form der schulischen Medienbildung betrieben. D.h. es gibt kein eigenes Fach Medien oder die Verbindlichkeit, sich mit Medien in Unterricht und Schule zu beschäftigen. Auch der Deutsch- oder Informatikunterricht – die naheliegenden Fächer – kann diese Beschäftigung bei engen Stoffplänen oder anderen, ebenfalls wichtigen Themenbereichen nicht leisten. Durch die Verwendung von OER steigt aber zumindest die Wahrscheinlichkeit, dass sich Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Schülerinnen und Schüler sukzessive Gedanken um den Einsatz und die Verwendung von (Unterrichts-)Materialien, aber eben auch um deren gemeinsame Weiterentwicklung und passende didaktische Szenarien machen. Da sich Schule so durch das trojanische Pferd der Medien zu guter Schule weiterentwickeln kann, wird OER nicht zuletzt in einen engen Zusammenhang mit institutionalisierten Formen des Lernens gebracht. Und damit wird letztlich erneut die Frage danach aufgeworfen, wer eigentlich für OER und dessen Initialisierung und Umsetzung in den Schulen vor Ort zuständig ist – und natürlich auch warum.

Interview: „Das Prinzip Selbstbedienung“ – didacta zu OER

Offene Bildungsressourcen unterstütze ich seit vielen Jahren und umso mehr habe ich mich gefreut, kürzlich vom Magazin didacta zum „Prinzip Selbstbedienung“ interviewt zu werden. Im Fokus standen drei Fragen, nämlich (ob und) wie OER das Lehren und Lernen beeinflussen, welche Bedeutung OER für Bildungsinstitutionen wie die Schule haben und was Lehrende für den vermehrten, aber auch überlegten Einsatz von OER tun können. Das Magazin ist vollständig online verfügbar, weshalb ich meine Antworten hier nicht Gänze schildern will. Stattdessen verweise ich gerne auf das ganze Heft, in dem viele Lehrende und Forschende mit engerem oder weiteren Bezug zu OER zu Wort kommen. Nachlesen lohnt sich!

Podiumsdiskussion: „Digitale Gesellschaft“

Dienstag war ich zur Statuskonferenz des BMBF-Programms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ eingeladen, um auf dem Podium mit Elisabeth Slapio (IHK Köln, Innovation und Umwelt), Peter Bihr (u.a. Next!Berlin) und Markus Beckedahl (u.a. netzpolitik.org) etwaige Herausforderungen mit der „Digitalen Gesellschaft“ vorrangig aus Bildungsperspektive zu vertreten. Über die Einladung zur Diskussionsrunde habe ich mich sehr gefreut: Immerhin gibt es neben dem pädagogischen Herz auch das ökonomische, das mal mehr, mal weniger stark in mir schlägt und biografisch durch die eigene (duale) Ausbildung zur Industriekauffrau bedingt ist. Das Podium gab mir nun die Gelegenheit, eigene Erfahrungen, aber auch fachwissenschaftliche Perspektiven vor einem interessierten Publikum einzubringen.

Wenn ich die Podiumsdiskussion rekapituliere, ergaben sich drei große Schwerpunkte in der Diskussion, wobei wir 1) eher in einer Datenschutzdebatte verhaftet blieben, als dass wir uns den Herausforderungen für 2) Individuen in Alltag und 3) Beruf genähert hätten. Ersteres überrascht mich dabei nicht: Speziell bei Themen, die Unsicherheit hervorrufen, gibt es viel Diskussionsbedarf, und auch Lagerbildungen sind gewissermaßen natürlich. So diskutieren auf der einen Seite meist diejenigen, die unerschrocken und aufgeschlossen mit neuen Themen und Begebenheiten umgehen, und auf der anderen Seite finden sich Stimmen, die sich (zunächst) in Zurückhaltung und Kritik üben. Die Debatte um Datenschutz hat dabei allerdings die nächste Stufe schon erreicht: Es gibt vielfältige Nutzungsformen des Internets, digitaler Werkzeuge und entsprechende Anwendungsszenarien in Bildungskontexten. Es existiert aber ein Medien- und Urheberrecht, das dem raschen Medienwandel sowie den vielfältigen Nutzungspraktiken kaum „hinterher“ kommt. Entsprechend wird der Ruf nach Regulierung lauter, auch wenn man kaum absehen kann, ob sie überhaupt etwas bringt. Dennoch scheint dieser dominanter als der Ruf nach umfassenden Medienkompetenzen, die eben nicht nur den technischen Gebrauch von Medien einschließen, sondern vor allem den aufgeklärten Umgang mit Medien adressieren sowie Lernumgebungen anstreben, die eine problem- und handlungsorientierte Auseinandersetzung möglich machen. Diese, wenn man so will, wiedergewonnene subjektive Betrachtungsweise auf Medien in Alltag und Beruf ist aber keineswegs einfach umzusetzen, da sie (im vorliegenden Fall) Unternehmen und Unternehmenszielen im Weg zu stehen scheint: Einerseits sind mitdenkende („mündige“) Arbeitnehmer/innen gewünscht, andererseits geht es (je nach Berufsgruppe) auch um die bloße Ausführung von Tätigkeiten. An der Stelle hätte man gut an frühere Diskussionen um die Subjektivierung von Arbeit und zugehörige Transformationsprozesse anknüpfen können, dafür war die Zeit aber zu knapp und der Schwerpunkt Datenschutz letztlich zu ausgeprägt. Insofern näherten wir uns lediglich der „Digitalen Gesellschaft“ mit inhärenten Positionen und Facetten und suchten weniger nach konkreten Lösungen oder Handlungsoptionen darin.

Ob das nun gut oder schlecht ist, mag ich an der Stelle nicht bewerten: Für mich ist es eher ein Zeichen von nach wie vor großer Unsicherheit im Umgang mit Medien und Medienwandel und einer Diskussion, die sich nur langsam inhaltlich verändert und in unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche diffundiert.

Erschienen: Lernen im Spannungsfeld von Öffentlichkeit, Öffnung und Offenheit

Zusammen mit Katharina Uhl habe ich vor inzwischen fast zwei Jahren einen Artikel zum „Lernen im Spannungsfeld von Öffentlichkeit, Öffnung und Offenheit“ geschrieben. Der Text greift zentrale Überlegungen aus Augsburger Zeiten auf, wo ich mir allein, aber auch zusammen mit anderen Gedanken über das Lernen im Social Web gemacht habe. Der im Band von Michele Notari und Beat Döbeli Honegger veröffentlichte Artikel fokussiert nun mit der Schule auf eine spezifische Institution und nutzt Wikis als Beispiel für ein digitales Werkzeug, das Lernen in eben diesen Spannungsfeldern ermöglicht. Viele der Überlegungen im Text sind aber sicher übertragbar: auf andere (Bildungs-)Institutionen oder (digitale) Werkzeuge oder auf Lernumgebungen generell, für die interdisziplinäre (Forschungs-)Zugänge von eigenem Wert sein dürften. Wie gut uns die Zusammenschau geglückt ist, bleibt den Lesenden überlassen, die in der digitalen Fassung des Buchs auch gleich kommentieren oder gar kritisieren können. Im öffentlichen Blog, das versteht sich von selbst.

Quelle:
Hofhues, S. & Uhl, K. (2013). Lernen im Spannungsfeld von Öffentlichkeit, Öffnung und Offenheit. Überlegungen am Beispiel des Wiki-Einsatzes in Schulen. In M. Notari & B. Döbeli Honegger (Hrsg.), Der Wiki-Weg des Lernens. Gestaltung und Begleitung von Lernprozessen mit digitalen Kollaborationswerkzeugen (S. 49–60). Bern: hep.

Vortrag: Open Education in der (Hoch-)Schule

Zugegeben, mein Einstieg ins Thema OER erfolgte auch über Ressourcenfragen. Zu Augsburger Zeiten ging es dem w.e.b.Square-Team z.B. darum, studentische Arbeiten im Netz verfügbar oder vielmehr noch: sichtbar zu machen. Es ist nun fünf Jahre her, dass wir w.e.b.Square als offene Bildungsressource auf der GMW-Jahrestagung im Jahr 2008 vorgestellt haben; die Initiative selbst ist noch älter. Schon immer hat mich aber die didaktische Frage „hinter“ den frei und offen zugänglichen Bildungsressourcen interessiert: Wie gestaltet man eigentlich Bildungsräume, in denen nicht nur die Nutzung von OER selbstverständlich ist, sondern auch deren gemeinsame Produktion oder Veränderung (um nur zwei weitere Ziele im Zusammenhang mit OER zu nennen). So habe ich mich sehr gefreut, dass Kerstin Mayrberger und ich auf der diesjährigen OER-Konferenz von Wikimedia Deutschland zusammen über Open Educational Practices/Open Education sprechen durften. Der Impulsbeitrag fand gleich nach der Keynote-Lecture von Philipp Schmidt statt, der uns für unseren Impuls mehrere „Steilvorlagen“ lieferte und durch Hinweise wie „Offen fängt nicht im Netz an“ in eine passende Richtung zeigte. Es sprach bspw. die Grundfeste des Social Web an, die mit bekannten Schlagworten wie (Re-)Use, (Re-)Distribute, Revise und Remix beschrieben werden. Anders als Philipp hatten wir allerdings drei Thesen im Gepäck, anhand derer wir zur Diskussion einluden und damit die partizipative Grundidee von OER aufgreifen wollten (zum Abstract, zu den Folien):

  1. Open Education braucht Grassroot-Initiativen und gute Beispiele dafür, dass eine Open Educational Practice in Lehrveranstaltungen funktioniert.
  2. Offen will jede/r Lehrende und Lernende sein, kann aber nicht unmittelbar mit der Offenheit umgehen.
  3. Open Education heißt nicht Laissez-Faire.

Die Thesen fanden insgesamt sowohl Zustimmung als auch Ablehnung, in jedem Fall wurden sie aber zum Anlass für weitere Gespräche in den Pausen genommen. Schön ist, dass das an den Beitrag angeschlossene Etherpad einen Teil der Diskussion abbildet und eine nach der Session getroffene, persönliche Einschätzung sowie alle Materialien und Tweets enthält. Ob und inwieweit durch unseren Impuls die Sicht auf OER als Lehr-Lernmaterial für pädagogische oder didaktische Zugänge geöffnet wurde, sei dahingestellt. Sicherlich wurden aber Überschneidungen zu bekannten (hoch-)schul- und medienpädagogischen Diskussionen deutlich, die es im Zusammenhang mit OER notwendigerweise zu bearbeiten gilt.

Erschienen: Gemeinsame Analyse und Produktion digitalen Lernmaterials

Im Hamburger eLearning-Magazin ist in dieser Woche unser Artikel über die „Gemeinsame Analyse und Produktion digitalen Lernmaterials“ erschienen, der ein Lehrveranstaltungsszenario an der Fakultät für Kultur- und Geisteswissenschaften an der PH Heidelberg nachzeichnet und Perspektiven zur Kooperation zwischen Deutsch- und Mediendidaktik aufmacht.

Aus dem Abstract:
„Die LehrerInnenausbildung sieht sich mit ständig neuen Anforderungen zwischen Unterricht, Schule und Lebenswelt konfrontiert. Dazu gehört auch der adäquate Umgang mit „den Medien“. Entsprechende Bedeutsamkeit erlangen in der LehrerInnenausbildung mikrodidaktische Konzepte zur Förderung von Medienkompetenzen, die teils in den Fachdidaktiken verhaftet sind und aktuelle mediale Phänomene in den Mittelpunkt rücken. Ein solches Phänomen, das aktuell Auswirkungen auf die LehrerInnenausbildung hat, sind digitale Lernmaterialien: Das (Leit-)Medium Buch wird zunehmend digitalisiert und immer öfter um andere Darstellungs- und Interaktionsformen erweitert („enhanced“). So wird beispielsweise das Sprach- und Lesebuch seitens der Verlage durch weitere Medienangebote (z.B. Hörlinks, interaktives Übungsmaterial) ergänzt oder LehrerInnen stellen auf frei zugänglichen Plattformen eigene Materialien zur Verfügung. Auf solche Herausforderungen gilt es in der LehrerInnenausbildung zu reagieren: durch die Thematisierung des medialen Wandels, durch die gemeinsame Betrachtung veränderter „Logiken“ in ihrer Gestaltung und Produktion sowie durch eigenes Medienhandeln, um den Kern des Wandels selbst und im Austausch mit Peers zu „be-greifen“ (Schelhowe, 2008, S. 110). Für Unterricht und Schule ist zudem zu fragen, wie man die Qualität des Lernmaterials einerseits sicherstellen kann, andererseits aber neuen oder anderen Repräsentations- und Vermittlungsformen bereits in der LehrerInnenausbildung Rechnung trägt und angehende Lehrpersonen darin ermuntert, den Wandel selbst mitzugestalten (anstelle ihn bloß hinzunehmen oder mit ihm umzugehen).“ (zum Artikel)

Noch läuft das Seminar, weshalb es schwierig ist, neben der Gestaltung auch Aussagen über dessen Wirksamkeit zu treffen. Sichtbar wird aber, dass das kooperative Denken und Arbeiten, welches dem Szenario inhärent ist, durchaus anspruchsvoll ist und die Studierenden sowohl vor Herausforderungen in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Medien als auch in der gegenseitigen Verantwortungsübernahme als Expert/inn/en für ihr Gebiet stellt. Es bleibt daher bis zum Semesterende spannend, zu welchen Ergebnissen die Studierenden in ihren (Teil-)Projekten kommen werden.

Quelle:
Hofhues, S. & Wieland, R. (2013). Gemeinsame Analyse und Produktion digitalen Lernmaterials. Fallbeispiel und Perspektiven zur Kooperation im Fach Deutsch. Hamburger eLearning-Magazin (eLearning in den Geisteswissenschaften), 4, 24-26.

Rückblick: „Medienbildung entlang der Bildungskette“

Inzwischen ist es einige Tage her, dass die Telekom Stiftung zur Veranstaltung „Medienbildung entlang der Bildungskette“ an die Universität Paderborn geladen hatte. Die Veranstaltung gründet auf dem gleichnamigen Projekt, das sich der Idee verschrieben hat, Medien und (formale) Bildung stärker miteinander zu verzahnen, als dies bislang insbesondere in der Schule der Fall ist. Inhaltlich wird das Projekt von einer medienpädagogischen Expert/inn/engruppe gefördert und begleitet, zusätzlich anberaumte Expert/inn/entagungen erlauben die Integration weiterer Perspektiven, Positionen und Meinungen aus Wissenschaft und schulischer Bildungspraxis.

Während einige Arbeitsgruppen auf diesen Tagungen klassische Felder der Medienbildung in den Blick nahmen, standen Fragen des Übergangs in anderen AGs zur Diskussion – also jene Fragen, die „entlang der Bildungskette“ künftig bedeutsamer werden und aktuell wenig erforscht sind. So war es naheliegend, dass auch der Übergang zwischen Schule und Beruf thematisiert wurde, vor Ort u.a. in drei Impulsreferaten, von denen eines, nämlich das Referat von Stefan Welling, auch online zur Verfügung steht. In der Diskussion zeigte sich allerdings, dass Medienbildung in der Schule nach wie vor an der technischen Infrastruktur krankt und ambitionierte medien- und wirtschaftspädagogische Konzepte kaum (und wenn überhaupt, nur in der Einzelschule) greifen können, wenn es schon im Basisbereich der Ausstattung mangelt. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber im Jahr 2013 doch ernüchternd, wenn man Medienbildung wissenschaftlich als integrierte Perspektive unterschiedlicher Institutionen, Fächer und Zielgruppen denkt und eben nicht als bloße Ausstattung mit Geräten oder den funktionalen Umgang mit digitalen Werkzeugen.

Was folgt aus der Veranstaltung? Erstens muss man bis auf Weiteres für die Praxis konstatieren, dass es viel zu tun gibt: angefangen bei der Infrastruktur über vielfältige medienpädagogische Angebote bis hin zu einem integrierten Gesamtkonzept von Medienbildung, das auch fächerübergreifende oder gar interdisziplinäre Perspektiven möglich macht. Speziell stärken könnte man zweitens die Verbindung zwischen Medienbildung und ökonomischer Bildung, wie Mandy Rohs und ich bereits in unserem merz-Artikel (siehe Abstract) beschrieben haben und wie sich in der oben skizzierten AG ebenso aus praktischer Perspektive untermauern ließ. Auch muss man drittens über den Charakter der anzustrebenden Fördermaßnahmen reden, die meines Erachtens drei Aspekte abdecken sollten: a) informationstechnische Grundbildung (im Sinne einer Auseinandersetzung mit dem Computer), b) funktionale Mediendidaktik (im Sinne einer Auseinandersetzung mit medialen Werkzeugen) sowie c) Medienbildung (im Sinne von Projekten zur umfassenden Medienkompetenzentwicklung). Ebenfalls hoffe ich darauf, dass die Ergebnisse des Projekts sowie der unterschiedlichen Expert/inn/entagungen bald öffentlich zugänglich werden, um in Politik und Wissenschaft zu diffundieren und letztlich Schule (weiter) zu entwickeln.

Erster Schultag

Aus meiner ersten Semesterwoche an der Pädagogischen Hochschule (PH) Heidelberg gäbe es sicher eine ganze Menge zu berichten, denn neue Orte heißen immer auch neue Personen, leicht andere Themen, vielfältige Erwartungen und spezielle Erfordernisse, die sich aus der jeweiligen Hochschule heraus ergeben. Herausgreifen will ich an dieser Stelle aber vorerst nur eine Erfahrung, die sicherlich ein Spezifikum an der PH ist (siehe dazu auch Wolfs Blogbeitrag), aber ohne genuines Lehramtsstudium auffällt und viel Aufmerksamkeit auf sich zieht: die Betreuung und Begleitung von Schulpraktika, in meinem Fall im Fach Deutsch. So gehe ich seit letztem Mittwoch wieder zur Schule, was aus (mindestens!) zwei Gründen interessant ist. Erstens habe ich auf diese Weise die Möglichkeit, mir mit der Schule einen wichtigen Kontext für Mediendidaktiker „von innen“ heraus zu erschließen und unter Umständen auch gestaltend auf Unterricht und (angehende) Lehrpersonen einzuwirken. Zweitens begleite ich in diesem Semester Studierende im Grundschullehramt und angesichts der Zielgruppe Grundschüler/innen ist dies speziell herausfordernd. Denn als Mediendidaktikerin hat man eher mit älteren Lernenden und (im Schulbereich) häufig mit Gymnasien zu tun. Ich bin daher ganz froh, dass ich nicht ins kalte Wasser der Betreuung und Begleitung der Studierenden geworfen wurde, sondern eine sehr erfahrene Kollegin an meiner Seite habe, von der ich sicherlich das eine oder andere bezogen auf das Fachpraktikum Deutsch lernen kann. Auch werde ich in diesem und in den kommenden Semestern unterschiedliche Formate des Schulpraktikums kennenlernen, da mit dem Wechsel auf eine neue Studien- und Prüfungsordnung die Verzahnung von Theorie und Praxis noch stärker gewährleistet werden soll. Hier werde ich sicherlich genauer hinschauen, kann ich doch der Grundidee der Verknüpfung per se einiges abgewinnen. Aber für’s Erste heißt es zu schauen, welche (Medien-)Projekte wir auf die Beine gestellt bekommen: Auf dem Lehrplan steht nämlich Grammatik. 😉

Gelesen: Schulen 2020 – Projektionen aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungstendenzen

Trendstudien sind ja generell eher mit Vorsicht zu genießen. Sie blicken aus dem Jetzt in die Zukunft und beurteilen letztere mit dem Wissen von heute. Trotzdem gelingen manche Positionspapiere mit Blick auf morgen besser als andere. Dazu gehört in meinen Augen auch ein Beitrag von Peter Posch und Herbert Altrichter, der mit „Schulen 2020“ überschrieben ist und wo die Autoren anhand aktueller gesellschaftlicher Entwicklungstendenzen mutmaßen, was Herausforderungen für die künftige Schule sein könnten. Sie schlagen dabei die Brücke von vier zentralen Herausforderungen, die Schulen schon heute betreffen und sich ihrer Ansicht nach weiter verstärken.

Trend 1: Veränderungen in der Arbeitswelt
Die Umbruchsituation in der Arbeitswelt führt nach Ansicht von Posch und Altrichter (2009, S. 31–32) dazu, dass sich auch Schule den veränderten Anforderungen stellen muss: So muss sie dafür sorgen, stets die Sinnhaftigkeit von Wissen zu vermitteln, auf dynamische Qualifikationen abzielen und gleichzeitig auch das nötige Selbstbewusstsein stärken, um in einer späteren (veränderten) Arbeitswelt zurecht zu kommen.

Trend 2: Veränderungen in der Sozialisation
Auch gehen die Autoren davon aus, dass die Sozialisation von Kindern und Jugendlichen in stärkerem Maße als heute dazu führt, dass Schulen „nicht nur ein Haus des Lernens, sondern auch Lebensraum bzw. soziales und kulturelles Zentrum“ (Posch & Altrichter, 2009, S. 33) werden. Für das Zusammenleben werden dann konkrete (neue) Regeln gebraucht, unter anderem bedingt durch die Normalität der Ganztagsschule. Unbestritten zum Alltag des Lehrens und Lernens gehören Internet und digitale Medien. Neben ihrem fachwissenschaftlichen Hintergrund werden Lehrer stärker als bisher dazu aufgefordert sein, ihr Fach auch gesellschaftsbezogen anzuwenden.

Trend 3: Zunehmende Dezentralisierung
Seit den 1990er Jahren wird die wachsende Autonomie der Einzelschule beschrieben, mitunter ist auch von der unternehmerischen Schule zu lesen. Schulen erhalten derart immer mehr Entscheidungsspielräume, die auch ausgefüllt werden müssen. Auf diese Weise kommt der Qualität von Schule und im Spannungsfeld interner Erfordernisse und externer Ansprüche immer mehr Gewicht bei. Auch die Arbeitsbedingungen von Lehrern geraten in den Fokus, um die Zufriedenheit bei der Lehrtätigkeit zu erhöhen. Denkbar ist überdies, dass den Schülern wachsende Handlungsspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten, kurz: Partizipationschancen, eingeräumt werden (ebd., S. 34–35).

Trend 4: Wachsende Heterogenität
Posch und Altrichter (2009, S. 35–37) gehen zudem davon aus, dass die Schule in zehn Jahren mit einer in hohem Maße heterogenen Schülerschaft umgehen muss. Diese Vielfalt führt dazu, dass die Bedeutung interkultureller Kommunikation auch im Schulalltag steigt. Zugleich müssen Lehrer umfassende Diagnosekompetenzen besitzen, um Lernen gemäß individueller Voraussetzungen zu gestalten. Modelle gemeinsamer bzw. integrierter Schule werden zugleich zur Selbstverständlichkeit.

Nach der Durchsicht vieler und disziplinär durchaus unterschiedlich akzentuierter Publikationen im Kontext meiner Dissertation habe ich den Eindruck, dass die Autoren mit ihrem Blick auf aktuelle Trends und daraus resultierenden Herausforderungen genau den Kern der Debatten um Schulentwicklung als Organisationsentwicklung treffen. Spannend ist dabei auch, dass sich die Diskussionen über die letzten (mindestens) zwanzig Jahre nicht großartig unterscheiden: Es mögen im Detail Themen hinzugekommen sein, aber im Prinzip geht es allen Veröffentlichungen zu Schulentwicklung um die Modernisierung einer Organisation, die sich stets auch dem öffentlichen Urteil stellen muss, was gute Schule ist und wie man diese beständig, aber reflektiert erneuern kann.


Quelle:
Posch, P. & Altrichter, H. (2009). Schulen 2020 – Projektionen aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungstendenzen. In D. Bosse & P. Posch (Hrsg.), Schule 2020 aus Expertensicht. Zur Zukunft von Schule, Unterricht und Lehrerbildung (S. 31–37). Wiesbaden: VS.

Bloggen, Twittern und Co.: Erfahrungen aus Studierendensicht

Bei all dem Trubel um die GMW’10 ist ein Projekt etwas untergegangen, das die Tagung seit drei Jahren auch zum Anlass nimmt, jeweils eine neue Ausgabe unter einem bestimmten Motto herauszubringen: w.e.b.Square. So gibt es die neue w.e.b.Square-Ausgabe schon seit gut einer Woche und inhaltlich widmet sie sich einem Thema, das angesichts der Erfahrungen bei den zurückliegenden Konferenzen höchst interessant scheint: „Bloggen, Twittern und Co.: Was bringt’s wirklich?“ Wie gewohnt, sind auch dieses Mal die Beiträge von Studierenden geschrieben – und zwar anlässlich eines Call for Papers, den wir im Frühjahr dieses Jahres ausgeschrieben hatten. Aller Zurückhaltung bei der Einreichung zum Trotz ist es nun wieder eine schöne Ausgabe geworden, die den Nutzen einiger digitaler Werkzeuge aus Studierendensicht beleuchtet und auch Einblicke in innovative didaktische Szenarien ermöglicht. Erfahrungen damit sind nicht nur positiv – im Gegenteil: Unsere Calls lassen immer auch Platz für Plädoyes, von denen dieses Mal auch ein paar bei uns eingegangen sind.

Im Namen des gesamten w.e.b.Square-Teams wünsche ich viel Freude bei der Lektüre 🙂