"weltzeit" über politische Kommunikation im Internet

In der aktuellen „weltzeit“ (S. 12f.) findet sich ein interessantes Interview zur politischen Kommunikation im Internet. Im Fokus steht Thomas Gensemer, Partner von Blue State Digital und Obama-Wahlkampfmanager. Er spricht über den letzten US-Wahlkampf und auch über (Denk-)Fehler, die hierzulande im Online-Wahlkampf gemacht werden. Im Kopf bleiben z.B. Aussagen wie „100.000 E-Mail-Adressen sind wichtiger als eine Million Follower bei Twitter“. Anhänger des Direktmarketing werden das mit großer Sicherheit unterschreiben, zumal auf diesem Weg eine direkte Ansprache von Wählern möglich ist. Da die Gruppe potenziell unentschlossener Wähler bekanntermaßen klein ist, gewinnt die direkte, vor allem auch emotionale Ansprache an Bedeutung.

Ergänzt wird das Gespräch um ausgewählte Ergebnisse zur Glaubwürdigkeit von politischen Informationen in unterschiedlichen Medien. Die W3B-Studie von Fittkau und Maaß (leider nur für viel Geld bestellbar) zeigt dabei auf, dass das Fernsehen in punkto Glaubwürdigkeit vor dem Internet liegt – überraschend, immerhin schneiden sonst vor allem die Qualitätszeitungen weit besser ab. Interessant sind die Ergebnisse auch im Hinblick auf die genutzten Informationsquellen im Internet: So liegen die Websites von Zeitschriften/Zeitungen, die von öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Sendern deutlich vor Internetangeboten der Bundesregierung und ebenso weit vor Social Networks, Blogs und Co. Man kann damit begründet zu dem Schluss kommen, dass letztere im deutschen Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle spielen (im Artikel heißt es dazu: „Derzeit sei das Internet hierzulande für einen Wahlkampf „à la Obama“ noch nicht bereit.“ (ebd., S. 13)).

Wahlkampf: klassisch oder modern?

Barack Obama hat es vorgemacht: Web 2.0 findet spätestens seit den letzten US-Präsidentschaftswahlen Einzug in den Wahlkampf. Auch die deutschen Parteien wollen ganz nach amerikanischem Vorbild und angesichts von 15 Wahlen im Jahr 2009 alle technologischen Möglichkeiten nutzen. Dass dabei noch Potenzial nach oben besteht, zeigen die Tagesthemen von gestern in einem schönen Beitrag auf. Der Versuch, Politik auf diese Weise stärker zu personalisieren, ist übrigens nicht neu: „Auch wenn es zunächst den Anschein erwecken mag – die Inszenierung von Politik ist keine Erfindung der Moderne. Sie ist so alt wie die Politik selbst.“ (Kötzing, 2006, S. 2)