#digimed_haw

Seit meinem Wechsel an die HAW Hamburg bin ich auch (nicht nur) für die Qualifizierung und Professionalisierung von Lehrenden zuständig, die nun ein erstes didaktisches Format gefunden hat: So wird fortan das Spektrum der hochschuldidaktischen Angebote erweitert um einen Workshop zu „digitalen Medien in Studium und Lehre“ (#digimed_haw). Aus der Ferne mag dieser Schritt logisch und gewöhnlich klingen, für die HAW stellt er jedoch eine echte und vor allem nennenswerte Erweiterung dar: hinsichtlich der Ergänzung einer technisch geprägten Sichtweise auf den Medieneinsatz um pädagogische Überlegungen sowie hinsichtlich einer Erweiterung des bisherigen hochschuldidaktischen Angebots in Richtung E-Learning/Blended Learning. Aus der Praxissicht ergibt sich dabei weiterhin die Notwendigkeit, über „die Medien“ zu sprechen und Perspektiven für ihren Einsatz in Studium und Lehre zu entwickeln. Die Hoffnungen in Richtung eines umfassenden Medieneinsatzes dürfen jedoch nicht zu hoch gehängt werden: Lösungen müssen in der Regel pragmatisch, klein und bei allen zeitlichen Engpässen noch machbar sein. Ich bin daher sehr gespannt, wie sich der Workshop bis Ende September entwickelt und ob es uns gelingt, die „hinter“ den Hoffnungen eines vermehrten Medieneinsatzes liegenden pädagogischen Probleme zu identifizieren und bei ihnen – nicht bei „den Medien“ – anzusetzen. Mal schauen, wie mir das Vorhaben gelingt.

Ertappt! Oder nicht?

Die GMW’10 liegt nun schon vier Monate hinter uns, aber bei einem Zitat von Ewald Terhart musste ich nochmals an unsere Diskussionen zur Tagungsdidaktik von damals denken. Im Wortlaut:

„Eine Sache didaktisch aufzubereiten, sich didaktisch zu verhalten hat einen durchaus ambivalenten Ruf. In pädagogischen Zusammenhängen wird es durchaus noch begrüßt – wenn es denn kompetent gemacht wird. Unterricht muss didaktisch sein. In außerpädagogischen Zusammenhängen das Ziel massiver Didaktisierungsbemühungen anderer zu sein, wird schon deutlich weniger geschätzt. Da möchte man motiviert und fasziniert werden – aber nicht didaktisch an die Hand genommen. Damit soll angedeutet werden: Didaktisches Handeln hat immer den Beigeschmack des Künstlichen, des Anleitenden, der Gängelung oder gar Nötigung. Es ist ein Handeln, das sehr schnell als überdosiert wahrgenommen wird. Überall Chancen für Didaktisierung zu sehen, ist eine berufsbedingte Haltung von Schulpädagogen und (manchen) Lehrern. Eine solche Didaktisierung dann auch noch in Überdosis anzubringen, muss man wohl schon als eine Art Berufskrankheit allzu ambitionierter Pädagogen bezeichnen. Insofern ist es wichtig, sich immer auch der sachlichen und moralischen Grenzen der Didaktik bzw. der Didaktisierbarkeit von Lern- und Erfahrungsprozessen bewusst zu sein.“ (Terhart, 2009, S. 100, Hervorhebung im Original)

Ein Stück weit fühle ich mich bei diesem Textausschnitt „ertappt“ – auch Joachim hatte vor ein paar Monaten hinsichtlich der Didaktisierung von Veranstaltungen Bauchschmerzen. Umgekehrt bin ich immer noch der Meinung, dass man Tagungen unter dem Gesichtspunkt von Lernen und Wissenserwerb betrachten kann (ich lasse nicht locker!). In jedem Fall wird mich dieses Thema weiter beschäftigen.

Btw.: Das Reclam-Heft sieht nach der ersten Lektüre gewohnt zerfleddert aus… das sagt aber, kennt man auch schon, nichts über die Qualität des Inhalts aus, denn: Das Buch bietet einen guten Einstieg in Didaktik und didaktische Fragestellungen, gerade wenn man nicht direkt aus dem Fachbereich Erziehungswissenschaft kommt. Außerdem ist es recht günstig zu haben, was den Kauf für studentische Budgets ermöglicht.


Quelle:
Terhart, E. (2009). Didaktik. Eine Einführung. Stuttgart: Reclam.