Zur Bedeutung der Artefakte beim forschenden Lernen #Forschungsskizze

In diesen Tagen werden wieder allerhand Forschungsskizzen abgegeben, die in meiner Einführungsvorlesung in die Mediendidaktik entstanden sind. Die Forschungsskizzen sind als Artefakte deswegen so interessant, weil sie sehr gut zeigen, dass Studierende innerhalb einer forschungsorientierten und „geflippten“ Vorlesung anders als mit den sonst gewohnten Frontalvorträgen zum (Nach-)Denken angeregt werden. Die thematische Vielfalt der eingereichten Skizzen macht dies besonders deutlich, denn: Es ist zulässig, sich auch in Grau- oder Grenzbereichen der Mediendidaktik zu bewegen und sich mitunter stärker auf andere Disziplinen zu beziehen, als dies bspw. aus allgemeindidaktischer Sicht der Fall wäre.

Diese breite Auseinandersetzung finde ich in einer Einführungsvorlesung wichtig, weil sie Bezüge zu aktuellen Fachdiskursen herstellt und Fragen, was Mediendidaktik heute ist, überhaupt erst aufgeworfen bzw. erzeugt werden. So sehe ich seit längerem, dass Mediendidaktik nicht mehr nur das Lernen mit Medien adressiert, sondern auch das Lernen über Medien (im medienpädagogischen Sinne) innerhalb der Mediendidaktik an Bedeutung gewinnt. Daneben wird ein breiter Medienbegriff wichtiger, der alle Medienformen einschließt und neben der Nutzungskomponente insbesondere Kommunikations- und Diskursräume adressiert. Widersprüche, bspw. zum Medienbegriff in der Fachdidaktik, werden sichtbar und sind auch nicht unbedingt mit den Entwicklungen innerhalb der Mediendidaktik als Disziplin vereinbar. Mit all diesen Diskussionen und Entwicklungen sollten sich auch Studierende beschäftigen – mithilfe von theoretischen, empirischen und konzeptionellen Impulsen durch die Lehrenden, aber auch durch die Beschäftigung mit eigenen Fragen oder Problemen. In der Didaktik nennt man das Situiertheit.

Letztere stellt Studierende vor Herausforderungen, die ich aus Lehrendensicht erst einmal verstehen musste: Fast mantraartig trage ich deshalb in der Vorlesung vor mir her, dass es in den Forschungsskizzen ausdrücklich erlaubt ist, sich mit eigenen (Forschungs-)Fragen zu beschäftigen und in der Umsetzung der Skizzen kreativ zu werden. Es geht nicht darum, Aufgaben nach einem speziellen Vorbild bloß abzuarbeiten; die Aufgaben stellen vielmehr Anlässe zum Nachdenken/Forschen dar. So hat sich mindestens ein Forschungstandem überlegt, einen Film anstelle einer schriftlichen Skizze einzureichen. Glücklicherweise handelt es sich bei den Forschungsskizzen um Studienleistungen, dass auch eine solche Medienform prinzipiell möglich wäre. Einzige Einschränkung ist, dass dem Film ein Script zugrunde liegen muss, das den Bezug zur eigentlichen Aufgabe deutlich herstellt.

Nicht nur dieses Beispiel zeigt sehr gut auf, dass Studierende allein durch die Form der Forschungsskizze in der Vorlesung ganz anders als sonst zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit mediendidaktischen Fragen angeregt werden. Darüber hinaus wird mehr als deutlich, welchen Wert schließlich das Artefakt/Produkt für den subjektiv empfundenen Lernerfolg hat. Allerdings zeichnet sich auch ab, dass zumindest einige Studierende sehr viel Zeit mit der Forschungsskizze verbringen und sie den abschließenden Test trotz der Vielzahl an Transferfragen eher unsinnig finden. Für sie ist es ein Entweder-Oder: entweder ein freies Auseinandersetzen oder auf einen Abschlusstest „Lernen“. Ich hingegen ziele auf ein Sowohl-als-Auch ab, sprich auf die freie Auseinandersetzung bei gleichzeitiger Einübung von Grundlagen- und Transferwissen. Die Diskussion über dieses Spannungsfeld wird mich wahrscheinlich noch länger in der Vorlesung begleiten.

Zeit für… einen (knappen) Jahresrückblick

Zu Jahresende werden viele Abhandlungen über die Zeit geschrieben. Zeit, die (zu) schnell vergangen ist, Zeit, die man nicht (mehr) hatte, Zeit, die plötzlich da war oder doch ausgegangen ist, Terminstress, … Zeit scheint also Jahr für Jahr ein wichtiger, aber auch limitierender Faktor zu sein. Ich bin daher froh, dass ich im letzten Jahr viel Zeit hatte: Zeit, um mich inhaltlich zu orientieren und meine Interessensbereiche in der Forschung klar(er) abzustecken. Zum Beispiel auf den medienpädagogischen Tagungen in Innsbruck und Aachen, die bei dieser Orientierung deutlich geholfen haben. Später im Jahr ging es dann darum, eine nicht ganz unwesentliche Entscheidung zu treffen. Viel Zeit blieb dafür nicht, aber immerhin genügend, um mich mit der neuen, damals noch potenziellen Organisation auseinanderzusetzen und auch im Kopf ein paar Mal umzuziehen. Das Ergebnis ist bekannt. Seit September bin ich Juniorprofessorin für Mediendidaktik/Medienpädagogik an der Universität zu Köln. Die Eindrücke rund um die neuen Aufgaben und die neue Organisation sind vielfältig und auch gewaltig. Vor allem Fragen im Kontext von Massenuni, Bologna und Zeit(-ökonomien) schwirren mir im Kopf herum – nicht zuletzt wegen meiner forschungsorientierten Vorlesung „Einführung in die Mediendidaktik“. Wie kann man Forschungsorientierung eigentlich in einer Massenuni umsetzen? Wie tragen forschungsorientierte Vorlesungen dazu bei? Einige Antworten auf die Fragen habe ich schon gefunden. Systematischer werden sie im neuen Jahr zur Verfügung stehen. Vor meinem Wechsel nach Köln ist auch viel Zeit in Publikationstätigkeiten geflossen. Darüber hatte ich an anderer Stelle schon geschrieben. Nach und nach erscheinen nun die Texte; auch der Tagungsband zum #JFMH13 ist in den letzten Zügen. Jetzt heißt es, die verbleibende Zeit im Jahr sinnvoll für mich zu nutzen – denn mit dem neuen Jahr kommen gleich neue zeitliche Verpflichtungen auf mich zu. Der Umzug nach Köln (endlich!) ist eine davon, aber auch auf die Teilnahme am Jahresprogramm von Lehre n freue ich mich sehr.

Apropos… Forschungspost

In größeren Lehrveranstaltungen ist es in der Regel schwierig, alternative Lehr-Lernkonzepte umzusetzen. In meiner aktuellen Vorlesung wage ich es aber doch – zumindest in Teilen, da ich sie trotz oder gerade wegen der großen Studierendenzahl forschungsorientiert gestaltet habe. D.h. aktuelle Forschungsergebnisse und die Diskussion darüber spielen in der Veranstaltung genauso gut eine Rolle wie eigenes Forschungshandeln der Studierenden. Zu ihrer Begleitung kommt – neben einem „just-in-time“-Tutorium – u.a. die Forschungspost zum Einsatz. Just erschienen ist Forschungspost 02: Dieses Mal geht es um  Reisevorbereitungen… lest selbst (Überblick | Direktlink).

Medien – Lernen – Hochschule: zwei neue Artikel

Über den Sommer sind gleich mehrere Artikel entstanden, die sich mit dem forschendem Lernen und/oder dem Lehren und Lernen mit digitalen Medien befassen. Zwei der Artikel sind nun „druckfrisch“ erhältlich:

So ist a) das Handbuch „Informelles Lernen“ von Matthias Rohs in großen Teilen erschienen, in dem ich einen Text zum informellen Lernen mit digitalen Medien an der Hochschule besteuern durfte. Neben generellen Überlegungen zum informellen Lernen an der Hochschule stelle ich vier Beispiele vor, die aus meiner Sicht typisch dafür sind, wie informelles Lernen formales Lernen in und an Hochschulen ergänzt. Auch komme ich zu dem Schluss, dass informelles Lernen an Hochschulen vor allem als selbstgesteuertes Lernen gefasst wird – eine Engfassung, die sich durch den spezifischen Bildungskontext und primäre Bezugsdisziplinen in der Diskussion ergibt. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass ich auch (nicht ausschließlich) vom informellen Lernen die Brücke zum forschenden Lernen baue.

Darüber hinaus findet sich b) in der aktuellen DUZ ein knapper Text zur Forschungsorientierung im Studieneingang. Zusammen mit Grit Würmseer gehe ich hier der Frage nach, wie forschendes Lernen in all seinen Facetten im Studieneingang möglich ist. Wir orientieren uns dabei, wie in der Diskussion um forschendes Lernen durchaus üblich, am Forschungskreislauf und benennen Optionen für forschendes Lernen, die sich entlang dieses Kreislaufs ergeben. In der Online-Version wird der Beitrag auch mit der Forschungspost verlinkt, die in meiner forschungsorientierten Einführungsvorlesung derzeit als ein Instrument zur Unterstützung forschenden Lernens im Massenstudium genutzt wird.

Interesse an den Beiträgen? Der DUZ-Beitrag wird mit Erscheinen der Ausgabe 12 auch online verfügbar sein; o.g. Handbuch-Artikel ist leider nur über Springer VS verfügbar (Link).

Quellen:

  • Hofhues, S. (2015). Informelles Lernen mit digitalen Medien in der Hochschule. In M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Informelles Lernen (S. 1–14). Heidelberg: Springer VS (Beitrag).
  • Würmseer, G. & Hofhues, S. (2015). Ins Forschen hineinwachsen. Deutsche Universitätszeitung DUZ. 11, 77–79.

Geblendet (von der Morgensonne) #medida15

Eine ganz neue Erfahrung: morgens um kurz nach 7 Uhr die Bahn zu nehmen, um ab etwa halb Acht den Laptop aufzuklappen und sich (gedanklich) auf die kommende Vorlesung einzustimmen. Etwa so wird in den kommenden Wochen jeder Mittwochmorgen für mich aussehen: Zwischen Acht und halb Zehn findet dann meine Einführungsvorlesung in die Mediendidaktik im großen Hörsaal 4 der Humanwissenschaftlichen Fakultät statt. Vor Vorlesungen wie diesen, die für viele Studiengänge an der Universität zu Köln geöffnet sind und große Studierendenzahlen ansprechen, habe ich als Lehrende durchaus Respekt. So gilt es für rund 270 angemeldete Studierende Inhalte auszuwählen, die ich für eine heterogene Gruppe als angemessen erachte, und eine interessante Form für die Vorlesung zu finden, die auch zum Kommen und Mitmachen einlädt.

Im Vorfeld habe ich mir daher viele Gedanken um diese Veranstaltung gemacht und ein Konzept entwickelt, das durch Forschungsorientierung gekennzeichnet ist. Weil speziell die Betreuung in forschungsorientierten Vorlesungen anspruchsvoll ist, setze ich – passend zum Thema – unterschiedliche digitale Ressourcen (LMS, internes Wiki, Blog, Twitter) ein. Zudem gibt es eine Online-Sprechstunde durch die involvierte Tutorin Sabrina. Zur direkten Ansprache der Studierenden dient Sabrina und mir vorwiegend ein narratives Instrument: Wir schreiben ab sofort regelmäßig ‚Forschungspost‘ an die Studierenden. Damit meinen wir einen (offenen) Brief zur Forschungsorientierung, der an den Stellen zum Einsatz kommt, wo die Forschungsorientierung den Studierenden zu schaffen machen könnte. Die erste Forschungspost ‚gute Reise‘ steht daher auch seit Vorlesungsbeginn online.

Ich bin schon sehr gespannt, wie das forschungsorientierte Vorlesungskonzept in Gänze aufgeht und freue mich sehr, dies auch im Rahmen von Lehre hoch n im Jahresprogramm 2016 reflektieren zu dürfen. Aber auch die (frühe) Vorlesungszeit hält einige Herausforderungen für mich parat. Denn pünktlich zur Mitte der Vorlesungszeit werde ich künftig geblendet: von der aufgehenden Morgensonne beim Blick ins Plenum. Natürlich werte ich dies als positives Zeichen – und stelle mich pragmatisch auf die andere Seite des Hörsaals.

Studentisches Publizieren: eine (schöne) Initiative mehr

Initiativen rund um das studentische Publizieren sind nach wie vor rar (zur Sammlung mir bekannter Initiativen). Meist wird davon ausgegangen, dass Studierende noch nicht so weit sind, ihre Beiträge in der und für die wissenschaftliche Community zu veröffentlichen. Mitunter wird das Veröffentlichen auch nicht als Teilschritt forschenden Lernens verstanden. Umso erfreulicher ist es, dass mit dem „Wilhelm“ die erste Ausgabe eines neuen studentischen Magazins vorliegt. „Der Wilhelm“ geht, wie es der Name schon andeutet, auf Wilhelm von Humboldt und die mit ihm verbundene Bildungsidee zurück. Initiator_innen sind Studierende an der Zeppelin Universität, die sich und ihrer studentischen Forschung im sog. Humboldt-Jahr ein Gesicht verleihen wollten.

Ich finde die Initiative prima, steht sie doch ganz im Zeichen einer konsequenten Forschungsorientierung und zeigt, dass studentisches Publizieren prinzipiell „geht“. Auch sehe ich sie im größeren Zusammenhang der undergraduate research journals, wie sie an U.S.-amerikanischen Universitäten längst stärker verbreitet sind. Persönlich gratuliere ich den Studierenden daher sehr, dass sie den Wilhelm nun in Händen halten dürfen und hoffe, dass Ausgabe 2 nicht allzu lange auf sich warten lässt. Dafür drücke ich aus der Ferne fest die Daumen.

Zu Gast: im VC bei e-teaching.org

Es macht immer wieder Freude, bei e-teaching.org im virtuellen Klassenzimmer (VC) zu Gast zu sein und zu aktuellen Themen mit der Community ins Gespräch zu kommen. So läuft derzeit das Themenspecial „Social Media – Social Learning“, das aus meiner Sicht viele brennende Fragen aufgreift: bspw. die Frage danach, wie man Studierende online beteiligen könnte. Sie stand auch im Fokus der heutigen Session, die – wie gewohnt – von Anne Thillosen moderiert und inhaltlich von Silvia Hartung (Uni der Bundeswehr), Simon Retzmann (Student, Ruhr Uni Bochum) und mir sowie von recht vielen Teilnehmenden gestaltet wurde (in der Hochzeit waren es um die 80 Personen – eine ganze Menge!). Inzwischen kann man die Session auch online einsehen und meine Folien bei Slideshare abrufen, sodass alle Inhalte im Nachhinein nachvollziehbar sein sollten.

Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass die Session recht lebendig war, aber doch einige Fragen offen geblieben sind. Ich würde daher gerne Annes Hinweis aufgreifen und zur weiterführenden Diskussion einladen: sei es hier durch weitere Kommentierungen oder Fragen oder auf Facebook, wo möglicherweise ebenfalls Anschlussdiskussionen stattfinden. Für mich nehme ich mit, dass Studierende durchaus Interesse an Peer Feedback haben und dann vor allem der Umgang mit Kritik (Stichwort: negatives Feedback) zu üben wäre. Solche Überlegungen stehen m.E. im Zusammenhang mit dem individuellen Lernfortschritt, aber auch mit einem Verständnis von Bildung durch Wissenschaft. Beim forschenden Lernen ist nämlich Kritik (und das permanente Üben von Kritik) ein wesentlicher Modus – genauso wie in der Wissenschaft selbst.

Neues Forschungsprojekt: FideS (Forschungsorientierung in der Studieneingangsphase)

Forschendes Lernen oder, weiter gedacht, Forschungsorientierung in Lehre und Studium interessieren mich schon länger. Zuerst habe ich mich mit dem „Königsweg“ forschenden Lernens als Lehrende beschäftigt, als es nämlich um die sinnhafte Gestaltung meiner Methodenkurse ging. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung damit und darüber war dann sehr hilfreich: Sie hat mir geholfen, passende Umsetzungen für die eigene Lehre zu finden, Forschungsorientierung aber auch als „größere“ Strategie für Lehre und Studium zu verstehen und selbst darüber zu forschen (bspw. zum Zusammenhang forschenden Lernens in, mit und durch (digitale) Medien). Umso mehr habe ich mich gefreut, als bekannt würde, dass unser kooperatives Forschungsprojekt FideS (Forschungsorientierung in der Studieneingangsphase) vom BMBF bewilligt wurde. Im Vordergrund des Projekts steht zu untersuchen, welches Verständnis von Forschung in unterschiedlichen Fachkulturen vorliegt, wie sich forschendes Lernen in der so wichtigen Phase des Studieneingangs tatsächlich gestaltet, aber auch, wie forschendes Lernen künftig aussehen könnte und welche Rolle u.a. Medien dabei spielen (siehe dazu weiterführend Gabis Post, Mandys Post und Ulrikes Post). Nun geht alles ganz schnell: Schon im April wird das Projekt starten und dann über drei Jahre laufen, die wir hoffentlich für interessante Untersuchungen und Entwicklungen nutzen können.

Zurückgebeamt: Einführungswoche an der ZU

Welche Ideen von Forschung hatten Sie, als Sie an der ZU begonnen haben zu studieren? Wie hat sich dieses Verständnis über die Zeit verändert? Was zeichnet Forschung oder vielmehr: zu forschen für Sie heute aus?

Solche und ähnliche Fragen standen gestern in einer Diskussionsrunde mit drei Studierenden höherer BA-Fachsemester und weiteren Gästen im Mittelpunkt. Der Hintergrund der Diskussionsrunde ist einfach zu erklären: An der ZU hat am Montag das neue Semester (Spring 15) begonnen und es gilt, Erstsemester in das Studium an der ZU einzuführen. Die Planung obliegt dabei der studentischen Vizepräsidentin mit ihrem Team, die gemeinsam dafür sorgen, dass sich die ersten Tage an der neuen Uni für alle positiv gestalten. Dazu gehören ein Ausflug oder Video-Schauen genauso wie fachliche Einführungen, organisatorische Hinweise und eben unsere Diskussionsrunde zum forschenden Lernen. In diese Diskussion bringen wir (das sind Gabi und ich) uns natürlich gerne ein, denn die Fragen der Erstsemester sind in der Regel vielfältig. Auch fordert ein forschungsorientiertes Studium den Studierenden mitunter mehr ab, als dies bspw. bei einem traditionellen Studienstart der Fall wäre. Umso interessanter sind dann Antworten älterer Semester: Sie setzen bspw. Arbeitsaufwände im ersten Studienjahr in Relation, machen Problembereiche ihrer eigenen Forschungstätigkeit weniger bei den Inhalten als beim wissenschaftlichen Arbeiten oder beim Projektmanagement fest oder sie sprechen darüber, welche Personen gerade im ersten Studienjahr (für Diskurs, aber auch zur Mediation) an Bedeutung gewinnen. Auch der Vergleich zu Formaten forschenden Lernens in der Schule fehlt in den Äußerungen und Bewertungen nicht.

Rückblickend war es für mich eine aufschlussreiche Diskussionsrunde, die Einsichten in das forschungsorientierte Studium an der ZU gegeben hat und die bei mir als Moderatorin den einen oder anderen Schmunzler verursacht hat: Ist man nämlich in die Begrüßung von Erstsemestern involviert, wird man immer auch ‚zurückgebeamt‘ in die Zeit des eigenen Studienstarts, wo noch diffuse Vorstellungen zum Studium bestanden und Anforderungen mitunter als groß wahrgenommen wurden. Rückblickend waren diese sicherlich ‚halb so wild‘ und dies war bestimmt eine der Botschaften, die Studierende gestern mitnehmen konnten. Gleichzeitig gilt der Studieneinstieg als besonders relevante Phase im Studium, die viel Aufmerksamkeit und Kommunikation von allen Seiten erfordert (siehe dazu auch Huber (2010) ‚Anfangen zu studieren‚).

Tabus an der Hochschule

… lautete der Titel der 9. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung (GFHF), die in der letzten Woche an der TU Dortmund (organisiert vom Team des zhb und des GFHF-Vorstandes) stattfand und allerhand Tabus ebenso wie Tabubrüche im Kontext Hochschule offenlegte. Das breite Spektrum der Tabus ergibt sich dabei aus der Vielfalt disziplinärer Zugänge zur Hochschulforschung über ausschließlich bildungs- bzw. organisationssoziologische Prägungen hinaus, aber auch aus dem zugehörigen Call for Presentations, dem ein gewisser Öffnungsprozess gegenüber den Vorjahren zugrunde lag. Entsprechend war und ist es nicht ungewöhnlich, dass auch ein Track Lehre auf der Tagung der Hochschulforscherinnen und -forscher zu finden ist, obschon Hochschulforschung und Hochschuldidaktik in jüngerer Zeit eher getrennte Wege gegangen sind und sich erst langsam über Personen, Themen und Förderlinien wieder annähern.

Letzterer Annäherungsprozess und das Tagungsthema war es dann auch, was mich bewegte, mit einem Vortrag zur ‚Forschungsorientierten Gestaltung im Studieneingang‘ nach Dortmund zu reisen. Mit meiner Kollegin Grit Würmseer habe ich dabei die Gelegenheit des gemeinsamen Blicks genutzt: hinsichtlich etwaiger Schnittmengen von Hochschuldidaktik und Hochschulforschung, aber auch hinsichtlich der verschiedenen Gestaltungsebenen, die Forschungsorientierung in dieser höchst relevanten Phase des Studiums adressiert. Dazu passend haben wir drei Thesen entwickelt, die uns zur Strukturierung des Vortrags, aber auch zur weiteren Diskussion mit den Teilnehmenden dienten:

1. These | Makroebene der Universität
‚Bildung durch Wissenschaft‘ wird zwar generell befürwortet, eine konsequente Forschungsorientierung ist angesichts herausfordernder, struktureller Bedingungen an Universitäten aber (eher) tabu.
2. These | Mesoebene der Programmgestaltung
Studentische Forschung speziell im Studieneingang ist angesichts vorherrschender Prämissen und Routinen seitens der Lehrpersonen und der Hochschulleitungen (eher) tabu.
3. These | Mikroebene der Lehrveranstaltung
Forschungsorientierung in Lehrveranstaltungen ist in unterschiedlichen Ausprägungen vorhanden, ein ‚fail forward‘ ist aber (eher) unüblich und damit tabu.“

These drei bildete ausgehend von unserer didaktischen Betrachtungsweise den Schwerpunkt. Dieser ist natürlich, wenn man Hochschuldidaktik zuerst synonym mit einer hochschulbezogenen Lehr-Lernforschung versteht. Darüber hinaus boten sich aber genügend Ankerpunkte zur Diskussion über die eher organisations- oder bildungssoziologisch geprägte Mesoebene, weil die Umsetzung von Forschungsorientierung besonders auf den übergeordneten Gestaltungsebenen ‚hakt‘ und dort ebenso intensiver und didaktischer Betrachtung bedarf. Die Hinweise zur Makroebene sind hingegen fast allgemeiner Natur, wenn man überlegt, wie Thematisierungsstrategien an Hochschulen/Universitäten vonstatten gehen und welche auch managerialen Instrumente zur – wiederum – didaktischen Gestaltung bestehen. Nach theoretischer, empirischer und didaktischer Betrachtung kamen wir dann zu dem Schluss, dass Forschungsorientierung im Studieneingang zwar generell machbar ist, in den unterschiedlichen, vorliegenden Konzepten aber selten alle Gestaltungsebenen gleichermaßen bedient werden.

Gleichzeitig haben wir ausdifferenziert, warum jene Forschungsorientierung aus unserer Sicht im Spannungsfeld von Zumutung und Zutrauen liegt. Gerade die meist widersprüchlichen Aussagen von Studierenden zur Forschungsorientierung deuten an, dass diese für sie manchmal einer Zumutung gleichkommt, aber: Wird Rolle als Forschende wahrgenommen, kommen sie zu einem subjektiv ‚besserem‘ Lernergebnis. Entsprechend gilt es, Widersprüchlichkeiten forschenden Lernens/forschungsorientierter Lehre insgesamt zu akzeptieren und systematischer zu implementieren, evaluieren und weiterzuentwickeln (etwaige Zumutung, aber auch Forschungsperspektive im Sinne entwicklungsorientierter Bildungsforschung). Zudem erfordert die übergreifende Programmgestaltung Kollaboration und Vernetzung der Lehrenden, arbeitsteiliges Vorgehen usw. (also ein Zutrauen, entspricht aber auch der pädagogischen Hochschulentwicklung als Gestaltungsmoment von Hochschulforschung). Die große Herausforderung bleibt die angemessene und ausgewogene Bearbeitung von Themen/Inhalten (Fachlichkeit), Methoden und Metastrategien zur Bewältigung forschungsorientierter Formate, aber auch die Möglichkeit des (studentischen) Scheiterns innerhalb dieser Lernumgebungen.

Anders als sonst ergeben sich aus dem Vortrag somit vor allem Fragen, sprich Forschungsfragen, die auf Mikro-, Meso- und Makroebene nach Möglichkeiten der Instruktion und Begleitung beim forschenden Lernen, nach (Bildungs-)Räumen zur Forschungsorientierung zu Studienbeginn, nach Routinen und Haltungen von Lehrenden oder auch nach weiteren Rahmenbedingungen suchen und diese erforschen (wollen). Stellt man sich nämlich diese Fragen, beginnt man das antizipierte Tabu der Forschungsorientierung rasch zu brechen. Dass dazu vor allem das studentische Scheitern im Sinne eines ‚fail forward‘ akzeptiert werden muss, ist nicht nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit sowohl der praktischen als auch der weiteren wissenschaftlichen Auseinandersetzung insbesondere bei Lehrpersonen und Forschenden.