Irritation als Daueraufgabe?

Tamara schickte mir einen Link aus der Zeit, übertitelt mit „Die Superprofs„. Der Artikel ist grundsätzlich interessant, fokussiert er doch die Bedeutung der universitären Lehre. Auch deutet er alltägliche Konflikte von Wissenschaftlern an, wenn sie sich neben Forschung eben auch oder besonders mit Lehre auseinandersetzen wollen. Der Text steht insofern stellvertretend für eine Reihe (hochschul-)pädagogischer Innovationen, die sich aus dem Hochschulalltag ergeben und meist im direkten Zusammenhang mit anvisierten Lehr-Lernzielen in einer Lehrveranstaltung stehen. Wiedererkannt habe ich mich in einem Beispiel ganz besonders: So wird unter anderem auf „10-Minuten-Präsentationen“ eingegangen und dazu von Studierenden erwartet, ihre Ideen/Konzepte argumentativ zu durchdenken und zeitlich auf den Punkt zu bringen. Vermutlich ist es auch dieses Beispiel, das Tamara beim Linkversand in den Kopf kam, denn: In meinen Seminaren in Augsburg führte die zeitliche Engfassung bei Kurzpräsentationen zu großen Diskussionen unter MuK-Studierenden. Zu Beginn mussten fast immer Präsentationen abgebrochen werden, die sich nicht an die Zeitvorgaben hielten. Gegen Ende der Projektseminare haben sich die Irritationen oft gelöst, verbunden mit Verständnis für die leicht andere didaktische Konzeption. Daher kann ich die Schilderungen im Text gut nachvollziehen, die nicht nur spezifische Lernziele mit der Methode Kurzpräsentation verknüpfen, sondern auch verdeutlichen, dass ein anderes Vorgehen in der Lehre nicht zwingend von Lernenden gewünscht ist. Bei aller Hoffnung, Lehre durch unterschiedliche Formen der Förderung attraktiver und vielfältiger zu machen, steckt im durchwachsenen Lernendenfeedback die wohl größte Herausforderung für Lehrende. Denn wie viel Irritation und Diskussion lässt sich auf Dauer schon aushalten?

Zu anders, zu öffentlich, zu anstrengend?

Seit gestern Abend mache ich mich auf Ursachenforschung: Ursachen dafür, dass zum virtuellen Kick-off-Termin meines w.e.b.Square-Seminars in Augsburg außer den Begleitstudiumsteilnehmerinnen und Tutorinnen niemand erschienen ist. Das ist mir in all den Jahren der Lehre noch nie passiert. Natürlich gibt es mal Lehrveranstaltungen, die schlechter besucht sind als andere; im Großen und Ganzen sind es aber immer ausreichend Interessenten, um ein (Block-)Seminar auch durchzuführen. Dies galt und gilt selbst für die Lehrveranstaltungen, die didaktisch „anders“ strukturiert sind als klassische Seminare mit Referat und Hausarbeit, die andere Lern- und Kompetenzziele verfolgen, welche entsprechend auch anders geprüft werden. Im Fall von w.e.b.Square ist dies schon seit Jahren eine Kombination aus der Anfertigung eines wissenschaftlichen Artikels, der bei w.e.b.Square – dem gleichnamigen Undergraduate Research Journal – online gestellt und einem offenen Peer Review aus internen und externen Gutachtern unterzogen wird. Dieser Artikel wird in kurzer Zeit eines Semesters erstellt, hat meist etwas mehr theoretisch-konzeptionelle Anteile als empirische und wird – wie im Wissenschaftsbetrieb üblich – auf einer (studentischen) Tagung präsentiert, die vor Ort und im Netz öffentlich zugänglich ist. Das Seminar endet mit einer kritischen Reflexion und Evaluation, die auch schriftlich (kurz) durch die Studierenden festgehalten wird. Mal mehr, mal weniger integriert werden in das Seminar Elemente von Web 2.0, da die gestellten Anforderungen bereits so umfangreich sind, dass jegliche Form von Vernetzung und öffentlicher Reflexion nochmals eigene und anspruchsvolle Anforderungen an die Studierenden stellt. In Summe ist w.e.b.Square also ein anstrengendes Seminar, das will ich nicht verschweigen, und allein die Ergänzung meiner Person um Co-Dozentinnen, Tutorinnen oder Begleitstudiumsteilnehmer zeigt schon seit nunmehr sechs Jahren, dass der Aufwand nicht nur auf Studierendenseite hoch ist, auch die Erwartungen und Anforderungen an die Betreuung und Begleitung der Studierenden sind deutlich größer als bei herkömmlichen Lehrveranstaltungen. Dennoch hat dieses Paket nie „gestört“, im Gegenteil: Es traf den Nerv des MuK-Studiengangs und passte gut zu den Interessen der Studierenden, die vielfach an der Schnittstelle von kommunikations- und bildungswissenschaftlichen Fragestellungen lagen und liegen. Nun wird es dieses Semester kein w.e.b.Square-Seminar geben. Das ist schade, aber nicht zu ändern, da das Projekt zwar lange meins war, aber mit meinem Weggang natürlich in andere Hände gelegt werden musste. Auch kann ich aus der Ferne lediglich vage analysieren, was mögliche Ursachen für fehlendes Interesse an der Lehrveranstaltung sind. Curriculare Veränderungen können eine Ursache sein, werden aber sicher nicht allein dafür verantwortlich sein, dass die Veranstaltung in diesem Semester nicht zustande kommt.

Wildes Votieren

Wer in den letzten Tagen Facebook und Twitter verfolgt hat, dem sind bestimmt all die Postings und Tweets zur Hochschulperle aufgefallen. Etwa zwei Wochen lang wurde vom Stifterverband die Hochschulperle des Jahres 2011 gesucht. Da die student.stories als ein Projekt für die Hochschulperle 2011 nominiert waren, haben wir (d.h. das alte Augsburger Team) uns kräftig um Stimmen bemüht. Man könnte auch sagen, wir haben die Werbetrommel gerührt.

Was nach außen nach wildem Votieren aussah, hatte auch einen tieferen Grund: Es gab die Möglichkeit, jeden Tag für eines der 12 Projekte zu abstimmen. Nun mag es eine Frage der Ehre sein, nur einmal für das Projekt seiner Wahl abzustimmen, aber: Der Wettbewerbscharakter sorgte bei vielen Projektverantwortlichen dafür, sich um neue und alte Stimmen aktiv zu bemühen.

Entsprechend klasse ist jetzt das Ergebnis aus Sicht der student.stories: Das Projekt schaffte es auf Platz 3 und ich freue mich für die beteiligten Studierenden sehr über diese Platzierung. Kritisch anzumerken ist aber, wie bei Wettbewerben dieser Art Ergebnisse beeinflusst werden (können). Hier würde ich mir aus Fairnessgründen ein anderes Abstimmungssystem wünschen. Dass auf diese Weise Komplexität von Wettbewerben steigt, ist klar. Aber der Preis würde aus meiner Sicht nochmals an Güte gewinnen, zumal die erste Auswahl der Projekte auch vom Stifterverband vorgenommen wurde.

Weihnachtslektüre: neue w.e.b.Square-Ausgabe online

Passend zu Weihnachten ist gestern die neue Ausgabe der studentischen Online-Zeitschrift w.e.b.Square erschienen. Die aktuelle Ausgabe 5.11 widmet sich Themen aus dem Bereich der Computer-vermittelten Kommunikation (CvK), wobei fachdisziplinär unterschiedliche Perspektiven eingenommen werden. D.h. es finden sich sowohl Arbeiten, die mit kommunikationswissenschaftlichem Fokus geschrieben wurden, als auch Arbeiten, die eher mediendidaktischen/bildungswissenschaftlichen Fragestellungen nachgehen. Über die aktuelle w.e.b.Square-Ausgabe freue ich mich aus zwei Gründen ganz besonders: Zum einen ist es die erste Ausgabe, die ohne meine Mithilfe entstanden ist. Zum anderen stehen erstmals Abschlussarbeiten online, die von mir betreut wurden. Beides fühlt sich gut an, denn: Ohne ein lebendiges Projektteam, das auch in der Lage ist, Personen zu ersetzen und eine Idee weiterzuführen, würde es Initiativen wie w.e.b.Square über einen längeren Zeitraum nicht geben. Gleichzeitig ist es toll zu sehen, wie aus vagen Gesprächen über mögliche Fragestellungen Abschlussarbeiten entstehen, die inhaltlich höchst anspruchsvoll sind und es verdient haben, einem breiteren Publikum zur Verfügung gestellt zu werden. Ich werde die freien Tage in jedem Fall dazu nutzen, in w.e.b.Square zu stöbern.

Fröhliche Weihnachten!

Lesenswert: „Media Studies 1.0: Back to Basics“

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um auf einen interessanten Artikel im Media Education Research Journal (MERJ) hinzuweisen. Unter dem Titel „Media Studies 1.0: Back to Basics“ fragt Dan Laughey kritisch nach dem Neuen an den digitalen Medien und den daraus resultierenden Umstrukturierungsversuchen von Medien(wissenschaftlichen)studiengängen. Das finde ich aus verschiedenen Gründen spannend, besonders interessant aber wohl deshalb, weil ich

  1. selbst erhebliche Diskrepanzen in der Beschäftigung mit dem Web 2.0 als Container für mediale Veränderungen der letzten fünf bis zehn Jahre in den unterschiedlichen Fachwissenschaften festgestellt habe und
  2. der Beschäftigung mit diversen Medien und Formaten (sowohl singulär als auch gekoppelt bzw. crossmedial) Bedeutung einräume.

Abgesehen davon schreibt der Autor etwa von der Wiederentdeckung von McLuhan („The Medium is the Massage.“) und rekurriert auch sonst auf die eine oder andere ältere Schrift. Das finde ich als frühere Studentin der Medien und Kommunikation per se lesenswert. Aber der Reihe nach.

Zu Beginn des Artikels stechen provokante Bemerkungen wie diese besonders heraus:

„Media Studies 2.0 claims to live in the post-broadcast era of wise crowds, mass collaboration and unfiltered creativeness. In this whole new era anyone can tweet, blog, tag, poke, upload videos to YouTube or photos to Flickr. But the question rarely addressed is: who cares? Who really cares if joeblogga94 posts his ‘Hey Dude’ movie – at the same time several thousand other nobodies do likewise? Is anybody watching? Highly unlikely. What the post-broadcast era amounts to, in quantifiable terms, is one huge and collective exercise in vanity publishing.“  (Laughey, 2011, pp. 58-59)

Eine solche Position ist spannend, weil sie in den Mund nimmt, was viele, vor allem kommunikations- und medienwissenschaftlich geprägte Autoren denken:

  • Welche Rolle spielen digitale Medien  in der Auseinandersetzung mit Medien als allumspannendes Phänomen?
  • Welche Bedeutung nehmen digitale Medien wie die oben genannten für den Meinungsbildungsprozess in Gesellschaft und Öffentlichkeit ein?

Aus meiner Sicht können Twitter, Blogs und sonstige Formate diesen Fragen nicht standhalten – die Frage ist aber: Müssen sie das? Mit der Medienentwicklung geht immerhin eine erhebliche Diversifizierung in der Nutzung einher, die Laughey zwar im Großen hinterfragt, die aber doch deutlich zu beobachten ist und in Langzeitstudien zur Mediennutzung mit Nachdruck unterstrichen werden.

Dagegen trifft folgende Aussage durchaus ein Kernproblem in der Auseinandersetzung mit digitalen Technologien:

„What Media Studies 2.0 suffers from, above all else, is a technologically deterministic fallacy of revolutionism.“ (Laughey, 2011, p. 59)

Denn bei vielen medialen Entwicklungen ist zu lesen, dass sich mit ihnen die Welt gewissermaßen neu dreht. Dass dem nicht so ist, wurde ja an vielen Stellen eindrucksvoll gezeigt. 😉 Von daher nutze ich diesen Hinweis gerne auch selbst zur kritischen Reflexion, die bei aller Neugier hinsichtlich neuer Fragestellungen und Möglichkeiten des Technologieeinsatzes mitunter in den Hintergrund rückt.

Abschließend leitet Laughey fünf Prinzipien ab, die Medienwissenschaft für sich begreifen sollte:

  1. Methodenvielfalt: Im ersten Prinzip bittet Laughey darum, auch andere Methoden als die (für Medienwissenschaftler) gängigen in Betracht zu ziehen.
  2. Internationalität: Im zweiten Prinzip geht es vor allem darum, unterschiedliche Zugänge zu Phänomenen zuzulassen und auch den Blick über den nationalen Tellerrand zu wagen.
  3. Theoriebezogenheit: Im dritten Prinzip wird nochmals auf die Güte von Theorien verwiesen, à la „die besten Theorien bestehen den Test der Zeit“.
  4. Mediengeschichte: Im vierten Prinzip wird auf die Bedeutung historischer Zusammenhänge und der Genese von Produkten und Diskussionen verwiesen.
  5. (Anti-)Diskriminierung: Im fünften und letzten Prinzip wird vor allem Offenheit für andere Stimmen als den Mainstream proklamiert.

Er kommt zu dem Schluss:

„These five basic principles, taken together, supply a vital antidote for Media Studies 1.0 detractors of all persuasions.“ (Laughey, 2011, p. 63)

Auch oder gerade weil der Autor keinen medienpädagogischen/-didaktischen Hintergrund aufweist, sind die Ausführungen aufschlussreich und regen zum Nachdenken an. Etwas kurz kommt – speziell bei den fünf Prinzipien – die Perspektive der Gestaltung und/oder des praktischen Medienhandelns. Hier müssten nun andere Fachwissenschaftler gewissermaßen das Denken, z.B. unter Bezugnahme auf das dritte Prinzip der Theoriebezogenheit, übernehmen.

Quelle:
Laughey, D. (2011). Media Studies 1.0: Back to Basics. Media Education Research Journal. 2(2). http://merj.info/wp-content/uploads/2011/12/MERJ_2-2-p57-64.pdf (17.12.2011).

Online Educa 2011

Nachdem ich kürzlich zum ersten Mal auf der Campus Innovation war, war ich in der vergangenen Woche ebenso erstmals auf der diesjährigen Online Educa zu Gast. Die Konferenz hat nach außen eine große Strahlkraft, weswegen ich sehr gespannt auf die Veranstaltung war. Gleichzeitig hatte ich noch zu Augsburger Zeiten ein Konzept eingereicht, das eine Neusortierung von studentischen Medienprojekten vor dem Hintergrund von Crossmedia vorschlägt. Die Einreichung basiert dabei auf vielen Unterhaltungen mit Christian Joe Geier, der wie ich in einigen (Medien-)Projekten aktiv ist und eine zunehmende Konvergenz der verwendeten Medien auch in der medienpraktischen Auseinandersetzung der Studierenden festgestellt hat. Durch die Einbettung der Projekte in das Augsburger Begleitstudium sind es allerdings weniger die Medienentwicklungen, die von den Studierenden hinterfragt und/oder (kritisch) reflektiert werden. Stattdessen fokussieren diese ihre überfachlichen Lernerfolge in den Medienprojekten und im Speziellen das Lernen im Team. Im Abstract heißt es daher:

„Media education as a theoretical framework tries to unify the demand for comprehensive media competencies among learners and teachers, based upon goals orientated on constructivistic learning settings. This understanding is often linked to action-based concepts of the early 1980s. In Germany, typical practical projects were the well-known open channels. Until today, media practice should enable self-organized learning by using media and integrating process-oriented reflection on media. But the open channels as an analogous phenomenon are now gone, the World Wide Web has absorbed them. Instead of them, digital media is ubiquitously part of everyone’s daily life – also when learning. Media literacy is a claim of the present and will be a claim of the future. The (net) citizen today and tomorrow should be one capable of responsible active use of media (analogue as well as digital), reflecting in an independent way about media, its use and changes. Accordingly, the importance of media education in formal educational contexts becomes obvious. But the question is to what extent the traditional concept of media education allows a broader understanding of media. Our idea is to expand the traditional concept of media education, so that crossmedia strategies (e.g. Schuegraf, 2008; Sjurts, 2002) will find their own place in dealing with media.“

Wie wir uns im Detail die Neusortierung vor dem Hintergrund crossmedialer Entwicklungen vorstellen, geht – so hoffe ich – aus meiner Präsentation hervor:

Auch wenn ich nicht mehr in Augsburg beschäftigt bin, werden Joe und ich sicher weiter an dem Thema „denken“. Von daher freue ich mich sehr über die positiven Rückmeldungen am Ende der Session, die unsere pädagogisch-didaktischen Überlegungen zur Crossmedia Education zwar sehr ungewöhnlich, aber nicht selten interessant fanden. Ich hoffe daher, dass ich nicht nur einige Impulse in Berlin hinterlassen konnte, sondern sich aus den netten Gesprächen auch Möglichkeiten der Kooperation im europäischen Raum ergeben werden.

Literatur

  • Schuegraf, M. (2008). Medienkonvergenz und Subjektbildung. Mediale Interaktionen am Beispiel von Musikfernsehen und Internet. Wiesbaden: VS.
  • Sjurts, I. (2002). Cross-Media Strategien in der deutschen Medienbranche. Eine ökonomische Analyse zu Varianten und Erfolgsaussichten. B. Müller-Kalthoff (Hrsg.), Cross-Media Management. Content-Strategien erfolgreich umsetzen. (pp. 3–18) Heidelberg: Springer.

Fachbezogene und fachübergreifende Hochschuldidaktik

… heißt eine Publikation, die im Anschluss an die DOSS 2010 entstanden ist (vgl. meinen damaligen Blogbeitrag) und nun von Isa Jahnke und Johannes Wildt herausgegeben wurde. Die Publikation umfasst eine bunte Mischung an Beiträgen, die durch internationale Perspektiven auf Hochschuldidaktik gerahmt, um fachbezogene und fachübergreifende Blickwinkel ergänzt und mit Beiträgen zu „Kreativität und E-Learning“ angereichert wird. In letzteres Spektrum fallen auch wir, d.h. Hannah, Lena, Hannah K., Tanja und ich, mit unserem Artikel zu „Digitalen Werkzeugen für das forschende Lernen“. Der Artikel skizziert unser Vorhaben, mit der „Forschungswolke“ eine PLE zu entwickeln, die im Besonderen das forschende Lernen und wissenschaftliche Arbeiten unterstützt. Das Vorhaben ist nach wie vor existent, erweist sich allerdings ohne finanzielle Ressourcen durchaus als ambitioniert, sodass wir uns bis zur Betaversion weiter gedulden müssen. Stattdessen befinden sich derzeit Übergangskonstrukte im Einsatz, die ebenfalls im Seminar „Online-Befragungen“ getestet werden. So kommt es auch, dass diese Veranstaltung regelmäßig auf den Medieneinsatz hin evaluiert wird und wir erste Vorstellungen von der Akzeptanz und vom Nutzen spezifischer, digitaler Werkzeuge im Kontext des forschenden Lernens haben. Hannah, Bettina und ich haben das für die Wissensgemeinschaften 2011/GMW’11 ausführlicher beschrieben und ich will daher gerne an dieser Stelle auf den Preprint des Beitrags „Forschendes Lernen: konzeptuelle Grundlagen und Potenziale digitaler Medien“ hinweisen. Aus dem aktuellen Seminardurchlauf ergeben sich zudem neue Hinweise, die ich in Teilen im Blog schon angedeutet habe. Auffällig ist nämlich, dass etwa die technische Medienkompetenz unter Studierenden eines Medienstudiengangs so gut wie keine Rolle mehr spielt; entscheidender im Hinblick auf Akzeptanz und den konkreten Nutzen sind die Einsatzszenarien für die Werkzeuge (etwa in selbstorganisierter Gruppenarbeit), was deutlich für die didaktische Einbettung von PLEs in formale Lehr-Lernkontexte spricht.

"Haben wir da frei?"

Glücklicherweise setzt sich auch an Universitäten ein Konzept immer mehr durch, das sich Blended Learning nennt, und vor allem darauf abzielt, Präsenztermine in der Lehre mit den Lernphasen dazwischen sinnvoll zu verbinden. Ein wesentliches Hilfsmittel sind digitale Medien – sie nehmen eine Überbrückungsfunktion ein, indem sie innerhalb der Lehre zum Informations-, Kommunikations- und Reflexionsmedium werden.
Was aus der Perspektive von Mediendidaktikern als völlig normal, fast schon als ein „alter Hut“, erscheint, ist für Studierende aber durchaus noch eine neue Erfahrung: Gerade unter jüngeren Fachsemestern kommt es vor, dass sie die veränderte „Taktung“ in der Lehre nicht so einordnen können, wie es Blended Learning erfordern würde. Es ist daher keine Seltenheit, dass ich zu Beginn von Lehrveranstaltungen gefragt werde: „Haben wir da frei?“
Zugegeben, solche Beiträge bringen mich zum Schmunzeln und ich versuche, mit Gelassenheit die Bedeutung der virtuellen Phasen nochmals näher zu bringen. Dennoch stimmen mich solche Momente auch ein wenig nachdenklich: Offenbar ist Blended Learning keineswegs so verbreitet, wie man durch die technologische Entwicklung prinzipiell annehmen könnte. Auch ist die Grundidee, nicht nur Ort und Zeit zu überbrücken, sondern auch Freiräume für selbstorganisierte Arbeitsphasen in formalen Bildungskontexten zu schaffen, alles andere als bei den Studierenden angekommen.

Es ist Sommer(semester)!

Mit gefühlten vier Wochen Verspätung hat uns der Lehralltag zurück: Am vergangenen Montag hat das Sommersemester 2011 an bayerischen Unis begonnen. Man merkt das meistens an zwei recht einfachen Dingen: Es herrscht wieder Parkplatznot und die Cafete hat länger als zu Ferienzeiten geöffnet (in Zeiten einer evakuierten Mensa ist das wirklich die Erwähnung wert ;-)). Auch das E-Mail-Aufkommen steigt mit der Anmeldephase zu den Lehrveranstaltungen immens. Gerade zu Beginn des Semesters gibt es zwischen Studierenden und Lehrenden viel auszuhandeln. Das betrifft im Besonderen die Diskussion über Lehrinhalte und Prüfungsformen. Hinzu kommen Verwirrungen und Missverständnisse, die infolge unterschiedlicher Studien- und Prüfungsordnungen entstehen. Ich bin daher jedes Semester auf’s Neue froh, wenn die erste Woche überstanden ist und die ganzen organisatorischen Fragen, die im Zuge von Lehre auch anfallen, geklärt sind. Dann kann man sich nämlich den Inhalten widmen, und um die sollte sich Lehre ja eigentlich drehen.

In diesem Semester werde ich – neben altbewährten Angeboten im Begleitstudium – zwei Lehrveranstaltungen anbieten. Sie sind mit den Themen Wissenskommunikation und Online-Befragungen überschrieben und beide projektorientiert aufgebaut. Wer diesen Blog hier aufmerksam verfolgt, wird jetzt denken: Kenn ich doch! Und das stimmt auch. Beide Veranstaltungen gab es schon einmal und die Wiederholung der Themenbereiche ist vor allem Ausdruck dessen, dass inzwischen auch der MuK-Studiengang einer stärkeren Planung im Bachelor und im Master unterliegt. Es gibt einfach eine Vielzahl an Angeboten, die als Basislehre benötigt und vom „Stammpersonal“ übernommen werden. Da ich selbst etwas anders studiert habe (nämlich mit vielen Freiheiten), bin ich noch unschlüssig, ob diese Akkreditierungs-konforme Entwicklung nun gut oder schlecht ist. In jedem Fall erleichtert sich für die Studierenden die Semesterplanung: Sie wissen, dass bestimmte Angebote einfach regelmäßig „da“ sind und sie sich keine Sorgen machen müssen, etwas zu verpassen. Aus Perspektive der Lehrenden macht die Dopplung auch einiges leichter: Man muss Seminare nicht komplett aus dem Boden stampfen, was die sonst aufwändige didaktische Konzeption prinzipiell erleichtert.

Selbst bei gleichbleibendem Titel kann man allerdings Umstellungen vornehmen – und die betreffen vor allem das Projekt an sich, das im Verlauf der einzelnen Seminare durchgeführt wird. So habe ich mich in diesem Semester entschlossen, „vor der eigenen Haustür zu kehren“ und die Wissenskommunikation im MuK-Studiengang zu verbessern. Wie genau das aussehen wird, werden wir im Verlauf des Semesters sehen. In jedem Fall gibt es genügend Ankerpunkte dafür, um mit Wissensmanagement-Ideen bereits in der Universität anzufangen und nicht immer direkt „nach draußen“ zu gehen. Ähnlich offen wie die zu entwickelnden Wissensmanagement-Ideen sind auch die Themen, die im Seminar Online-Befragungen behandelt werden. Das Seminar ist im Sinne des forschenden Lernens so gestaltet, dass sich die Studierenden ihre Forschungsthemen selbst suchen, Forschungsfragen entwickeln, Fragebögen gestalten, die Umfragen durchführen, auswerten und interpretieren. Um den zeitlichen Aufwand der Themenfindung etwas zu reduzieren, sind die rahmengebenen Themen „E-Learning 2.0: zwischen Beteiligungsmodellen und neuen Herausforderungen“ sowie „Die Zukunft universitären Lernens: selbstorganisiert, offen und mobil?“. Hier bin ich besonders gespannt, in welche Richtung sich die Befragungen entwickeln – und hoffe, die Studierenden in dieser sehr offenen Art des Lernens gut unterstützen zu können. Auch wenn das mediale Angebot zuletzt nicht so stark genutzt wurde, darf auch dieses Semester wieder getwittert werden: Wissenskommunikation hat den Hashtag #wissko11 und wird Auskunft über den aktuellen Status der Projekte geben. Die Online-Befragungen sind mit #olibe11 versehen; dieser Hashtag wird insbesondere über neue/passende Studien in verwandten Themenbereichen aufmerksam machen.

In jedem Fall freue ich mich auf das neue Semester und die damit verbundenen Herausforderungen.

Kompetenzentwicklung unter vernetzten Bedingungen: die 4. w.e.b.Square-Tagung

Unfassbare eineinhalb Wochen liegen schon wieder zwischen der 4. w.e.b.Square-Tagung und dem heutigen Tag. Unfassbar ist das deswegen, weil in der Zwischenzeit so viele Dinge über meinen Tisch gewandert sind, dass ich kaum Zeit hatte, die Geschehnisse zu reflektieren. Ganz stimmt das natürlich nicht, denn die Abschlusssitzung im Seminar, in der es traditionell eine Feedbackrunde gibt, hat bereits stattgefunden. Die Resonanz auf die Tagung, so viel vorne weg, war insgesamt sehr positiv, weswegen mein Bild davon heute vielleicht verzerrter ist als sonst, wenn ich noch im Anschluss an die Konferenz meine Gedanken niederschreibe. Vielleicht ist der Abstand aber gerade gut, um stärker von Einzelergebnissen zu abstrahieren. Ohne Frage bleiben nämlich drei größere Eindrücke von der Tagung zurück, die sich überschreiben lassen mit Kompetenzentwicklung, Vernetzung und Technikchaos. Dass alle drei miteinander zusammenhängen, liegt nahe, denn das w.e.b.Square-Seminar ist komplex und wächst mit jeder Idee, die wir noch in die Veranstaltung integrieren.

1. Kompetenzentwicklung
Was mich jedes Jahr auf’s Neue beeindruckt und (als Lehrende) auch ein bisschen stolz macht, ist die fachliche und die persönliche Entwicklung der Studierenden, die man in einer einzelnen Lehrveranstaltung beobachten kann. Während die Studierenden zu Beginn des Seminars noch unsicher sind, wachsen sie über einen klar definierten Zeitraum in ihre Rolle als (künftige) Referenten und Experten für ein Thema hinein. Dieses Jahr war das rahmenspendende Thema Bologna – und damit letztlich auch der reflexive Blick auf die eigene Studiensituation. Bologna bewegt mich persönlich schon eine ganze Weile, da ich selbst einen Bachelor- und Masterstudiengang abgeschlossen und mich bereits in einer frühen Phase mit der Hochschulreform auseinandergesetzt habe. Insofern war es für mich spannend zu beobachten, wie heutige Studierende auf Bologna blicken und über die Veränderungen denken – immerhin sind die „alten“ oder auch „traditionellen“ Studiengänge, die vor einigen Jahren noch als steter Vergleich herhalten mussten, inzwischen deutlich unterrepräsentiert. So haben die Studierenden in den letzten rund drei Monaten eine reflexive Haltung gegenüber Bologna entworfen, die dabei hilft, differenzierter über die Hochschulreform und aktuelle (An-)Forderungen an die Universität nachzudenken. Was uns als Lehrende vielleicht nicht so bewusst ist: Unter aktuellen Studierenden haben speziell die Studierendenproteste dazu beigetragen, dass diese eher schlecht über Bachelor und Master zu denken – ohne eigentlich zu wissen, woher dieses Bild resultiert und ob es vielleicht einseitig sein könnte. Aber auch auf Ebene der einzelnen Vorträge hat sich ein deutlicher Wissenszuwachs abgezeichnet. Das merkt man meist daran, wie sicher sich die Studierenden auf der Tagung bewegen und auf Fragen antworten. Dafür mussten sie allerdings auch hart arbeiten. Denn durch das angeschlossene Peer Review kann man über die Zeit sehr gut sehen, wie sich die einzelnen Studierenden im Team entwickeln. Besonders aufgefallen ist mir dieses Jahr allerdings die Homogenität der ganzen Seminargruppe, was sich besonders (aber nicht nur) in den allseits sehr guten Leistungen zeigt.

2. Vernetzung
Bei der diesjährigen w.e.b.Square-Tagung haben wir ein Experiment gewagt, auf das ich mich im Vorfeld sehr gefreut habe: die Vernetzung unseres Augsburger Seminars mit Medienpädagogik-Studierenden der Universität Mainz. Vermutlich habe ich mich deshalb so auf die Zusammenarbeit gefreut, weil man das an der Universität selten macht und diese Form der Vernetzung auch eine große Herausforderung für Lehrende darstellt. Zudem findet Öffnung über die Grenzen einzelner Universitäten hinaus selten und meistens als „reines“ E-Learning statt, wo die Raum- und Zeitdimension nochmals eigens definiert wird. Außerdem ist Vernetzung aufwendig: Sie erfordert Abstimmung auf allen Seiten, insbesondere aber auch bei der Planung von Lehre, sodass die Telefonkosten von uns Lehrenden ohne beruhigende Flatrate im Hintergrund sicher in die Höhe geschnellt wären. Durch die inhaltliche Zielsetzung der Vernetzung, speziell bei den studentischen Peer Reviews zusammenzuarbeiten, war diese auch kein Selbstzweck, sondern hat die jeweiligen Lehrveranstaltungen um reale Austauschmöglichkeiten bereichert. Im Austausch kann man letztlich sogar das gemeinsame Element beider Seminare ausmachen, denn inhaltlich haben wir uns mit Bologna auf der einen Seite und mit Medienpädagogik 2.0 auf der anderen Seite durchaus in unterschiedlichen Bereichen bewegt. Diese passten allerdings doch recht gut zusammen, wie man auf der Tagung sehen konnte und im sehr gelungenen Tagungsband nachvollziehen kann. Auch die Videos zur Tagung sollten bald zur Verfügung stehen.

3. Technikchaos
Wer unser Gast im Livestream war, hat vielleicht kurz vor Beginn der Tagung mitbekommen, dass die Leitung nicht so stabil funktionierte, wie sie sollte. Der Grund dafür ist einigermaßen banal: Obwohl unsere Tagung in einem Informatik-Hörsaal stattfand, gab es nur schwaches W-Lan, auf das wir für den Stream zurückgreifen konnten. Man muss kaum Techniker sein, um mutmaßen zu können, dass dies unter Umständen problematisch ist. Insofern freue ich mich besonders, dass wir mit den AV-Mediendiensten wieder ein professionelles Team „an Bord“ hatten, die mit Gelassenheit auch dieses Problem in den Griff bekommen haben. Infolge der technischen Schwierigkeiten soll der erste, offizielle Begrüßungsteil meiner eigenen Rede leider abgeschnitten worden sein, aber damit kann ich gut leben, wenn dafür alle anderen, studentischen Vorträge komplett ins Netz übertragen werden konnten. Witzig waren auch die Schalten nach Mainz und vor allem die zehn Sekunden Verzögerung, mit der Fragen (und Antworten) aus den Wohnzimmern nach Augsburg übertragen wurden. Ähnlich amüsant war die eine oder andere Stimme aus dem Off, die uns während laufender Vorträge erreicht hat. Dieses bunte Zusammenspiel der Technik würde nun mancher als Chaos empfinden; ich sehe das eher als kreative Unterbrechung, die bei allen Vorträgen Gäste und Referenten bei Laune hält und gleichzeitig offenbart, dass Studieren unter vernetzten Bedingungen auch Unwägbarkeiten bereit hält – allen grundsätzlichen Vorteilen zum Trotz.