Tag der Medienkompetenz im Landtag NRW #TdM18

Alle zwei Jahre findet der Tag der Medienkompetenz im Landtag NRW statt. Meist bildet ein Thema den Ausgangspunkt für Impulsbeiträge und Diskussionen; dieses Jahr ging es z.B. übergeordnet um Fakenews, Verschwörungstheorien und Algorithmen. Unter diesem Oberthema wurden allerhand Themen verhandelt und auch diverse Projekte vorgestellt. Ich selbst war mit dem Projekt OERlabs und einer studentischen Gruppe aus meinem Seminar ‚Gestaltung und Produktion digitalen Lernmaterials‘ zu Gast. Gemeinsam haben wir einen Stand zu Möglichkeiten der Praxiskooperation in Lehre/Forschung wie auch zum OER-Aspekt gestaltet. Am Nachmittag war ich geladen im Panel „Was sagt die Wissenschaft?“ des Grimme-Forschungskollegs. Darin habe ich versucht den Bogen zu schlagen zwischen Medienpädagogik und Informatik, was sich anlässlich der thematischen Setzung geradezu anbot. Meine Folien stelle ich auf diesem Weg gerne zur Verfügung (TdM18).

Gelesen: Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen (CSR) zwischen Markt und Politik

Eher zufällig bin ich vor einiger Zeit auf eine Studie zum Stand von Corporate Social Responsibility (CSR) in Deutschland gestoßen, die vor allem die politische Dimension des Engagements von Unternehmen in den Blick nimmt. Obschon der Dialog unterschiedlicher Akteursgruppen bei CSR im Mittelpunkt steht, ist diese Herangehensweise bei Studien nämlich eher selten. Meist findet man Ergebnisse zur Wirksamkeit von CSR am Beispiel einzelner Unternehmen; etwas häufiger gibt es Informationen zum Funktionieren von Netzwerken, Projekten etc. Insofern ist allein die (Vogel-)Perspektive auf CSR spannend und die Anforderungen, die sich aus der politisch motivierten Betrachtung ergeben, lesenswert. Wenn man sich allerdings schon eine Weile mit dem (freiwilligen) unternehmerischen Engagement auseinandersetzt, fallen einem jedoch sicher andere Details als der bloße Zugang zu einem Thema auf. Eines dieser Details ist für mich eine Tabelle (Pleon & IFOK, 2008, S. 48), die CSR-Maßnahmen danach unterscheidet, mit welcher „Eingriffs- und Wirkungstiefe“ (ebd., S. 47) jeweils agiert wird:

Versuche, Engagement zu clustern, gibt es oft, international am gängigsten ist vermutlich die CSR-Pyramide nach Caroll (siehe weiterführend Eintrag im Sozwiki). Typisch ist auch die Unterscheidung nach der Langfristigkeit des Engagements, wie man sie etwa bei Knapp im Bereich des Corporate Volunteerings findet (siehe seinen Artikel in der Zeitschrift bildungsforschung). Im Vergleich zu den anderen Beschreibungsansätzen ist die oben angeführte Übersicht nun dahingehend besonders, als dass mit den beiden Bereichen „Capacity Building“ und „Anreizinstrumente“ Themenbereiche explizit aufgenommen werden, die in den bisherigen Darstellungen eine untergeordnete Rolle spielen oder in Teilen gar nicht zum CSR-Engagement gezählt werden. Leider werden die Gründe für die Aufnahme in der Studie nicht weiter vertieft und es bleibt nur zu vermuten, dass diese Integration mit der Perspektive auf CSR (Makroperspektive, siehe oben) zusammenhängt.

Interessant sind auch die Erwartungen, die Vertreter von Konzernen und von KMUs mit CSR verbinden. Denn diese sind, wer hätte es für möglich gehalten, durchaus unterschiedlich (Pleon & IFOK, 2008, S. 50–51, Hervorhebung im Original):

Aussagen von Großunternehmen

• Zentral für CSR ist die Freiwilligkeit und Kreativität des Engagements.

• Primäre Motive für CSR sind Marktanforderungen, Unternehmenswerte, Mitarbeitergewinnung (laut Umfrage unter Teilnehmerinnen und Teilnehmern der CSR-Konferenz im April 2008).

• CSR sollte eine werte- und marktgetriebene Praxis sein, keine gesetzlich verordnete.

• CSR wird zunehmend ins Kerngeschäft integriert und spielt eine wachsende Rolle entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

• Es gibt eine zunehmende Anzahl verschiedener Standards, Ratings und Wettbewerbe mit CSR- Bezug, die zu einer hohen Arbeitsbelastung im CSR-Reporting führen. Ein neuer Code of Conduct seitens der Bundesregierung ist daher nicht wünschenswert.

• Damit CSR in Deutschland vom Markt belohnt werden kann, ist die kritische Haltung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie in Teilen der Medien zu überwinden, damit CSR deutscher Unternehmen international belohnt werden kann, ist eine verbesserte Wahrnehmung des hohen Niveaus impliziter unternehmerischer Verantwortung in der deutschen Sozialen Marktwirtschaft wünschenswert.

• Die Öffentliche Hand sollte ihre eigene unternehmerische Verantwortung stärker entwickeln.

• Die CSR-bezogenen Aktivitäten verschiedener Bundesressorts sollten besser koordiniert werden.

• Eine nationale CSR-Strategie, soweit überhaupt erforderlich, muss im Dialog mit den Unternehmen entwickelt werden.

Aussagen kleiner und mittlerer Unternehmen

• Unternehmerische Verantwortung ist für einen großen Teil von KMU wichtig und wird vor allem im regionalen Umfeld ausgeübt, allerdings meist nicht als CSR bezeichnet.

• Angesichts begrenzter Ressourcen für CSR sind KMU oft mit der Orientierung in der vielfältigen CSR-Landschaft überfordert, insbesondere im Feld von Labels und Standards.

• Der bestehende CSR-Fachdiskurs und die existierenden unternehmerischen Netzwerke und Initiativen benachteiligen strukturell KMU, die weniger Ressourcen zur Verfügung haben.

• Ein wichtiges Förderinstrument für CSR bei KMU kann die öffentliche Beschaffung sein.

• CSR sollte bei KMU von der Öffentlichen Hand direkter finanziell gefördert werden.

• Damit CSR in Zukunft bei KMU eine größere Rolle spielt, ist das Thema in der Ausbildung und im Studium zu stärken.

Aufgefallen ist mir übrigens noch eine Fußnote, die erläutert, dass CSR-Engagement längere Zeit weder von den Medien noch von der Wissenschaft betrachtet wird:

„Im Zeitraum 2000 bis 2004 befasste sich beispielsweise nur jeder fünfzigste Artikel in den deutschsprachigen Zeitschriften für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit dem Thema, wobei davon nur die Hälfte mit Partizipation eines Professors verfasst wurde.“ (Pleon & IFOK, 2008, S. 21)

Warum der Satz aus meiner Sicht pikant ist? Weil ich schon meine, dass die Partizipation eines Professors an einer Publikation wohl kaum als Indiz dafür ausgelegt werden kann, ob ein Thema als relevant bzw. aktuell einzustufen ist. Im Gegenteil: Ich habe schon öfters gelesen, dass die neuen Themen gerade nicht von Professoren besprochen werden (siehe weiterführend z.B. einen Artikel von Christoph Weller). Dies aber nur als Notiz am Rande.

Fazit: Wie so oft gilt auch bei dieser Studie: von der betriebswirtschaftlichen und überblicksartigen Perspektive nicht abschrecken lassen! Es finden sich viele interessante Details, die über das übliche Maß einer Studie hinausgehen. Interessant, aber hier nicht weiter besprochen, sind z.B. auch die Ausführungen zu kulturellen Unterschieden im Bereich gesellschaftlichen Engagements (vor allem der Vergleich Deutschland vs. USA) und Hinweise zum Selbstverständnis des Unternehmers (und daraus resultierenden Wording-Problemen mit dem CSR-Begriff).

Quelle: Pleon & IFOK (2008). Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen (CSR) zwischen Markt und Politik. Berlin: Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Früh investieren, statt spät zu optimieren

Am vergangenen Montag fand die erste Runde unserer Workshopreihe zum Thema „Ist die Ökonomisierung der Bildung ökonomisch?“ statt. In den „heiligen Hallen“ der Hanns-Seidel-Stiftung wurde – mehr oder weniger eifrig – über den Kindergarten oder, wie uns Dr. Bernhard Nagel vom Staatsinstitut für Frühpädagogik schnell aufklärte, über frühkindliche (bzw. außerschulische) Bildung diskutiert. Aus meiner Sicht waren weniger die etwas „weichgespülten“ Diskussionen hilfreich – keiner der Vertreter war so streitbar wie erhofft, sondern vielmehr die Impulsreferate der einzelnen „Positionen“. Dies lag vielleicht auch daran, dass sich die Diskussionsrunde später schnell zu einer Podiumsdiskussion entwickelte, was einer gewissen Frontallogik folgt (wovon ich kein Fan bin).

So stellte MdL Joachim Unterländer die Anwendbarkeit ökonomischer Begriffe im sozialen Kontext in Frage und entwarf 10 Thesen, wie man Bildungseinrichtungen nicht primär ökonomisch versteht bzw. diese zukunftsfähig macht. Die Thesen erstreckten sich von den Rahmenbedingungen bis hin zum Individuum und Hauptbeteiligten von frühkindlicher Bildung, dem Kind. Auch wenn die Anwesenden im Folgenden weniger über die Rahmenbedingungen sprechen wollten, fand ich die Einsicht gut, dass es für Staat und Gesellschaft wirtschaftlicher sei, Kinder zu fördern. Ja! Investitionen in Bildung machte schließlich auch Prof. Dr. Jürgen Kluge zum Thema. Sein Motto: Früh investieren, statt spät zu optimieren. Nach Ansicht Kluges sorgte erst ein Auf-die-Agenda-setzen der Wirtschaft dafür, dass auch Politik inzwischen über Bildung nachdenkt. Erschreckend: Unterländer stimmte zu! Generell glaubte Kluge durchaus daran, dass sich ökonomische Prinzipien auf den Bildungssektor übertragen lassen. Nur müsste im Einzelfall abgewogen werden und Augenmaß wäre gefragt. Dieser Gedanke beinhaltete auch, dass neben ganzen Organisationskonzepten auch Qualitätskonzepte übertragbar sind. Unternehmen hätten schließlich immer eine homogene Qualität im Sinn. Welcher Automobilhersteller könnte es sich erlauben, unterschiedlich gute Autos zu bauen? Allerdings ging es ihm beim Thema Bildung nicht darum, die Starken zu stärken. Investiert werden müsste vielmehr in diejenigen, die – aus unterschiedlichen Gründen – benachteiligt wären. Schließlich sollte es in der Bildung darum gehen, das Maximum des Potenzials aus jedem herauszuholen. „Gerade werden Talente verschleudert,“ so Kluge. Es sei Weitblick gefragt. Denn Kinder sind seiner Ansicht nach „kleine Lernmaschinen“ und wollen sich früh entwickeln. Man muss ihnen nur die Chance dazu geben.