EinBlick: Anwendungsprojekt

Wenn sich alle herausputzen und das schöne Wetter zur irrelevanten Nebensache wird, weiß man, es ist wieder Zeit für’s Anwendungsprojekt im Studiengang E-Learning und Medienbildung. Das Anwendungsprojekt ist ein im Masterstudiengang fest verankertes und mit hohem Workload verbundenes Projekt, das neben dem Forschungsprojekt und der abschließenden Masterarbeit größte Relevanz hat (siehe Studien- und Prüfungsordnung). Obschon viele (auch Medien-)Studiengänge Projektorientierung befürworten, ist diese Aufteilung und bewusste Integration von Anwendung und Forschung speziell im Master eher ungewöhnlich. Sie passt aber sehr gut zu den (Lern-)Zielen des Studiengangs und nicht zuletzt zu den Studierenden selbst, die aus den unterschiedlichsten Bachelor-Studiengängen stammen und gerade im Aspekt der Anwendung einen „USP“ des Studiengangs ausmachen.

Trotz vieler Erfahrungen im medienpraktischen Bereich stellt das Anwendungsprojekt für Studierende aber eine große Herausforderung dar: Allein die knappe und klar geregelte Laufzeit des Projekts bringt nicht wenige ins Schwitzen; auch der öffentliche Präsentationstermin tut sein Übrigens, wenn Externe in der Pädagogischen Hochschule zu Besuch sind und ihr Urteil zu den Teilprojekten abgeben – ein nicht planbares Urteil, während die Fragen der internen Projektbetreuer oder -partner im Wesentlichen erwartbar sind. Insofern hält das Anwendungsprojekt sowohl Studierende als auch Lehrende auf Trab, wenn sie seit Ende April bis (etwa) Ende Juli die diversen Teilprojekte der Studierenden begleiten, Rückmeldungen im Prozess geben, aber nicht zu sehr in diesen eingreifen, das Praxiskolloquium in ähnlicher Intensität durchführen wie ein „klassisches“ Masterkolloquium am Ende des Studiums etc. Bei aller Unterschiedlichkeit der Erfahrungen und auch der ausgewählten Projekte sind die Diskussionen dabei im Kern überraschend gleich: Immer geht es um die Fokussierung auf eine Idee, deren eindeutige Umsetzung in ein mediales Angebot, die Positionierung des (späteren) Produkts vor lehr-lerntheoretischem Hintergrund oder das Für und Wider von technischen Anwendungen u.a. aus mediendidaktischer Sicht – Aspekte, die einerseits für Medienprojekte spezifisch, andererseits aber auch der Projektmethode zuzuschreiben und als individuelle Lernprozesse gewollt sind.

Ich selbst war und bin als Lehrende gerne Teil des Anwendungsprojekts, weil es zeigt, wie gut theoretisch vermittelte Inhalte von den Studierenden nach zwei Semestern verarbeitet wurden und wie Theorie in Projekten gewissermaßen praktisch wird. Herausfordernd ist sicherlich der akademische Kontext, innerhalb dessen die Projekte entstehen: Oftmals angestoßen aus Problemen der Praxis(-partner) bleibt die Frage offen, wie sich Verknüpfungen zum Studium an der PH herstellen lassen. Diese geraten im praktischen Tun oft außer Acht und bedürfen aus akademischer Sicht einer Begleitung (aber sicherlich nicht der Überfrachtung). Im Prozess wurden die Studierenden daher dazu angeregt, sich mit Reflexionsfragen auseinanderzusetzen, die nicht in die Bewertung eingingen, aber zum Gegenstand der Diskussionen im Praxiskolloquium wurden. Auch wird jedes im Anwendungsprojekt entstandene Projekt durch eine schriftliche, kriteriengeleitete Dokumentation untermauert, was letztlich die Brücke zwischen Anwendung und Theorie bzw. Konzeption schlagen soll. Ob und inwieweit das Anwendungsprojekt in diesem Jahr gelungen ist, werden wir morgen lesen können: Dann werden alle Dokumentationen eingereicht. Was wir letzten Mittwoch bei der öffentlichen Präsentation der Ergebnisse bereits sehen durften, war schon ein toller Vorgeschmack und ich freue mich – nicht zuletzt für die sehr engagierten Studierenden – auf den tatsächlichen Abschluss des Anwendungsprojekts am morgigen Tag.

ECER 2012: Einblick und Rückblick

Einen Tagungsrückblick „schulde“ ich noch, nämlich einen kurzen Einblick bzw. Rückblick in die European Conference on Educational Research (ECER), die vom 17. bis 21. September 2012 an der Universidad de Cádiz (Spanien) stattfand. Ich sage bewusst „durfte“, denn Tagungen wie die ECER sind in jeder Hinsicht besonders: zuvorderst ob der Größe, die einen vollständigen Überblick weder vor Ort noch hier im Blog zulässt, dann ob der Reise, die sich irgendwo zwischen Strapaze und Erlebnis bewegt, und ob der Kosten, die internationale Konferenzen immer auch verursachen.

Umso mehr schätze ich es, dass ich seitens der HAW zur Teilnahme an der Konferenz und am Symposium von Mandy und Annabell ermuntert wurde. Im Symposium selbst habe ich dann am Beispiel des Theorie-Praxis-Transfers versucht zu skizzieren, wie sich pädagogische Herausforderungen an Hochschulen nicht selten fachübergreifend auftun, welche Möglichkeiten der Auseinandersetzung Lehrendennetzwerke ggf. bieten und welche Rolle auch (digitale) Medien zur Problembewältigung spielen könnten. Mein kurzer Impuls endete dann mit zwei Fragen, die bei der Konzeption entsprechender Angebote zu berücksichtigen sind:

  • What is theory, what is/are practice(s)?
  • What are teachers‘ media related routines and teaching beliefs?

Letztere Frage nach den Beliefs fand sich in vielen Vorträgen auch außerhalb des Symposiums wieder, etwas häufiger in Richtung Überzeugungen von (Hochschul-)Lehrenden bzw. Lehreridentität als im Zusammenhang mit dem Medieneinsatz in Bildungskontexten.

Überhaupt war ich irritiert ob der zurückhaltenden Auseinandersetzung mit und über Medien, die sich vielleicht ergeben muss, wenn man sich in den vielen sog. ECER-Netzwerken ohne Medien im Titel tummelt. Dennoch fiel auf, dass – wenn überhaupt – an vielen Stellen eher nach der technologischen Innovation im Bereich Medien gesucht wurde, statt nach der pädagogischen Idee „hinter“ dem Medieneinsatz zu fragen. Gefragt nach dem Ziel des Medieneinsatzes blieben die Antworten entweder aus oder richteten sich auf Kompetenzorientierung und/oder Assessment. Hier lassen sich durchaus Parallelen zur deutschsprachigen Diskussion ausmachen.

Im Verlauf der Tagung haben mich u.a. folgende Fragen noch beschäftigt:

  • Welche Relevanz hat der Bildungsbegriff bzw. haben Konzepte von Bildung im angloamerikanischen Sprachraum?
  • Welche Verantwortung hat das Subjekt für die Bildung, welche Rolle spielen passende Strukturen zur Entwicklung des Einzelnen?
  • Wie wirken sich Methodologien auf das Verständnis von (komplexen) Bildungsfragen aus?
  • Welche Bedeutung nimmt das informelle Lernen in formalen Bildungskontexten ein, wie „beforscht“ man informelles Lernen?
  • Etc.

Die Fragen deuten bereits an, dass die ECER durchaus Potenzial zur fachlich-inhaltlichen Auseinandersetzung geboten hat – nicht zuletzt im Austausch mit den vielen anderen Tagungsbesuchern, mit denen sich einige nette Gespräche ergeben haben. Und ich kann es nicht verleugnen: An einem schönen Ort zu tagen, ist anregend und sorgt für die notwendige Abwechslung zu einem dicht gedrängten Tagungsprogramm.