Was hängen bleibt… – Delegationsreise „Digitales Studium“ der #UzK

Nach vier Uni-Besuchen in Kanada und den USA und gut einer Woche „drüben“ weiß ich kaum, wo ich anfangen soll, zu berichten. Die Eindrücke der vergangenen Delegationsreise „Digitales Studium“ sind wirklich sehr vielfältig und gar nicht so digital, wie man angesichts der Reiseüberschrift meinen könnte.

So boten die unterschiedlichen Technologien, die sich für Lehre und Studium einsetzen lassen, zwar den Reiseanlass; gleichwohl kamen wir als Gruppe von +/- 11 Kolleg*innen der Universität zu Köln (UzK) unter der Leitung des Prorektors für Studium und Lehre (Prof. Dr. Stefan Herzig) immer wieder auf pädagogische bzw. (hochschul-)didaktische Fragen zu sprechen. All diejenigen, die im Feld selbst tätig sind, wird das nicht überraschen. Gleichwohl halte ich es für positiv, dass auf der Delegationsreise sowohl praktische als auch theoretisch motivierte Fragen gestellt wurden, dass Wissenschaft und Verwaltung gemeinsam reisten und dass wir mehrfach die Gelegenheit hatten, unsere Eindrücke untereinander zu teilen. Letzteres finde ich persönlich sehr wichtig, wenn die Reisetage voll sind und man die besuchten Unis hinsichtlich ihrer Ideen zum „digitalen Studium“ verorten möchte.

Für mich war es die zweite Reise dieser Art, da ich im Jahr 2013 bereits einmal mit den „Educational Experts“ (Fulbright) in San Francisco war (zu den Blogbeiträgen von damals). Insofern hatte ich (auch) den direkten Vergleich, was Entwicklungen an den Universitäten Stanford und Berkeley betrifft. Letzteres war ganz interessant, da ich beide Universitäten in diesem Jahr anders wahrgenommen habe als noch vor drei Jahren:

Von der unternehmerischen Kultur und Denkart war ich in Stanford nicht mehr besonders überrascht, im Gegenteil. Es zeigte sich einmal mehr, dass hier bottom-up-Initiativen von Lehrenden und Studierenden vor dem Hintergrund einer unternehmerischen Kultur besonders geschätzt werden. Dies gilt nicht zuletzt für Initiativen rund um das digitale Studium. MOOCs sind (im Gegensatz zu 2013) zur Normalität geworden; sie werden initiiert, um Lehre und Studium zu bereichern und ggf. vor Studienbeginn auf die spezifische Lehr-Lernkultur in Stanford aufmerksam zu machen. Die Verschränkung der MOOCs mit grundständiger Lehre und Studium ist auffällig, weil MOOCs vielerorts „nur“ zu Marketingzwecken eingesetzt werden. Darüber hinaus werden jegliche (digitale) Initiativen unterstützt, die für Lehre und Studium förderlich sind – passend zur unternehmerischen bottom-up-Kultur des Silicon Valley.

Von meinem letzten Besuch in Berkeley war ich nicht ganz so überzeugt (siehe Blogpost aus 2013). Insbesondere fehlten mir weiterführende Ideen dazu, wie MOOCs oder allgemeiner gesprochen: digitale Medien, für Lehre und Studium eingesetzt werden könnten. Seit dem letzten Besuch hat sich hier aber einiges getan: Zum einen sind sichtbare Infrastrukturen geschaffen worden, die in dieser Form vor drei Jahren nicht erkennbar waren. Zum anderen hat mir die hochschulische Strategie der Verschränkung von zentralen (Digitalisierungs-)Initiativen und dezentralen Unterstützungsangeboten äußerst gut gefallen. Die damit verbundenen Visionen und Strategien wirkten durchdacht, gemäßigt (hinsichtlich des Technologie-Einsatzes) und vor allem von unten getragen. Letzteres ist bedeutsam, da man in Berkeley nicht so deutlich auf die unternehmerische Kultur verwies wie in Stanford. Hier steht vor allem „Research“ im Fokus (was sich nicht zuletzt an sechs Parkplätzen für Nobelpreisträger*innen zeigte :D).

Die jeweiligen Lehr-Lernkulturen haben uns auch in Vancouver (Kanada), an der University of British Colombia (UBC) und der Simon Fraser University (SFU), beschäftigt. Allerdings war die Auseinandersetzung damit zu Beginn unserer Reise noch (eher) implizit. So haben wir dort vor allem versucht zu erfassen, wie an den beiden Universitäten digitale Dienste und Services organisiert werden, welche Bedeutung Bibliotheken „heute“ haben, wie hochschuldidaktische Angebote „gestrickt“ werden etc. Immerhin ging es uns um die (organisatorische) Frage, wie sich ein „digitales Studium“ realisieren lässt.

Der sehr tiefe Einblick in die UBC war gleich zu Beginn der Reise sehr hilfreich:

So wurde rasch deutlich, wie zentrale und dezentrale Dienste/Abteilungen zusammengreifen können und wie sich aufgrund der digitalen Medien auch ganz neue organisationale Strukturen ausprägen. Auffällig war, dass die gesamten Aktivitäten rund um Digitalisierung in einem Zentrum („Centre for Teaching, Learning and Technology“ (CTLT)) gebündelt wurden und dort in interdisziplinären Teams an unterschiedlichen Problemen gearbeitet wird. D.h. Hochschuldidaktiker*innen und Informatiker*innen, Mediendidaktiker*innen (Instructional Designer) und Bibliothekare usw. lösen aktuelle Probleme gemeinsam innerhalb einer (Groß-)Abteilung. Angesichts der gegenwärtigen Strukturen von Hochschule finde ich diese Zusammenlegung in Hubs bemerkenswert und dem Gegenstand angemessen; auch konnte so dezidiert über neue Aufgaben von Bibliothek (z.B. Gestaltung von Lernräumen) diskutiert werden. Die bis dato geglückte Implementierung dürfte nicht zuletzt an strahlenden und kompetenten Personen wie auch an der Verbindung von zentralen und dezentralen Strategieelementen liegen.

Am Tag darauf haben wir die SFU besucht, eine deutlich kleinere Universität mit deutlich weniger Studierenden und Budget. Gleichwohl erlebten wir hier einen starken Kontrast: So habe ich die Personen auf Arbeitsebene als sehr kommunikativ und nett wahrgenommen, was für gelungene, problemorientierte Zusammenarbeit entscheidend ist. Gerade die Medien- und Hochschuldidaktiker*innen wirkten – bezogen auf das Lösen einzelner, lehrveranstaltungsbezogener Probleme – engagiert. Der verfolgte, strategische top-down-Ansatz in der Hochschul-IT passte hierzu nur eingeschränkt, wenn man wieder das Argument der hochschulischen Kulturen heranzieht. Denn die verfolgten Strategien sollten immer auch zur eigenen Kultur passen.

Es kommt daher nicht von ungefähr, dass wir uns als Gruppe mit unseren Fragen und Interessen nach den Besuchen in Kanada neu sortiert haben und „plötzlich“ Kultur- und Implementierungsfragen an Bedeutung gewonnen haben. Die erlebten Kulturen lassen sich dabei nur schemenhaft umreißen: Keine der besuchten Universitäten glich der anderen; die größten Schnittmengen sehe ich persönlich zwischen UBC (Vancouver, Kanada) und Berkeley (Kalifornien, USA).

Wie unsere Delegationsreise schließlich (und nochmals) klar aufgezeigt hat, gibt es nicht die „one size fits all“-Lösung für die Nutzung digitaler Medien über alle Universitäten hinweg. Vielmehr zeigen sich im Detail beträchtliche organisationale Unterschiede, wie mit digitalen Medien, Medienwandel, Studierwirklichkeiten etc. umgegangen wird. Die identifizierten Gemeinsamkeiten und Unterschiede sind oft kulturell verankert und teils auch normativ geprägt. Dies betrifft im Übrigen auch, wie Studierende gesehen werden: als Lernende, als Forschende, als Kund*innen und/oder als mitgestaltende Akteure von Universität. Es zeigt sich allerdings die Tendenz, Studierende in Studium und Lehre, aber auch in hochschulische Entscheidungsprozesse als Akteure stärker als bisher zu involvieren.

Vor uns liegt nun die Aufgabe, die vielen, großen und kleinen Erkenntnisse zuhause zusammenzutragen und für unsere Zwecke zu strukturieren. Dazu gehören kleine Tool-Tipps (z.B. das in den USA beliebte Kommunikationswerkzeug Piazza), aber auch strukturelle Fragen auf unterschiedlichen Gestaltungsebenen von Universität. Sicherlich werden wir auch die drei Bildungssysteme (Deutschland, Kanada, USA) rückblickend miteinander vergleichen müssen. So sollte es möglich sein, dass nach einer solchen Delegationsreise mehr bleibt als die schöne Erinnerung daran.

Nachtrag: Teilnehmer-Berichte zu #edex13 online

Seit ein paar Tagen sind fünf Teilnehmer-Berichte der diesjährigen Fulbright-Expert/in/en-Reise nach San Francisco online. Diese Berichte handeln nach und nach ab, was wir an den fünf sehr unterschiedlichen Reisetagen erlebt haben und setzen die Erlebnisse ein Stück weit ins Verhältnis zum deutschen Bildungssystem. In Ergänzung zu meinen Live-Blogpostings (Gabi hatte sie übersichtlich zusammengefasst) sind die Berichte daher durchaus informativ, da sie gebündelt diejenigen Fragen behandeln, die vor Ort gemeinsam mit Expert/inn/en diskutiert wurden. Ich selbst war mit zwei weiteren Kollegen für den Bereich Lehre und Bildungsprozesse (zum PDF) zuständig, was niemanden, der mich kennt, verwundern wird und sich auch in der Stoßrichtung der Argumentation zeigt. Zuerst begeben wir uns auf die Spuren des MOOC-Hypes, zeigen dann, wie sich MOOCs in den USA zwischen „didaktischem Spielzeug“ und designorientierter Forschungsperspektive verorten, schlagen den Bogen zum Online-Lernen und beschreiben letztlich in aller Kürze gegenwärtige oder absehbare Herausforderungen im Umgang mit einem scheinbaren Trend. Ein paar Literaturtipps runden das Dokument ab, sodass ich schließlich nur noch viel Spaß beim Schmökern und Weiterlesen wünschen kann.

Was bleibt? #edex13

Nach fünf Tagen intensiver Auseinandersetzung mit „Online and Distance Learning at U.S. Universities“ stellt sich die Frage, was bleibt. Zuerst bleiben sicherlich viele Eindrücke aus den USA, die kultureller Natur sind und nochmals auf Unterschiede innerhalb einzelner Staaten hindeuten. So kann man Kalifornien nicht mit anderen Staaten vergleichen; speziell der Unternehmergeist und die Freundlichkeit bzw. gute Laune der „Amis“ ist wirklich überall spürbar. Bleiben werden zudem die Eindrücke der Stadt: San Francisco ist aufregend, pulsiert und jedes Stadtteil ist verschieden. Das wurde u.a. deutlich an unserem Hotel, das genau zwischen Financial District und Chinatown lag und auch Blick auf den Hafen bzw. die Bay bot. Inhaltlich hatte ich den Eindruck, dass sich deutsche Hochschulen nicht verstecken müssen. Gerade im Bereich des „Basis-E-Learnings“ sind wir oftmals ähnlich aufgestellt, als dies in den USA der Fall ist. Dazu gehören insbesondere LMS und damit zusammenhängende Service- und (mediendidaktische) Beratungsleistungen, wobei ich insgesamt meine, dass in den USA etwas selbstverständlicher Ressourcen für Instructional Design zur Verfügung stehen. MOOCs hingegen haben in den USA aktuell nicht mehr als einen Projektstatus, was sich konkret darin ausdrückt, dass sich viele Akteure darin ausprobieren – als ein Format neben weiteren. Was auf den ersten Blick wie eine knappe Botschaft aussieht, ist für die deutschsprachige Community durchaus bedeutsam: So werden auch in den USA MOOCs nicht als Ersatz für Präsenzlehre gehalten, sondern eher als Erweiterung, z.B. um Präsenzlehre anzureichern (Blended Learning, Flipped Classroom) oder um neue (Bildungs-)Märkte zu erschließen. Letztere betreffen vor allem Weiterbildungsmärkte an den Übergängen zwischen Schule und Studium oder zwischen Studium/Beruf und Online-Programmen. Diese Experimentierfreude ist angenehm zu beobachten, weil sich viele Lehrende trauen und Lehre verändern wollen. Allerdings werden häufig auch Incentives angeboten, dass eine professionelle Haltung zur Lehre attraktiv wird. Meine weiteren Eindrücke beziehen sich auf konkrete Projekte, Personen oder Unternehmen, die wir im Verlauf der Reise kennenlernen konnten. Manche davon waren sehr inspirierend, und ich hoffe sehr, dass sich speziell aus diesen Kontakten mehr ergibt. Die Gruppe selbst wird nun ein kleines Papier zur Reise schreiben, das auch online zur Verfügung gestellt werden soll. Mit dem letzten Tag in Frisco ist das gemeinsame Denken also noch nicht beendet, was mich sehr freut.

Visiting Mr. Spoc(k) #edex13

Der vierte Tag unserer Reise stand im Zeichen der Elite-Unis: Zunächst hatten wir die Gelegenheit, Berkeley (Extension) näher kennenzulernen, im Anschluss besuchten wir dann Stanford. Auf die Besuche hatte ich mich sehr gefreut, da man in Deutschland in vielerlei Hinsicht auf die us-amerikanischen Elite-Unis referenziert und ein kurzer Blick hinter die Kulissen hilfreich ist, um diese besser einzuschätzen. Beide Universitäten waren auf ihre Weise interessant: Berkeley in der Hinsicht, dass wir durch Armando Fox einmal mehr ein MOOC-Konzept kennenlernen durften – ebenso wie seine Einschätzung aus Sicht der Computer Sciences, sodass auch der Umgang mit Akzeptanzraten und automatisch generierten (großen) Daten zum Thema wurde. Spannend für mich waren aber zwei andere Aspekte: Erstens, dass er MOOCs als „Public Good“ betrachtet, die keineswegs akkreditiert/anerkannt werden, sowie zweitens, dass er eher von SPOCs als von MOOCs spricht, also von der Kombination von Classroom und MOOC. Die von Star Trek inspirierte SPOC-Metapher finde ich dabei sehr interessant, da offenbar auch in den US-Universitäten nach einer Pendelbewegung in Richtung vollständiger Offenheit eine Bewegung „zurück“ zu Blended-Learning-Konzepten erfolgt. Ähnliche Bewegungen nehmen wir auch in Deutschland wahr. In Stanford war für mich der Vortrag sowie das anschließende Gespräch mit Paul Kim interessant, der sehr deutlich machte, dass man als globale Universität auch globale Zielgruppen (u.a. via MOOCs) erreichen sollte. Zugleich wurde seine Präferenz für problemorientiertes Lernen deutlich, das auch in seinem MOOC praktisch wurde. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass hier Inhalt (Entwicklung von Lernumgebungen) und Form (PBL) stimmig miteinander verbunden wurden – auch oder sogar in MOOCs. Daran merkt man letztlich, dass Forschung und Lehre (zumindest in den forschungsstarken Unis) in den USA weniger getrennt sind, als dies in Deutschland mitunter der Fall ist. Auf meine Frage zum forschenden Lernen meinte Kim so auch, dass in Stanford unterschiedliche Lernformen grundsätzlich mit einer Forschungsperspektive kombiniert werden. Mit dem vierten Tag endeten auch die großen Besuche. Es folgt ein Debriefing mit der Gruppe.

Tag 3 #edex13

Tag 3 stand wieder im Zeichen des Besuchs. So haben wir gleich in der Früh die Chance genutzt, nach San José zu fahren und an der San José State einige Beispiele für MOOCs kennenzulernen. Der Besuch machte einmal mehr deutlich, dass sich die MOOC-Bewegung in (mindestens) drei größere Diskussionen einfügt: in die Diskussion um Online-Education, wie ich gestern bereits andeutete, in die Diskussion um Open Education, was angesichts zentraler Postulate rund um die Offenheit klar scheint, sowie in die Diskussion um Hochschule und Hochschulbildung generell (auch wenn in den USA niemand von Bildung spricht). Besonders angenehm fand ich dabei, dass wir einen interessanten cMOOC für Bibliothekare („The Hyperlinked Library„) kennenlernen durften, der andere Lernziele als die bisher gezeigten xMOOCs verfolgt und viel stärker die eigene Institution als Basis für das Online-Angebot einbezog. Inhaltlich referenziert wurde u.a. auf Jenkins, der uns im Zusammenhang mit Participatory Culture ebenfalls ein Begriff sein sollte. Am Nachmittag trafen wir u.a. einen Vertreter des Sloan Consortium, der klar machte, inwiefern Medien und Medienwandel auch eine Transformation von Hochschule und Hochschulbildung anstoßen (können). Besonders eindrücklich fand ich dabei folgende Aussage von Bruce Chaloux: „The distinction between online and on campus continues to diminish and will do so rapidly in the next few years“. Die Frage nach der „‚Course-ification‘ of Learning“ stand danach im Fokus von Ralph Wolff, der der Akkreditierungsagentur WASC angehört. Der Vortrag war sehr interessant, weil er letztlich deutlich machte, vor welchem nächsten Schritt die MOOC-Bewegung steht: nämlich vor der Anerkennung der Kurse in Programmen, die auch eine Zertifizierung des Lernens ermöglichen. Ob und inwieweit dies möglich ist, scheint noch offen zu sein. Einige Konzeptpapiere zur Akkreditierung von MOOCs bieten Einblicke in gegenwärtige Diskussionen, die letztlich auch die (offenen) Fragen der Gruppe spiegeln.

Einen schönen Abschluss fand der Tag beim asiatischen Dinner, zu dem u.a. auch einige Fulbright-Studierende geladen waren. Sie boten uns abseits von Hochglanz-Präsentationen Einblick in ein Studium in den USA, was ich persönlich als sehr gewinnbringend empfand. So wurden durch die Gespräche z.B. Geschäftsmodelle im Bereich von Online-Education klar (Online-Kurse sind oft billiger zu absolvieren) und damit auch Entscheidungsprozesse der Studierenden offengelegt, die aus einer deutschen Sicht auf freie Teilnahme an Lehrveranstaltungen sicher ungewohnt sind.

Zu Besuch #edex13

Der zweite Tag der Expertenreise stand ganz im Zeichen des Besuchs. In der Früh war die Gruppe zu Gast bei der Golden Gate University in Friscos Stadtmitte, am Nachmittag ging es zu Coursera nach Mountain View. Der Tag hätte dabei unterschiedlicher kaum ausfallen können: Während am Morgen eher Basis-E-Learning im Vordergrund stand, versprühte der Nachmittag viel Spirit in Richtung von Online-Lernen. Wenn man sich seit Jahren mit dem Lehren und Lernen mit Medien auseinandersetzt, mag ersterer Teil daher eher gewöhnlich, wenig innovativ, ja Alltag gewesen sein. Dennoch braucht es diese Auseinandersetzung m.E. immer wieder, um den Konnex zwischen dem Phänomen MOOCs und dem Lehren und Lernen mit Medien herzustellen. Durch die ganze Euphorie rund um MOOCs und breite Berichterstattung werde ich nämlich den Eindruck nicht los, dass man so tut, als hätte es zuvor keine Forschung und Praxisinnovationen in diese Richtung gegeben. Über die Implementierung von Moodle und dessen Nutzung für Präsenz- und virtuelle Lehre zu sprechen, ist daher deutlich näher daran, was „Online Education“ in Deutschland ausmacht und offenbar auch stellvertretend für Basisangebote in den USA steht. An die Basis, nämlich von xMOOCs, ging es danach mit der Fahrt zu Coursera: Hier hatten wir die Gelegenheit, das Start-up mit seinen Grundideen zum Online-Lernen näher kennenzulernen. Die Präsentation des Unternehmens war dabei für mich recht eindrucksvoll, insbesondere wurde frischer Wind und Begeisterung für Online-Education versprüht. Letzteres ist interessant, da ich in meiner Grundhaltung gegenüber xMOOCs kritisch bin und angesichts der Präsentation ein wenig positiver gestimmt bin. Warum? Weil sich das Angebot von einem klassischen, instruktionalen Online-Kurs hin zum Blended Learning wegbewegt und damit Präsenzlehre (wieder) einen Stellenwert einräumt. „Präsenzlehre“ wird allerdings anders konturiert, entweder durch umgedrehte Klassenzimmer („Flipped Classroom“) oder durch organisierte (Lern-)Gruppentreffen an den unterschiedlichsten Standorten in der Welt (wie in der Fernlehre). Für mich klang die Entwicklung fast wie eine Abkehr von der ursprünglichen xMOOC-Idee, die nämlich der Interaktion zwischen Lehrenden und Peers nur eingeschränkt Raum bot. Bildungspolitisch interessant war/ist zudem die Aussage, dass die Kurs-Teilnahme bei Coursera weiterhin kostenfrei bleiben soll. Das klingt plausibel, wenn sich das Start-up aktuell durch kostenpflichtige Teilnahmezertifikate refinanziert. Nur von Offenheit wird dann bald weniger die Rede sein, wenn – wie erwartet – Geld ins Spiel kommt.

In die Vollen #edex13

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es heute mit Expertenvorträgen in die Vollen: Was versteht man unter Online-Education und welchen Stellenwert nehmen Online- und Distance Learning in den USA ein? Beide Fragen standen (grob) im Fokus des ersten Vortrags von I. Elaine Allen, die man in Deutschland durch die Langzeitstudie „Changing Course. Ten Years of Tracking Online Education in the United States“ kennen könnte. Ich selbst habe die Studie für einen Vortrag verwendet, weshalb die Ergebnisse für mich nicht überraschend waren; eher wirkten sie nochmals bestärkend darin, dass man sehr genau hinsehen muss, wann und unter welchen Bedingungen Online-Lernen in den USA eingesetzt wird. So liegt ein Fokus eher auf ganzen Studienprogrammen als auf eigenen Kursen sowie auf der Überbrückung von (räumlicher) Distanz. Letzteres wird plastisch, wenn man sich vor Ort die weite(re)n Wege klar macht. Der zweite Vortrag von David Theo Goldberg (DML) richtete sich auf die Hochschule im digitalen Zeitalter: Welche Veränderungsprozesse werden dort angestoßen? Für mich war dieser Vortrag sehr anregend, da umfangreich dargestellt wurde, vor welchen gesellschaftlichen Veränderungsprozessen wir stehen und dass diese Veränderungen auch die Hochschule berühren: angefangen beim notwendigen Wissen und Können über adäquate Lernformen wie das vernetzte Lernen bis hin zu ökologischen Fragen, womit vor allem mediengestützte Lernumgebungen oder vielmehr Medienökologien gemeint waren. Ich muss daher nochmals genauer in einer Publikation nachlesen, welche Konsequenzen sich für Lehre und Forschung aus der Fokussierung auf Medienökologien ergeben. Kenneth Green habe ich vor allem für die Infrastruktur-Sicht auf Medien an der Hochschule wahrgenommen. Schließlich folgte James Glapa, der an einem Community College u.a. für OER zuständig ist. Letzteres ist insofern interessant, da für Kalifornien eine strategische Entscheidung für den Einsatz von OER in Bildungseinrichtungen getroffen wurde, nicht zuletzt aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Wie OER allerdings eingesetzt werden können/sollen, wurde eher ausgeklammert, d.h. gerade die Frage nach offenen Bildungspraktiken, die mich zuletzt intensiv beschäftigt hat. Zusammen genommen bot der heutige Tag also ein breites Spektrum, das keineswegs voll von MOOCs war, sondern auch andere Themen wie OER aufgriff und andiskutierte. Morgen Früh steht dann der erste „Side Visit“ zur Golden Gate University auf dem Programm.

Fragen, die auf Antworten warten #edex13

Im Vorfeld der Expertenreise „Online and Distance Education at U.S. Universities“ habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, was mich eigentlich am USA-Aufenthalt reizt und inwieweit meine Interessen mit dem gegenwärtigen MOOC-Trend in Verbindung stehen. So frage ich mich zuvorderst – und das ist sicher eine größere Frage – welche Rolle eigentlich die Universität im 21. Jahrhundert spielt. Inwieweit ist „transmission of knowlegde“, wie es die Amerikaner vielleicht nennen würden, noch aktuell? Welche Veränderungsprozesse wirken auf Hochschulen als Bildungsinstitutionen durch „digital education“ ein? Welche Idee von Lernen und Bildung verfolgen professionelle Gestalter von Lehre drüben wie hier? Bildungsbegriff und ein emanzipatorisches Verständnis von Bildung sind es auch, die zu unterschiedlichen Hochschultraditionen in Deutschland und in den USA führen. Es stellt sich also auch die Frage, was deutsche Hochschulen eigentlich aus den USA lernen können (und umgekehrt). Inwiefern können Ideen und Konzepte (nicht) einfach übertragen werden? Woran macht man Übertragungsmöglichkeiten fest? Bei allen übergeordneten Fragen interessiere ich mich genauso für praktische Konsequenzen des MOOC-Trends, denn (Medien-)Didaktik als Lehre vom Lehren und Lernen (mit Medien) hat schließlich immer beides im Blick: Reflexion des Lehrgeschehens mittels Theorien (und Empirie) sowie Praxis(-veränderung). So muss man zum gegenwärtigen (x)MOOC-Trend durchaus kritisch Stellung beziehen und nach Ursachen für die neue Beliebtheit frontal organisierter Online-Kurse fragen. Oder zeigen sich nach einer ersten Erprobungsphase sowie ambivalenten Erfahrungen nun ausgefeiltere didaktische Konzepte, dass ich mein Urteil revidieren muss? Ich werde diese (und weitere) Fragen im Kopf behalten – mal schauen, ob ich ab morgen Antworten darauf finde.

Expertenreise: „Online and Distance Education at U.S. Universities“ #edex13

Wenn dieser Beitrag online geht, bin ich sicher in San Francisco gelandet und sehe den kommenden Tagen am Pazifik mit Freude entgegen: nicht nur wegen der sehenswerten, hippiesken Stadt, sondern vor allem wegen der Expertenreise zu „Online and Distance Education at U.S. Universities“, die vor mir liegt. Die Reise der Fulbright-Kommission und des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft bringt allerhand „Educational Experts“ zusammen, die sich für das Lehren und Lernen mit Medien an der Hochschule verantwortlich zeichnen. Gespannt bin ich nicht nur auf die Expertengruppe selbst, die heterogen besetzt ist und einen interessanten Austausch verspricht, sondern auch auf das Zusammentreffen mit professionellen Gestaltern von Hochschullehre in den USA. Zudem freue mich darauf, mehrere Hochschulen an der Westküste vor Ort besuchen zu dürfen, darunter einige Elite-Unis, sowie mit den Machern von Coursera in den Austausch zu treten. Denn natürlich werden MOOCs auf der Reise eine große Rolle spielen: mediendidaktisch, was die Kurskonzeption, -umsetzung und (curriculare) Integration angeht, genauso wie bildungspolitisch, indem bspw. nach System-Ähnlichkeiten und -Unterschieden zwischen deutschem und US-amerikanischem Hochschul-/Bildungssystem gefragt wird. Die Reise verspricht daher in jeglicher Hinsicht besonders zu werden. Das ist auch der Grund, warum ich meinen Blog für gut eine Woche zum Reiseblog umfunktionieren werde. Mal schauen, was es aus den Staaten zu berichten gibt.