Auf Exkursion

In der Pfingstwoche bietet die Kölner Semesterplanung die Gelegenheit zu Exkursionen. Diese Möglichkeit wird auch rege genutzt, insbesondere für weite Konferenzreisen und den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, die nicht in Deutschland leben und arbeiten. Denn der Semestertakt zwingt letztlich dazu, kleine Nischen in Curriculum und Semesterferien für Austausch jeglicher Art zu verwenden. Nicht anders war es auch im Fall meines Kyoto-Aufenthalts, der seit längerem für eben diese Pfingstwoche geplant war und mich inzwischen in Erinnerungen schwelgen lässt. So verrate ich nicht zu viel, wenn ich sage, dass Japan zauberhaft und mitunter so widersprüchlich ist, dass die Diskussionen vor Ort viel Freude bereitet haben. Gleichzeitig ziehen sie Fragen westlicher Lesarten spezifischer Diskussionen nach sich, an denen sich letztlich auch ein hochentwickeltes Industrieland wie Japan orientiert. Aber von vorne.

UoC Mobility Grant

Als ich zu Jahresbeginn mein Bewilligungsschreiben für ein UoC Mobility Grant in Händen hielt, konnte ich es kaum fassen. Es würde in der Exkursionswoche tatsächlich nach Kyoto an die Kölner Partneruniversität Kyoto Sangyo University gehen. Die Überraschung und Freude war deswegen hoch, weil diese Stipendien rar sind und ausgehend von eigenen Forschungsthemen in der Kölner Exzellenzinitiative vergeben werden. Nun bin ich von Hause aus weder Ethologin noch ausgewiesen in der vergleichenden, erziehungswissenschaftlichen Forschung, sodass meine Frage nach der Studierendenschaft auch andere Auslegungs- und Bewertungsmöglichkeiten geboten hätte. Immerhin führten mich meine letzten Delegationsreisen in die USA verbunden mit Konsortien, die das US-amerikanische Bildungssystem in Bezug auf Grade der Digitalisierung prüfen wollten (siehe hier; hier). Meine Japanreise verfolgte nun einen gänzlich anderen Zweck: Mir geht es nicht um Grade der Digitalisierung, sondern darum, was Studierende mit Medien machen und wie selbstverständlich sie in und mit Medien interagieren. In Bezug auf derart gelagerte Fragen schien mir Japan – verbunden mit Städten wie Kyoto oder Tokio – ein besonders geeignetes Land.

21 Stunden wach
Japan liegt bekanntermaßen nicht gerade um die Ecke. Wenn ich richtig zurückgerechnet habe, dauerte es ca. 21 Stunden, um von Köln über München nach Osaka zu fliegen und vor Ort weiter nach Kyoto zu reisen. Es ist ja irgendwie auch logisch, dass es keinen Direktflug aus Köln in die älteste Stadt Japans gibt. Folglich ist eine solche Auslandsreise nicht nur schön und beeindruckend, sondern auch ein wenig anstrengend und geprägt von mehreren Wartezeiten, vielen Filmen und dem einen oder anderen Power nap. Über eineinhalb Ruhetage vor dem ersten Kennenlernen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort war ich daher sehr froh, da zudem ein Zeitunterschied von sieben Stunden zu bewältigen war. Insbesondere der Sonntag bot zugleich die Gelegenheit, die Stadt ein wenig zu erkunden.

Dr. No(h)
Wer sich ein wenig mit Japan beschäftigt, weiß, dass es in dem Land nicht nur Technik zu entdecken gibt, sondern auch Jahrtausende alte Traditionen wie das Noh-Theater. Das Noh-Theater ist auch deswegen so spannend, weil es außenstehend fast nicht zu verstehen ist. Es ist derart kulturell geprägt und aufgeladen, dass es sich nur einer spezifischen Gruppe erschließt. In einem Workshop an der Kunsthochschule haben wir dann in einer kleineren Gruppe versucht, das Noh-Theater sowie verwandte Aufführungsformen zu verstehen. Ein Unterfangen, das für zwei Stunden definitiv (zu) anspruchsvoll war. Sprachbarrieren kommen hinzu, wenn sich in Textbüchern, Regieanweisungen etc. Zeichen und Symbole finden, die sich nur mit direkter Übersetzung erschließen. Hierfür nachträglich ein großer Dank an unseren Host an der Kyoto Sangyo Universität, der stets zwischen Deutsch, Englisch und Japanisch hin- und hergesprungen ist, um Verständigung zu ermöglichen.

FabLab Osaka
Einen völlig anderen und aus meiner Sicht weit bekannteren Eindruck vermittelte das FabLab in Osaka, das sich in einem Hinterhof in Hafennähe befand und als sozial- bzw. gesellschaftskritisches Projekt von einer Künstler*innengruppe entstanden ist. Das FabLab ist in unmittelbarer Nähe einer Schreinerei lokalisiert. Dies führt zu praktischem Austausch und nicht zuletzt zu einer Menge von Spänen und Staub. Vor Vortragsbeginn über das Feature als journalistisch-mediale Form mussten wir uns daher erst einmal Platz schaffen.
Im FabLab stand dann der Austausch vorwiegend mit Musikwissenschaftler*innen im Fokus, was daran lag, dass ich zusammen mit meinem Kollegen aus der Musik die Japanreise angetreten habe. Folglich drehte sich auf der Reise viel um Medien, aber nicht unbedingt aus der Perspektive, wie sie aus dem E-Learning (vermeintlich) bekannt ist. Stattdessen haben wir kulturwissenschaftliche Perspektiven aufgenommen und über unterschiedliche Medienbegriffe, theoretische Zugriffe, praktische Formate sowie Formen der Vermittlung stets vergleichend zwischen Japan/Deutschland diskutiert.

Industrieuniversität
In Kyoto gibt es, schenkt man der Wikipedia Glauben, insgesamt ca. 40 Universitäten. Ich habe keinen Überblick, wie viele Universitäten bzw. Hochschulen Städte wie Köln, München oder Hamburg aufweisen, meine Vermutung ist allerdings, dass diese Zahl nicht erreicht wird. Die Universitäten weisen dabei ein sehr unterschiedliches Spektrum auf und eine Unterscheidung nach Hochschultyp, wie sie bei uns gängig ist, gibt es dort im Grunde nicht. Gleichwohl wurde uns berichtet, dass wir an einer privaten Industrieuniversität zu Gast sind. Die Übersetzung des Hochschulnamens finde ich deswegen so interessant, weil er aus meiner Sicht sehr gut wiederspiegelt, wie das Japanische Hochschulsystem zu verstehen ist. Es geht vorwiegend darum, Menschen in Arbeit zu bringen – und die Übergänge in die Arbeit als Hochschule zu gestalten.
Die Zeit in Kyoto war zu kurz, um alle Facetten dieser (Ziel-)Orientierung zu durchblicken und vor allem auch staatliche Universitäten besser kennenzulernen. Mir scheint aber doch, dass durch die Orientierung an Arbeit die Strukturen des Studiums enger sind und die Möglichkeiten, sich im Studium praktisch auszuprobieren, verbreitet sind. Auch auf Netzwerkbildung im Studium wird geachtet, indem beispielsweise zentrale Anlaufpunkte gezielt initiiert werden. Eine wichtige Rolle spielen darin Sprachen und die Bibliothek.
Aus medienpädagogischer Sicht hat mich nicht zuletzt gefreut, dass über die Mittagszeit das studentische Radio erklang. Allerdings ist die tägliche Sendezeit auf 30 Minuten begrenzt.

Klangwelten
Aus anderen Ländern lassen sich zahlreiche Eindrücke mitnehmen, wobei mir ein Aspekt deutlich im Gedächtnis geblieben ist: die Klangwelt(en). So werden öffentliche Räume nicht nur mit vielen Informationen ausgestattet, sie werden auch in Form von Ansagen und/oder Musik dargeboten. An diese Klangwelten gewöhnt man sich schnell, aber es ist für unsere Ohren doch einigermaßen ungewöhnlich, weithin beschallt zu werden. Dies zeigt sich in Kaufhäusern ganz besonderes. Darin spielt beinahe jede Abteilung andere Bänder ab. Fasziniert habe ich daher die Menschen beobachtet, wie sie sich in diesem Rahmen orientiert haben, während wir uns geradezu angestrengt auf eine Beobachtung konzentriert haben. Ein völlig anderes Bild vermittelte die Stimmung in den Tempelanlagen: Hier wurde durch Stille Kraft für den Alltag getankt.

Wie weiter?
Ein paar Tage später bin ich nun wieder im Kölner Unialltag angekommen und andere Aktivitäten und Aufgaben liegen vor mir. U.a. findet in der kommenden Woche die Tagung des Intermedia-Studiengangs statt, die noch vorbereitet werden will (zur Tagungswebseite). Neben den Eindrücken habe ich aber auch Datenmaterial mitgebracht, um das ich mich in den Semesterferien kümmern werde. U.a. habe ich eine Gruppendiskussion mit japanischen Studierenden durchgeführt, die mich vor allem zu methodischen Fragen im kulturellen Kontext führen wird. Daneben konnten wir die Intensivierung des Austauschs zwischen dem Studiengang Medienkommunikation, Sprachenstudiengängen sowie Intermedia verabreden. Im direkten Gespräch entstehen doch mehr Ideen, als sie sich auf dem Reißbrett entwickeln und hier dokumentieren lassen.

Wissensmanagement an Universitäten – (k)ein Thema?

Zugegeben, die Überschrift des Beitrags klingt provokant. Aber in der vergangenen Woche bin ich mehrfach gedanklich daran hängen geblieben, ob und inwiefern Wissensmanagement an Universitäten stattfindet – und auch daran, wer sich überhaupt darum kümmert, dieses im Fall der Fälle zu verbessern.

  • Ein erstes Indiz dafür, dass Wissensmanagament an Universitäten nur selten behandelt wird, sind die wenigen Publikationen. Jedenfalls wird man unter dem Stichwort Wissensmanagement nur (noch) selten fündig, sofern diese einen expliziten Hochschulbezug aufweisen sollen. Das kann natürlich mehrere Gründe haben; ich tippe vor allem auf eine Verlagerung der Diskussion in andere Themenbereiche (insbesondere E-Learning, TEL), da Wissensmanagement begrifflich viele Skeptiker hervorgerufen hat und zudem noch „out“ scheint.
  • Ein zweites Indiz dafür, dass Wissensmanagement an Universitäten offenbar keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt, konnte man beim Knowledge Camp am vergangenen Freitag in Passau beobachten. So war ich als Vertreterin der Universität eine absolute Exotin auf der Veranstaltung; mit Ausnahme einer Gruppe um Franz Lehner und mir war kein weiterer Universitätsvertreter zugegen. Auch das gab und gibt mir zu denken, denn Diskussionen zu Themen wie Digital Story Telling, Wissenskommunikation durch Visualisierung, Wissensmanagement als überfachliche Kompetenz und Motivation für Wissensmanagement gehen durchaus auch Universitäten etwas an. Zumindest kann man an den Themenbereichen viele Schnittstellen zu relevanten Fragestellungen im universitären Bereich ausmachen, wo es z.B. auch darum geht, Wissenskommunikation und -austausch unter Studierenden und insbesondere unter den Beschäftigten zu fördern, das Problem der Leaving Experts strukturiert anzugehen oder auch Antworten auf die durch digitale Medien hervorgerufene stärkere Öffnung von Lernen und Lehren zu finden.
  • Ein drittes Indiz scheint mir die persönliche (mangelnde) Relevanz des (organisationalen) Wissensmanagements zu sein. Denn Wissensmanagement wird oft an effizienten Prozessen ausgemacht – ein betriebswirtschaftliches Credo, das (auf den ersten Blick) schlecht zum Wissensarbeiter passt und daher in Universitäten nicht selten auf Ablehnung stößt. Auch die parallele Diskussion um E-Learning führt dazu, dass oftmals eine Tool-Perspektive gegenüber den dahinter stehenden, echten Problemen dominiert.

Wissensmanagement an Universitäten ist also offenbar doch ein Thema, nur ist es mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, wie man sie schon länger aus Unternehmen kennt.

Run auf Lehrveranstaltungen: Woran liegt's?

Jetzt ist sie also vorbei, die Anmeldephase für das Wintersemester 2009/2010, und ich kann mich nicht beklagen: Selten fand ein so großer Run auf meine Seminare statt. Um dem einigermaßen gerecht zu werden, habe ich mich vor ein paar Minuten entschieden, die Teilnehmerzahlen auf 30 pro Seminar hochzusetzen. Auf diese Weise haben kurzfristig ein paar mehr Studierende die Chance, an den einzelnen Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Ich freue mich natürlich riesig über den Zulauf, frage mich aber auch selbstkritisch, woran das liegt. Mit Sicherheit braucht eine Vielzahl der Studierenden die Punkte und meine Veranstaltungen passen ins Modul. Mit Sicherheit liegt es auch am projektorientierten Arbeiten, dass ich im Regelfall anbiete und was den Teilnehmerinnen und Teilnehmern großen Spaß bereitet. Am meisten glaube ich aber, dass es an den Themen liegt, die ich dieses Jahr im Angebot habe, denn: Mit Seminaren, die an der Schnittstelle von Bildungswissenschaft und Kommunikationswissenschaft sind, liegt man hoch im Kurs. Das hat zwei Gründe: Einer davon ist historisch gewachsen und auf eine leicht veränderte Zusammensetzung von Lehrveranstaltungen zurückzuführen (durch Professorenwechsel). Der andere Grund ist meiner Ansicht nach, dass man mit Angeboten im Schnittstellenbereich mehr Studierende erreicht, weil sowohl die an bildungswissenschaftlichen Fragestellungen interessierten ins Seminar kommen als auch diejenigen, die eher kommunikationswissenschaftlich ausgerichtet studieren. Für mich zeigt die Veranstaltungswahl jedenfalls auf, dass man Überschneidungspunkte, die bei den Kernfächern im MuK-Studiengang bestehen, stärker nutzen sollte, um Gemeinsamkeiten (und Unterschiede!) der einzelnen Fächer aufzuzeigen. Zu selten gibt es an der Universität Veranstaltungen, die Fragestellungen unterschiedlicher Fächer in einem Seminar kombinieren und diese vor dem Hintergrund einzelner Phänomene diskutieren.

Studi-Blog meets Seminar – 11 Fragen zur Gestaltung von Seminarblogs

Schön öfter habe ich mitbekommen, dass Blogs als Werkzeug für die Lehre eingesetzt werden (im Wintersemester 2008/2009 verwendet Gabi z.B. einen Blog in der Einführungsvorlesung). Sie sollen helfen, Lernerfahrungen zu reflektieren, den Austausch zwischen Studierenden und Dozent fördern oder auch „drögen“ Lerninhalten etwas mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Bisweilen gelingt das gut, was sicher eng mit den Inhalten, aber auch mit den Studierenden und ihrer Einsatzbereitschaft (und natürlich auch der Motivation des Lehrenden) zusammen hängt. Manchmal geht gar nichts zusammen, ohne die genauen Gründe dafür zu kennen. Bei Mandy habe ich jetzt gelesen, dass Ralf Appelt den förderlichen Faktoren von Seminarblogs mit seiner Umfrage 11 Fragen zur Gestaltung von Seminarblogs auf den Grund gehen möchte. Eine hervorragende Idee! Besonders interessant wird sicher das Stimmungsbild zur ersten Frage „Sollte jeder Student ein eigenes Blog haben oder direkt in das Seminarblog schreiben?“ – aus meiner Sicht fast schon die Königsfrage, um Motivation und Einsatzbereitschaft der Beteiligten optimal zu fördern. Ich bin gespannt, wie meine Meinung (=Feeds von Einzelblogs speisen Gruppenblog) zu denen der anderen passt und natürlich auch auf die anderen Ergebnisse der Mini-Studie.