Junges Forum Hochschul- und Mediendidaktik: (m)ein vorläufiges Fazit

Hier in Hamburg geht es diese Woche Schlag auf Schlag, sodass ich erst jetzt und mit ein paar Tagen Verspätung dazu komme, ein vorläufiges Fazit zur Nachwuchstagung „Junges Forum Hochschul- und Mediendidaktik“ zu ziehen. Möglicherweise ist dieser Abstand auch hilfreich, um den großen Erfolg hinsichtlich Teilnehmerzahl, Interesse und Erwartungen etwas besser einordnen zu können. Immerhin war das Label „Nachwuchstagung“ vorsichtig gewählt und hatte eine bestimmte inhaltliche Ausrichtung vorgesehen. Dass wir inzwischen über eine Veranstaltung in einem sehr großen Format (120 Teilnehmende) sprechen dürfen, hat niemand erwartet, auch ich nicht.

Fachlich-inhaltliche Beiträge als Rahmen

Die Tagung wurde gerahmt von zwei fachlich-inhaltlichen Beiträgen, von denen wir uns bei der Planung wichtige Impulse für den Verlauf der Tagung erwartet haben. Einer dieser Impulse kam von Tobias (Jenert), der sich am ersten Veranstaltungstag den Hochschul- und Mediendidaktikern als Change Agents gewidmet hat. Dabei hatte er vor allem solche Personen als Zielgruppe seines Beitrags im Blick, die sich beruflich im Third Space bewegen, d.h. mittelbar in Lehre und Forschung eingebunden sind. Er strukturierte seinen Vortrag anhand von drei Kernfragen: Wer sind wir? Was wollen wir? Was kennen wir? In den Fragen erkannten sich dann eine ganze Reihe Teilnehmende wieder, hatten wir doch schon bei der Eröffnung festgestellt, welch immense Zahl der Anwesenden in diesem Bereich beschäftigt sind. Gleichzeitig war zu merken, dass die Perspektive des Third Space für einige Anwesende neu ist: Durch die Förderpolitik sind inzwischen viele Personen, die zuvor in Forschung und Lehre tätig waren, anderweitig im Hochschulbereich tätig und zum Umdenken gezwungen – jedenfalls dann, so mein Fazit, wenn zur Bearbeitung von Projekten auf Mikroebene vor allem eine hochschulstrategische Entwicklungsperspektive auf Makroebene hinzukommt.

Auch der zweite Veranstaltungstag wurde eröffnet mit einer Keynote, und zwar mit den Ausführungen von Udo Kelle. Im Fokus standen Möglichkeiten der Verknüpfung von quantitativer und qualitativer Forschung. Fragen der Methodenintegration, wie Kelle triangulative Verfahren auch nennt, stellen sich immer dann, wenn ein methodologischer Zugang unzureichende Ergebnisse hervorbringt. Allerdings werden seiner Ansicht nach viel zu häufig Gemeinsamkeiten und Unterschiede unterschiedlicher Methoden betrachtet; viel zu selten das „konstruktive Potenzial“. So zeigte er am Beispiel der quantitativen Forschung auf, wo ihre Grenzen liegen und welche Chancen, komplementär gedacht, in qualitativen Zugängen bestehen. Passend zur Zielgruppe seines Referats nahm er Bezug zur Qualitätssicherung und -entwicklung an der Hochschule, die sich durch eine „Evaluitis“ auszeichnet und sich allzu oft auf quantitative Verfahren versteift. Bezugnehmend zur Studie von Metje und Kelle (u.a. Metje, 2009) zeigte er auf, wie schwer Biasvariablen in quantitativen Herangehensweisen auszuschließen sind, insbesondere dann, wenn z.B. Interesse oder Assessment ins Spiel kommen. Entsprechend legen quantitative Evaluationen häufig die beschränkte Gültigkeit von Items offen. Dies führe zu Methodenartefakten, d.h. Methoden bildeten nicht das ab, was sie abbilden soll(t)en. Gleichzeitig bestünde mangelndes Wissen über die kausalen Phase. Im direkten Vergleich unterscheiden sich qualitative und quantitative Evaluationsdesigns dann wie folgt:

Quantitative Evaluationsdesigns:

  • Hypothesenbildung
  • Erfassung vorab definierter Merkmale
  • „Wenn wir in der Lage sind, unerwünschte Effekte vorab gut zu definieren.“
  • Herausforderung: brauchbare Hypothesenbildung, kausale Pfade

Qualitative Evaluationsdesigns:

  • Identifikation von Methodenartefakten
  • Identifikation von Erfolgskriterien und Nebenwirkungen
  • Beschreibung der kausalen Pfade
  • Interpretation von quantitativen Befunden
  • Herausforderung: hoher Aufwand, kleine Stichproben

Am Schluss seines Vortrags plädiert Kelle für eine Methodenintegration im Sinne einer Triangulation: Sie bietet die Möglichkeit der Operationalisierung von Interventionseffekten, die Identifikation von Messproblemen, die Aufdeckung von Nebeneffekten sowie die Chance zur Interpretation wenig verständlicher statistischer Befunde. Kelles Überlegungen waren dabei nicht neu für mich, da ich viele seiner Texte bereits aus der Diss-Zeit kenne und aufgrund der pragmatischen Haltung schätze.

Aspekte der Nachwuchsförderung

Ein Hauptziel der Veranstaltung lag allerdings nicht in der Wissensvermittlung durch Keynotes, sondern in der gemeinsamen Aus- bzw. Erarbeitung von Themen und deren Diskussion. Dies wurde im Programm der Tagung mehrfach aufgegriffen, sei es durch die großen Räume zur Präsentation von praktischen Fragen sowie von Forschungsarbeiten. Gleichzeitig wurden (insgesamt) drei Workshops zur Vertiefung im Bereich der Hochschulentwicklung und Methoden angeboten.

Die beiden Tracks für die Young Scientists und die Young Professionals habe ich dabei als ähnlich fruchtbar erlebt und konnte, durch meinen eigenen Stellenwechsel nach Hamburg, beiden Perspektiven auf durchaus ähnliche Herausforderungen und Probleme etwas abgewinnen. So war es für mich selbstverständlich, mal in einem Track und mal im anderen Track zugegen zu sein, wobei ich sicherlich etwas häufiger bei den Doktoranden gesichtet wurde. Letzteres liegt natürlich auch daran, dass mir die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchs besonders am Herzen liegt und dieser Track von mir co-entworfen und begleitet wurde (aufgrund meiner Funktion in der GMW). In der konkreten Ausgestaltung der Tracks ergaben sich allerdings zwei zentrale Unterschiede: So wurden (1) die Impulsbeiträge im Professionals-Track etwas mehr zusammengedacht als die Beiträge der Doktoranden, was auch logisch ist: Im Professionals-Track wurde die Gelegenheit genutzt, nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den einzelnen Projekten zu suchen, Fragen gemeinsam zu diskutieren und nach hochschulübergreifenden Lösungen zu suchen. Dieses Vorgehen bietet sich bei Doktoranden auch an, allerdings in anderer Form: So habe ich speziell im Nachgang von einigen Doktoranden gehört, wie bedeutsam es (2) für sie war, Beispiele anderer Doktorarbeiten zu sehen, methodisch ähnliche Lösungen im Plenum zu besprechen und etwas über spezifische Argumentationen zu lernen, bei denen es thematische Schnittmengen genauso wie zentrale Unterschiede gibt. Besonders Spaß gemacht haben mir zwei Sessions, innerhalb derer ich einmal selbst einen Impulsbeitrag zum „Mediengestützten Lernen und Lehren“ halten und einmal in die Moderatorenrolle schlüpfen durfte.

Schonraum für den Nachwuchs oder: Stimmung locker bis heiter 

Aufgefallen ist mir – vor allem im Vergleich zu vielen anderen Veranstaltungen, die ich inzwischen besucht habe – die positive und überaus konstruktive Stimmung unter allen Teilnehmern: Mit großem Interesse am Diskurs angereist, hörte man die Gruppe zu jeder Zeit angeregt sprechen, engagiert diskutieren und gefühlt auch mitdenken, denn vielfach wurden Überlegungen des Transfers ausgelöst: Was heißt es für mich und meine Aufgaben, wenn diese in Prozesse der Organisationsentwicklung eingebunden sind? Welche Personen oder Gruppen gilt es an der Hochschulentwicklung gezielt zu beteiligen? Welche Rolle spielt dabei der Medieneinsatz als Motor für Hochschulentwicklung? Und mit welchen Methoden untersuche ich dies wissenschaftlich? Etc. Dabei wurden diese Fragen nicht nur gedacht, sondern oft auch ausgesprochen, was ich auf den Schonraum der Nachwuchstagung zurückführe: Keine Frage war zu banal oder durfte nicht gestellt werden. Der Schonraum wurde zweifelsohne auch an anderer Stelle gelebt, nämlich hinsichtlich des Medieneinsatzes: So wurde zu den Keynotes getwittert, aber nicht übermäßig, und in allen Sessions und Workshops kamen digitale Medien sehr moderat zum Einsatz. Diesen reflexiven Umgang möchte ich explizit erwähnen, da wir im Vorfeld der Veranstaltung durchaus offen über unterschiedliche Welten von Hochschul- und Mediendidaktik gesprochen haben.

Zu guter letzt: Unsere Suche nach neuen Ausrichtenden

Aus den vorangegangenen Zeilen geht schon hervor, dass das erste Junge Forum Hochschul- und Mediendidaktik ein voller Erfolg war. Dabei fand vor allem die Idee der spezifischen Nachwuchsförderung Anklang, die nämlich die Bedürfnisse und Interessen derjenigen in den Vordergrund stellt, die aktuell noch in ein Themenfeld hineinwachsen, unabhängig davon, ob sie nun promovieren oder nicht. Als mitunter künstlich erwies sich – zum Glück! – die Trennung zwischen Hochschul- und Mediendidaktik, da sich in den konkreten Projekten oder Promotionsvorhaben deutliche Schnittstellen ergeben. Allerdings stand auf diese Weise die Organisation Hochschule besonders im Fokus, was aus Sicht der beteiligten Fachgesellschaften ein „Kann“, aber kein „Muss“ war. Für ein mögliches nächste Mal würde ich mir daher eine weitere Öffnung für andere organisationale Kontexte wünschen, die sich vielleicht durch denkbare weitere Kooperationen auf Ebene der Fachgesellschaften oder durch die jeweiligen Ausrichter des Jungen Forums ergibt. Denn eins stand am Ende der Veranstaltung auch fest: Es soll sie wieder geben! Nur der Ort ist noch zu klären, denn das Organisationsteam dieser ersten Veranstaltung macht erst mal Pause. Mails mit Interessensbekundungen daher gerne an mich!

Update 21.06.2012: Inzwischen findet sich auch ein ausführlicher Bericht bei der DGHD und der GMW (wortgleich) zur Nachwuchstagung in Hamburg.

Junges Forum Hochschul- und Mediendidaktik: Programm und (mein) Beitrag

Seit gestern Abend steht das Programm zum Jungen Forum Hochschul- und Mediendidaktik online zur Verfügung und ich freue mich aus zwei Gründen sehr darüber: (1) bin ich wirklich beeindruckt, dass innerhalb kurzer Zeit eine Nachwuchstagung mit Bezug zu mediendidaktischen Themen auf die Beine gestellt werden konnte. Dies ist nicht selbstverständlich, da immer erst ein Ausrichter für die Tagung gefunden werden will und gleichzeitig auch Absprachen zwischen Fachgesellschaften zu treffen sind, sofern die Veranstaltung auf den Schultern mehrerer Partner lastet. Ein breites Themenspektrum mit interessanten Beiträgen lassen nun eine „bunte“ und austauschreiche Nachwuchstagung erwarten. Toll! (2) freue ich mich, dass eines der Themen, das mich aktuell in Hamburg stark beschäftigt, mit (m)einem Impulsreferat im Bereich der „Young Professionals“ zur Sprache kommt. Überschrieben ist der Beitrag mit „Mediengestütztes Lehren und Lernen an Hochschulen fördern: zur Bedeutung eines partizipativen Implementierungskonzepts“ (Abstract) und es geht mir speziell darum zu fragen, wie man bei der Implementierung eines umfangreichen Medienkonzepts alle „Stakeholder“, insbesondere aber Lehrende und Studierende, strukturell (versus punktuell) beteiligen kann. Ich freue mich schon jetzt auf eine lebhafte Diskussion und kann bis zur Tagung selbst sicher noch mehr Erfahrungen beitragen.

Call for Presentations: Nachwuchstagung von DGHD und GMW

Mit diesem Post möchte ich nochmals auf die Nachwuchstagung von DGHD und GMW („Junges Forum Hochschul- und Mediendidaktik“) aufmerksam machen, die am 29. und 30. Mai 2012 an der Universität Hamburg stattfinden wird. Die Tagung richtet sich an Hochschuldidaktiker und Mediendidaktiker gleichermaßen und versucht, Perspektiven von Nachwuchswissenschaftlern mit Praxisperspektiven zu verknüpfen. Auf das Vorhaben bin ich sehr gespannt.

Auch möchte ich die Gelegenheit nutzen, insbesondere Doktoranden aus dem Umfeld von Medienpädagogik- und -didaktik zur Einreichung zu ermuntern. Wir freuen uns auf eine große Vielfalt an Beiträgen, die auch unterschiedliche organisationale Bezüge erlauben – medienpädagogische/-didaktische Fragen und Herausforderungen stellen sich ja nicht nur in der Hochschule, sondern können genauso gut aus dem frühkindlichen Bereich, der Schule oder aus Weiterbildungskontexten stammen. Zugleich ist es kein Nachteil, wenn die eine oder der andere bereits bei einem der letzten Doktorandenforen präsentiert hat, im Gegenteil: Wenn man das Gefühl hat, der Austausch mit anderen würde zu einem bestimmten Zeitpunkt der Doktorarbeit helfen, dann halte ich eine erneute Einreichung für sinnvoll. Auch kann ich mir vorstellen, dass es von Nachwuchstagung zu Nachwuchstagung leicht regionale Unterschiede geben wird: angefangen bei den Teilnehmern und Referenten über Themen und Inhalte bis hin zu Spezifika, die in Hamburg sicher in der gezielten Vernetzung der Beteiligten zu suchen sind.

Der Call for Presentations endet am 31. Januar 2012. Der inzwischen knappe Zeithorizont sollte aber nicht abschreckend wirken: Die Hürden zur Einreichung sind überschaubar und lassen sich (hoffentlich!) auch kurzfristig in den Arbeitsalltag integrieren. Bei Fragen stehe ich natürlich – wie alle anderen Organisatoren auch – gerne zur Verfügung. Über eine Verbreitung des Calls würden wir uns ebenfalls sehr freuen.

PS: Wer es mit einer Einreichung nicht schafft, dem sei gesagt, dass man auch ohne diese zur Tagung kommen kann. Die Keynotes und Workshops versprechen schon jetzt viel Abwechslung und die Möglichkeit, über die eigenen offenen Fragen mit anderen ins Gespräch zu gelangen. Die Anmeldung ist (voraussichtlich) ab Ende Februar möglich.

Schneller als gedacht

Auf der letzten GMW-Jahrestagung wurde das Thema „Nachwuchsarbeit“ intensiv diskutiert: zunächst auf der Preconference, die wir erstmals zum Anlass für ein länger andauerndes Doktorierendenforum genommen haben, später dann auf der Hauptkonferenz, in der die Bedeutung der Nachwuchsarbeit auch von Mitgliedern und Vorstand bekräftigt wurde. Seitdem habe ich den Nachwuchshut auf, was einerseits für eine (Ver-)Mittlerfunktion steht, die ich zwischen Nachwuchswissenschaftlern und Vorstand einnehme. Andererseits wurde mir mit dem Hut auch Verantwortung für das Thema übertragen, denn die Erwartungen an eine Nachwuchsarbeit sind vielfältig und individuell durchaus unterschiedlich.

Umso glücklicher bin ich, dass wir – schneller als gedacht – erstmals eine Nachwuchstagung auf die Beine stellen werden (zum Call for Presentations). In Kooperation der beiden Gesellschaften DGHD und GMW werden wir uns Ende Mai 2012 in Hamburg treffen und dem Nachwuchs ein Forum geben, wie es so schön heißt. Das Besondere an der Veranstaltung ist dabei, dass die Interessen und Fragen des Nachwuchses im Mittelpunkt stehen und sich auch auf die Konferenzorganisation auswirken werden. Gleichzeitig wird mit der Veranstaltung ein Spagat gewagt, nämlich sowohl Nachwuchswissenschaftler (sog. Young Scientists) als auch Nachwuchspraktiker (sog. Young Professionals) anzusprechen. Auf dieses Vorhaben bin ich persönlich besonders gespannt, da es sicher ähnliche Herausforderungen in der Phase des Hineinwachsens in neue Gemeinschaften gibt, die Herausforderungen sich aber im Prozess durchaus stark unterscheiden können. Eine weitere Herausforderung sehe ich darin, die unterschiedlichen organisationalen Zugänge zu Wissenschaft und Praxis miteinander zu vereinen. Immerhin wird die Konferenz auch über den Tellerrand der Hochschule blicken, insbesondere durch die Einreichungen der Nachwuchswissenschaftler aus dem Schul- oder Weiterbildungskontext ist das zu erwarten.

Bei allen Herausforderungen und potenziellen Unwägbarkeiten freue ich mich riesig darüber, dass wir durch die Initiative der Hamburger so schnell eine Nachwuchstagung auf die Beine stellen konnten. Die Nachwuchstagung gliedert sich insgesamt in die Nachwuchsarbeit der GMW ein, die demnächst um weitere Elemente ergänzt wird.