Einzelleistungen vs. Gruppenleistungen

Inzwischen lehre ich schon im siebten Semester, wenn man das so sagen will, und die meisten Dinge, die in direktem Zusammenhang mit der Lehre stehen, gehen mir gut von der Hand. Da ich prinzipiell problemorientierte Lehrveranstaltungen anbiete, gelange ich aber immer wieder an einen herausfordernden Punkt, nämlich der Bewertung von (Gruppen-)Leistungen. Lässt man Referate einzeln halten oder Hausarbeiten allein schreiben, wird man sich nie mit diesem Aspekt auseinandersetzen müssen – Feedback und auch Noten sind eindeutig zu vergeben. Lässt man hingegen aus Prinzip in der Gruppe arbeiten, kommt man manchmal an den Punkt, wo die Einzelleistungen völlig anders ausfallen, als dies eine Gruppen- und damit Gesamtnote spiegeln kann. Ich tue mich sehr schwer damit, die Gruppenleistungen in Teilleistungen aufzudröseln – es passt an sich auch nicht gut in problemorientierte Lehr-Lernkonzepte, da die unterschiedliche Bewertung störend wirken kann (z.B. Neid oder Unmut hervorruft); außerdem wird es zu Beginn anders gegenüber den Seminarteilnehmern kommuniziert und die Gruppen arbeiten in der Regel arbeitsteilig. Umgekehrt kann und will ich nicht unbeachtet lassen, wenn Leistungen extrem differieren – auch dies würde für ein ungutes Klima in der Gruppe sorgen und den weiteren Seminarprozess stark belasten. Ich habe mich daher in besagtem siebten Semester erstmals dazu entschlossen, in einem Fall von den Gruppennoten abzuweichen und einzelne Noten für die Referenten zu vergeben. Noch weiß ich nicht, wie die Gruppe darauf reagiert, da sich der Versand des Feedbacks verzögert (der Digicampus ist wegen Wartungsarbeiten offline). Dennoch hoffe ich darauf, dass die betreffende Gruppe ihre Bewertung nachvollziehbar findet und sich so im Gesamten gerecht behandelt fühlt. Auch wenn man als Lehrende natürlich nie bis ins Letzte transparent und fair sein kann, ist es mir doch wichtig, entsprechende Entscheidungen, die auch Einfluss auf die Note haben, allen Gruppenmitgliedern gegenüber offenzulegen und (im Bedarfsfall) der Gruppe das Gespräch anzubieten.

Neues zum Thema "Kuschelnoten"

Wer kennt sie nicht: Kuschelnoten. In dem einen oder anderen Seminar wird mit besonders guten und wenig differenzierten Noten um sich geworfen, um der bisweilen schwierigen Bewertung der Studierendenleistung aus dem Weg zu gehen. Des einen Freud ist dabei des anderen Leid: Während sich der Easy-Going-Student über prima Noten freut, ist der engagierte Mitdenker empört über den wenig gerechten Umgang mit der von ihm erbrachten Leistung. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Es ist tatsächlich einigermaßen kompliziert, faire Noten zu finden. Allein Feedbackstrukturen helfen dabei, die Leistung für alle fair und transparent zu bewerten (Alex hat in seinem Blog schon des öfteren darüber berichtet, u.a. zu Bewertungskriterien bei Referaten). Blöd ist nur, wenn man der eigenen Transparenz zum Opfer fällt. So ist jetzt beispielsweise an der FH Hildesheim ein Professor aufgefallen, der komplett auf Prüfungen verzichtet. Problem: Er setzt nicht etwa andere Formen des Assessments ein, was ja zu befürworten wäre, sondern ist schlichtweg zu selten anwesend, um ordentliche Noten zu verteilen (der Uni-Spiegel berichtet). Kein Wunder also, dass er seiner mangelnden Lehrbereitschaft irgendwann selbst zum Opfer fallen musste.