Erziehungswissenschaft nach ChatGPT (Mitteilungsheft Erziehungswissenschaft 70)

In den ersten Monaten meiner Amtszeit in der DGfE war ich mit der Ausgestaltung des Thementeils der Mitgliederzeitschrift Erziehungswissenschaft 01/2025 befasst. Dieser Thementeil knüpft unmittelbar an Fragen von Digitalisierung an, mit denen ich ja bekanntermaßen für den Vorstand ‚angetreten‘ bin. Allerdings war mir wichtig, nicht den nächsten Band zur Digitalisierung zu kuratieren, sondern Zuspitzungen in Perspektivnahme aktueller Diskussionen in gesellschaftlicher Tragweite vorzunehmen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen kam ich bei den großen Sprachmodellen und den damit auch öffentlich verbundenen Umwälzungen an – und daran gewissermaßen auch gar nicht vorbei. Gerade die Diskussionen um Chatbots und ihnen eingeschriebene (Trainings-)Mechanismen brachten mich dazu, in der allerersten Sitzung des damals noch frisch zusammengesetzten DGfE-Vorstands das Thema zu pointieren – und zwar in Richtung von „Erziehungswissenschaft nach ChatGPT“. 

Bei dem Thema ist es geblieben und ich bin sehr froh, dass sich so viele Kolleg*innen aus der Erziehungswissenschaft und aus angrenzenden Disziplinen an der Ausgestaltung des Mitteilungshefts beteiligt haben. Allen voran möchte ich Burkhard Schäffer erwähnen, mit dem ich den Thementeil letzthin zusammen auf den Weg gebracht habe. Hinter uns liegen viele, durchweg anregende Diskussionen und Telefonate zur Frage, wie wir die Erziehungswissenschaft nach ChatGPT eigentlich selbst verstehen möchten und wie wir das kleine Wörtchen „nach“ meinen könnten. Nicht alle bilateralen Diskussionen konnten wir in unserer Einleitung hinterlegen, so mache Frage und avisierte Konsequenz aber doch. Mit Veröffentlichung des Hefts können unsere vorläufigen Überlegungen nun nachgelesen werden. 

Mit unseren einleitenden Worten wollten wir u. a. zeigen, dass es bereits zahlreiche Anschlüsse und inhaltliche wie auch methodisch gelagerte Diskussionen innerhalb der Sektionen der Erziehungswissenschaft gibt. So ist auch dieser Band von einer Vielfalt der Diskussionen gekennzeichnet: Er wirft Fragen von ChatGPT als Werkzeug für die (Erziehungs-)Wissenschaft ebenso auf wie ein Platzgreifen von Regimen. Es finden sich Beiträge zu konkreten Einflüssen auf Gegenstandsbereiche oder präzise Blicke auf tradierte Methoden und Optionen für ihre Weiterentwicklung. Deutlich werden damit auch die gewissermaßen typischen Herangehensweisen an ein uns alle betreffendes Thema – und das aus Sicht von vielen. Ich möchte daher an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, den Kolleg*innen für ihre Beteiligung am Thementeil zu danken. Nur so konnte es gelingen, Fragen einer Erziehungswissenschaft ‚nach‘ ChatGPT in der Breite zu fokussieren. 

Im Zusammenhang mit der Themensetzung des Hefts kam es gelegen, dass die DGfE parallel mit der Überarbeitung ihrer forschungsethischen Prämissen befasst war und ist. So ist es uns gelungen, das Heft im Bereich der Debatten um diese sich anschließenden Themen noch anzureichern. Wie gehen wir als Erziehungswissenschaftler*innen mit dem Aufkommen künstlicher Intelligenzen und maschinellem Lernen um? Wie verändern diese unseren Alltag als Wissenschaftler*in bereits? Wie transparent geschieht all das und was lässt sich eigentlich noch genau mit Blick auf KI nachvollziehen? Im Sinne einer offenen Debatte und Kontroverse laden insbesondere zwei Beiträge zur Vertiefung der damit verbundenen Fragen für unser Fach ein.

Die Arbeit an diesem Heft hat mir wirklich große Freude bereitet, trotz oder gerade wegen des Tempos, das wir zwischenzeitlich aufgenommen haben. Klasse finde ich auch, dass alle genannten Beiträge einzeln wie auch gemeinsam auf den Seiten des Budrich-Verlags zur Verfügung stehen (hier geht’s nochmals zum Download). Die Texte tragen, das wäre meine mit dem Heft verbundene Hoffnung, nun allesamt zur weiterführenden Diskussion über Erziehungswissenschaft sowie zur Vertiefung einzelner Fragen nicht zuletzt im Kontext der Lehre bei. Ich wünsche allen daher eine angenehme Lektüre und freue mich auf vielfältige Anregungen zum gemeinsamen Weiterdenken!

Herzliche Einladung

… zur Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) zum Thema „Wissenschaftsfreiheit als Grundrecht und Grundpfeiler der Demokratie“!

Das Tagungsprogramm weist die Vielfalt aktueller Diskussionen rund um Wissenschaftsfreiheit aus. Es bewegt sich in der Schnittmenge erziehungswissenschaftlicher und demokratiepolitischer Fragen. Auf den Seiten der DGfE finden sich seit heute online weiterführende Informationen, auf die ich hiermit gerne verweisen möchte.

Zu den Eckdaten der Veranstaltung: Die Herbsttagung findet vom 28. November 2025 bis 29. November 2025 in Erkner bei Berlin statt. Eine Anmeldung ist ab sofort möglich.

„Anmerkungen zur (Un)Bestimmtheit von Bildung(stechnologien)“ 

Die einen oder anderen mögen es schon gesehen haben: Die Festschrift zu Ehren des Innsbrucker Kollegen Theo Hug ist mit interessanten Beiträgen jüngst erschienen (hier). In Perspektivnahme seiner Schriften habe ich zusammen mit Paula Goerke und Mendina Scholte-Reh auch einen Beitrag zum Band beigesteuert. Darin haben wir auf empirischer Basis den Versuch unternommen, frühere Arbeiten von Theo Hug (etwa um „Technologiekritik und Medienpädagogik“) an aktuelle Perspektiven auf eine Critical Education(al) Technology anzuschließen. Kurz: Zur (Un)Bestimmtheit von Bildung(stechnologien) etwas anzumerken. Damit gratulieren wir herzlich!

Goerke, P., Hofhues, S. & Scholte-Reh, M. (2025). Anmerkungen zur (Un)Bestimmtheit von Bildung(stechnologien). In G. Pallaver, K. Rummler, P. Missomelius, V. Dander, & O. Leistert (Hrsg.), Streifzüge an den Nahtstellen von Medien, Bildung und Philosophie (S. 129–146). OAPublishing Collective. (Artikel)

„Scheinbare Gewissheiten und notwendige Selbstverständigungen“ rund um Medienkompetenz und Medienbildung

Ob die Medienpädagogik ein Update braucht, fragt die neueste Ausgabe der merz-Wissenschaft. Die Frage regt zur Reflexion darüber an, was Medienpädagogik ist und im interdisziplinären Gefüge sein kann. Gerne verweise ich daher hier auf das Münchner Heft und wünsche bei der Gelegenheit auch viel Freude mit unserem Artikel, der – wie es im Editorial heißt – diese Frage einleitend bearbeiten würde. So zeichnen Eik Gädeke und ich unter der Überschrift „Medienpädagogik in einer datafizierten und plattformisierten Gesellschaft“ vor allem die Linien nach, entlang derer sich Konzepte von Medienkompetenz und Medienbildung einerseits entwickelt und andererseits im Diskurs gefestigt haben. Das ist schon allein deswegen interessant, weil der Diskurs insbesondere um Medienkompetenz von unterschiedlichen Erwartungen inzwischen auch überformt wird. Was macht das mit Medienpädagogik in einer datafizierten und plattformisierten Gesellschaft, wird ihr disziplinenbezogenes Wissen rund um zentrale Konzepte dadurch womöglich erst prekär?

Gädeke, E. & Hofhues, S. (2024). Medienpädagogik in einer datafizierten und plattformisierten Gesellschaft: Scheinbare Gewissheiten und notwendige Selbstverständigungen. medien + erziehung (merz) Wissenschaft. 6. 15-26.

Erschienen: Special Issue zum Thema „Studentische Partizipation“ der ZfHE 

Über das Jahr 2024 hat meine Kolleg*innen Peter Tremp (PH Luzern, Schweiz), Mandy Schiefner-Rohs (RPTU Kaiserslautern-Landau) und mich die Arbeit an einem Special Issue zum Thema „Studentische Partizipation“ für die Zeitschrift für Hochschulentwicklung (ZfHE) begleitet. Aufgrund sehr vieler Einreichungen wurde die Ausgabe geradezu zur Gemeinschaftsaufgabe und nicht zuletzt zur gemeinsamen Kraftanstrengung, die zuerst mit der Sichtung vieler Einreichungen begann, ihren Weg nahm über einen umfangreichen Begutachtungsprozess bis zur Heftform, die nun digital ebenso wie „gedruckt“ zugänglich ist. 

Inhaltlich interessant ist, wie studentische Partizipation in den jeweiligen Beiträgen hergeleitet und wie auch nach empirischen Zugängen zu Fragen von Partizipation an Hochschule gesucht wird. Interessant ist auch, wie Hochschulen als Organisation verhandelt werden und welche Rolle relationale Modelle von Organisation im handlungspraktischen Tun spielen. Ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich bezüglich praxistheoretischer Theorie-/Modellbildung rund um die Governance im Hochschulwesen (für einen Überblick über Education(al) Governance auch Langer & Brüsemeister, 2019) noch Leerstellen ausmache. 

Meinen Dank möchte ich allen Beteiligten aussprechen, der die vielen Autor*innen, die leider nicht zum Zuge kamen, sowie alle Gutachtende, die sich aufgrund des doppelt-blinden Begutachtungsverfahrens nicht nennen lassen, einschließt. 

Gern nutze ich schließlich die Gelegenheit, die aktuelle Ausgabe der ZfHE hier zu verlinken.

Zugänge des Verstehens: Konturen erziehungswissenschaftlicher Digitalisierungsforschung

Zwei Jahre nach der Hagener Tagung zur „digitalen Hermeneutik“ ist der gleichnamige Band der Kollegen Thomas Bedorf und Peter Risthaus bei Hagen University Press erschienen. Zwischen „Maschinen – Verfahren – Sinn“ bewegen sich sodann die Beiträge des Bandes, zu dem ich auch einen Artikel zum Thema erziehungswissenschaftlicher Digitalisierungsforschung beisteuern durfte. Weil Bände, die bei h.u.p. erscheinen, in aller Regel Open Access zur Verfügung stehen, nutze ich die Gelegenheit, hier auf diesen Beitrag aufmerksam zu machen. 

Hofhues, S. (2024). Zugänge des Verstehens: Konturen erziehungswissenschaftlicher Digitalisierungsforschung. In Th. Bedorf & P. Risthaus (Hrsg.), Digitale Hermeneutik. Reihe „Digitale Kulturen“ (Band 2) (S. 81-92). Hagen: h.u.p. (Download)

Trägt das Konzept einer Internationalisierung zuhause?

Hochschulen stehen vermehrt unter dem Druck, sich zu internationalisieren. Doch wie gestaltet sich eine Internationalisierung, wenn diese beispielsweise nicht an Auslandsreisen und -aufenthalte geknüpft wird? Trägt auch ein Konzept wie „Internationalisierung zuhause“, speziell im Umfeld einer Fernuniversität? Diesen und ähnlichen Fragen sind Jennifer Lange und ich in einer zurückliegenden Studie nachgegangen, die fortan online zur Verfügung steht und mit internen Fördermitteln des Fileh-Programms unterstützt wurde.

Lange, J. & Hofhues, S. (2024). Internationalisierung (Zuhause) an der FernUniversität in Hagen: Eine Interviewstudie (Report | Mediendidaktik, Issue 3). https://ub-deposit.fernuni-hagen.de/receive/mir_mods_00002125

Erschienen: Jahrbuch Medienpädagogik 21

Es gehört zur Tradition der Herbsttagung der Sektion Medienpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE), dass die Beiträge der Konferenz im Nachgang zur Beteiligung im Jahrbuch Medienpädagogik eingeladen werden. Ebenso wichtig ist es der Sektion, dass der Rückblick auf Aktivitäten des letzten Jahres pünktlich zur Herbsttagung des Folgejahres zur Verfügung steht. So passt es ausgesprochen gut, dass dieser Tage das Jahrbuch Medienpädagogik 21, herausgegeben von Claudia de Witt, Sandra Hofhues, Mandy Schiefner-Rohs, Valentin Dander und Nina Grünberger, auf den Seiten der Online-Zeitschrift MedienPädagogik erschienen ist. 

Das Jahrbuch 21 blickt „[m]it Medienpädagogik in die Zukunft“, was wir als Herausgebende „angesichts der disruptiven Tendenzen von Künstlicher Intelligenz und weiterer Technologien für Individuum und Gesellschaft für unabdingbar“ (aus dem Klappentext) erachten. Die Beiträge knüpfen somit unmittelbar auch an unserer Herbsttagung der Sektion Medienpädagogik in Hagen an, was die zurückliegende Arbeit im Kontext des Bandes (Einladungen zum Beitrag, Begutachtungen, Überarbeitungen, Verfassen einer Einleitung, …) fast vergessen lässt. 

In dem Sinne: Angenehme Lektüren!

De Witt, Claudia, Hofhues, Sandra, Schiefner-Rohs, Mandy, Dander, Valentin & Grünberger, Nina (2024). Mit Medienpädagogik in die Zukunft. Entwürfe, Begründungen und (inter-)disziplinäre Begegnungen (Jahrbuch Medienpädagogik 21). Online-Zeitschrift MedienPädagogik. https://doi.org/10.21240/mpaed/jb21.X

Beitrag zur datafizierten Schule im Heft zur Bildungsforschung und pädagogischen Theorie in der Zeitschrift für Pädagogik erschienen

Die Freude ist groß, dass unser Beitrag zur datafizierten Schule in der neuen Ausgabe der Zeitschrift für Pädagogik erschienen ist. Hinter uns liegen Monate umfassender Auseinandersetzung mit empirischen Ergebnissen aus dem All is Data-Projekt, verbunden mit Theoretisierungen im Zuge unserer Artefaktanalyse und zweifelsohne sehr unterschiedlichen Rückmeldeschlaufen. Vor diesem Hintergrund hat sich der Beitrag in eine Richtung entwickelt, die letztlich darauf fokussiert, wie Schule sozial hervorgebracht wird. Anders als unser Beitrag im Band „Datafizierung in der Bildung“ (Download .pdf), der einen empirischen Fokus aufweist, arbeiten Maike Altenrath, Paul Weinrebe und ich in diesem Artikel die „Organisation als Kristallisationspunkt einer Auseinandersetzung mit Daten“ heraus. Wir kommen zu dem Schluss, „dass Prozesse der Datafizierung letztlich zum Kristallisationspunkt von Betrachtungen werden, wie die Organisation von Schule sozial hervorgebracht und damit bestimmt und legitimiert wird“ (aus dem Abstract). Wir folgen, dass „die datafizierte Schule genaue und diverse Blicke auf ihre sozio-technischen Ausdrucksformen“ (ebd.) erfordert, „was abschließend auch als Forschungsprogramm zu lesen ist“ (ebd.).

Hofhues, S., Altenrath, M. & Weinrebe, P. (2024). Die datafizierte Schule. Organisation als Kristallisationspunkt einer Auseinandersetzung mit Daten. Zeitschrift für Pädagogik. 5. 691-707.

Unter dem Titel Beiträge zur Bildungsforschung und pädagogischen Theorie versammeln sich überdies weitere Beiträge mit Blick auf Schule in diesem Heft. Wer mag und zugreifen kann: Die ‚ganze‘ Zeitschrift und damit auch unser Beitrag sind schon jetzt im Format ‚online first‘ zugänglich.