Präsenzimpulse im Web begleiten: zum Paradox der Prüfungen auf der GMW12

Manche Themen ziehen sich so durch und ich erinnere mich gut daran, wie oft wir noch zu Augsburger Zeiten darüber geredet haben, dass Lernchancen mit und durch Tagungen verpuffen: z.B. weil Themen im Vorfeld zu wenig offen gelegt und diskutiert werden oder weil Themen im Nachgang zwar in Dokumenten „verewigt“ werden, die weitere, insbesondere gemeinsame Reflexion aber eher ausbleibt. Insofern freue ich mich, dass Gabi eine alte Diskussion im praktischen Tun aufgreift und Teile ihres GMW-„Vortrags“ vorab im Blog zeigt, diskutiert und mit allen Interessierten reflektiert. Ein solches Vorgehen begrüße ich sehr, zeigt es doch, welchen Beitrag im Grunde jede(r) Vortragende(r) zur öffentlichen Diskussion um bestimmte Themen oder Fragestellungen leisten kann. Die Frage nach den Prüfungen ist dabei eine alte, die sich aber durch verschiedene bildungspolitische und auch technologische Entwicklungen gewissermaßen neu stellt und nach Gabis Ansicht grundlegend hinterfragt (abgeschafft?) werden muss. Ich bin daher gespannt auf die Diskussion im Vorfeld, den Impuls vor Ort und die Nachbereitung im Web – die schließt sich der Übersicht zufolge ebenfalls an und ein paar Fragen zum Paradox der Prüfungen hätte ich schon jetzt.

#digimed_haw

Seit meinem Wechsel an die HAW Hamburg bin ich auch (nicht nur) für die Qualifizierung und Professionalisierung von Lehrenden zuständig, die nun ein erstes didaktisches Format gefunden hat: So wird fortan das Spektrum der hochschuldidaktischen Angebote erweitert um einen Workshop zu „digitalen Medien in Studium und Lehre“ (#digimed_haw). Aus der Ferne mag dieser Schritt logisch und gewöhnlich klingen, für die HAW stellt er jedoch eine echte und vor allem nennenswerte Erweiterung dar: hinsichtlich der Ergänzung einer technisch geprägten Sichtweise auf den Medieneinsatz um pädagogische Überlegungen sowie hinsichtlich einer Erweiterung des bisherigen hochschuldidaktischen Angebots in Richtung E-Learning/Blended Learning. Aus der Praxissicht ergibt sich dabei weiterhin die Notwendigkeit, über „die Medien“ zu sprechen und Perspektiven für ihren Einsatz in Studium und Lehre zu entwickeln. Die Hoffnungen in Richtung eines umfassenden Medieneinsatzes dürfen jedoch nicht zu hoch gehängt werden: Lösungen müssen in der Regel pragmatisch, klein und bei allen zeitlichen Engpässen noch machbar sein. Ich bin daher sehr gespannt, wie sich der Workshop bis Ende September entwickelt und ob es uns gelingt, die „hinter“ den Hoffnungen eines vermehrten Medieneinsatzes liegenden pädagogischen Probleme zu identifizieren und bei ihnen – nicht bei „den Medien“ – anzusetzen. Mal schauen, wie mir das Vorhaben gelingt.

EduCamp meets GMW12: letzte Vorbereitungen

Passend zum sommerlichen Wetter gehen auch die Planungen für das nächste „EduCamp meets GMW“-Projekt in die heiße Phase: In einer letzten Skype-Sitzung heute Morgen wurden abschließende Vereinbarungen betroffen, bevor wir uns in wenigen Wochen dann live in Wien bei EduCamp meets GMW12 (#ecgmw12) sehen werden. Anders als im Jahr 2010, als das Projekt in Zürich pilotiert wurde, wird dieses Jahr eine deutliche Verknüpfung zwischen den Aktivitäten auf der Preconference und der Hauptkonferenz hergestellt, nicht zuletzt durch den auf EduCamps inzwischen gewohnten Einsatz von Video und Twitter. Durch das Vorhaben der Verzahnung sind für mich „tagungsdidaktisch“ vor allem zwei Aspekte spannend: Zunächst interessiert mich, welche Sessions nach und nach im Community-Forum vorgeschlagen werden, ob die Themen die Jahrestagung der GMW eher vertiefen oder neue Impulse für die Hauptkonferenz einbringen, für die das Format besonders geeignet wäre, und wer sich bereits im Vorfeld als Organisatorin oder Organisator einer Session zu erkennen gibt. Denn die Diskussion über Inhalt, Richtung und Ziel einer Session ist neben der notwendigen Offenheit der Diskussion sicherlich vorher und auch nachher eine wichtige Funktion, damit Gespräche in kleiner oder größerer Runde letztlich zu fruchtbarer Zusammenarbeit führen (können). Zugleich interessiert mich, wie es uns begleitend gelingt, alle weiteren Aktivitäten zu koordinieren, denn: So klasse Skype-Sitzungen sind, so hinderlich sind räumliche Distanzen bei der Veranstaltungsplanung und -organisation. Ich bin daher sehr froh, dass wir ein gemischtes Projektteam zusammenstellen konnten, sodass Erfahrungen der letzten Jahre aus EduCamp und GMW weitergegeben werden und auch die Anbindung vor Ort sichergestellt ist. Ebenso halte ich es für eine günstige Entwicklung, dass Doktoriendenforum und EduCamp meets GMW nicht mehr zeitlich miteinander konkurrieren, im Gegenteil: Durch den Aufbau des Preconference-Tags ist es fortan möglich, nacheinander an beiden Formaten teilzuhaben. Ich freue mich daher über zahlreichen Besuch und eine engagierte Beteiligung über den Tag hinweg.

Tagung „Science and the Internet“

Von Mittwoch bis Freitag fand in Düsseldorf die Tagung „Science and the Internet“ (#cosci12) statt, auf die ich aus unterschiedlichen Gründen sehr gespannt war. Unter anderem deswegen, weil die Tagung einen Spagat gewagt und unterschiedliche Disziplinen unter einem Schwerpunktthema zusammengebracht hat. Dies liegt in der Konstellation der Organisatoren begründet, die eine Nachwuchsforschergruppe zu selbigem Thema bilden; in der praktischen Ausgestaltung erweist sich ein solcher multi- oder transdisziplinärer Ansatz aber durchaus als Herausforderung. Das zeigte sich schon bei der Findung eines geeigneten englischsprachigen Tagungstitels, wie mir berichtet wurde, und sicherlich auch in der Bewertung und Auswahl der Einreichungen.

Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich nicht „nur so“ zur Tagung reisen durfte, sondern gleichzeitig auch unsere Crossmedia-Idee aus Augsburger Zeiten weiterverfolgen konnte und zusammen mit meinem früheren Kollegen Christian Geier im Teaching-Track präsentieren durfte. Interessant war, dass weniger der crossmediale Zugang zum Seminar als „besonders“ empfunden wurde, stattdessen gingen die Fragen und anschließenden Gespräche stark in Richtung Kollaboration der Studierenden sowie Kollaboration der Lehrenden. Denn das gezeigte Beispiel war eine Kooperation von Medienlabor und Europäischer Ethnologie/Volkskunde an der Universität Augsburg, sodass das Co- bzw. Team-Teaching neben der studentischen Projektarbeit zur eigenen Herausforderung im Seminar wurde. Weitere „Unbekannte“ lagen etwa in den Dispositionen der Studierenden zur Planung, Produktion und Implementierung eines crossmedialen Konzepts. Insofern greift Crossmedia eine schon länger existente Diskussion um (akademische) Medien- und Informationskompetenzen auf, zeigt Fördermöglichkeiten (und -notwendigkeiten!) abseits von Medienstudiengängen auf und erweitert diese nochmals um den crossmedialen Zugang. Wer den Gedankengang näher nachvollziehen möchte, kann sich gerne auch unsere Folien bei Slideshare oder die erste Fassung des Tagungsbeitrags bei Mendeley ansehen, die allerdings aufgrund von Reviewer-Feedback bis Ende des Monats noch überarbeitet wird.

Unser Track wurde vervollständigt durch einen Beitrag von Claudia Bremer, die anhand von einigen Beispielen vor allem Grenzen der Kollaboration von Studierenden mit Wikis aufgezeigt hat. Der Beitrag war für mich interessant, da er nochmals den Unterschied zwischen Kooperation und Kollaboration herausgestellt hat: Kooperation als Metakonzept vs. Kollaboration als „echte“ Zusammenarbeit von Studierenden. Die Unterscheidung mag trivial klingen, hat aber in der Praxis große Bedeutung. Ist die Förderung von Kollaboration unter Studierenden ein Lern- und Kompetenzziel, gilt es nicht nur kooperative Lehr-Lernbedingungen herzustellen. Vielmehr scheint es wichtig, auch kollaborative Prozesse unter Studierenden anzustoßen, im Fall von Wikis etwa mit gegenseitigen Reviews etc. Der dritte Beitrag im Teaching-Track wurde von Timo van Treeck vorgestellt, der sich um Überzeugungen („Beliefs“) von Lehrenden beim/vorm Einsatz von E-Learning-Werkzeugen drehte. Auch dieser Beitrag war aufschlussreich, da er den starken Einfluss persönlicher Überzeugungen auf den Medieneinsatz empirisch zeigen konnte. Letztere Türöffner- oder Multiplikatorenfunktion wird ja oft eher angenommen, als dass es auch profunde Ergebnisse mit speziellem Medienfokus dazu geben würde.

Aus meiner Sicht für Tagungen in Deutschland ungewöhnlich, aber vom Format sehr schön war die abschließende Diskussion der Beiträge. So fasste Isa Jahnke all unsere Beiträge kurz zusammen, machte in der Problem- und Handlungsorientierung eine wesentliche Schnittstelle der Beiträge aus und stellte uns als „Experten“ abschließend vier Fragen zur allgemeinen Diskussion. Die Fragen lauteten (a) was ist eigentlich das Problem, (b) brauchen wir Social Media überhaupt in der Lehre, (c) wie hilft Interaktion von Lernenden bei der Erreichung von Lern- und Kompetenzzielen sowie (d) welche Bedeutung nehmen (veränderte) Prüfungen bei der Umsetzung von (innovativer) Lehre ein? Die Fragen zeigen dabei durchaus die Spannweite der recht allgemeinen Diskussion über Medien in der Lehre auf, nämlich eine kritische Position gegenüber kooperativen Lehr-Lernumgebungen und möglichen „Trends“ in Inhalt und Form ebenso wie eine euphorische Position auf mediengestütztes Lernen und Lehren als Erweiterung und Ergänzung von Lernorten und -räumen. Leider reichte die Zeit nicht aus, um alle Fragen umfassend zu beantworten. So haben mich im Anschluss vor allem die Beliefs im Zusammenhang mit (notwendigem) Fachwissen ebenso näher beschäftigt wie die qualifikatorische Dimension, die man durch die Handlungsorientierung bei Studierenden deutlich anspricht; bei anderen war es vielleicht etwas mehr das kooperative Lernen als solches oder auch die Frage nach der Bewertung „digitaler“ Leistungsnachweise. Auch wurde klar, dass einmal mehr „alles mit allem“ zusammenhängt.

Ähnlich interessant ging es in den weiteren Tracks zu, die auf der #cosci12 nicht nebeneinander, sondern hintereinander geplant waren. So zeigte sich im Verlauf der drei Tage ein ganzes Spektrum an Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich von „Wissenschaft und Internet“, wobei sowohl die Beforschung von Wissenschaft, das Forschen und Arbeiten in der Wissenschaft als auch die Sichtbarkeit von Wissenschaft nach und nach in den Mittelpunkt rückten. Für mich hat die Veranstaltung daher einige Zusammenhänge zwischen den Disziplinen transparent gemacht und nicht zuletzt durch persönliche Gespräche hat sich gezeigt, dass Transparenz über Disziplinen ebenso wie eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit Wissenschaft grundsätzlich möglich ist – und dass das Internet uns möglicherweise den so wichtigen Anlass zum (künftigen) vernetzten Denken bietet.