Zufall ist es nicht

Nein, Zufall ist es sicher nicht, wenn in der aktuellen Ausgabe der Forschung & Lehre im Mittelteil Fragen von „Wissenschaft, Medien und Recht“ bearbeitet werden. Unter dieser Überschrift nähern sich Malte Hagener und Dietmar Kammerer eher einem Problembereich an, der seit einigen Jahren „auf dem Tisch“ liegt, aber – von wenigen Euphorikern oder Skeptikern abgesehen – insgesamt wenig bearbeitet wird. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass neben neueren Nutzungsmöglichkeiten infolge des Medienwandels derzeit vor allem rechtliche Herausforderungen damit angesprochen werden: im Umgang mit digitalen Ressourcen und in ihrer Weitergabe und Verwendung. Die Autoren formulieren deshalb drei Handlungsbedarfe, die in Richtung veränderter Gesetze (im Sinne eines „Fair Use“), vermehrter Rechtsberatung an Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie der Forscher/innen selbst zeigen (ebd., S. 902). Letzteren Hinweis finde ich sehr treffend: Handlungspraxen werden nicht ausschließlich „von oben“ verändert, sondern erst durch das jeweilige Handeln selbst (mit-)gestaltet. Zu diesem Ergebnis kamen wir übrigens auch im Workshop zu digitalen Ressourcen während des Development Days an der Zeppelin Universität: Sicherlich braucht es Bedingungen für den Umgang mit Ressourcen jeder Art (und nicht nur mit digitalen), aber diese stehen stets im Wechselverhältnis zu den Gestaltungsoptionen, die sich jedem Einzelnen hinsichtlich der „4R“ (Re-use, Re-distribute, Revise, Remix) bieten. Dass wir in dieser Perspektive nicht mehr ausschließlich über medien- und urheberrechtliche Fragen diskutieren, ist auch klar: Ein aufgeklärter Umgang mit rechtlichen Grenzen gehört vielmehr zu den Fähigkeiten des Einzelnen, der sich bewusst und umfänglich mit Ressourcen, mit ihrem Bildungswert und den Möglichkeiten der Bearbeitung, gemeinsamen Diskussion und Verbreitung auseinandersetzt. Warum? Weil schon der bloße Zugang zu einer Vielfalt an Informationen ein mündiges Subjekt erfordert.

Quelle:
Hagener, M. & Kammerer, D. (2013). Wissenschaft, Medien und Recht. Anmerkungen zu einem problematischen Verhältnis. Forschung & Lehre. 11, 900-902.

Nachtrag: Teilnehmer-Berichte zu #edex13 online

Seit ein paar Tagen sind fünf Teilnehmer-Berichte der diesjährigen Fulbright-Expert/in/en-Reise nach San Francisco online. Diese Berichte handeln nach und nach ab, was wir an den fünf sehr unterschiedlichen Reisetagen erlebt haben und setzen die Erlebnisse ein Stück weit ins Verhältnis zum deutschen Bildungssystem. In Ergänzung zu meinen Live-Blogpostings (Gabi hatte sie übersichtlich zusammengefasst) sind die Berichte daher durchaus informativ, da sie gebündelt diejenigen Fragen behandeln, die vor Ort gemeinsam mit Expert/inn/en diskutiert wurden. Ich selbst war mit zwei weiteren Kollegen für den Bereich Lehre und Bildungsprozesse (zum PDF) zuständig, was niemanden, der mich kennt, verwundern wird und sich auch in der Stoßrichtung der Argumentation zeigt. Zuerst begeben wir uns auf die Spuren des MOOC-Hypes, zeigen dann, wie sich MOOCs in den USA zwischen „didaktischem Spielzeug“ und designorientierter Forschungsperspektive verorten, schlagen den Bogen zum Online-Lernen und beschreiben letztlich in aller Kürze gegenwärtige oder absehbare Herausforderungen im Umgang mit einem scheinbaren Trend. Ein paar Literaturtipps runden das Dokument ab, sodass ich schließlich nur noch viel Spaß beim Schmökern und Weiterlesen wünschen kann.

Alles verfügbar – und dann?

Es ist eine wichtige Diskussion, die seit einigen Jahren unter dem Motto „freie Bildung für alle“ geführt wird und inzwischen viele Facetten von offenen Bildungsressourcen (Open Educational Resources – OER) über offene Bildungspraktiken (Open Educational Practices – OEP) bis hin zur offenen Bildung (Open Education) kennt. Der Fokus liegt allerdings meist auf OER und einer Debatte um die Zugänglichkeit von Informationen oder, weiter gefasst, digitalen (Lern-)Materials. Diese Debatte ist spannend, weil ihr an sich auch medienpädagogische/-didaktische Fragen inhärent sind, diese aber allenfalls vor dem Hintergrund nötiger Informationskompetenzen, weniger zugunsten von Gestaltungsoptionen in der Hochschullehre diskutiert werden. Letzteres ist schade, denn der Umgang mit OER erfordert nicht nur entsprechende Fähigkeiten in der Recherche, Auswahl und Bewertung von Material, sondern auch Rahmenbedingungen, die eine Auseinandersetzung und eine gemeinsame Beurteilung/Reflexion an der Schnittstelle formaler und informeller Räume erlauben. So haben sich Kerstin Mayrberger und ich für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift für Hochschulentwicklung verstärkt mit OEP auseinandergesetzt (zum Artikel) und damit unseren Beitrag von der OER-Konferenz in Berlin in eine längere Schriftform überführt (zur Tagungs-Seite, zur unseren Folien). Auf diese Weise steht der Herbst ganz im Zeichen von OER, da wir die mediendidaktische Sicht auf die gegenwärtigen Entwicklungen in komprimierter Form ebenfalls für das Hamburger E-Learning-Magazin vorbereitet haben und ich kommende Woche an der ZU einen Workshop zu digitalen Ressourcen (im Rahmen des Development Days) organisieren darf. Letzterer wird sicherlich mehr Fragen aufwerfen als konkrete Antworten anbieten, denn die Auseinandersetzung mit OER i.w.S. ist an Universitäten weiterhin „Neuland“.

Nachtrag 20.12.2013: Der Beitrag im Hamburger E-Learning-Magazin ist nun erschienen.