"Wir sind die Tollsten!"

Es ist schon einigermaßen interessant, wenn die aktuelle Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT ihren Teil Chancen mit einem Thema eröffnet, über das ich erst kürzlich gebloggt habe: das Corporate Publishing oder, etwas weiter gefasst, das Wissenschaftsmarketing an sich. Der betreffende Artikel scheint mir inhaltlich sehr ausgewogen und nah an der Praxis zu sein: So wird berichtet vom Selbstverständnis des Wissenschaftlers, der sich mitunter mit der Öffentlichkeitsarbeit schwer tut, vom zentralen Öffentlichkeitsarbeitsreferenten an Hochschulen, der zum Teil chronisch überarbeitet ist, und von der Aufgabe der Wissenschaft an sich, sich nach außen zu öffnen. Auch einige Lösungsansätze werden skizziert, zum Beispiel die Hoffnung auf ausgeklügelte Kommunikationsstrategien und -maßnahmen teuer beauftragter Full-Service-Agenturen. Ob diese Konzepte zu Bildungseinrichtungen passen, wird unter Rückgriff auf die Ökonomisierungskritik von Münch (2009a, b) und weiteren hinterfragt. Insofern ein wirklich lohnenswerter Artikel, der die sehr unterschiedlichen Anforderungen an Kommunikation (und Kommunikationsstrategien) im Non-Profit- und Public-Bereich auf den Punkt bringt.


Quellen:
Münch, R. (2009a). Globale Eliten, lokale Autoritäten. Bildung und Wissenschaft unter dem Regime von PISA, McKinsey & Co. Frankfurt: Suhrkamp.
Münch, R. (2009b). Unternehmen Universität. Aus Politik und Zeitgeschichte. 45, 10–16.

Vorgeschmack: Corporate Publishing im Bildungssektor

Den letzten Sommer habe ich in Teilen damit verbracht, ein neues Seminar zu konzipieren, das sich Corporate Publishing im Bildungssektor nennt und auf den veränderten Bedarf auch an Universitäten eingeht, sich gegenüber der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das Seminar vermittelt Grundlagen des Medienmanagements, hangelt sich inhaltlich an bildungswissenschaftlichen Themen entlang und wird didaktisch selbstorganisiert gestaltet. Ich habe ja schon einige (selbstorganisations-)offene Seminare entwickelt; selten gab es aber so viel Spielraum wie dieses Mal. Umso begeisterter bin ich, dass das Seminarkonzept aufzugehen scheint und wir, so hoffe ich, Mitte März ein eigenes Corporate Publishing-Produkt herausbringen werden.

Bis es soweit ist, möchte ich gerne auf ein (schriftliches) Leitfadeninterview aufmerksam machen, das ich heute zum Thema gegeben habe. Es findet sich als .pdf auf der imb-Website und zeigt nochmals auf, dass wir uns mit #copub10 offenbar in einem noch jungen Forschungs- und Praxisfeld bewegen.

Hurra, das Buch ist da!

Nach über einem Jahr Arbeit kommt unser Buch „Offene Bildungsinitiativen“ frisch aus dem Verlag und Hannah, Tom und ich sind einigermaßen froh darüber, dass wir dieses Projekt zum Jahresende zum Abschluss bringen konnten. Alle Autorinnen und Autoren sollten inzwischen auch mit einem Hardcover „versorgt“ sein, sozusagen als kleines Weihnachtsgeschenk und Dankeschön für die vielen interessanten Beiträge zu unserer Publikation (falls nicht, wird es sicher noch zugestellt!). Es gibt aber nicht nur einen neuen Haufen totes Papier ;-), sondern spätestens zu Jahresbeginn auch ein E-Book. An anderer Stelle habe ich ja schon einmal angedeutet, dass uns diese Form der Hybridpublikation wichtig war, auch wenn sie ein paar Euro mehr kostet. Das will ich nicht verschweigen, denn die Finanzierung eines solchen Buches ist immer zentral, wenn man keinen Mäzen im Rücken hat. So haben auch wir viele Briefe geschrieben und herumtelefoniert, bis wir alle Kosten gedeckt hatten.

Worum es nun in der Publikation konkret geht, zeigt der Klappentext in aller Kürze auf:

Offene Bildungsinitiativen treten an deutschen Hochschulen unter verschiedenen Namen in Erscheinung – man kennt sie als „studentische Projekte“, „selbstorganisierte Studienarbeiten“ oder „universitäre Bottom-up-Initiativen“. Gemeinsam haben sie, dass sie langfristig angelegte und kontinuierliche Prozesse sind. Sie sind weder zeitlich noch räumlich eingegrenzt, gehen häufig über ein ganzes Studium hinaus und werden über mehrere Generationen von Studierenden weitergeführt. Die Mitgestaltung geht meist aus deren Bedürfnissen hervor, wodurch sie zu aktiven Gestaltern ihres Lernraums werden.

Dieses Buch hat sich zum Ziel gesetzt, Beispiele für offene Bildungsinitiativen, welche ein besonderes Potential für die überfachliche Kompetenzentwicklung mit digitalen Medien darstellen, aufzuzeigen sowie die unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu thematisieren, mit denen diese Initiativen konfrontiert sind. Der Band richtet sich an ein breites Publikum – vom Studierenden bis zum Prorektor – und setzt sich aus Praxisbeiträgen sowie theoriebasierten Beiträgen zusammen, sodass die Leser zwischen einem praktisch-orientieren und einem theoretisch fundierten Zugang wählen können.

Es war das erste Buchprojekt, das ich federführend begleitet habe. Ich muss sagen, ich hatte zwar eine grobe Vorstellung von anfallenden Aufgaben, bin aber rückblickend froh, dass wir das Buch im Team herausgeben konnten. So ließen sich einige Aufgaben über die Zeit verteilen. Besonders dankbar bin ich Hannah, die sich mit viel Engagement auch den organisatorischen Fragen des Buchs gewidmet und fast die gesamte Kommunikation mit den Autoren sowie dem Verlag übernommen hat. Das sind die schleichenden Aufgaben, die man am Ende schnell vergisst, weil sie nebenher laufen und nur indirekten Einfluss auf das Ergebnis haben. Insofern hier nochmals ein extra großes Dankeschön 🙂

Im Namen des Herausgeberteams wünsche ich allen Leserinnen und Lesern nun viel Freude bei der Lektüre!

Ergänzung (21.12.2010): Eine Pressemitteilung zum Herausgeberband findet sich nun auch auf den Seiten des idw.

Ergänzung (23.12.2010): Das Buch ist ab sofort auch im Open-Access-Format erhältlich.

Gelesen: Geschäft versus Wissenschaft, Ausbildung versus Studium

Seitdem öffentlich über die „Reform von der Reform“ debattiert wird, scheint die Kritik an Bologna en vogue. Viele kritische Stimmen fokussieren die Verschulung eines universitären Systems, bemängeln den Verlust an Zeit und die Organisation von Bildung anhand von Prinzipien der Ökonomie. Selten werden jedoch die Folgen von Bologna auf einer Metaebene so diskutiert, sodass man über ein zustimmendes Nicken hinaus ins Grübeln gerät. Einer dieser Artikel, der das (zumindest bei mir) geschafft hat, ist mit „Geschäft versus Wissenschaft, Ausbildung versus Studium – Zur Instrumentalisierung von Hochschulbildung und Universität“ überschrieben und wurde von Paul Kellermann (Bildungssoziologe) verfasst. Die Ausgangsthese des Textes ist dabei, dass „[d]as primäre universitäre Paradigma des Strebens nach Wissen und Wissenschaft […] durch das den politischen Zeitgeist beherrschende Paradigma der Entwicklung von Märkten“ (Kellermann, 2009, S. 47) ersetzt wurde.

Es folgen eine Reihe an Gegenüberstellungen, was Bildung (insbesondere Universität) ausmacht, und wie das Ökonomische (insbesondere Betriebswirtschaftliche) dazu im Widerspruch steht. Besonders kritisch fasst der Autor dabei, dass solche Kontext-„überschwappenden“ Leitideen nicht nur Organisation von Bildung beeinflussen, sondern insbesondere auch den Zugang zu Erkenntnis und Methoden und letztlich auch Handlungen bzw. Machtkonstellationen  beeinflussen. „Auswahlen erfolgen aufgrund wertender Grundeinstellungen.“ (ebd., S. 48) Ähnlich kritisch betrachtet Kellermann die Begriffswelten, mit denen Bildung und Ökonomie gleichermaßen hantieren, jedoch unterschiedlich ausgeprägt umgehen, was oftmals Missverständnisse zur Folge haben kann. Er zeigt an den Beispielen Unternehmertum, Produktivität, Freiheit und Fortschritt, dass diese Begriffe „im Kontext ihrer Paradigmata verschiedene Bedeutungen“ (ebd., S. 51) haben.

Als Folge des Marktdenkens im Bereich Bildung skizziert Kellermann:

„Während die scientific community auf Kooperation beruht, wandeln sich die Beziehungen unter den Universitäten und ihren Angehörigen hin zur Konkurrenz um Studierende, Lehrende, Forschungsausstattungen, Rangplätze auf Listen von „Exzellenz“ und generell um Geldzuwendungen in jeder Form. Die politische Intention, die Chancen Hochqualifizierter in Europa zu fördern, wandelt sich zur „Strategie“, Universitäten und ihre Graduierten als Objekte von Märkten und als Instrumente in globalen Wettkämpfen um Gewinne zu nutzen; aus der Vorstellung eines Europe of Knowledge entstand eine kommerzielle, polit-ökonomische Konzeption.“ (ebd., S. 56–57, Hervorhebung im Original)

In dieser Konzeption von Bildung und Universität wird jedoch ein zentraler Aspekt vernachlässigt, nämlich dass sowohl Schulen als auch Hochschulen jeweils eigene gesellschaftliche Aufgaben erfüllen müssen (ebd., S. 57). Dies betrifft im Besonderen auch die Forschung selbst, die nicht (!) dazu da ist, Geld zu erbringen (ebd., S. 58).

Angesichts dieses widersprüchlichen Verhältnisses kommt Kellermann zu dem Schluss, dass demnächst neue Ordnungen entstehen werden, die beide Paradigmen stärker vereinen als bisher. Denn „Krisis bedeutet nämlich im ursprünglichen Sinn Entscheidung (Menge 1903: 333); günstigenfalls der entscheidende Wendepunkt zu befriedigenderen Arbeitsbedingungen zumindest an Universitäten“ (ebd., S.62).

Fazit. Ein spannender Artikel, der die Diskussion um Bologna fundiert und aus (bildungs-)soziologischer Perspektive Widersprüche im Bereich Bildung und Ökonomie aufzeigt, aktuelle Entwicklungstendenzen skizziert und davon ausgehend Fragen des Umgangs mit einem dialektischen Verhältnis aufwirft. Aufgrund der vielfältigen Zusammenhänge nicht ganz einfach nachzuvollziehen, aber dennoch lohnenswert, sich in diesen Paradigmenstreit zu vertiefen.

Quelle:

Kellermann, P. (2009). Geschäft versus Wissenschaft, Ausbildung versus Studium – Zur Instrumentalisierung von Hochschulbildung und Universität. In P. Kellermann, M. Boni & E. Meyer-Renschhausen (Hrsg.), Zur Kritik europäischer Hochschulpolitik. Forschung und Lehre unter dem Kuratel betriebswirtschaftlicher Denkmuster (S. 47–64). Wiesbaden: VS.

Zu Gast bei "Mediendidaktik aktuell"

Gestern war ich im Seminar „Mediendidaktik aktuell“ zu Gast, um aus meiner täglichen Arbeit an der Professur zu berichten und den (vorwiegend Bachelor-)Studierenden mögliche Forschungsfelder bei uns aufzuzeigen. Für mich war das eine neue Situation, denn bisher kamen die Studierenden primär mit Ideen für Abschlussarbeiten auf uns zu – nicht umgekehrt. Dennoch habe ich es als spannende Erfahrung empfunden, für die Lehrveranstaltung in aller gebotenen Kürze zusammenzufassen, was mich derzeit inhaltlich beschäftigt und wo sich möglicherweise Anker für Abschlussarbeiten ergeben.


Bei der Vorstellung habe ich dann versucht, einen groben Rahmen von Interessensgebieten aufzuspannen, und gleichzeitig mit der Forschungswolke und mit w.e.b.Square zwei konkrete, noch zu entwickelnde oder bereits laufende Projekte vorgestellt, um die (eher) grundsätzlichen Überlegungen und (fast schon) Metathemen im Bereich Bildung etwas zu „erden“. Insofern hatte die Präsentation vorwiegend informativen Charakter und sollte Hürden abbauen, neben den Professoren auch wissenschaftliche Mitarbeiter für die Betreuung von Abschlussarbeiten anzufragen.

Öffentlichkeit: Funktionen, Rollen und Notwendigkeiten

In letzter Zeit finde ich das Thema „Öffentlichkeit“ zunehmend interessant und entdecke immer mehr Artikel, die sich mit der Öffentlichkeit in/von Lern- und Bildungsprozessen auseinandersetzen. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang z.B. die Publikation von Meisel und Nuissl, die im Jahr 1995 in den Hessischen Blättern für Volksbildung folgende Funktionen, Rollen und Notwendigkeiten von Öffentlichkeit (in Abgrenzung zur Privatheit) im Kontext Weiterbildung ausmachen (vgl. Meisel & Nuissl, 1995, S. 114):

  • „Öffentlich“ als Gegensatz zu Verborgenem verlangt Transparenz.
  • „Öffentlich“ beinhaltet eine politisch-demokratische Dimension, nämlich Partizipationschancen.
  • „Öffentlich“ didaktisch interpretiert heißt nicht nur subjektiv interessante, sondern öffentlich relevante Themen aufzugreifen.
  • „Öffentlich“ bedeutet einen öffentlichen Raum zu haben (Zugänglichkeit), in dem ein öffentliches Forum stattfindet (Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen).
  • „Öffentlich“ ist nicht identisch mit „staatlich“, sondern beinhaltet auch Staatskritik.

Auch wenn Öffentlichkeit und Privatheit mit der technologischen Entwicklung zunehmend verschwimmen, sind die Ausführungen aus meiner Sicht nach wie vor aktuell – vielleicht sogar aktueller denn je, da etwa Fragen der Partizipation seit dem Web 2.0 vermehrt diskutiert werden und Transparenz in den Bemühungen rund um OER eine zentrale Rolle spielt (siehe weiterführend Ehlers, 2009; OECD, 2007).

Quelle: Meisel, K. & Nuissl, E. (1995). Das „Öffentliche“ in der öffentlich verantworteten Erwachsenenbildung. Hessische Blätter für Volksbildung. 1995(2), 112-118.

Kontroverse Ansichten

Viel wurde schon geschrieben über Schulmeisters Artikel „Ansichten zur Kommentarkultur in Weblogs“ (z.B. bei Christian, Gabi, Joachim, Michael Kerres) und auch im Etherpad finden sich eine ganze Reihe an Meinungen dazu, inwieweit die deutschsprachige Edu-Blogosphere angemessen im Text berücksichtigt wird und wie es denn ist, als öffentlicher Blogger beforscht zu werden. Da die Lektüre all dieser Dokumente sehr interessant ist und zum Nachdenken über Chancen und Grenzen von Weblogs anregt, greife ich an dieser Stelle nur noch zwei Aspekte heraus, die in der bisherigen Diskussion etwas zu kurz kommen:

Der eine Aspekt betrifft die Auswahl der Blogs, allerdings unter anderen Gesichtspunkten, als sie bisher betrachtet wurde. So war ich zuerst unglaublich überrascht, als Bloggerin in der Analyse aufzutauchen, da es (aus meiner Sicht) eine Menge anderer Autoren gibt, die weitaus länger mit dem Werkzeug vertraut sind und über die Zeit auch eine gewisse inhaltliche Linie ausgebildet haben. Das ist bei mir nicht so – jedenfalls kann man über die vergangenen Jahre gut nachvollziehen, wie sich Schreib- und teils auch Denkweisen infolge der Beschäftigung mit bestimmten (Bildungs-)Themen verändert haben. Und da sind wir bei dem Punkt, wo ich der Analyse (neben anderen Aspekten) inzwischen doch etwas abgewinnen kann: An sich kann es sehr interessant sein, in solchen Inhaltsanalysen nicht nur „die üblichen Verdächtigen“ zu betrachten und daraus Thesen zur Kommentarkultur abzuleiten, sondern bewusst den Blick auf andere Wissenschaftler zu richten, vor allem auf diejenigen, die ihren Blog stark in einer bestimmten Phase (z.B. Promotion) nutzen. Ich finde daher den Mix an untersuchten Personen sehr interessant, wohl wissend, dass der Mix allein nicht die Auswahl der Personen begründet.

Ein zweiter Punkt, der im Prinzip gleich am ersten anknüpft, ist die Einschätzung meiner „Blogperson“ – in lockerer Runde habe ich mich gestern als „Sozialtante“ bezeichnet und ja, vermutlich trifft der Ausdruck mein Bild in der Untersuchung ganz gut:

„Sandra Hofhues ist mit 25 Beiträgen und 19 Kommentaren vertreten. Sie selbst gibt 16 mal Rückmeldung. Ihre
Beiträge sind überwiegend private oder persönliche (z.B. Café-Studien, Stand der Diss, Etwas Werbung gefäl-
lig?, In den Fängen der Informationsflut, Frühlingswahn) mit einer durchschnittlichen Länge von 254 Wörtern.
Sechs Beiträge sind der Bildung gewidmet, drei Call for Papers, und fünf Referenzen auf aktuelle Studien. Die
Kommentare sind bis auf wenige sehr kurz, mittlere Länge 78 Wörter. Die meisten Kommentare erfolgen in der
Absicht aufzumuntern, Verständnis zu zeigen, Dank und Glückwünsche auszudrücken (Kategorie Sozialbezug).“ (S. 18)

Auch wenn es natürlich stark abhängig ist von Themen, mit denen man sich auseinander setzt, und letztlich auch vom Untersuchungszeitraum, der gewählt wurde, alles in allem kann ich mit der Einschätzung gut leben. Bloggen in der Phase der Diss heißt für mich inhaltlichen Austausch mit einem recht klar umfassten Umfeld zu haben, aber eben auch in mancher Hinsicht ermuntert und/oder kritisiert zu werden (was im Übrigen auch für die Lehre gilt, über die ich hier oft schreibe). Von daher würde ich mir wünschen, dass bei folgenden Analysen die persönliche Situation des Bloggers noch stärker in Betracht gezogen und mit bereits existierenden Studien zum Blogging (z.B. Arbeiten zu Knowledge Blogs oder Weblogs as a Personal Thinking Space) verglichen wird. Alles in allem finde ich jedenfalls klasse, wie sich eine sehr unreflektierte Diskussion über einen Buchartikel zu einer inhaltlichen Kontroverse unter Bloggern gewandelt hat. Denn so mancher erster Hinweis auf Twitter war nicht gerade das, was ich mir unter einem wissenschaftlichem Diskurs vorstelle, da bin ich ehrlich.

EduCamp Hamburg 2010 – Versuch eines Rückblicks

Das EduCamp liegt jetzt zwei Tage zurück und noch immer fällt mir ein Resümee schwer. Vielleicht liegt es daran, dass nun schon an anderen Stellen erste Eindrücke geschildert wurden, die ich in vielerlei Hinsicht teilen kann. So finde ich z.B. die Formatdiskussion bei Mandy und Matthias spannend und wichtig, aber auch die Frage nach der Teilung von Begriffen, wie man sie etwa bei Helge findet. Beide Aspekte haben mich besonders am vergangenen Freitag beschäftigt, sodass ich bspw. aufgrund meiner persönlichen Verärgerung eine „Gegen“session zu unternehmerischem Engagement in Bildungseinrichtungen angeboten habe. Das hatte vor allem damit zu tun, dass mir die Diskussion am Vortag zu unkritisch und zu einseitig war – in eine Richtung, die im Bildungskontext die Förderung von Lehr-Lerninhalten bzw. ganzer Schulen/Hochschulen als eine eindeutig positive Entwicklung beleuchtet hat. Da ich durch meine Diss immer wieder mit diesen Fragen konfrontiert bin, konnte und wollte ich das nicht unhinterfragt stehen lassen. Und so habe ich doch eine ganze Reihe an Mitstreitern gefunden, die sich Samstag am Bildungsverständnis gerieben und neben ihren Positionen auch aus Projekten und von eigenen Erfahrungen berichtet haben. Bei der Diskussion konnte man dann schön sehen, wie unterschiedlich einzelne Bildungsbegriffe sind, welche Schwierigkeiten die oftmals losen Rahmenbedingungen (Curricula) offenbar bereiten, sodass unternehmerisches Engagement selten auf seinen Zweck hin überprüft wird, und man konnte eindeutig sehen, wie viele Bedürfnisse oder Ansprüche auf Bildungseinrichtungen generell „einprasseln“. Das ist an sich nichts Neues, da man dies in sehr vielen Studien zu o.g. Thema liest (z.B. zu ökonomischer Bildung in der Schule). Trotzdem fällt erst durch die persönliche Diskussion auf, was einzelne Personen/-gruppen tatsächlich motiviert, sich im Bildungskontext einzubringen. An der Stelle hat mir gefallen, dass neben Wirtschaftsvertretern ebenso Lehrer in der Session waren, wodurch sich Praxisperspektiven und theoretische Annäherungen permanent abwechselten. Ich bin daher froh, dass ich mich zu dieser „Maßnahme“ entschlossen habe und sehe darin auch einen klaren Vorteil von Unkonferenzen, nämlich die Möglichkeit Themen einzubringen, obschon diese vorher nicht auf dem Plan standen, und diese mit Vertretern ganz unterschiedlicher Gruppen kontrovers zu diskutieren. Natürlich kann man das auch auf Kaffeepausen verschieben, allerdings nicht in der Ruhe, nur schwer in dieser Konstellation und schon gar nicht, wenn die Gruppe zu groß ist.

Was in der spontanen Session offenbar ganz gut gelaufen ist, nämlich hinreichend Kontroversen und durchaus Tiefe in der Diskussion zu erzeugen, ist uns beim Bildungssofa nicht ganz so gut gelungen. Vielleicht lag es am vagen Thema, am persönlichen Zugang zu den Inhalten, an der strikten Einhaltung des Zeitplans oder auch an der integrativen Perspektive der Gäste: Eine Diskussion wie in Graz fand zuerst gar nicht und später eher an der Oberfläche statt. Manche Twitter-Nutzer beklagten daher (zu recht) den Talkshowcharakter der Runde. Es ist wirklich erstaunlich, wie mehr oder weniger dasselbe Konzept einmal sehr gut und einmal mäßig verlaufen kann, da an den Rahmenbedingungen kaum Veränderungen vorgenommen wurden. Was ich im Nachhinein auf jeden Fall kritisch sehe, ist die Länge des Bildungssofas, da viele Teilnehmer mitten im Gespräch die Session wechseln mussten oder wollten. An solchen formalen Vorgaben kommt man nicht vorbei, wenn man Zuhörer und Mitdenker haben will. Darüber hinaus stellt sich mir die Frage nach der „Konkurrenz“: Ein paar Mal wurde an mich herangetragen, warum das Bildungssofa nicht während der Abendveranstaltung durchgeführt würde, da es von der Art und Aufbereitung dort unter Umständen einen „besseren“ Platz hätte. Ich finde die Idee in jedem Fall sehr gut und nehme sie gern für das nächste EduCamp auf.

Denn am Ende ziehe ich ein positives Gesamtfazit und komme gern wieder: Die Veranstaltung war toll organisiert (danke ans Team vom #ec10hh!!) und der Faktor „Hamburg“ ist nicht zu vernachlässigen, wenn man maximal „bunt“ in der Teilnehmerschaft werden/bleiben will. Aufgefallen ist mir noch, wie sich die meisten mit ihren Twitternamen identifizieren: So kommt es nicht selten vor, dass bei Vorstellungen der Twittername vor dem realen Namen rangiert (wenn man denn eine Pseudoidentität verwendet). Auch ich habe mich hin und wieder dabei erwischt, dass ich manche Personen nicht beim echten, sondern beim Twitternamen ansprechen wollte. Das ist schon einigermaßen strange, wenn sich virtuelle und reale Welten auf diese Weise vermischen.

Nachtrag: Basti hat inzwischen die Folien zur heuschreckenbasierten Bildungsrevolution online gestellt. Merci!!

Fundstück "Studienwahl"

Aufräumen zu Jahresbeginn hat etwas für sich. Jedenfalls bin ich ein großer Fan davon. Jedes weggeworfene Papier schafft Platz für neues und Bücher, weil man die ja nicht wegwirft, gehen zum Flohmarkt. Und damit verbinde ich wiederum eine Menge Spaß, denn in der Früh aufzustehen und noch im Taschenlampenschein mit Leuten zu verhandeln, ob das Zeug jetzt fünfzig Cent oder doch einen Euro Wert ist – einfach klasse. Weltberühmt (zumindest bei uns in der Familie) sind auch die Versuche, in Sonderaktionen mehrere Stücke gleichen Typs an die Frau oder den Mann zu bringen. Ja, Flohmarkt ist schon ein persönliches Highlight Jahr für Jahr.

Aber um noch mal auf das Aufräumen zurückzukommen: Schön bei der Durchsicht alter Dinge sind auch die vielen Erinnerungen, die bei der Gelegenheit wieder zum Vorschein kommen. So habe ich eben erst meine ganzen Bewerbungsunterlagen für mein Studium wiedergefunden und die Prioritätenliste, die ich damals aufgestellt hatte. Grund dafür war nicht meine persönliche Affinität zu Listen (könnte man ja meinen bei dem kaufmännischen Background), sondern vielmehr der Hinweis eines sehr reflektierten Berufsberaters bei der Agentur für Arbeit in meiner Heimatstadt Rheine. Er hat mir vor fast zehn Jahren erklärt, welche Umbrüche mit den Reformen von Bologna auf Universitäten/Hochschulen zukommen. Er sollte in seiner Einschätzung Recht behalten. Und heute ist die Diskussion um die neuen und alten Studiengänge und das, was sie zu leisten im Stande sind, aktueller denn je (siehe z.B. Website des Bildungsstreiks).

Damals ging es vor allem darum, ob es noch Sinn macht, sich für ein Magister- oder Diplomstudium einzuschreiben, während die Zukunft in den modularisierten Bachelor- und Masterstudiengängen zu liegen schien. Für mich persönlich waren die neuen Studiengänge wohl aus zwei Gründen attraktiver: Zum einen kam mir die interdisziplinäre Ausrichtung der meisten B.A.-/M.A.-Studiengänge entgegen (wohingegen ich die Nebenfachwahl im Magister alles andere als trivial und zusätzlich stark abhängig von der Ausrichtung der einzelnen Universität fand). Zum anderen war mir zwar klar, dass ich studieren wollte, aber eben nicht, wie lange meine Zeit an der Universität andauern sollte. Das zeitlich überschaubare B.A.-Studium hat mich daher angesprochen – gerade auch, weil ich den Zeithorizont von drei Jahren durch die eben beendete Ausbildung ganz gut abschätzen konnte. Augsburg stand daher als einer der ersten umgestellten Medienstudiengänge in Deutschland auf meiner Prioritätenliste ganz oben.

Rückblickend waren das sicher Überlegungen, die in etwa den Mainstream der Studierendenschaft widerspiegelten. Viele meiner Kommilitonen waren interessiert daran, ihr Studium zügig durchzuziehen und möglichst bald in den Arbeitsmarkt einzutreten (was vermutlich die Punktelogik bzw. das individual-ökonomische Kalkül evoziert hat); zusätzlich strahlte der Bachelor und die damit verbundenen Reformen (vor allem Interdisziplinarität und Internationalität) eine gewisse Anziehungskraft auf die Studierenden aus, ohne dass sie im Detail wussten, was sich dahinter verbirgt. Ziemlich bald haben nämlich eine Reihe von Kommilitonen nach Beschäftigungen neben dem Studium gesucht – viele engagierten sich in Projekten, andere in der Fachschaft und wieder andere in irgendwelchen Nebenjobs. Bei mir waren es vor allem die Fachschaft und die Tätigkeit als studentische Hilfskraft, die mir ab dem zweiten Semester viele Einblicke in die Organisation Universität ermöglicht und mit Sicherheit auch Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten bzw. Forschen erzeugt haben (was bis heute anhält).

Im Rückblick somit wirklich interessant, wie sich Einstellungen über die Zeit entwickeln und Meinungen bzw. Haltungen verändern können. Die ganzen Einschreibungsunterlagen und Bescheide der Unis/FHs werde ich jedenfalls trotz Aufräumwahn behalten – schließlich sind sie Spiegel einer für mich und aus Bildungsperspektive turbolenten Zeit.

Akkreditierung – wir kommen!

Seit vielen Wochen, streng genommen sogar Monaten, habe ich ein Projekt auf dem Schreibtisch, das mit Akkreditierung überschrieben ist. Meine Aufgabe war es in erster Linie (zusammen mit weiteren Beteiligten aus dem imb) Informationen rund um den MuK-Studiengang zusammenzustellen und in eine für externe Gutachter lesbare Form zu bringen. Wenn man einen Studiengang sehr gut kennt, sollte man meinen, das Schreiben gehe leicht von der Hand. Tut es im Prinzip auch, wenn alle Informationen vorlägen und die Argumentationsketten für alle Personen klar wären. Die größte Herausforderung liegt daher meiner Meinung weniger darin, etwa die Selbstdokumentation über den MuK zu schreiben, sondern vielmehr im Suchen, Finden und Abstimmen von Informationen über einen Studiengang, die bisher eher implizit und in einzelnen Verantwortlichen vorliegen.

Über die letzten Monate waren wir daher mit einiger Koordinationsarbeit beschäftigt und hatten zudem die Aufgabe, uns mit einem anderen sozialwissenschaftlichen Studiengang abzustimmen. Denn Ziel der Fakultät ist es, zwei Bachelor- und Masterstudiengänge zeitgleich akkreditieren zu lassen. Das Vorgehen ist an sich gut, denn auf die Weise waren wir nie allein und konnten uns in vielen Detailfragen untereinander abstimmen. Das hat aus meiner Sicht erheblich dazu beigetragen, dass das Endprodukt nun eine runde Sache geworden ist und die Akkreditierungsunterlagen noch vor Weihnachten auf dem Tisch der betreuenden Akkreditierungsagentur liegen (bei der Gelegenheit: Danke an Eva und Tobi!).

Ganz grundsätzlich muss ich mich aber schon fragen, inwieweit eine derart aufwändige Akkreditierung überhaupt noch nötig ist. Zeiten, in denen Unternehmen Absolventen nicht akkreditierter Studiengänge nicht einstellen wollten, sind seit Initiativen wie Bachelor welcome vorbei. Und auch Stimmen der Universitäten selbst, sich des Verfahrens zu verweigern, werden immer lauter. So erinnere ich mich noch gut an die Aussagen des TU-Präsidenten Herrmann (im Rahmen einer Ö+B-Veranstaltung), der seine Studiengänge aus Prinzip nicht akkreditieren will und sich mit der Haltung deutlich gegen das ausgelobte Verfahren stellt.

Ich selbst habe vor Jahren als studentische Gutachterin an der Systemakkreditierung mehrerer kommunikationswissenschaftlicher Studiengänge an der Uni Mainz mitgewirkt – schon damals fand ich dieses alternative Verfahren eine sehr gute Idee, um dem teuren Akkreditierungsverfahren aus dem Weg zu gehen und stattdessen stärker auf die Bedürfnisse von verschiedenen internen und externen Zielgruppen eines Studiengangs einzugehen. Seitdem schiele ich mit einem Auge auf die aktuellen Verfahren und stelle meist fest, dass das teuerste Verfahren nach wie vor etabliert ist, obschon man nicht sagen kann, inwiefern dieses wirklich die Qualität von Studiengängen sichert (was ja an sich das Ziel ist).

Denn wenn man mal ehrlich ist: Werden Studiengänge für die Akkreditierung nach den Richtlinien fit gemacht, müssen sie (mehr oder weniger) in ein bestehendes Raster gepresst werden. Und dieses Raster trägt nicht gerade dazu bei, dass Studierende ihren Interessen im Studiengang nachgehen können. Aufgrund der Umstrukturierungen im MuK hieß es daher neulich in der Augsburger Allgemeinen, der Augsburger Medienstudiengang sei (im Vergleich zu vorher) unstudierbar geworden. So weit würde ich nicht gehen – viele Veränderungen (gerade mit Blick auf die Methodenausbildung und die Schwerpunktbildung im Master) sind sehr sinnvoll und auch die curriculare Einbettung des Begleitstudiums im Modul Problemlösen trifft meinen Geschmack. Trotzdem kann ich den Unmut der Studierenden insofern verstehen, als dass man ihnen bisherige Freiräume in der Ausgestaltung ihres Studiums nimmt und die zeitlichen Spielräume aufgrund der bestehenden Akkreditierungsvorgaben weiter verknappt.

Man wird jetzt ein paar Jahre beobachten müssen, wie sich der MuK nach der neuen und akkreditierungskonformen Prüfungsordnung entwickelt und trotz Gutachterlabel willens sein, notfalls nochmals Veränderungen inhaltlicher Natur vorzunehmen. Bis es aber so weit ist, heißt es erst einmal Akkreditierung – wir kommen!