Zu Gast: im VC bei e-teaching.org

Es macht immer wieder Freude, bei e-teaching.org im virtuellen Klassenzimmer (VC) zu Gast zu sein und zu aktuellen Themen mit der Community ins Gespräch zu kommen. So läuft derzeit das Themenspecial „Social Media – Social Learning“, das aus meiner Sicht viele brennende Fragen aufgreift: bspw. die Frage danach, wie man Studierende online beteiligen könnte. Sie stand auch im Fokus der heutigen Session, die – wie gewohnt – von Anne Thillosen moderiert und inhaltlich von Silvia Hartung (Uni der Bundeswehr), Simon Retzmann (Student, Ruhr Uni Bochum) und mir sowie von recht vielen Teilnehmenden gestaltet wurde (in der Hochzeit waren es um die 80 Personen – eine ganze Menge!). Inzwischen kann man die Session auch online einsehen und meine Folien bei Slideshare abrufen, sodass alle Inhalte im Nachhinein nachvollziehbar sein sollten.

Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass die Session recht lebendig war, aber doch einige Fragen offen geblieben sind. Ich würde daher gerne Annes Hinweis aufgreifen und zur weiterführenden Diskussion einladen: sei es hier durch weitere Kommentierungen oder Fragen oder auf Facebook, wo möglicherweise ebenfalls Anschlussdiskussionen stattfinden. Für mich nehme ich mit, dass Studierende durchaus Interesse an Peer Feedback haben und dann vor allem der Umgang mit Kritik (Stichwort: negatives Feedback) zu üben wäre. Solche Überlegungen stehen m.E. im Zusammenhang mit dem individuellen Lernfortschritt, aber auch mit einem Verständnis von Bildung durch Wissenschaft. Beim forschenden Lernen ist nämlich Kritik (und das permanente Üben von Kritik) ein wesentlicher Modus – genauso wie in der Wissenschaft selbst.

Wenn Studierende zu Lehrenden werden…

Wie vermittelt man eigentlich Lernformen und solche Inhalte, die eng mit Lernkonzepten und Medieneinsatz für Lehren und Lernen zusammenhängen? Diese Frage habe ich mir zu Beginn des Sommersemesters häufig gestellt, da ich eine Lehrveranstaltung mit dem Titel „Lernformen mediengestützten Lernens“ planen musste (zum gesamten Lehrangebot) und letztlich eine angemessene didaktische Umsetzung anbieten wollte. Während die Wahl der Inhalte zwar auch schwierig, aber irgendwann klar war, gestaltete sich die Findung eines didaktischen Szenarios durchaus komplex. Welche zusätzlichen Aufgaben kommen bspw. auf Studierende zu, wenn sie sich problemorientiert mit den ausgewählten Lernformen auseinandersetzen? Sind sie im ersten Semester eines nicht-konsekutiven Masterstudiengangs überhaupt in der Lage, sich über Inhalt (Lernformen) und Form (Vermittlungsformate) gewissermaßen zeitgleich Gedanken zu machen?

Da sich die Fragen nicht abschließend beantworten ließen, entschied ich mich für ein Mischkonzept, das dem Cognitive Apprenticeship nahesteht: Nach einer kurzen Einführungsphase, die eher stark strukturiert und geleitet war, übernahmen die Studierenden selbst die Vermittlerrolle und konzipierten zweiwöchige Blended-Learning-Szenarien zu thematisch abgegrenzten Einheiten (siehe Abbildung).


Dieses Schlüpfen in die Lehrendenrolle war und ist mir wichtig, da Studierende Konzepte oder didaktische Szenarien mitunter erst durchdringen, wenn sie diese mit eigener konzeptioneller Tätigkeit oder persönlichen Lernerfahrungen verbinden können. „Lernen durch Lehren“ im mittleren Teil des Seminars einzusetzen, lag daher durchaus nahe. Am Schluss des Seminars standen vor allem die Erfahrungen mit der eigenen Lehrtätigkeit im Vordergrund, da die Erarbeitung von Inhalten weniger herausfordernd angesehen wurde als deren angemessene Darbietung für die Kommilitonen. Mit dieser Selbstwahrnehmung der Studierenden war in Teilen zu rechnen, wenn auch die Intensität der jeweiligen Lehr-Eindrücke für mich überraschend war: Selbst diejenigen Studierenden, die einen pädagogischen Hintergrund aufweisen oder bereits lehrend tätig waren, hatten Respekt vor der veränderten Aufgabenstellung, insbesondere in Abgrenzung zum Referat. Umso größer war die Freude der Studierenden, wenn ihre Arrangements „geklappt“ haben, wenn sie also ihre Mit-Studierenden zum Mit-Machen motivieren konnten, wenn die Abläufe reibungslos klappten und wenn die Abschlussevaluationen positive Rückmeldungen hervorbrachten.

In der Rückschau besonders interessant sind die Seminararbeiten, die mit einigem Abstand zur Lehrveranstaltung in der Gruppe geschrieben wurden: Sie arbeiten den theoretischen Stand zu den Lernformen auf, skizzieren das eigene Vermittlungskonzept sowie Herausforderungen in der Umsetzung aus unterschiedlichen Perspektiven. Dass diese gemeinsame, schriftliche und eben auch fundierte Rückschau wichtig ist, zeigt sich u.a. in einem Studierendenzitat, das sinngemäß darauf verweist, dass theoretische Inhalte der eigenen Lehrtätigkeit mit dem zeitlichen Abstand viel tiefer verarbeitet wurden, nicht zuletzt durch die neuerliche Bearbeitung der einbezogenen Literatur. Ein solches Feedback ist klasse, zeigt es doch, dass ein wesentliches Lernziel, nämlich das Erarbeiten und Begreifen exemplarischer Lernformen aus Studierendensicht, erreicht wurde. Kritisch zu sehen sind allerdings die Lernerfolge bezogen auf die Lernformen, die „nur“ als Teilnehmende erlebt wurden: Hier fallen Verstehens- und Behaltensleistungen deutlich geringer aus – ein Aspekt, der für solche Konzeptionen sicherlich typisch ist, aber zum Nachdenken und zur Re-Konzeption anregt.