Rückblick: #gmw14

Auf die Jahrestagung der GMW zurückzublicken, hat über die Jahre an Tradition gewonnen. Dabei ist es mit den Jahren schwieriger geworden, die Essenzen aus der Tagung zu ziehen. Das liegt zum einen an der eigenen Eingebundenheit, zum anderen am Tagungsformat, das eher auf Austausch, denn auf persönlichen Wissenszuwachs angelegt ist. Insofern will ich nur drei Punkte der letzten GMW in Zürich herausgreifen, die ich rückblickend fest erinnere und zugleich zum Weiterdenken nutze(n werde).

Dass die Lern- und Bildungsräume hierbei (1) eine große Rolle spielen, ist nicht weiter verwunderlich. Immerhin gehört die Auseinandersetzung mit (medialen) Bildungsräumen seit einigen Jahren fest zu meinem wissenschaftlichen und praktischen Arbeitsalltag dazu – mit allen Quer- und Schieflagen, die sich infolge falsch verstandener Begriffe oder Konzepte ergeben (so hält sich beständig der Glaube an den virtuellen Raum. Oh je!). Insofern fand ich sowohl die Keynotes (verfügbar auf dem Youtube-Channel der PH Zürich) als auch die weiteren Vorträge und Angebote, die sich explizit „den Räumen“ widmeten, spannend und hilfreich zur Schärfung der (medien-)didaktischen Diskussion über Raumbegriffe und -konzepte. Und damit meine ich vor allem die angeregte Diskussion mit einigen (wenigen) Tagungsteilnehmenden darüber, ob und inwieweit die Raummetapher in „unseren“ Kontexten überhaupt brauchbar ist und inwiefern Anleihen bei anderen Fächern oder in anderen Traditionen genommen werden können. Immerhin ist die Diskussion über Lern- und Bildungsräume nicht neu, sondern hat Ursprünge in Medien- und Bildungstheorie sowie in der Raumsoziologie, die allerdings weitestgehend eine etwas andere inhaltliche Ausprägung denn eine bildungssoziologische genommen hat (Stichworte: Stadtplanung, Architektur, Gestaltung). Um es vorweg zu nehmen: Zu einem Ergebnis sind wir in den Gesprächen nicht gekommen, wohl aber zu einem leicht differenzierteren Gebrauch der Begriffe im Verlauf der Tagung selbst.

Entsprechend zurückhaltend wurden in diesem Jahr (2) auch die MOOCs bearbeitet, die 2013 in Frankfurt noch zum Hype-Thema schlechthin gehörten und bei denen man nicht müde wurde, von vielfältigen Bildungspotenzialen ganz im Sinne neuer (virtueller) Bildungsräume zu sprechen. Dass MOOCs in diesem Jahr eher als ein Format (unter vielen) besprochen wurden und sich damit eine gewisse Entspanntheit gegenüber dem Hype eingestellt hat, war schon länger zu erwarten und ist angenehm. Mehr noch: MOOCs reihen sich in der fachwissenschaftlichen wie auch in der praktischen Diskussion in die Reihe unterschiedlicher didaktischer Angebote ein.

Mit dem Tagungsformat ging in diesem Jahr zudem (3) eine Social-Reading-Variante einher, die Eingeweihte bereits vom Buch „Wiki-Weg des Lernens“ (hsrg. von Michele Notari und Beat Döbeli Honegger) kannten und die erstmals auch für den Tagungsband der GMW genutzt wurde. So sollte der Tagungsband nicht mehr nur als PDF verfügbar sein, sondern es sollte möglich werden, im Vorfeld der Tagung an der Diskussion zu einzelnen Artikeln teilzuhaben – bis hin dazu, auf Vorträge vor Ort einzuwirken (ob „flipped“ oder nicht, spielte dabei keine Rolle – vgl. meinen früheren Blogpost dazu). Dass sich nun infolge dieser Darstellungsform die seit ein paar Jahren geführte Diskussion über den Tagungsband neu färbt, ist äußerst interessant (und zwar für das wissenschaftliche Publizieren generell): Während nämlich in den letzten Jahren die Forderung eher in Richtung einer frühen Verfügbarkeit von Inhalten ging, wandelte sich die Forderung auf der GMW’14 dahingehend, dass eine erste Fassung vor der Tagung erreichbar, die finale Fassung aber erst nach der Tagung vorliegen sollte, um bspw. Kritik und Anmerkungen von Teilnehmenden bzw. der Community noch einzubauen. Ich denke, man muss nicht groß unken, wie praktikabel solche Ideen für den wissenschaftlichen Alltag aktuell tatsächlich sind. Dennoch finde ich es wichtig, sie zu explizieren und zuzulassen, sie in den unterschiedlichen Ausprägungen einmal zu denken.

So ist die Nachphase einer Tagung immer auch eine Vorphase zur nächsten GMW, die mich durch das Vorstandsamt sicherlich wieder beanspruchen wird, aber anders als sonst, denn: Ab sofort verstärkt uns Andrea Lißner im Vorstand für die Nachwuchsarbeit. Darüber freue ich mich ganz besonders, da ich so „mein“ Thema in guten Händen weiß, und mich zugleich verstärkt dem Editorial Board und Fragen des wissenschaftlichen Publizierens widmen kann, für die ich bereits letztes Jahr (eigentlich) gewählt wurde.

Es mooct – immer noch

Am letzten Freitag hatte ich die Gelegenheit, an der Live-Abschlussrunde zum Mathe-MOOC teilzunehmen. Über die Einladung nach Heidelberg habe ich mich sehr gefreut, da es immer schön ist, an alte Orte zurückzukehren und nette Menschen erneut zu sehen (bspw. tagsüber bei der IWB-Tagung). Abends war es dann soweit und der MOOC-Talk fand mit vielen Gästen statt (neben den Organisatoren Christian Spannagel, Martin Lindner, Michael Gieding und Lutz Berger waren das Jöran Muuß-Merholz, Fabian Schumann (iversity) und ich). Die Runde selbst drehte sich eng um den Mathe-MOOC, was einerseits verständlich ist, da es zunächst um dessen Gelingen ging. Andererseits wurden viele Fragen berührt, die im Zusammenhang mit der Konzeption und Implementierung mediengestützter Lehrveranstaltungen stehen. Relativ schnell konnten wir uns daher auch von der Vermittlungskomponente (Welche Inhalte werden vermittelt? Wer vermittelt welches Wissen an wen? Etc.) lösen und uns – bezogen auf MOOCs – den eigentlichen Herausforderungen widmen: der Aktivierung der Lernenden sowie der angemessenen Betreuung über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg. Auch hier bestehen natürlich allerhand Erkenntnisse aus der (insbesondere) Mediendidaktik, wobei ein auf Größe und Breite angelegtes Format wie ein MOOC sicherlich bei der Betreuung besonders anspruchsvoll ist: Es dürfte nämlich klar sein, dass keine 1:1-Betreuung möglich ist, bei vielen Formaten sogar die 1:n-Betreuung sehr reduziert übernommen wird. Hier kommen Peer-Konzepte ins Spiel, die sich nicht bloß zufällig ergeben, sondern bereits bei der Planung des Kurses initiiert werden (müssen). Zugleich ist die Aktivierung der Lernenden anspruchsvoll, wenn man davon ausgeht, dass die Teilnehmenden an MOOCs selbstbestimmte Lernende sind und unterschiedliche didaktische Formate im Zweifelsfall auch „ertragen“ können. Anders verhält es sich, wenn man Mischkonzepte plant und vollzieht, am Beispiel des Mathe-MOOCs etwa die Erstsemester-Studierenden der PH Heidelberg gezielt integriert und anspricht. Sowohl die Aktivierung als auch die Betreuung gewinnen dann an Bedeutung. Diese Ausführungen machen m.E. schon sehr deutlich, wie eng MOOCs im Zusammenhang mit dem mediengestützten Lernen oder, enger gefasst, mit der Online-Lehre stehen und wie bedeutsam es gleichzeitig ist, diesen Zusammenhang stärker als bisher auch zu bearbeiten. Denn glücklicherweise hatte das Mathe-MOOC-Team viel Erfahrung mit dem mediengestützten Lernen; andere betreten mit MOOCs aber Neuland auf dem didaktischen Gebiet und mitunter werden ganze Konzepte neu „erfunden“. Auch wenn ein Gast im Plenum später zu mir meinte, ich sei den Fragen zu MOOCs ausgewichen und hätte immer über Online-Lehre argumentiert, steckt darin für mich der wichtige Kern: nämlich in der Auseinandersetzung mit guter Lehre, passenden didaktischen Formaten und einem angemessenen Medieneinsatz, der auch, aber nicht zwingend zu MOOCs in allen Variationen führt.

Nachtrag: Teilnehmer-Berichte zu #edex13 online

Seit ein paar Tagen sind fünf Teilnehmer-Berichte der diesjährigen Fulbright-Expert/in/en-Reise nach San Francisco online. Diese Berichte handeln nach und nach ab, was wir an den fünf sehr unterschiedlichen Reisetagen erlebt haben und setzen die Erlebnisse ein Stück weit ins Verhältnis zum deutschen Bildungssystem. In Ergänzung zu meinen Live-Blogpostings (Gabi hatte sie übersichtlich zusammengefasst) sind die Berichte daher durchaus informativ, da sie gebündelt diejenigen Fragen behandeln, die vor Ort gemeinsam mit Expert/inn/en diskutiert wurden. Ich selbst war mit zwei weiteren Kollegen für den Bereich Lehre und Bildungsprozesse (zum PDF) zuständig, was niemanden, der mich kennt, verwundern wird und sich auch in der Stoßrichtung der Argumentation zeigt. Zuerst begeben wir uns auf die Spuren des MOOC-Hypes, zeigen dann, wie sich MOOCs in den USA zwischen „didaktischem Spielzeug“ und designorientierter Forschungsperspektive verorten, schlagen den Bogen zum Online-Lernen und beschreiben letztlich in aller Kürze gegenwärtige oder absehbare Herausforderungen im Umgang mit einem scheinbaren Trend. Ein paar Literaturtipps runden das Dokument ab, sodass ich schließlich nur noch viel Spaß beim Schmökern und Weiterlesen wünschen kann.

Erschienen: Statement zu MOOCs

In einem Interview zum Online-Lernen wurde ich kürzlich damit zitiert, dass ich zwangsläufig an der Institution Hochschule festhalten muss, damit ich meinen Job behalte. Sicherlich ist es so, dass auch Wissenschaftler/innen ihr Geld von einem Arbeitgeber (in unserem Falle meistens dem Land) beziehen. Dennoch sollte es möglich sein zu beobachten, welcher Wandel mit Online-Lernangeboten an der Hochschule vollzogen werden kann – und welcher aufgrund von Traditionen und Erfahrungen mit 20 Jahren WWW (eher) nicht. Insofern bin ich froh, dass ich in der aktuellen Ausgabe der DUZ die Möglichkeit hatte, ein eigenes Statement zum Online-Lernen einzubringen – zu MOOCs, denn die Massiven Offenen Online-Kurse stehen dieses Mal im Fokus der Zeitschrift. Aufgrund aktueller Entwicklungen in den USA, aber auch in Deutschland frage ich mich in meinem kurzen Text, ob MOOCs nicht öffentlichkeitswirksame Cash Cows sind, die gerade hohe Aktualität besitzen, aber eben ein endliches Phänomen sind bzw. sein müssen, denn: „… wenn sie wie in den derzeitigen Konzeptionen von kommerziellen, nicht von pädagogischen, didaktischen oder hochschulischen Interessen getrieben werden, haben sich MOOCs ihre Grenzen selbst gesetzt.“ Ich bin daher sehr gespannt, wie sich das Phänomen weiter entwickelt und ob wir den im Statement anvisierten, notwendigen „Dreh“ zum Pädagogischen künftig hinbekommen.