Rezension: „Kinder – Medien – Bildung“ (Marci-Boehncke/Rath)

An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg war der frühpädagogische Bereich ein wichtiges medienpädagogisches Handlungsfeld für mich, da es u.a. darum ging, angehenden pädagogischen Fachkräften vielfältige Sozialisationsbedingungen in und mit Medien an der Hochschule bzw. in den Übergängen zum Beruf anzubieten. In diesem Zusammenhang ist bspw. Reflect! entstanden, aber auch einige interne Maßnahmen, die eher auf die Förderung von Medienwissen und -reflexion im Studiengang Bildung und Erziehung der Kindheit abzielten. Da mir der grundlegende Kontext frühe Bildung also durchaus vertraut ist, habe ich gerne die Studie „Kinder – Medien – Bildung“ von Gudrun Marci-Boehncke (TU Dortmund) und Matthias Rath (PH Ludwigsburg) rezensiert. Die Studie geht auf das Projekt „Medienkompetent zum Schulübergang“ zurück und bezieht, das ist aus meiner Sicht die Besonderheit, viele Bezugsgruppen in die frühkindliche Medienbildung ein.

Aus der Rezension:
„Die hier vorzustellende Publikation zeichnet insbesondere die erste Projektphase nach. Sie stellt theoretische Annahmen, das Forschungsdesign und empirische Befunde zur Interpretation des Medienprojekts vor. Dabei basieren sowohl die Konzeption des Projekts als auch dessen Untersuchung auf Defizitannahmen und setzen auf Entwicklung durch Wissenschaft und gemeinsames Lernen, denn: In der frühen Bildung im Allgemeinen und in Kindertagesstätten im Speziellen fällt die Förderung von umfassenden Medienkompetenzen bis auf Weiteres gering aus. Auch werden neben den Kindern als primäre Bezugsgruppen für die Förderung von Medienkompetenzen Erzieherinnen und Erzieher, aber auch Eltern und weitere Bezugsgruppen eher aus Fördermaßnahmen ausgeklammert. ‚Medienkompetent zum Schulübergang‘ geht dahingehend einen anderen Weg: Das Projekt vernetzt diverse Bezugsgruppen, um Medienkompetenzförderung und Integrationsarbeit zu leisten. Alle Bezugsgruppen, u.a. auch Studierende, die Stadt Dortmund sowie Unternehmenspartner (hier: IBM), werden in Fragen der Praxisentwicklung sowie in das Forschungsfeld gestaltend einbezogen.“

Warum ich die Studie zusammenfassend für lesenswert halte, welche Bedeutung Hochschule/Studierende darin einnehmen und welche Erkenntnisse sich vom Einzelfall ableiten lassen, findet sich in der vollständigen Rezension bei socialnet.

Quelle: Hofhues, S. (2014). Rezension zu: Gudrun Marci-Boehncke, Matthias Rath: Kinder – Medien – Bildung. kopaed verlagsgmbh (München) 2013. 264 Seiten. socialnet Rezensionen. 27.01.2014. http://www.socialnet.de/rezensionen/16027.php

In Reichweite: Semesterbeginn

Ungewohnt ist es ja schon, wenn kurz vor Weihnachten die letzten Details für die Lehre abgesprochen werden, bevor es im Januar mit dem neuen Semester losgeht. Das neue Semester heißt in der Sprache der Zeppelin-Universität Spring14 (im Herbst entsprechend Fall14) und steht für mich tatsächlich ganz im Zeichen der Lehre: Erst geht es darum, zusammen mit Gabi die Erstsemester zu begrüßen und mit ihnen zu erarbeiten, was das Studium an der ZU heißt; eine Woche später beginne ich mit eigenen Lehrveranstaltungen, die sowohl fachlich gerahmt sind als auch überfachlich aufgestellt werden. So habe ich die Möglichkeit, im kommunikations- und kulturwissenschaftlich geprägten CCM-Studiengang ein Masterseminar zu aktuellen Fragestellungen anzubieten. Etwas spezifischer lautet mein Arbeitstitel „Medien | Machen | Praxis“, denn letztlich soll im Seminar auf Basis eigener Medienprojekte die Brücke zwischen aktuellen Medienentwicklungen und theoretischem Wissen sowie zwischen konkreten Anwendungsfällen und Arbeitsmarkt- und Berufsbezug geschlagen werden. Ich bin gespannt, wie die Veranstaltung gelingt und welche Möglichkeiten der Ausgestaltung sich im forschungsorientierten Master bieten werden. Darüber hinaus bin ich in das Zeppelin-Projekt eingebunden, das sicherlich eine Besonderheit an der ZU und in der deutschen Uni-Landschaft ist. Hier haben Studierende des ersten Fachsemesters die Chance, sich ausgehend von einem programmübergreifenden Rahmenthema mit einer interdisziplinären Forschungsfrage auseinanderzusetzen. Die Auseinandersetzung findet sowohl allein als auch in der Gruppe sowie begleitet durch Lehrende der verschiedenen Studienprogramme statt. Einige überfachliche Angebote flankieren das Zeppelin-Projekt, u.a. auch unser Lehrangebot zum Projektmanagement. Auf das Lehrangebot freue ich mich sehr, denn es ist gelebte Kooperation und Interdisziplinarität, wenn vier Lehrende gemeinsam ein Angebot „stricken“ und sich damit selbst auf ein neues Terrain in der Lehre begeben.

Podiumsdiskussion: „Digitale Gesellschaft“

Dienstag war ich zur Statuskonferenz des BMBF-Programms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ eingeladen, um auf dem Podium mit Elisabeth Slapio (IHK Köln, Innovation und Umwelt), Peter Bihr (u.a. Next!Berlin) und Markus Beckedahl (u.a. netzpolitik.org) etwaige Herausforderungen mit der „Digitalen Gesellschaft“ vorrangig aus Bildungsperspektive zu vertreten. Über die Einladung zur Diskussionsrunde habe ich mich sehr gefreut: Immerhin gibt es neben dem pädagogischen Herz auch das ökonomische, das mal mehr, mal weniger stark in mir schlägt und biografisch durch die eigene (duale) Ausbildung zur Industriekauffrau bedingt ist. Das Podium gab mir nun die Gelegenheit, eigene Erfahrungen, aber auch fachwissenschaftliche Perspektiven vor einem interessierten Publikum einzubringen.

Wenn ich die Podiumsdiskussion rekapituliere, ergaben sich drei große Schwerpunkte in der Diskussion, wobei wir 1) eher in einer Datenschutzdebatte verhaftet blieben, als dass wir uns den Herausforderungen für 2) Individuen in Alltag und 3) Beruf genähert hätten. Ersteres überrascht mich dabei nicht: Speziell bei Themen, die Unsicherheit hervorrufen, gibt es viel Diskussionsbedarf, und auch Lagerbildungen sind gewissermaßen natürlich. So diskutieren auf der einen Seite meist diejenigen, die unerschrocken und aufgeschlossen mit neuen Themen und Begebenheiten umgehen, und auf der anderen Seite finden sich Stimmen, die sich (zunächst) in Zurückhaltung und Kritik üben. Die Debatte um Datenschutz hat dabei allerdings die nächste Stufe schon erreicht: Es gibt vielfältige Nutzungsformen des Internets, digitaler Werkzeuge und entsprechende Anwendungsszenarien in Bildungskontexten. Es existiert aber ein Medien- und Urheberrecht, das dem raschen Medienwandel sowie den vielfältigen Nutzungspraktiken kaum „hinterher“ kommt. Entsprechend wird der Ruf nach Regulierung lauter, auch wenn man kaum absehen kann, ob sie überhaupt etwas bringt. Dennoch scheint dieser dominanter als der Ruf nach umfassenden Medienkompetenzen, die eben nicht nur den technischen Gebrauch von Medien einschließen, sondern vor allem den aufgeklärten Umgang mit Medien adressieren sowie Lernumgebungen anstreben, die eine problem- und handlungsorientierte Auseinandersetzung möglich machen. Diese, wenn man so will, wiedergewonnene subjektive Betrachtungsweise auf Medien in Alltag und Beruf ist aber keineswegs einfach umzusetzen, da sie (im vorliegenden Fall) Unternehmen und Unternehmenszielen im Weg zu stehen scheint: Einerseits sind mitdenkende („mündige“) Arbeitnehmer/innen gewünscht, andererseits geht es (je nach Berufsgruppe) auch um die bloße Ausführung von Tätigkeiten. An der Stelle hätte man gut an frühere Diskussionen um die Subjektivierung von Arbeit und zugehörige Transformationsprozesse anknüpfen können, dafür war die Zeit aber zu knapp und der Schwerpunkt Datenschutz letztlich zu ausgeprägt. Insofern näherten wir uns lediglich der „Digitalen Gesellschaft“ mit inhärenten Positionen und Facetten und suchten weniger nach konkreten Lösungen oder Handlungsoptionen darin.

Ob das nun gut oder schlecht ist, mag ich an der Stelle nicht bewerten: Für mich ist es eher ein Zeichen von nach wie vor großer Unsicherheit im Umgang mit Medien und Medienwandel und einer Diskussion, die sich nur langsam inhaltlich verändert und in unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche diffundiert.

Workshop: Konzeptionen und Förderansätze von Medienkompetenzen in der Lehrpersonenbildung #gmw13

Wer in die Lehrpersonenbildung, insbesondere Lehrerausbildung, involviert ist, dürfte über die Zeit unterschiedliche Konzeptionen und Förderansätze von Medienkompetenzen kennengelernt und zu schätzen gelernt haben. Zugleich werden sowohl in der praktischen Durchführung als auch in der theoretischen Auseinandersetzung einige Leerstellen offenbar: hinsichtlich fehlender Themen und Inhalte, hinsichtlich einseitiger Umsetzungsformate, hinsichtlich der strukturellen Verankerung usw. In der Betrachtung der Leerstellen besonders interessant ist, dass man es eigentlich weiß und der Diskurs insbesondere um Medien und Lehrpersonenbildung ein älterer ist.

In unserem Preconference-Workshop (zur Ausschreibung im Tagungsband) greifen wir daher die obigen Leerstellen auf, ohne in übliche Rhetorik in Richtung eines Shifts oder fehlender curricularer Verankerung zu „verfallen“. Stattdessen wollen wir uns problembasiert den skizzierten Herausforderungen nähern, indem wir eine informative Broschüre im Stil eines Pixi– oder Was-ist-Was-Buchs gestalten, die schließlich Aufschluss über „Konzeptionen und Förderansätze von Medienkompetenzen in der Lehrpersonenbildung“ gibt. In unserem Workshop fallen somit Inhalt und Form der Auseinandersetzung mit/über Medien zusammen; eine Herangehensweise, die bei meinen Studierenden seit Jahren gut ankommt, mal schauen, wie es damit auf der GMW steht. Wir freuen uns über jede/n Mitdenker/in – am Montag, 2.9.2013, ganztags in Frankfurt und online im Redaktionsblog „Le Bloque„.

Erschienen: Plädoyer für eine Hochschulbildung mit Medien

Über die Wintermonate habe ich einen Artikel für die Hamburger Zeitschrift standpunkt : sozial (Ausgabe „Horizonte Kultureller Arbeit“) verfasst, der mir schon länger unter den Nägeln brannte und der jetzt als „Plädoyer für eine Hochschulbildung mit Medien“ erschienen ist. Bereinigt um Bildmaterial kann ich den Text dankenswerterweise nun auch online zur Verfügung stellen (zum Artikel). Inhaltlich setzt er sich damit auseinander, welche Erwartungen eigentlich an den Medieneinsatz an der Hochschule bestehen, welche Schieflagen so manche Argumentationen schmücken und welche Leerstellen es (möglicherweise) in der aktuellen hochschul(didakt)ischen Auseinandersetzung mit und über Medien gibt. Ich versuche daher ein paar Annahmen bezogen auf Medien zu entkräften, gleichzeitig aber Perspektiven für Medien(-einsatz) an Hochschulen zu entwickeln. Dass dabei hochschulische und medienbezogene Fragen zusammenfallen, ist kein Zufall, sondern der bewusste Versuch, Debatten um Hochschule, Didaktik und Medien stärker als bisher zusammenzudenken. Dass es dazu einer Erweiterung des primär werkzeug- bzw. vermittlungsorientierten Medienbegriffs bedarf, ist eine notwendige Folge und erst auf den zweiten Blick anschlussfähig, wenn man nämlich den effizienten Medieneinsatz und eine traditionelle Bildungsidee fokussiert.

Quelle:
Hofhues, S. (2013). At any place, anytime, anywhere? Plädoyer für eine Hochschulbildung mit Medien. standpunkt : sozial. 1, 52–58.

Rückblick: Junges Forum Medien und Hochschulentwicklung (#jfmh13)

Als Teil des Organisationskomitees auf die eigene (Nachwuchs-)Tagung zurückzublicken, ist schwierig: Wie euphorisch geht man mit dem Erlebten um, wie kritisch sieht man manche Aspekte? Ich will dennoch an dieser Stelle einen kurzen Rückblick auf das Junge Forum Medien und Hochschulentwicklung wagen, das heute genau eine Woche zurückliegt und mich/uns doch weiter beschäftigt.

Zunächst einmal bildete die Zusammenkunft der unterschiedlichen Akteure aus den Fachgesellschaften sowie aus Wissenschaft und Praxis eine tolle Gemeinschaft zum Weiterdenken. Das große Potenzial zeigte sich bereits in der Auftakt-Keynote von Gabi Reinmann, die sich mit Educational Design Research und letztlich auch mit der Frage der Gemeinsamkeiten (und Unterschiede) zwischen Wissenschaft/Forschung und Praxis beschäftigte. Für mich, aber auch für Mandy Rohs und Ulrike Lucke, die die zugehörige Fish Bowl mit mir gestalteten, waren die Überlegungen zwischen Instructional Design (ID) und Design (Based) Research (DR) nicht neu, im Gegenteil: In unseren eigenen Forschungs- und praktischen Tätigkeiten stoßen wir oft auf Gestaltungsfragen und können daher Gabis Ansatz gut verstehen. Der Blick ins Plenum zeigte aber, dass die im Beitrag aufgeworfenen Fragen, etwa zur Rolle der Person, zum Handeln von Wissenschaftlern/Praktikern, zu (Forschungs-)Mainstream und zur Machbarkeit, zur Bildungsinstitution etc., durchaus ambitioniert waren: Immerhin hatten höchstens ein Fünftel der Anwesenden überhaupt einmal von ID und/oder DR gehört (wie ich beim Stimmungsbild zur Überbrückung von technischen Pannen herausfand ;-)). Der Beitrag war daher für viele Teilnehmende neu und hat zur weiterführenden Verarbeitung und Diskussion geführt. Insbesondere in den Pausengesprächen wurden wir immer wieder darauf aufmerksam, wie Aspekte des Beitrags reflektiert wurden und eigene Forschungs- und Praxisperspektiven darin identifiziert wurden.

Es mag daher ein glücklicher Zufall (oder auch die von uns geplante Spur ;-)) sein, dass im weiteren Verlauf der Tagung Gestaltungsfragen präsent waren. Ich selbst durfte bspw. eine Session begleiten, in der es um Implementierung von E-Learning und Hochschuldidaktik im Rahmen des Qualitätspakts Lehre ging. Die Inhalte dieser Praktiker-Session lagen mir sehr nahe, da ich mich in meiner Hamburger Zeit mit ganz ähnlichen Fragen beschäftigt habe und zugleich den Forschungsstand in beiden Bereichen gut kenne. Beides, sowohl die Erfahrungen als auch die theoretisch-konzeptionellen Impulse, waren so auch Gegenstand der Diskussionen, die Patrick Bettinger und ich zusammen moderierten. Hilfreich war dabei sicherlich die Zusammensetzung des Plenums, das nicht nur aus Nachwuchskräften bestand, sondern viele erfahrene Wissenschaftler/innen und Praktiker/innen versammelte. Auf diese Weise konnten wir permanent zwischen dem Status quo und einer Vision von Medien und Hochschuldidaktik changieren, denn letztlich sollte das Forum nicht nur Erfahrungsaustausch im Jetzt sein, sondern auch Perspektiven zur weiteren Beschäftigung entwickeln.

Während die Praktiker-Sessions generell mit Vorgaben aus Drittmittelprojekten oder durch Vorgesetzte zu kämpfen hatten, konnte sich der Forschungstrack dezidiert Forschungsfragen widmen. Obschon man ausgehend von der Auftakt-Keynote Überschneidungen in den Herangehensweisen ausmachen konnte, war der Unterschied in der Tiefe der Auseinandersetzung und dem Grad der Reflexion spezifischer Fragestellungen doch deutlich spürbar. Letzteres mag auch darin liegen, dass das Forschungsprojekt (meist Promotionsprojekt) ein individuelles Projekt mit (mehr oder weniger) Gestaltungsspielraum ist. So hat bspw. Andrea Ließner in ihrem rückblickenden Blogpost beschrieben, wie sie mit dem Feedback innerhalb des Forschungstracks zurecht kam und dies speziell in der Anfangsphase der Promotion gut beratend aufnehmen konnte. Die Trennung in Forschung und Praxis wirkt daher inhaltlich mitunter künstlich, bezogen auf offene Fragen und Art und Weise der Auseinandersetzung lassen sich aber doch erhebliche Unterschiede ausmachen, die auch nur teilweise in inhaltsorientierten Tracks zu vereinen wären.

Besonders erwähnen möchte ich auch die Nachwuchs-Keynote, die mit der zweiten Durchführung zur schönen Instanz auf dem Jungen Forum geworden ist. Patrick Bettinger sprach über die „entgrenzte Universität“ und hatte dabei nicht nur ein Medienprojekt der Universität Augsburg im Gepäck, sondern auch offene Fragen zum Verhältnis von Studium und Arbeit. Das war und ist spannend, denn der Übergang zwischen den einzelnen (Lebens-)Phasen scheint mir fließend – nicht nur, aber auch institutionell betrachtet. Wie unterstützen Medien die Entgrenzung von Universität? Worin besteht Entgrenzung? Wird Entgrenzung aus subjektiver oder aus Hochschul-, d.h. institutioneller Sicht, betrachtet? Fragen über Fragen, die sich spät abends vor dem 1930er-Jahre Konzert-Abschluss ergaben.

Der stimmungsvolle Abschluss des ersten Tages deutet auch an, wie die Atmosphäre auf dem Jungen Forum generell ist: nämlich jederzeit wertschätzend, konstruktiv (nicht positiv naiv!) und nett. Ob das nun am großen Anteil der weiblichen Organisatorinnen liegt, wie Claudia Bremer vermutete, lasse ich an dieser Stelle im Raum stehen. Ich nehme an, es ist eher das pädagogische Interesse an der Nachwuchsförderung, das bei allen Teilnehmenden vorhanden war/ist und sich eben im Umgang und Miteinander von Anfang bis Ende fast schon traditionell spiegelt. Nicht zuletzt aufgrund vorhandener Interessensbekundungen halte es für sehr wahrscheinlich, dass das Projekt Nachwuchstagung auch im nächsten Jahr aufrecht erhalten werden kann. Einen großen Anteil daran haben auch die Potsdamer, denen für die Organisation des zweiten Jungen Forums vor Ort ein großer Dank gebührt.

Rückblick: „Medienbildung entlang der Bildungskette“

Inzwischen ist es einige Tage her, dass die Telekom Stiftung zur Veranstaltung „Medienbildung entlang der Bildungskette“ an die Universität Paderborn geladen hatte. Die Veranstaltung gründet auf dem gleichnamigen Projekt, das sich der Idee verschrieben hat, Medien und (formale) Bildung stärker miteinander zu verzahnen, als dies bislang insbesondere in der Schule der Fall ist. Inhaltlich wird das Projekt von einer medienpädagogischen Expert/inn/engruppe gefördert und begleitet, zusätzlich anberaumte Expert/inn/entagungen erlauben die Integration weiterer Perspektiven, Positionen und Meinungen aus Wissenschaft und schulischer Bildungspraxis.

Während einige Arbeitsgruppen auf diesen Tagungen klassische Felder der Medienbildung in den Blick nahmen, standen Fragen des Übergangs in anderen AGs zur Diskussion – also jene Fragen, die „entlang der Bildungskette“ künftig bedeutsamer werden und aktuell wenig erforscht sind. So war es naheliegend, dass auch der Übergang zwischen Schule und Beruf thematisiert wurde, vor Ort u.a. in drei Impulsreferaten, von denen eines, nämlich das Referat von Stefan Welling, auch online zur Verfügung steht. In der Diskussion zeigte sich allerdings, dass Medienbildung in der Schule nach wie vor an der technischen Infrastruktur krankt und ambitionierte medien- und wirtschaftspädagogische Konzepte kaum (und wenn überhaupt, nur in der Einzelschule) greifen können, wenn es schon im Basisbereich der Ausstattung mangelt. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber im Jahr 2013 doch ernüchternd, wenn man Medienbildung wissenschaftlich als integrierte Perspektive unterschiedlicher Institutionen, Fächer und Zielgruppen denkt und eben nicht als bloße Ausstattung mit Geräten oder den funktionalen Umgang mit digitalen Werkzeugen.

Was folgt aus der Veranstaltung? Erstens muss man bis auf Weiteres für die Praxis konstatieren, dass es viel zu tun gibt: angefangen bei der Infrastruktur über vielfältige medienpädagogische Angebote bis hin zu einem integrierten Gesamtkonzept von Medienbildung, das auch fächerübergreifende oder gar interdisziplinäre Perspektiven möglich macht. Speziell stärken könnte man zweitens die Verbindung zwischen Medienbildung und ökonomischer Bildung, wie Mandy Rohs und ich bereits in unserem merz-Artikel (siehe Abstract) beschrieben haben und wie sich in der oben skizzierten AG ebenso aus praktischer Perspektive untermauern ließ. Auch muss man drittens über den Charakter der anzustrebenden Fördermaßnahmen reden, die meines Erachtens drei Aspekte abdecken sollten: a) informationstechnische Grundbildung (im Sinne einer Auseinandersetzung mit dem Computer), b) funktionale Mediendidaktik (im Sinne einer Auseinandersetzung mit medialen Werkzeugen) sowie c) Medienbildung (im Sinne von Projekten zur umfassenden Medienkompetenzentwicklung). Ebenfalls hoffe ich darauf, dass die Ergebnisse des Projekts sowie der unterschiedlichen Expert/inn/entagungen bald öffentlich zugänglich werden, um in Politik und Wissenschaft zu diffundieren und letztlich Schule (weiter) zu entwickeln.

Lesenswert: „Halbmedienkompetenz“

Viel zu selten verweise ich im Blog noch auf Fundstücke, die ich lesenswert finde. In diesem Fall will ich es aber doch machen, nämlich auf den Beitrag zur „Halbmedienkompetenz“ von Thomas Damberger. Der Autor nimmt in Anlehnung an Adornos (2006) Wortschöpfung der Halbbildung grundlegend an, „(…) dass wir bei unserem Vorhaben, Menschen zu einem kompetenten Umgang mit Medien zu führen, in der großen Gefahr stehen, sie zur Halbmedienkompetenz zu verführen. … Und die Hälfte, um die es mir geht, ist die kritische Dimension“ (Damberger, 2013, S. 2).

Am Beispiel problemorientierter Konzeptionen im Bereich Medien wird diese Grundannahme deutlich:
„Ein Problem, das es zu lösen gilt, muss als Problem erkannt werden. Lediglich zu lernen, wie man Probleme löst, die andere vorgeben, erinnert an eine naturwissenschaftliche Vorstellung von Kompetenz und ist weit davon entfernt, einen Menschen zu befähigen, in Situationen Probleme als solche (für sich) zu bestimmen. Im Gegenteil, eine solche Kompetenz ist affirmativ, also das Gegenteil von Kritik.“ (ebd., S. 3)

In der Diskussion stellt der Autor heraus, dass mediale Handlungspraktiken nicht nur von Fähigkeiten des Einzelnen bestimmt werden, sondern insbesondere von seinem Willen zur Auseinandersetzung mit/über Medien abhängen. Auch illustriert er, dass Medien häufig eigene Probleme „praktisch werden lassen“ (ebd., S. 4) und Angst im Umgang mit Medien darin begründet liegen bzw. daraus resultieren könnte. Unter didaktischen Gesichtspunkten ist zu ergänzen, dass daran vor allem funktionale, meist eindimensionale Konzepte zur Entwicklung (technisch-instrumenteller) Medienkompetenzen anschließen. Dieser Perspektive sei aber keine pädagogische Sichtweise inhärent, sondern allenfalls ein naturwissenschaftlicher Kompetenzbegriff (ebd., S. 2). Werde aber Mündigkeit als Bildungsziel anvisiert, müsste nach Ansicht Dambergers (2013) „[d]em ‚Freisein-von‘ […] ein ‚Freisein-für‘ gegenüberstehen, und dieses Andere der Autonomie ist nichts Geringeres als ihr Ziel, man könnte auch sagen: ihre regulative Idee“ (ebd., S. 7).

Ausgehend von dieser normativen Grundannahme kommt der Autor zu folgendem Schluss:
„Wenn die kritische Dimension von Medienkompetenz in der Medienmündigkeit liegt und Mündigkeit einer die Menschlichkeit bedenkenden und evozierenden Bildung bedarf, dann ist derjenige, die über die kritische Dimension der Medienkompetenz nicht verfügt und damit halbmedienkompetent ist, im pädagogischen Sinne medieninkompetent.“ (ebd., S. 7)

Fazit. Der Beitrag greift insgesamt ein höchst aktuelles Charakteristikum derzeitiger Konzeptionen von Medienkompetenzen auf: nämlich die grundsätzlich zu begrüßenden Förderbemühungen im Kontrast zu aktuellen Umsetzungsbeispielen, die sich nicht nur durch eine didaktisch vermittelnde Position auszeichnen, wie Sesink (2008, S. 13f.) sie nennt, sondern mit der Dimension der Medienkritik zugleich einen wesentlichen Bereich eines kompetenten Umgangs mit Medien unterschlagen. Diese Auslassung mag vielleicht nicht gleich zu einer „Halbmedienkompetenz“ führen, wohl aber zu einer konzeptionellen Schieflage im Mainstream mediengestützten Lehrens und Lernens, die für alle Bildungskontexte bedenkenswert ist.

Literatur

  • Adorno, T. W. (2006). Theorie der Halbbildung (Erstauflage: 1959). Frankfurt: Suhrkamp.
  • Damberger, T. (2013). „Halbmedienkompetenz?“ – Überlegungen zur kritischen Dimension von Medienkompetenz. medienimpulse. Beiträge zur Medienpädagogik. http://www.medienimpulse.at/articles/view/496
  • Sesink, W. (2008). Bildungstheorie und Medienpädagogik – Versuch eines Brückenschlags. In J. Fromme & W. Sesink (Hrsg.), Pädagogische Medientheorie (S. 13–35). Wiesbaden: VS.

CfP: E-Learning zwischen Vision und Alltag | GMW’13

In schöner Regelmäßigkeit erscheinen zu Jahresbeginn einige Calls for Papers für den jeweils folgenden Herbst, und einmal mehr findet sich unter den Aufrufen zur Beitragseinreichung auch der Call zur GMW’13. Auf der GMW’13 soll thematisiert werden, was jeden Medien- und Bildungswissenschaftler wie -praktiker in der Hochschule täglich berührt: nämlich das Kreieren von lehr-lernbezogenen Visionen, die im Jetzt mitunter weit weg erscheinen, und die Auseinandersetzung mit Notwendigkeiten des Lehr-Lernalltags, die oft zwischen Bürokratie und Struktur auf der einen Seite und sozialem Lernen auf der anderen Seite liegen. Zugleich können auf der Jahrestagung mediale Phänomene aufgegriffen werden, von denen man heute (noch) nicht weiß, welche Bedeutung sie in Wissenschaft und Forschung einnehmen werden (zum vollständigen Call for Papers). Entsprechend können die vorgeschlagenen Themen nur Beispiele sein, die in (Denk-)Richtungen für Einreichungen zeigen, aber auch die Heterogenität möglicher Beiträge andeuten und von den (künftigen) Gutachter/inn/en Offenheit erfordern. Umso wichtiger finde ich den Hinweis im Call, dass neben Erfolgsgeschichten auch Perspektiven des Scheiterns eröffnet werden – ein Hinweis, der aus wissenschaftlicher Sicht obsolet erscheint, sich in der Praxis unzähliger Projektbeschreibungen „im besten Licht“ aber doch als nützlich erweist. Noch gespannter bin ich auf solche Einreichungen, die neben einem breiten inhaltlichen Spektrum auch (rein) theoretische und/oder empirische Beiträge darstellen und sich hinsichtlich der Aufbereitung bzw. späteren Darbietung etwas trauen. Denn eine Tagung zu „E-Learning zwischen Vision und Alltag“ an der Goethe Universität Frankfurt lädt zu letzterem aus meiner Sicht geradezu ein.

Update (15.04.2013). Die Einreichungsfrist wurde bis zum 23.04.2013 verlängert, siehe gmw2013.de.

Vortrag: Viel Spuk um MOOCs

MOOCs sind derzeit in aller Munde. Und seit der Undercover-Aktion mit Rolf Schulmeister und Burkhard Lehmann dürfte bekannt sein, dass ich den MOOC-Trend interessant, aber aus Gesichtspunkten formaler Bildung auch fragwürdig finde. Umso mehr gefreut habe ich mich über die Einladung an die ETH Zürich, in einer Keynote im Rahmen eines internen Workshops heute meine Sicht auf MOOCs aufzuzeigen. Unter dem Motto „Viel Spuk um MOOCs“ habe ich versucht, den Trend kritisch einzuordnen und eine Perspektive aus mediendidaktischer Sicht zu entwerfen. Die Präsentation bot einigen Anlass zur Diskussion, u.a. auch deswegen, weil ich mit Elsbeth Stern und Jörn Loviscach interessante Vorredner/inn/en hatte und sich unterschiedliche Perspektiven auf den Trend ergaben.


Update (19.02.2013): Alle Impulsbeiträge sind inzwischen online verfügbar auf der Website der ETH Zürich.