Rezension: „Kinder – Medien – Bildung“ (Marci-Boehncke/Rath)

An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg war der frühpädagogische Bereich ein wichtiges medienpädagogisches Handlungsfeld für mich, da es u.a. darum ging, angehenden pädagogischen Fachkräften vielfältige Sozialisationsbedingungen in und mit Medien an der Hochschule bzw. in den Übergängen zum Beruf anzubieten. In diesem Zusammenhang ist bspw. Reflect! entstanden, aber auch einige interne Maßnahmen, die eher auf die Förderung von Medienwissen und -reflexion im Studiengang Bildung und Erziehung der Kindheit abzielten. Da mir der grundlegende Kontext frühe Bildung also durchaus vertraut ist, habe ich gerne die Studie „Kinder – Medien – Bildung“ von Gudrun Marci-Boehncke (TU Dortmund) und Matthias Rath (PH Ludwigsburg) rezensiert. Die Studie geht auf das Projekt „Medienkompetent zum Schulübergang“ zurück und bezieht, das ist aus meiner Sicht die Besonderheit, viele Bezugsgruppen in die frühkindliche Medienbildung ein.

Aus der Rezension:
„Die hier vorzustellende Publikation zeichnet insbesondere die erste Projektphase nach. Sie stellt theoretische Annahmen, das Forschungsdesign und empirische Befunde zur Interpretation des Medienprojekts vor. Dabei basieren sowohl die Konzeption des Projekts als auch dessen Untersuchung auf Defizitannahmen und setzen auf Entwicklung durch Wissenschaft und gemeinsames Lernen, denn: In der frühen Bildung im Allgemeinen und in Kindertagesstätten im Speziellen fällt die Förderung von umfassenden Medienkompetenzen bis auf Weiteres gering aus. Auch werden neben den Kindern als primäre Bezugsgruppen für die Förderung von Medienkompetenzen Erzieherinnen und Erzieher, aber auch Eltern und weitere Bezugsgruppen eher aus Fördermaßnahmen ausgeklammert. ‚Medienkompetent zum Schulübergang‘ geht dahingehend einen anderen Weg: Das Projekt vernetzt diverse Bezugsgruppen, um Medienkompetenzförderung und Integrationsarbeit zu leisten. Alle Bezugsgruppen, u.a. auch Studierende, die Stadt Dortmund sowie Unternehmenspartner (hier: IBM), werden in Fragen der Praxisentwicklung sowie in das Forschungsfeld gestaltend einbezogen.“

Warum ich die Studie zusammenfassend für lesenswert halte, welche Bedeutung Hochschule/Studierende darin einnehmen und welche Erkenntnisse sich vom Einzelfall ableiten lassen, findet sich in der vollständigen Rezension bei socialnet.

Quelle: Hofhues, S. (2014). Rezension zu: Gudrun Marci-Boehncke, Matthias Rath: Kinder – Medien – Bildung. kopaed verlagsgmbh (München) 2013. 264 Seiten. socialnet Rezensionen. 27.01.2014. http://www.socialnet.de/rezensionen/16027.php

Gute Vorsätze? Wichtige Vorhaben? Klare Ziele?

Nun ja, von allzu kleinteiligen Überlegungen um die Jahreswende, die man angesichts der Überschrift vielleicht erwarten würde, halte ich wenig. Sie werden zu schnell ad acta gelegt. Hilfreicher finde ich schon den Blick zurück auf das, was war, denn zurückzublicken heißt immer auch vorauszudenken.

2013 war für mich ein besonderes Jahr, das zunächst im Zeichen der Vertretungsprofessur in Heidelberg und damit zusammenhängenden Verpflichtungen in der Lehre stand. Dazu zählten z.B. die Übernahme von 4-5 Lehrveranstaltungen pro Semester, die Begleitung des Schulpraktikums (im Fach Deutsch) sowie die Betreuung von Masterarbeiten. Alle Aufgaben zeitgleich zu übernehmen, gehören zum normalen Pensum. Sie sind aber auch anspruchsvoll in der Umsetzung, wenn man bspw. alle Lehrangebote interessant, interaktiv und projekt- bzw. forschungsorientiert gestalten will. Ob und inwieweit mir letzteres gelungen ist, kann ich rückblickend nicht eindeutig sagen: Selbst wenn ich mich in der Lehre eher als Coach verstehe, steht Hierarchie einer Lehre auf Augenhöhe oft im Wege. Das gilt übrigens auch für Weiterbildungsveranstaltungen. Es besteht einfach Respekt gegenüber Dozierenden, und gerade in Prüfungssituationen – ich denke insbesondere an die bis dato curricular verankerten Disputationen zur Masterarbeit in Heidelberg – verfällt man schnell in klassische Verteilungen und Muster.

Forschungsseitig kamen im vergangenen Jahr einige Vorträge und Publikationen zusammen, die Interessen aus vorherigen Arbeitsstellen bündelten, neue Phänomene (bspw. MOOCs) aufgriffen oder ein Stück weit auch auf das vorausblickten, was ich jetzt in Friedrichshafen mache. So hat Hochschule/Universität über das Jahr hinweg eine wichtige Rolle gespielt, auch Medien und Organisationskultur(en) kamen wiederholt vor. Zugleich hatte ich das Gefühl, dass meine ausbalancierte Sichtweise auf die Dinge oft als „wenig euphorisch“ wahrgenommen wurde, wie es eine Teilnehmerin in einer Weiterbildungsveranstaltung formulierte. Dieser Hinweis galt speziell „den Medien“, denn von einer Mediendidaktikern wird wohl erwartet, dass man digitale Medien(-angebote) als Lösung für alles präsentiert. Dass ich hier eine pädagogische und nicht (informations- bzw. sozio-)technische Sichtweise vertrete, dürfte über das Jahr klar geworden sein, sei es in den Vorträgen zu MOOCs oder zu den (angeblichen) Edupunks, sei es als Jury-Mitglied im MOOC-Production Fellowship oder auf der USA-Reise der Fulbright-Kommission. Entsprechend habe ich mich im vergangenen Jahr viel mit dem Medienbegriff und mit alternativen Konzepten zum Lernen mit Medien auseinander gesetzt, woraus u.a. ein Workshop auf der GMW-Jahrestagung in Frankfurt zu etwaigen Leerstellen der Beschäftigung mit Medien im Kontext Hochschule resultierte (zum Workshop-Blog). Aber auch die Nachbereitung des Medienprojekts „Reflect!“, das wir ebenfalls im letzten Jahr abgeschlossen haben, deutete für Mediendidaktiker in eine ungewohnte, nämlich stärkere medienpädagogische Richtung. Die wesentlichen Ergebnisse daraus wurden im Abschlussbericht für das JFF/BMFSFJ, aber auch in zwei wissenschaftlichen Publikationen aufgegriffen und kürzlich veröffentlicht.

Ja, was noch? Die Pendelei nach Heidelberg und die Vortrags- bzw. Tagungsreisen an unterschiedliche Orte haben mich zunächst sehr geprägt; später begleiteten mich wichtige Entscheidungen.  So verbinde ich mit der zweiten Jahreshälfte vor allem eine Phase des Ankommens an der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Und der Kreis schließt sich gewissermaßen, wenn übernächste Woche das Semester an der ZU beginnt und ich nach ersten forschungsseitigen Tätigkeiten und dem gegenseitigen Kennenlernen wieder in die Lehre einsteige. Mal schauen, was ich Ende 2014 davon berichten werde. Happy new year!

Podiumsdiskussion: „Digitale Gesellschaft“

Dienstag war ich zur Statuskonferenz des BMBF-Programms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ eingeladen, um auf dem Podium mit Elisabeth Slapio (IHK Köln, Innovation und Umwelt), Peter Bihr (u.a. Next!Berlin) und Markus Beckedahl (u.a. netzpolitik.org) etwaige Herausforderungen mit der „Digitalen Gesellschaft“ vorrangig aus Bildungsperspektive zu vertreten. Über die Einladung zur Diskussionsrunde habe ich mich sehr gefreut: Immerhin gibt es neben dem pädagogischen Herz auch das ökonomische, das mal mehr, mal weniger stark in mir schlägt und biografisch durch die eigene (duale) Ausbildung zur Industriekauffrau bedingt ist. Das Podium gab mir nun die Gelegenheit, eigene Erfahrungen, aber auch fachwissenschaftliche Perspektiven vor einem interessierten Publikum einzubringen.

Wenn ich die Podiumsdiskussion rekapituliere, ergaben sich drei große Schwerpunkte in der Diskussion, wobei wir 1) eher in einer Datenschutzdebatte verhaftet blieben, als dass wir uns den Herausforderungen für 2) Individuen in Alltag und 3) Beruf genähert hätten. Ersteres überrascht mich dabei nicht: Speziell bei Themen, die Unsicherheit hervorrufen, gibt es viel Diskussionsbedarf, und auch Lagerbildungen sind gewissermaßen natürlich. So diskutieren auf der einen Seite meist diejenigen, die unerschrocken und aufgeschlossen mit neuen Themen und Begebenheiten umgehen, und auf der anderen Seite finden sich Stimmen, die sich (zunächst) in Zurückhaltung und Kritik üben. Die Debatte um Datenschutz hat dabei allerdings die nächste Stufe schon erreicht: Es gibt vielfältige Nutzungsformen des Internets, digitaler Werkzeuge und entsprechende Anwendungsszenarien in Bildungskontexten. Es existiert aber ein Medien- und Urheberrecht, das dem raschen Medienwandel sowie den vielfältigen Nutzungspraktiken kaum „hinterher“ kommt. Entsprechend wird der Ruf nach Regulierung lauter, auch wenn man kaum absehen kann, ob sie überhaupt etwas bringt. Dennoch scheint dieser dominanter als der Ruf nach umfassenden Medienkompetenzen, die eben nicht nur den technischen Gebrauch von Medien einschließen, sondern vor allem den aufgeklärten Umgang mit Medien adressieren sowie Lernumgebungen anstreben, die eine problem- und handlungsorientierte Auseinandersetzung möglich machen. Diese, wenn man so will, wiedergewonnene subjektive Betrachtungsweise auf Medien in Alltag und Beruf ist aber keineswegs einfach umzusetzen, da sie (im vorliegenden Fall) Unternehmen und Unternehmenszielen im Weg zu stehen scheint: Einerseits sind mitdenkende („mündige“) Arbeitnehmer/innen gewünscht, andererseits geht es (je nach Berufsgruppe) auch um die bloße Ausführung von Tätigkeiten. An der Stelle hätte man gut an frühere Diskussionen um die Subjektivierung von Arbeit und zugehörige Transformationsprozesse anknüpfen können, dafür war die Zeit aber zu knapp und der Schwerpunkt Datenschutz letztlich zu ausgeprägt. Insofern näherten wir uns lediglich der „Digitalen Gesellschaft“ mit inhärenten Positionen und Facetten und suchten weniger nach konkreten Lösungen oder Handlungsoptionen darin.

Ob das nun gut oder schlecht ist, mag ich an der Stelle nicht bewerten: Für mich ist es eher ein Zeichen von nach wie vor großer Unsicherheit im Umgang mit Medien und Medienwandel und einer Diskussion, die sich nur langsam inhaltlich verändert und in unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche diffundiert.

Reflect! hoch zwei

Die Implementierung des Medienprojekts Reflect! liegt schon gut ein Jahr zurück. Seitdem wurde Reflect! einmal initiiert und in Kooperation von HAW Hamburg (Studiengang: Bildung und Erziehung in der Kindheit) und JRK Hamburg durchgeführt. Die erste Phase des Projekts zu begleiten, war für mich höchst spannend: U.a. ging es um aktive Medienarbeit an der Hochschule, die Verwobenheit von Hochschulen und Gesellschaft (Stichwort: Service Learning), um Peer-Lernen, Kooperation und Vernetzung sowie um (veränderte) forschungsparadigmatische Standpunkte zu dessen Erforschung und Entwicklung.

Die vielfältigen Eindrücke zum Projekt haben wir nun in zwei Artikeln verarbeitet: Während der Text in der Hamburger Zeitschrift standpunkt : sozial eher auf die praktische Seite des Projekts eingeht und u.a. auch Teilnehmende zu Wort kommen lässt, wird in der merz Wissenschaft bald ein Artikel über Reflect! aus mediensoziologischer Sicht erscheinen. Letzterer Artikel zielt darauf ab,

„Gestaltungs- und Forschungsoptionen für mediale Bildungsräume an Hochschulen offen zu legen. Dazu werden Überlegungen zur Mediensozialisation an der Hochschule mit medienpädagogischen Konzepten verknüpft, ehe die Bedeutung der Gestaltung von Sozialisationsbedingungen mit Medien untersucht und nach entwicklungsorientierten Perspektiven zu deren Erforschung gesucht wird. Zur Veranschaulichung dieser Überlegungen dient das Projekt ‚Reflect!‘, das an einer Hamburger Hochschule im Wintersemester 2012/2013 die Auseinandersetzung mit und über Medien anstieß und soziales, kritisch-reflexives Medienhandeln ermöglichte“ (aus dem Abstract).

Voraussichtlich kommt der eine Text ohne den anderen aber nicht aus: Speziell rückblickend zeigt sich die interne Komplexität, weshalb es durchaus anspruchsvoll ist, zentrale Faktoren oder Mechanismen des Medienprojekts knapp zu beschreiben. So wird im eher praxisorientierten Artikel bspw. skizziert, welche Phasen das Projekt hat und wodurch sich diese detailliert auszeichnen; zugleich wird das einzige Teilprojekt, das schließlich umgesetzt wurde, von Studierenden selbst näher eingeordnet („WWW – Welche Welt ist wirklich?“). In beiden Artikeln sollte aber eins deutlich geworden sein: Wenn man ein Projekt mit und über Medien anbietet, geht es nicht allein um den technischen Gebrauch oder die Reflexion digitaler Medien. Stattdessen gewinnt die Kommunikation und damit das Soziale der Medien im Projekt an Bedeutung (durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Gruppen, durch das pädagogische Verständnis von Medien usw.) –  Bildungsziele, die unter bestimmten Bedingungen auch für Hochschulen relevant und erstrebenswert sind.

Quellen:

  • Hofhues, S., Jochums, A.-S. & Kohrs, L. M. (2013). Vielfalt der Medien, Komplexität medialer Bildungsräume? Gestaltung und Erforschung crossmedial-vernetzter Medienprojekte an Hochschulen. medien + erziehung (merz) Wissenschaft 2013, 6, 108-119.
  • Jochums, A.-S., Kohrs, L. M. & Hofhues, S. (2013). Reflect! Medien gemeinsam nutzen, analysieren und bewerten. Ein (Peer-to-)Peer-Medienprojekt. standpunkt : sozial. 2, 139–146.

Gelesen: CHE-Arbeitspapier „Die digitale (R)Evolution“

Ein Arbeitspapier hat es an sich, dass man mit ihm arbeiten kann und soll. So bin ich heute dank Twitter über das neue Arbeitspapier des CHE zu „Chancen und Grenzen der Digitalisierung akademischer Lehre“ gestolpert, das unter dem Titel „Die digitale (R)Evolution“ veröffentlicht wurde (zum Download).

Dem Status eines Arbeitspapiers wird das PDF an vielen Stellen gerecht, indem nämlich eine Reihe aktueller Diskussionsstränge des Medieneinsatzes an der Hochschule aufgegriffen werden, u.a. der bis auf Weiteres anhaltende MOOC-Trend. Das Papier ist dabei im Wesentlichen hochschulstrategisch getrieben, das heißt, es geht weniger um die Gestaltung von einzelnen Lehrveranstaltungen als um Handlungsfelder einer Digitalisierung, die, so heißt es im Papier, ausgehend von den USA auch auf Deutschland überschwappt. Zu den sechs benannten und beschriebenen Handlungsfeldern (Bischof & von Stuckrad, 2013, S. 51) gehören: 1. Zugang zu Bildung, 2. Effizienz der Lehre, 3. Qualität der Lehre, 4. Weiterbildung, 5. Recruiting und 6. Hochschulmarketing. Obschon die Handlungsfelder aus hochschulstrategischer Sicht nachvollziehbar sind, bereiten sie mir im Detail einige Bauchschmerzen. So wird an vielen Stellen recht euphorisch mit Entwicklungen in den USA umgegangen, die vor Ort keineswegs derart positiv betrachtet werden; auch werden ältere Diskussionen aus Deutschland nicht einbezogen, was dazu führt, dass weder konzeptionelle Arbeiten für das hiesige Bildungssystem noch zugehörige empirische Befunde berücksichtigt sind. Digitalisierung wird so für meinen Geschmack zu sehr als globaler gesellschaftlicher, ökonomischer Trend und zu wenig als individuelle sowie nationale Aufgabe betrachtet. Das zeigt sich bspw. an den Grundannahmen zu den Selbstorganisationsfähigkeiten von Studierenden (ebd., S. 24), die auf Weiterbildungsinteressierte sicherlich zutreffen, auf grundständige Studierende im gegenwärtigen Bildungssystem jedoch nicht; es zeigt sich an den Konsequenzen radikal zuende gedachter Offenheit (ebd., S. 46), die aufgrund von Skalisierungsgraden und (technischer) Standardisierung alles andere als individualisiert sind und gut betreut werden; einen Gedanken wert finde ich das vorgeschlagene Peer-Review-System für Lehrpersonen (ebd., S. 52), vermute aber, dass wir hier angesichts von Lehr-Routinen und sozialisationsbedingten Gewohnheiten nach wie vor einen (normativen!) Diskurs darüber benötigen, was gute Lehre ganz unabhängig von „den Medien“ ist und wohin sie führt.

Alles in allem also ein interessantes Papier, dessen Inhalte ich durchaus diskussionswürdig finde. Vielleicht ergeben sich auf der Tagung „MOOCs and beyond“, auf die es vorbereiten sollte, weiterführende Möglichkeiten zum Gespräch. Und natürlich kann man auch hier kommentieren und mit mir diskutieren.

Quelle:
Bischof, L. & von Stuckrad, T. (2013). Die digitale (R)Evolution. Chancen und Grenzen der Digitalisierung akademischer Lehre. Gütersloh: CHE.

Die Sache mit dem Abschied und dem Zauber

Wer von sich annimmt, dass berufliche Wechsel Routinen wären, die Frau oder Mann schnell vollzieht, der irrt. Es gilt, alte oder laufende Arbeiten gut abzuschließen und neue Stellen aufzunehmen bzw. sich darin hineinzudenken. Stellenwechsel sind immer auch verbunden mit persönlichen Abschieden, bspw. von lieben Kolleginnen und Kollegen oder von Studierenden, die den wesentlichen Teil des universitären Alltags präg(t)en. Gleichzeitig treten viele neue Gesichter in das eigene Leben ein, denn neue Orte sind immer mit neuen Personen verbunden. So wohnt jedem beruflichen Abschied sicherlich ein Zauber inne, wenn man nicht nur auf die schönen oder vielmehr: routinierten Stunden zurückschaut, sondern auch voraus auf eine spannende Zeit mit interessanten Menschen an neuen Orten blickt. Ich freue mich daher sehr, mit diesem Post meinen Wechsel als PostDoc an den Lehrstuhl für Hochschuldidaktik (Gabi Reinmann) an die Zeppelin Universität Friedrichshafen hier im Blog bekannt zu geben. Auch freue ich mich, dass der Wechsel für mich mit vielen neuen Gesichtern, aber auch mit alten Bekannten und vor allem mit bewährten Themen rund um Hochschule, Didaktik und Medien verbunden sein wird.

Was bleibt? #edex13

Nach fünf Tagen intensiver Auseinandersetzung mit „Online and Distance Learning at U.S. Universities“ stellt sich die Frage, was bleibt. Zuerst bleiben sicherlich viele Eindrücke aus den USA, die kultureller Natur sind und nochmals auf Unterschiede innerhalb einzelner Staaten hindeuten. So kann man Kalifornien nicht mit anderen Staaten vergleichen; speziell der Unternehmergeist und die Freundlichkeit bzw. gute Laune der „Amis“ ist wirklich überall spürbar. Bleiben werden zudem die Eindrücke der Stadt: San Francisco ist aufregend, pulsiert und jedes Stadtteil ist verschieden. Das wurde u.a. deutlich an unserem Hotel, das genau zwischen Financial District und Chinatown lag und auch Blick auf den Hafen bzw. die Bay bot. Inhaltlich hatte ich den Eindruck, dass sich deutsche Hochschulen nicht verstecken müssen. Gerade im Bereich des „Basis-E-Learnings“ sind wir oftmals ähnlich aufgestellt, als dies in den USA der Fall ist. Dazu gehören insbesondere LMS und damit zusammenhängende Service- und (mediendidaktische) Beratungsleistungen, wobei ich insgesamt meine, dass in den USA etwas selbstverständlicher Ressourcen für Instructional Design zur Verfügung stehen. MOOCs hingegen haben in den USA aktuell nicht mehr als einen Projektstatus, was sich konkret darin ausdrückt, dass sich viele Akteure darin ausprobieren – als ein Format neben weiteren. Was auf den ersten Blick wie eine knappe Botschaft aussieht, ist für die deutschsprachige Community durchaus bedeutsam: So werden auch in den USA MOOCs nicht als Ersatz für Präsenzlehre gehalten, sondern eher als Erweiterung, z.B. um Präsenzlehre anzureichern (Blended Learning, Flipped Classroom) oder um neue (Bildungs-)Märkte zu erschließen. Letztere betreffen vor allem Weiterbildungsmärkte an den Übergängen zwischen Schule und Studium oder zwischen Studium/Beruf und Online-Programmen. Diese Experimentierfreude ist angenehm zu beobachten, weil sich viele Lehrende trauen und Lehre verändern wollen. Allerdings werden häufig auch Incentives angeboten, dass eine professionelle Haltung zur Lehre attraktiv wird. Meine weiteren Eindrücke beziehen sich auf konkrete Projekte, Personen oder Unternehmen, die wir im Verlauf der Reise kennenlernen konnten. Manche davon waren sehr inspirierend, und ich hoffe sehr, dass sich speziell aus diesen Kontakten mehr ergibt. Die Gruppe selbst wird nun ein kleines Papier zur Reise schreiben, das auch online zur Verfügung gestellt werden soll. Mit dem letzten Tag in Frisco ist das gemeinsame Denken also noch nicht beendet, was mich sehr freut.

Visiting Mr. Spoc(k) #edex13

Der vierte Tag unserer Reise stand im Zeichen der Elite-Unis: Zunächst hatten wir die Gelegenheit, Berkeley (Extension) näher kennenzulernen, im Anschluss besuchten wir dann Stanford. Auf die Besuche hatte ich mich sehr gefreut, da man in Deutschland in vielerlei Hinsicht auf die us-amerikanischen Elite-Unis referenziert und ein kurzer Blick hinter die Kulissen hilfreich ist, um diese besser einzuschätzen. Beide Universitäten waren auf ihre Weise interessant: Berkeley in der Hinsicht, dass wir durch Armando Fox einmal mehr ein MOOC-Konzept kennenlernen durften – ebenso wie seine Einschätzung aus Sicht der Computer Sciences, sodass auch der Umgang mit Akzeptanzraten und automatisch generierten (großen) Daten zum Thema wurde. Spannend für mich waren aber zwei andere Aspekte: Erstens, dass er MOOCs als „Public Good“ betrachtet, die keineswegs akkreditiert/anerkannt werden, sowie zweitens, dass er eher von SPOCs als von MOOCs spricht, also von der Kombination von Classroom und MOOC. Die von Star Trek inspirierte SPOC-Metapher finde ich dabei sehr interessant, da offenbar auch in den US-Universitäten nach einer Pendelbewegung in Richtung vollständiger Offenheit eine Bewegung „zurück“ zu Blended-Learning-Konzepten erfolgt. Ähnliche Bewegungen nehmen wir auch in Deutschland wahr. In Stanford war für mich der Vortrag sowie das anschließende Gespräch mit Paul Kim interessant, der sehr deutlich machte, dass man als globale Universität auch globale Zielgruppen (u.a. via MOOCs) erreichen sollte. Zugleich wurde seine Präferenz für problemorientiertes Lernen deutlich, das auch in seinem MOOC praktisch wurde. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass hier Inhalt (Entwicklung von Lernumgebungen) und Form (PBL) stimmig miteinander verbunden wurden – auch oder sogar in MOOCs. Daran merkt man letztlich, dass Forschung und Lehre (zumindest in den forschungsstarken Unis) in den USA weniger getrennt sind, als dies in Deutschland mitunter der Fall ist. Auf meine Frage zum forschenden Lernen meinte Kim so auch, dass in Stanford unterschiedliche Lernformen grundsätzlich mit einer Forschungsperspektive kombiniert werden. Mit dem vierten Tag endeten auch die großen Besuche. Es folgt ein Debriefing mit der Gruppe.

Tag 3 #edex13

Tag 3 stand wieder im Zeichen des Besuchs. So haben wir gleich in der Früh die Chance genutzt, nach San José zu fahren und an der San José State einige Beispiele für MOOCs kennenzulernen. Der Besuch machte einmal mehr deutlich, dass sich die MOOC-Bewegung in (mindestens) drei größere Diskussionen einfügt: in die Diskussion um Online-Education, wie ich gestern bereits andeutete, in die Diskussion um Open Education, was angesichts zentraler Postulate rund um die Offenheit klar scheint, sowie in die Diskussion um Hochschule und Hochschulbildung generell (auch wenn in den USA niemand von Bildung spricht). Besonders angenehm fand ich dabei, dass wir einen interessanten cMOOC für Bibliothekare („The Hyperlinked Library„) kennenlernen durften, der andere Lernziele als die bisher gezeigten xMOOCs verfolgt und viel stärker die eigene Institution als Basis für das Online-Angebot einbezog. Inhaltlich referenziert wurde u.a. auf Jenkins, der uns im Zusammenhang mit Participatory Culture ebenfalls ein Begriff sein sollte. Am Nachmittag trafen wir u.a. einen Vertreter des Sloan Consortium, der klar machte, inwiefern Medien und Medienwandel auch eine Transformation von Hochschule und Hochschulbildung anstoßen (können). Besonders eindrücklich fand ich dabei folgende Aussage von Bruce Chaloux: „The distinction between online and on campus continues to diminish and will do so rapidly in the next few years“. Die Frage nach der „‚Course-ification‘ of Learning“ stand danach im Fokus von Ralph Wolff, der der Akkreditierungsagentur WASC angehört. Der Vortrag war sehr interessant, weil er letztlich deutlich machte, vor welchem nächsten Schritt die MOOC-Bewegung steht: nämlich vor der Anerkennung der Kurse in Programmen, die auch eine Zertifizierung des Lernens ermöglichen. Ob und inwieweit dies möglich ist, scheint noch offen zu sein. Einige Konzeptpapiere zur Akkreditierung von MOOCs bieten Einblicke in gegenwärtige Diskussionen, die letztlich auch die (offenen) Fragen der Gruppe spiegeln.

Einen schönen Abschluss fand der Tag beim asiatischen Dinner, zu dem u.a. auch einige Fulbright-Studierende geladen waren. Sie boten uns abseits von Hochglanz-Präsentationen Einblick in ein Studium in den USA, was ich persönlich als sehr gewinnbringend empfand. So wurden durch die Gespräche z.B. Geschäftsmodelle im Bereich von Online-Education klar (Online-Kurse sind oft billiger zu absolvieren) und damit auch Entscheidungsprozesse der Studierenden offengelegt, die aus einer deutschen Sicht auf freie Teilnahme an Lehrveranstaltungen sicher ungewohnt sind.

Zu Besuch #edex13

Der zweite Tag der Expertenreise stand ganz im Zeichen des Besuchs. In der Früh war die Gruppe zu Gast bei der Golden Gate University in Friscos Stadtmitte, am Nachmittag ging es zu Coursera nach Mountain View. Der Tag hätte dabei unterschiedlicher kaum ausfallen können: Während am Morgen eher Basis-E-Learning im Vordergrund stand, versprühte der Nachmittag viel Spirit in Richtung von Online-Lernen. Wenn man sich seit Jahren mit dem Lehren und Lernen mit Medien auseinandersetzt, mag ersterer Teil daher eher gewöhnlich, wenig innovativ, ja Alltag gewesen sein. Dennoch braucht es diese Auseinandersetzung m.E. immer wieder, um den Konnex zwischen dem Phänomen MOOCs und dem Lehren und Lernen mit Medien herzustellen. Durch die ganze Euphorie rund um MOOCs und breite Berichterstattung werde ich nämlich den Eindruck nicht los, dass man so tut, als hätte es zuvor keine Forschung und Praxisinnovationen in diese Richtung gegeben. Über die Implementierung von Moodle und dessen Nutzung für Präsenz- und virtuelle Lehre zu sprechen, ist daher deutlich näher daran, was „Online Education“ in Deutschland ausmacht und offenbar auch stellvertretend für Basisangebote in den USA steht. An die Basis, nämlich von xMOOCs, ging es danach mit der Fahrt zu Coursera: Hier hatten wir die Gelegenheit, das Start-up mit seinen Grundideen zum Online-Lernen näher kennenzulernen. Die Präsentation des Unternehmens war dabei für mich recht eindrucksvoll, insbesondere wurde frischer Wind und Begeisterung für Online-Education versprüht. Letzteres ist interessant, da ich in meiner Grundhaltung gegenüber xMOOCs kritisch bin und angesichts der Präsentation ein wenig positiver gestimmt bin. Warum? Weil sich das Angebot von einem klassischen, instruktionalen Online-Kurs hin zum Blended Learning wegbewegt und damit Präsenzlehre (wieder) einen Stellenwert einräumt. „Präsenzlehre“ wird allerdings anders konturiert, entweder durch umgedrehte Klassenzimmer („Flipped Classroom“) oder durch organisierte (Lern-)Gruppentreffen an den unterschiedlichsten Standorten in der Welt (wie in der Fernlehre). Für mich klang die Entwicklung fast wie eine Abkehr von der ursprünglichen xMOOC-Idee, die nämlich der Interaktion zwischen Lehrenden und Peers nur eingeschränkt Raum bot. Bildungspolitisch interessant war/ist zudem die Aussage, dass die Kurs-Teilnahme bei Coursera weiterhin kostenfrei bleiben soll. Das klingt plausibel, wenn sich das Start-up aktuell durch kostenpflichtige Teilnahmezertifikate refinanziert. Nur von Offenheit wird dann bald weniger die Rede sein, wenn – wie erwartet – Geld ins Spiel kommt.