Aid

Am 1.5. startet unser neues Aid-Projekt (siehe hier, hier und hier).

Das Projektakronym Aid steht für „All is data“ und ist B. Glaser entlehnt. Zumindest wird er mit diesem Ausspruch in Verbindung gebracht – zusammen mit einem konstruktivistischen Verständnis von Daten (siehe eine Selbstpositionierung hier). Damit ist auch schon das Themenfeld benannt, in dem sich das Aid-Projekt bewegen wird: So spüren wir vor allem den impliziten Prozessen nach, die durch das Vorhandensein und/oder die Erzeugung von (digitalen) Daten im schulischen Kontext in Gang gesetzt werden. Dabei stützen wir uns u.a. auf die Annahme, dass gerade die impliziten Prozesse für Lernen und Bildung der Schüler*innen folgenreich sind, wenngleich das Projekt bei Pädagog*innen (Lehrer*innen, Schulsozialarbeiter*innen etc.) den Ausgang nimmt. Gefördert wird Aid durch das BMBF in der Förderlinie „Digitalisierung II“ (siehe hier).

Auf das Projekt und die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten mit ihrer Perspektive auf „Daten-Bildung“ freue ich mich sehr.

Nachgedacht (über ein Interview)

Es sind die Anlässe, die – mehr oder weniger inszeniert – dazu führen, dass eine Information zur Nachricht wird. Das zeigte 1989 Hans Mathias Kepplinger in einer Ausgabe der APuZ auf. So wurde sicherlich nicht zufällig in der zurückliegenden Woche sehr viel darüber berichtet, wie sich ganze Universitäten und Hochschulen auf ihren Weg ins „Digital-Semester“ machen. Eines dieser Interviews habe ich auch gegeben – beim Bayerischen Rundfunk (hier verfügbar). Dass ich mit dem Interview nun stellvertretend für die Praxis an der Universität zu Köln stehe, ist ein wenig befremdlich, aber sicherlich dem Modus geschuldet (Stichwort: Expertengesellschaft, siehe hier). So kenne ich sehr viele unterschiedliche Umgangsweisen mit der aktuellen Situation – fast alle Kolleg*innen sind sehr engagiert, ihre üblichen didaktischen Überlegungen auch digital umzusetzen, andere erfinden neue didaktische Szenarien, wieder andere distanzieren sich von all dem. Dabei wird in Massenmedien, so mein Eindruck, meist nach der einen Formel gesucht, mit der man Lehrveranstaltungen kurzfristig digitalisieren und für eine breite Studierendenschaft im technischen Sinne verfügbar machen könnte. Versteht man die aktuellen Anforderungen als drängendes Organisationsproblem, mag sich das Digital-Semester genauso darstellen. Mit Blick auf die Erkenntnisse einer ganzen Disziplin – der Medienpädagogik/-didaktik – sind die gegenwärtigen Anforderungen aber nicht ganz so einfach oder gar ‚hands-on’ mit ein wenig mehr Technik zu lösen. Denn für den Hochschulkontext stellt sich ganz genauso wie für andere Bildungskontexte (etwa für die Schule) die Frage danach, welche Folgen jegliche Formen der Digitalisierung nach sich ziehen werden. In den Fokus rücken so vor allem diejenigen Konzepte, die praktisch funktionieren, weniger diejenigen, die konzeptionell ‚richtig’ sein könnten oder vielleicht im Lehrbuch stehen. Darauf möchte ich aber nicht so sehr zu sprechen kommen – wichtiger finde ich in den Blick zu nehmen, welche unsichtbaren Konsequenzen eine Spontandigitalisierung mit einer Quick&Dirty-Skalierung auf 100 Prozent haben wird. Denn schon jetzt sind die Sorgen und Ängste von Studierenden deutlich spürbar – einige davon sind existenziell, andere sind eher auf die Art des Lernens und/oder des Studierens gerichtet, wenn Studieren plötzlich und vermeintlich anders geht. Diese Erfahrungen sollten nicht unreflektiert bleiben – jetzt in der Onlinelehre und später im Kontext der Hochschule(n) als Organisation.

Eigentlich, ja eigentlich

… habe ich mir für den März 2020 vorgenommen, an dieser Stelle über den großen DGfE 2020-Kongress zu schreiben. Oder voller Freude auf die neue Ausgabe der Zeitschrift für Hochschulentwicklung (ZfHE) zu verweisen, die in diesen Tagen zu „Forschungsperspektiven auf Digitalisierung in Hochschulen“ absehbar online gestellt würde. Die Planungen für den Kongress sind derweil Geschichte. Auch er musste – wie viele Veranstaltungen dieser Tage – abgesagt werden. Sicherlich, die digitalen Angebote im ConfTool der Konferenz (zum Log-in) trösten über den fehlenden Austausch hinweg, indem u.a. Parallelvorträge Einblicke in zentrale Überlegungen zum Kongressthema geben oder beinahe alle eingereichten Poster online zu betrachten sind. Den echten Kongress hätten wir dennoch sehr gerne ausgerichtet, so viel ist klar.

Online zu betrachten ist nun auch die neue ZfHE-Ausgabe zum genannten Thema (zum Editorial). Als wir vor ca. zwei Jahren den Call auf den Weg gebracht und im letzten Jahr für die Einreichung von Beiträgen geworben haben, hat sicherlich niemand von uns im Sinn gehabt, vor welchen Herausforderungen die Hochschulen in diesen Tagen in Bezug auf ihre Digitalisierung stehen würden. So ist zu hoffen, dass viele Lehrende gegenwärtig auch die Gelegenheit nutzen, sich mit Forschung in diesem Feld zu befassen. Denn so manches Forschungsergebnis gibt auch Aufschluss darüber, was im Zusammenhang mit der Digitalisierung in und an Hochschulen (nicht) gelingt. Überhaupt würde ich mir wünschen, dass bei allem notwendigen Pragmatismus die Reflexion nicht zu kurz kommt.

Noch ein neues Projekt: Beteiligung an der Digitalstrategie Lehrer*innenbildung Köln (DISK)

In der Qualitätsoffensive Lehrer*innenbildung des BMBF wurde im zurückliegenden Jahr eine vertiefende Förderung für Vorhaben in und zur Digitalisierung ausgeschrieben. Hierbei war auch die Universität zu Köln erfolgreich: Unter dem Titel „Digitalstrategie Lehrer*innenbildung Köln: Kompetenzen nachhaltig entwickeln (DiSK)“ sollen in den nächsten (knapp) vier Jahren Medienkompetenzentwicklung und Medienbildung von (angehenden) Lehrer*innen in den Blick genommen werden (zur Projektdatenbank). In den Verbund sind unterschiedliche Kolleg*innen aus Fachwissenschaften und Fachdidaktik wie auch aus den Erziehungs- und Bildungswissenschaften involviert. Die medienpädagogisch/-didaktische Sicht bringt der Arbeitsbereich im so genannten „DISK-Forum“ ein, das nach dem Vorbild der OERlabs zu Kommunikation und Austausch in der Lehrer*innenbildung anregen soll. Aufgrund der Vorgaben durch das Land NRW (siehe Medienkompetenzrahmen) gibt es ohnehin Kommunikationsanlässe genug.

Neues BMBF-Projekt „DocTalk“

In einer ausgeprägt interdisziplinären Konstellation ist im Februar das Projekt „DocTalk“ an den Start gegangen (zur Projektdatenbank des DLR/BMBF). Zusammen mit der Charité Berlin (Matthias Rose/Sabine Sayegh-Jodehl) und der FU Berlin (Claudia Müller-Birn) wird in diesem Projekt professionelles Medienhandeln von Ärzt*innen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung untersucht. Während wir den medienpädagogischen Teil im Projekt übernehmen (u.a. Gruppendiskussionen, Co-Creation-Workshops), werden von Kolleg*innen der Informatik Chatbots zu Beratungszwecken entworfen. Die Kliniken der Psychosomatik der Charité bieten den Anwendungs- und Erprobungsfall. Auf den Verlauf des Projekts bin ich sehr gespannt, insbesondere weil wir vorhaben, sozialwissenschaftliches Wissen über Ärzt*innen und Klinikorganisationen mit Aspekten von Medienbildung zu einer erziehungswissenschaftlichen Medien- und Organisationsforschung zu verbinden. Über dieses Unterfangen werden Christian Helbig und ich sicherlich an der einen oder anderen Stelle berichten.

Druckfrisch: Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung

Für das neue „Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung“, herausgegeben von Nadia Kutscher, Thomas Ley, Udo Seelmeyer, Friederike Siller, Angela Tillmann und Isabel Zorn, mache ich an dieser Stelle gerne ein wenig Werbung. Immerhin gelingt es den Kolleg*innen sehr gut, unterschiedliche Beiträge für Felder Sozialer Arbeit in einem Handbuch zu versammeln und diverse Fragen an den Zusammenhang von Sozialer Arbeit und Digitalisierung zu richten. Dass das Handbuch im Open Access-Format erschienen ist, passt zudem besonders gut zum Gegenstand – und freut mich nicht zuletzt deswegen, weil ich einen Beitrag zu „Openness in der Sozialen Arbeit“ beisteuern durfte. Anstelle einer knappen Leseprobe gibt es daher an dieser Stelle gleich den Link zum (Hand-)Buch. Viel Freude bei der Lektüre!

Tagungsband zur „Digitalisierung des Bildungssystems“

In der Reihe „Lehrer*innenbildung gestalten“ ist jüngst Band 12 zur „Digitalisierung des Bildungssystems“ (herausgegeben von André Bresges und Alexandra Habicher) erschienen. Aus der Buchstruktur wird bereits deutlich, worauf der Band rekurriert: nämlich auf eine zurückliegende Tagung, die durch das hiesige Zentrum für Lehrer*innenbildung ausgerichtet wurde. Entsprechend versammelt der Band nun unterschiedliche Beiträge, die im Zusammenhang mit dieser Tagung stehen und aus diversen Blickwinkeln auf schulische Medienbildung schauen. Der von Bence Lukács und mir beigesteuerte Beitrag zu den „OERlabs zwischen Bildungsinnovation und medienbezogenen Routinen in der Lehrer*innenbildung“ findet sich beispielsweise in Bereich III, innerhalb dessen die „Aufgaben in einer digitalen Bildungslandschaft (#education)“ betrachtet werden. Neben unserem Beitrag finden sich dort auch Texte von Renee Hobbs, Kai-Uwe Hugger sowie Daniela Schmeinck, die letztlich auch Fragen zwischen Medienkompetenz und Medienbildung aus ihrer Fachlichkeit betrachten.

„Lust oder Frust?“ Dokumentation der 10. GEW-Wissenschaftskonferenz

Unter dem Titel „Lust oder Frust? Qualität von Lehre und Studium auf dem Prüfstand“ ist dieser Tage die Dokumentation der 10. GEW-Wissenschaftskonferenz erschienen (Download .pdf). Deutlich wird die Spannweite der Diskussionen über Studium und Lehre, wie sie viele aus ihrer täglichen Arbeit an Hochschulen kennen und begleiten. Daher bietet die Dokumentation sicherlich einen hilfreichen Einblick über gewerkschaftliche Positionen hinaus. Ich selbst habe einen Beitrag zur Digitalisierung an Hochschulen beigesteuert, der in aller Kürze diesbezügliche Diskurse benennt und in Ansätzen auch zusammenführt.

Rezension zu „Open Education“

Seit es Blogs gibt, sind Rezensionen irgendwie aus der Mode gekommen. Dabei regen sie Diskurs an und werden an tradierten Orten der wissenschaftlichen Community publiziert. Auch deswegen habe ich den Sommer gerne mit Markus Deimanns Habilitationsschrift zu „Open Education“ verbracht und sie für die Online-Zeitschrift MedienPädagogik rezensiert. Aus dem Sommer wurde Herbst und nun ist das Ergebnis (endlich) online verfügbar (Überblick; Download PDF).

Sorry, ich muss Sie enttäuschen…

Heute war ich beim XIV. Hochschulsymposium der Hanns Martin Schleyer-Stiftung Diskutantin auf dem Podium zum „Erwartungshorizont an die universitäre Lehre“. Vor diesem Hintergrund sind im Vorfeld drei Thesen entstanden, die ich auf dem Podium vertreten habe und hier zur weiterführenden Diskussion zur Verfügung stelle.

  • These 1: Es bestehen viele Vorstellungen und Annahmen über Studierende. Sie basieren häufig auf einem konkreten Bild des Studiums und münden in allerhand Konzepten zur Gestaltung von Studium und Lehre. Dabei wird vielfach lediglich angenommen zu wissen, um wen es sich bei der Gruppe „der Studierenden“ handelt.
  • These 2: Speziell subjektive Sinnzuschreibungen und Deutungen des Studiums durch Studierende selbst kommen im Repertoire von Studienganggestaltung, Evaluation und empirischer Hochschulbildungsforschung (zu) wenig vor.
  • These 3: Nicht erst seit der Digitalisierung dienen Studierende oft als zentrale Begründung für Lehr-/Lern- und Studienganginnovationen. Dabei wird Studierendenorientierung zugunsten gewünschter Kundenorientierung und der erhofften (managerialen) Erneuerung der Hochschulen manchmal schlicht missverstanden.

Wer darüber hinaus wissen möchte, was es mit dem Titel des Blogbeitrags auf sich hat, kann im ausformulierten Papier genauer nachlesen, auf welchen Beobachtungen sich meine Thesen im Einzelnen stützten. Hinweis: Das Papier diente zu meiner Vorbereitung und wurde als solches nicht vorgetragen. (Download .pdf | .docx)